Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Allein nicht blos das Vergnügen, das der Staatsbürger an der Ausübung seines constitutionellen Rechtes, besonders nach vorausgegangener längerer Entbehrung, empfindet, war die Ursache der so rasch aufeinanderfolgenden Kreisversammlungen. Auch die nahe bevorstehende Eröffnung der Nationsuniversität gebot eben jezt eine Sitzung. Das zeigt ein Blick auf die gestrige Tagesordnung, deren sämmtliche Punkte in näherem und nächstem Zusammenhange mit der Nationsuniversität stehen.

Diese Tagesordnung enthielt 5 Verhandlungsgegenstände, zu denen sich später noch ein sechster hinzufand, nämlich: 1. Wahl der Abgeordneten zur sächsischen Nationsuniversität. 2. Eingabe ar die sächsische Nationsuniversität in der Municipalfrage. 3. Errichtung einer Ackerbauschule auf Hermannstädter Stuhlsgebiet. 4. Entwurf eines Kreisstatutes zum Schuße der Bodencultur gegen schädliche Insekten. 5. Gutachten über materielle Unterstützung für die Hebung technischer Fachbildung in sächsischen Kreisen. 6. Gutachten, betreffend die Reorganisirung des Talmatscher Dominalforstamtes. Diese Tagesordnung, welche in der That eine Reihe zum Theil höchst wichtiger und die Interessen unseres Kreises nachhaltig und tief berührender Gegen stände zeigt, war es wol gewesen, welche die ansehnliche Zahl von 180 Vertretern zu erscheinen bewogen hatte.

Das Protokoll der lezten Sizungen wurde in beiden Sprachen aufgelesen und ohne Bemerkung verificirt. Bei Gelegenheit der Feststellung des Beilagenheftes zum Protokolle kamen die zwei in der vorigen Situng angemeldeten Sondermeinungen zur Verlesung. Ich kann Ihnen darüber nichts berichten, denn ich kenne die romänische Sprache nicht hinlänglich, und nur in dieser wurden die beiden Schriftstücke zur Kenntniß der Versammlung gebracht.

Nach Verificirung des Protokolles interpellirte der Abgeordnete Borcia den Vorsitzenden in Sachen der bekannten Boitaer Wahlangelegenheit. Wenn ich nicht irre, ging das Wesentliche rer Anfrage dahin, wie es komme, daß die Gemeinde Boita auch in dieser Kreisversammlung nur theilweise vertreten sei? Aus der sogleich ertheilten Antwort des Vorsitzenden, welche übrigens auch ten Interpellanten zu beruhigen schien, erfuhr die Versammlung den Stand dieser Angelegenheit; sie erfuhr. daß der Jurisdictionschef dem Ortsamte von Boiza den Beschluß der letzten Kreisversammlung sofort mitgetheilt, womit die Wahl der Herren Erzpriester Hannea und Gubernialrath Macellariu nicht verificirt worden war; sie erfuhr, daß hierauf die sämmtlichen Ersagmänner von Boiza, welche in die Stelle der Ausgetretenen nach dem Regulativ hätten einrücken sollen, ihre Mandate aus ökonomischen Gründen, glaube ich, zurück gelegt hatten; daß der Jurisdictionschef hierüber an das Comitiat Bericht erstattet habe, und daß von da aus die Zuflucht zum Ministerium des Innern für indicirt erachtet worden sei. Da nun eine Entscheidung vom Ministerium noch nicht erfolgt sei, so habe bisher auch nichts weiter geschehen können, um der Gemeinde Boiza zu ihrer vollen Vertreterzahl in der Kreisversammlung zu verhelfen.

Mit all diesem war die Folge der Vorspiele noch nicht geschlossen, die Zeit aber bedeutend vorgerückt. Der Ausschuß brachte nämlich nach Auflesung der Zuschrift des „Grafen der sächsischen Nation", womit die sächsische Nationsuniversität auf den 10. Januar 1871 einberufen wird, einen Antrag auf Abänderung der Tagesordnung ein, speciell: es möge Punkt 2 der Tagesordnung (Eingabe an die Nationsuniversität in der Municipalfrage) vor Punkt 1 (Wahl der Abgeordneten zur Universität) in Verhandlung genommen werden, und erst nachdem diese Vorfrage, entgegen dem Antrage des Vertreters Borcia, im Sinne des Ausschußantrages erledigt worden war, konnte endlich an die eigentlichen Aufgaben rieser Kreisversammlung geschritten werden.

