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Rumäniens

Uferrechte an der Donau.

Ein völkerrechtliches Gutachten

von

Dr. Franz von Holtzendorff,

Professor in München,

Mitglied des völkerrechtlichen Instituts.

Leipzig,

Verlag von Duncker & Humblot.

1883.

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Vorwort.

Das Königliche Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten zu Bukarest hat mir die Ehre erzeigt, mich um eine gutachtliche Meinungsäusserung über die in Angelegenheiten der Schiffahrt auf der unteren Donau entstandenen Streitigkeiten zu ersuchen. Je seltener es bisher geschah, dass im Verlaufe wichtiger Staatshändel der meistentheils in die Rubrik der Professorenweisheit geschobenen Rechtsansicht auswärtiger Gelehrter irgend welche Bedeutung beigemessen ward, desto ernstere Ueberlegung war mir geboten, ob ich im Stande sein würde, das in die Unbefangenheit und den guten Willen eines deutschen Völkerrechtslehrers gesetzte Vertrauen zu rechtfertigen.

In aller gebührenden Bescheidenheit habe ich, ehe ich mich zu einer Annahme des mir gewordenen Auftrages bereit finden liess, darauf aufmerksam gemacht, dass ich mir, angesichts der obwaltenden Verhältnisse, keinen irgendwie erheblichen Erfolg in praktischer Richtung von meiner Arbeit, selbst im Falle ihres wissenschaftlichen Gelingens, zu versprechen vermöge. Ich hielt mich aber

verpflichtet, dieses Bedenken fallen zu lassen, als ich Widerspruch fand und zu meiner Ueberraschung erfuhr, dass von einer nichtdeutschen Regierung die Macht der öffentlichen Meinung in Europa und die Möglichkeit ihrer wissenschaftlichen Beeinflussung höher veranschlagt wurde, als von mir selber.

Nach meinem Dafürhalten handelt es sich bei den meiner Beurtheilung unterbreiteten Fragen nur um eine Sache des Rechts. Und selbst, wenn diese Fragen auf der oft schwer zu erkennenden Grenzscheide zwischen Völkerrecht und Politik gelegen wären, wird man bezweifeln dürfen, ob es der Diplomatie allein zustehe, über die richtige Begrenzungsweise zu urtheilen.

Jene Zuversicht, die eine reiflich erwogene Ansicht überhaupt in sich selbst zu bergen vermag, wird dadurch erhöht, dass ich für meine Person von der Lockung und ebenso auch von den Befürchtungen eines in der einen oder andern Richtung möglichen Erfolges absehen darf und eine praktische Verantwortlichkeit nicht zu tragen habe. Die Endentscheidungen der königlich Rumänischen Regierung werden von meinen Darlegungen sicherlich noch weniger beeinflusst werden, als die Gesinnungen ihrer Gegner.

Das Höchste, was ich im denkbar günstigsten Falle zu hoffen vermöchte, würde darin bestehen, ein Geringes beizutragen zur Aufhellung der Vorstellungen von Recht und Unrecht. Selbst das nahezu vollendete oder unabwendbare Unrecht festzustellen, ist nicht ohne Bedeutung für den Entwicklungsgang der Nationen. In

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