Der Referent des Ausschußes zu Punkt 2 der Tagesordnung F. Gebbel gab zunächst die Vorgeschichte der beantragten Eingabe an die Nationsuniversität in. cer Municipalfrage in einem ausführlichen Vortrage, welcher insbesondere die

| Protokollarerklärung der Kronstädter Stadtcommunität vom 12. Mai 1869, dann die Repräsentation derselben Communität an das Ministerium des Innern betreffend die Zuweisung mehrerer nicht zum Kronstädter Distrikt gehöriger Ortschaften zu diesem Distrikte, und endlich einen Erlaß des Ministeriums des Innern vom 24. Januar 1869, womit in ähnlicher Weise wie der Kronstädter Distrikt auch der Hermannstädter Stuhl einen Zuwachs an Gemeinden über einseitiges, willkürliches, selbst die Befug nisse der freien Hand überschreitendes Befinden der Regierung erhielt, welcher Vortrag, sage ich, diese drei Schriftstücke in ihrem Zusammenhange untereinander und in ihrer Stellung zum provisorischen Regulativ beleuchtete.

Daran knüpfte der Referent die Vorlesung der Ausschußvorlage, bestehend in einer an die Nationsuniversität zu richtenden Vorstellung. Der Inhalt derselben soll den Rechtsanschau. ungen und Erwartungen, die der Kreis an die Municipalfrage knüpft, Ausdruck geben und ist in dem Archiv dieses Blattes zu finden.

Nach längerer Debatte, in welcher eine ziemliche Anzahl von
Anträgen gestellt, motivirt, widerlegt und unterstügt worden war
Borcia: auf einfache Ablehnung der Vorlage;
Racuciu: auf Vertagung;

F. Schneider, Ausschußmitglied: auf Annahme en bloc;
Borcia (eventuell): auf punktweise Berathung;

Racuciu: auf Streichung von Punkt VII der Vorlage, von Schuler-Libloh bedingungsweise unterstützt), wurde, nachdem der Referent sein Schlußwort gesprochen, der Antrag auf Annahme der Vorlage en bloc zum Beschluße erhoben.

Die sächsische Nationsuniversität, welcher diese Eingabe bei der Eröffnung durch die Hermannstädter Deputirten überreicht werden soll, wird also die Rechtsanschauungen, Ueberzeugungen und Erwartungen der Hermannstädter Kreisversammlung hinsichtlich der Municipalfrage kennen lernen, hinsichtlich jener ihrer Aufgaben, die nach dem Einberufungsschreiben eine ,,hochbedeutende", „vor Allem und in erster Linie an die Nations=" universität herantritt."

Den zweiten Gegenstand der abgeänderten Tagesordnung bildete die Wahl dreier Abgeordneten zur Nationsuniversität. Nach unter Namensaufruf der Wähler erfolgter Abgabe der Stimmzettel, wurde 1 Uhr die Situng bis 3 Uhr unterbrochen.

Die Wiederaufnahme der Verhandlungen Nachmittags 3 Uhr brachte zunächst abermals 2 Interpellationen (Borcia, Brad) und hierauf den Bericht der Skrutinirungs-Commission (Süßmann, v. Hannenheim, Drotleff Josef jun., Popovits, Praeda, Mutiu). Nach diesem Bericht hatten von 164 abgegebenen Stimmen die in einer am 27. Dezember abgehaltenen Wahlbesprechung aufgestellten Candidaten die meisten Stimmen erhalten, und zwar: Heinrich Wittstock, Pfarrer in Heltau, 118; Wilhelm Bruckner, Landesadvokat, 118; Dr. Wilhelm Zekeli, Landesadvokat, 114.

Außerdem hatten noch Stimmen erhalten: Hannea 46, Borcia 46, Roska 46 u. s. w.

Die Gewählten wurden von der Versammlung mit Zurufen begrüßt.

Der dritte Punkt der Tagesordnung (Errichtung einer Ackerbauschule, Referent Malmer) gab Veranlassung zu einer längern, wenig fruchtbaren Debatte, an deren Ende die Verwirrung einen solchen Grad erreicht hatte, daß es schien, als wüßten selbst die Antragsteller nicht alle genau, was sie be= antragt hatten. Unter diesen Umständen war es kein Wunder, daß, als die Abstimmung eintreten sollte, die Debatte wieder und wieder auflebte. Es wurde schließlich der Antrag .des Ausschußes: es seien die Stuhlsgemeinden zu freiwilligen Jahresbeiträgen aufzufordern und zwar von zusammen mindestens 1000 fl. ö. W., welche nach dem Schlüssel der Grundsteuer auf die Stuhlsgemeinden aufgetheilt werden solle; diese Aufforderung solle in einem in beiden Sprachen durch den Druck

den sämmtlichen Stuhlsgemeinden bekannt zu gebenden Aufrufe geschehen; sammt einem Zusatzantrage Borcia's: es möge die Zulassung (admissiuna) auch der romänischen Sprache an der zu errichtenden Ackerbauschule durch diese Kreisversammlung im Princip ausgesprochen werden, zum Beschluße erhoben.

Die Anträge des Ausschußes zu Punkt 4 der Tagesordnung (Entwurf eines Kreisstatutes zum Schuße der Bodencultur gegen schädliche Insekten; Referent Malmer), wurden sämmtlich ohne Debatte angenommen. Nach der Vorlage empfiehlt sich die Schaffung eines Kreisstatutes nicht und es werden folgende Mittel zur Erreichung des angestrebten Zweckes vorgeschlagen: a) es mögen die einzelnen Dorfsämter aufgefordert werden, Lefevereine zu gründen und die schon bestehenden zu unterstützen;

b) es mögen die Dorfsämter ermächtigt und angehalten werden, landwirthschaftliche Zeitschriften und Brochuren aus Allodialmitteln anzuschaffen ;

c) es möge für die Abfassung eines populären Schriftchens über den in Frage stehenden Gegenstand von der Nationsuniversilät ein Preis ausgesezt und die anzuhoffende Preisschrift in beiden Sprachen verbreitet werden; d) es möge im geeigneten Wege eine Vorstellung an die Kirchen und Schulbehörden gerichtet werden, um dieselben dahin zu vermögen, daß im naturgeschichtlichen Unterrichte für Zöglinge der Volksschullehrerseminare auf landwirthschaftliche Bedürfnisse Rücksicht genommen werde, und daß insonderheit die activen Volksschullehrer die schätzbaren Verbündeten und Freunde des Landmannes aus dem Thierreich kennen lehren und zu ihrem Schuße beitragen.

In Sachen der von der Nationsuniversität verlangten gutächtlichen Aeußerung, betreffend die Reorganisirung des Talmatscher Dominalforstamtes und die Errichtung eines Forstinspectorates für den ganzen Königsboden wurden nach den Ausschußanträgen (Referent Malmer) ohne Debatte die folgenden Beschlüße gefaßt:

a) daß diese Kreisversammlung es außer ihrer Competenz erachte, über eine bessere Administration des der Nation gehörigen Waldcomplexes in irgend eine Verhandlung und Beschlußfassung einzugehen und in soferne das zugesandte commissionelle Gutachten betreffend die Reorganisirung des Talmatscher Forstamtes unerledigt zurückleite; b) daß in die Berathung und Beschlußfassung über die gleichzeitig beantragte Creirung eines Forstinspectorates erst im Zusammenhange mit dem unter M.-3. 1955. 1869 an eben diese Stuhlsversammlung gelangten Antrag der Hermannstädter Communität 3. 28. 1869 einzugehen sei, welcher dahin lautet: es möge im Zwecke der Reorganisirung einer entsprechenden Forstaufsicht und Forstwirthschaft im Hermannstädter Stuhle die nöthige Vorkehrung zur Creirung einer Stuhlsförsterstelle getroffen werden", den aber der löbl. Magistrat dahin erweitert hat: es wolle die löbl. Stuhlsversammlung sofort eine Commission bestellen, und derselben auftragen, binnen einer bestimmten Frist ein detaillirtes Project für das Stuhlsforstwesen auszuarbeiten und zur Beschlußfassung vorzulegen."

Ebenso wurden auch die hier folgenden Anträge bezüglich des durch Einschiebung der obigen Vorlage zum sechsten und legten Punkt der Tagesordnung gewordenen Anträge des Ausschußes, betreffend das Gutachten über materielle Unterstüßung für die Hebung technischer Fachbildung in sächsischen Kreisen (Referent Kast), en bloc angenommen:

1. Mit den von den beiden Sachverständigen Carl Albrich und Josef Meschendörfer zum Zweck der Hebung der allgemeinen Bildung sowol, als auch der gewerblichen Fachbildung unseres Gewerbstandes abgegebenen Gutachten im Allgemeinen sich einverstanden zu erklären;

2. bei Hermannstadt und Kronstadt die Erweiterung der Unterrealschule von 3 auf 4 Jahrgänge zu empfehlen, dagegen bei Mediasch, Schäßburg, Bistriß an den 3 Cursen der Unterrealschule festzuhalten; bezüglich der Organisation der Gewerbeschulen in allen eben genannten Orten sich für die in den Gutachten der beiden Sachverständigen niedergelegten Grundsäße auszusprechen ;

3. die Durchführung der von den beiden Sachverständigen vorgeschlagenen Organisation der technischen Anstalten bei den Orten Broos und Mühlbach als unthunlich zu be zeichnen, dagegen zu beantragen, daß für beide Orte zwei die localen Gewerbsbedürfnisse berücksichtigende Fachcurse im Anschluß an eine Hauptvolksschule oder an ein Untergymnasium; für Reps, Großschenk, Reußmarkt und Leschfirch, im Sinne von Meschendörfers Vorschlag, Stipendien für an einer Oberrealschule studirende Jünglinge dieser Orte errichtet würden;

4. bei der Bewilligung einer materiellen Unterstützung der technischen Anstalten durch die Nationsuniversität in erster Reihe die Realschulen, in zweiter die Gewerbeschulen und in critter die Errichtung von Stipendien für Oberrealschüler zu befürworten ;

5. die Vertheilung der von der Nationsuniversität zum Zweck der Förderung technischer Bildung beschlußmäßig in Aussicht gestellten Dotation jährlicher 10000 fl. ö. W. aus Nationalmitteln auf die einzelnen Vorerte des Sachsenbodens in der Weise der Nationsuniversität zu empfehlen, daß jährlich entfallen mögen: für Realschulzwecke auf Hermannstadt 1600 fl., Kronstadt 1200 fl., Schäßburg 600 fl., Bistrit 600 fl., Mediasch 600 fl.; für Gewerb schulzwecke auf Hermannstadt 800 fl., Krenstadt 800 fl., Schäßburg 400 fl., Bistrit 400 fl., Mediasch 400 fl., Mühlbach 500 fl., Broos 500 fl.; für Stipendien auf Reps, Großschenk, Reußmarkt und Leschkirch je 400 fl.

"

Aus dem Harbachkhale. An der trotz des Thauwetters nicht wieder aufthauenden Eisenbahn vorbei führte mich in diesen Tagen der Weg von Hermannstadt nach Osten ins Thal des gelb hinfließenden Harbachs. Die Postkarte bezeichnet die Entfernung zwischen dem genannten Orte und der ersten Gemeinde, welche die Straße erreicht, Leschkirch, mit 4 Meilen. Wir hatten den Weg schon in 2 Stunden gemacht, da keine bedeutenden Steigungen zu überwinden sind; jest mußten wir 7 Stunden uns martern lassen, und nur die Rücksicht darauf, daß die Pferde noch übler dran waren, als die Reisenden, bot einigen Trost. Untröstlich aber war die Ueberzeugung, die der Anblick dieser vor drei Jahren noch ganz guten Straße uns aufdrängte. Nach fast zwei Jahrtausenden sind die Spuren der Römerstraßen noch vielfach sichtbar im Lande; aber von vielen k. k. Bezirksstraßen, wird, wenn das noch einige Jahre so sort geht, auf weite Strecken hin nur die Sage noch traurige Kunde geben. Versunken und vergessen", das scheint ihre Bestimmung zu sein. Es war gegen den Hermannstädter Markttag, der aus dieser Gegend auf starke Zufuhren zu rechnen angewiesen ist. Heute begegneten uns 10 oder 12 stark bespannte Fuhrwerke, die aber aussahen, als kämen fie aus einem langen Feldzuge, und nur mit Mühe ihre auf ein geringes Maß herabgesette Ladung dahinschleppten. Es waren ohne Ausnahme Zufuhren aus Ortschaften, die unmittelbar an der Bezirksstraße liegen und man sagte uns, daß eine Viertelstunde abseits derselben die Cernirung nicht mehr zu durchbrechen sei. Aus Kirchberg, Marpod, Hochfeld kann kein beladener Wagen mehr heraus. Wer den sauren Weg machen muß, führt entweder den leeren Wagen durch die in die Grundzäune gebrochenen Lücken hinten hinaus vor die Gemeinde und trägt sodann die Ladung auf dem eigenen Rücken dorthin nach, oder er besteigt mittelalterlich gespornt und gestiefelt das beste Roß mit cem Quersack hinter sich und sucht über Stellen, wo kein Weg je gegangen, die „Landstraße" zu gewinnen. Der Ver

kehr dieser Gemeinden unter einander und mit dem Vororte Leschkirch ist nur zu Fuß oder zu Roß noch gerathen und selbst die Hochwürdigen Herrn aller Confeffionen müssen diesem Transportmittel fich anbequemen, wollen sie nicht in ihren Pfarrhöfen lebendig begraben sein.

"

Noch vermittelt der Postkarren dreimal in der Woche einen schmalen Zusammenhang mit der Außenwelt. Wenn aber die Witterung so fortgeht, so ist mit mathemathischer Genauig keit auszurechnen, wann dieser Karren bei Thalheim oder wenns hoch kommt, vor Leschkirch stecken bleibt, immer tiefer und tiefer sinkt und endlich festfriert, so daß des Erdenlebens schönes Traumbild", das er in seiner Holztruhe führt, erst mit der Wiederkehr des Lenzes den Bewohnern des Harbachthales aufgehen wird. Paris kann dann längst ausgehungert sein, und ,,in dieses Thales Gründen, die der kalte Nebel deckt", wirft noch immer die Angst um die schwergeprüften Belagerer ihre dunkeln Schatten.

Vieles hat hier die Natur verschuldet, aber mehr noch fällt auf Rechnung der Menschen. Die „guten Tage", die in frühern Jahren auch über das Harbachthal ihren sonnigen Schein geworfen, find allzu wenig benügt worden, und wenn die Regierung im Jahre des Regens 1870 für die Instandhaltung einer etwa 4 Meilen langen Straßenstrecke 100, sage einhundert Gulden und keinen Kreuzer mehr aus Staatsmitteln bewilligte, also ungefähr so viel als ein hoher Staatsbeamter an Diäten bezieht, wenn er die Eröffnung eines neuen patriotischen Unternehmens mit seiner Gegenwart beehrt, so wirst das doch ein sehr übles Licht auf den Stand der Finanzen oder die Informationen der Excellenzen und der Gesetzgebung.

Wie immer, kommen wird einst der Tag, wo diese Thäler von sich sagen können, wie Freiligrath singt:

„Verborgen steh' ich da vor allem Volke;

Kein Auge das durch diesen Schleier blickt.
Mir ist als hätte mich der Herr entrückt
Der Welt in einer finstern Wolke."

Fehlt nur noch, daß die Marpoder ihre Mühlwehre wieder quer über das Bachbett hinflechten und vieltausend Morgen bester Wiesen sind neuerdings der Verjumpfung preisgegeben, aus der sie unlängst mühevoll gerettet worden. Wenn dann die orientalische Frage vielleicht auch diese Gegenden berührt, kann die Bevölkerung wieder in undurchdringlichem Weidicht, wie in den Zeiten der Kurußen, der Güter höchstes, das Leben, verbergen.

Unter solchen Eindrücken und mit solchen Gefühlen durch schwammen wir die lezten Kothflüße vor Leschkirch und freuten uns bald im namenlosen Gasthofe des lecker bereiteten Mahles. Der Pächter scheint mit der Herausbringung der bedeutenden Pachtsumme, die er zu zahlen hat, und die im letzten Jahre um einige hundert Gulden gestiegen ist, fast ebenso sehr an den gesunden Durst der Einheimischen, als an den Zufluß der Fremden gewiesen; cas wird in einigen Jahren böse Früchte in der, wie man mir sagte, jetzt noch ziemlich kräftigen Gemeinde zur Reife bringen, wenn das Kerbholz vor die Gerichte gebracht wird.

Uebrigens war heute Ausnahmstag. Die neue Stuhlsvertretung hatte zwei Deputirte gewählt, welche, um die Lebensfähigkeit des Baron Wenckheim'schen Regulative zu beweisen, auf den 10. Januar nach Hermannstadt einberufen waren. E8 war nicht ganz glatt abgelaufen; denn die Sachsen hatten die Sizung mit Einbringung einer Verwahrung gegen die Competenz der neuen, octroyirten Nationsuniversität in Sachen des Nationalvermögens eröffnet, welche von den Romänen nicht unterstützt worden war, und bei der Wahl selbst stimmten die Romänen nur theilweise mit den Sachsen. Von den Gewählten Samuel Dörr und Ludwig Herbert behauptete man, daß sie der Nationalpartei angehörten und das Vertrauen der Sachsen durch ihre Haltung rechtfertigen würden. Unter den sächsischen Abgeordneten zur Stuhlsversammlung hatte der Notär von Holzmengen sich durch die kühne Behauptung ausgezeichnet, daß in

diesem Stuhle ein Forstmeister nicht nothwendig sei, sondern die Gemeinden die Waldwirthschaft in eigener Regie zu führen befähigt seien. Man meinte, die Sache sei durch eine Commission Unparteiischer und Sachverständiger in den Waldungen von Holzmengen am sichersten zu entscheiden. Die Vertreter anderer Stuhlsortschaften schienen nicht so viel Zutrauen in ihre Fähigkeiten zu haben und an die mancherlei Verhaue zu denken, die mehr strategischen, als nationalökonomischen Werth haben dürften.

Vom Allgemeinen kam man aufs Besondere, auf einen Reichstagsdeputirten, von dessen nahem Rücktritt sonderbare Dinge gewispert wurden, von der Nationsuniversität auf das liebe Vieh, das dem Landmanne mit Recht nicht gleichgiltig ist. Die Gemeinden dieses Stuhles leiden furchtbar unter den Nachwehen des nassen Sommers und Herbstes und durch das meist in halbverdorbenem Zustande eingebrachte Futter. Ein bedeutender Theil des Viehstandes ist bereits zu Grunde gerichtet, und zwar Pferde sowol als Hornvieh, und selbst der Rest fristet ein fümmerliches Dasein, so daß sogar die Einbringung des Feuerungsbedarfes nur mit großen Schwierigkeiten bewerkstelligt werden kann. Die Leschkircher Waldungen liegen kaum eine Viertelstunde vom Orte entfernt, die „Loose" sind angewiesen, aber mancher muß frieren, weil ein einfaches Gespann nicht im Stande ist, die Zufuhr zu bewerkstelligen und das Zusammenspannen viel Zeit braucht und Schwierigkeiten macht. Wir fragten nach der Beheizung der Schule und es mag zur Ehre der Leschkircher gesagt sein, daß sie bis jetzt noch unter der Holznoth nicht gelitten hat. Auch der Verkehr zu Fuße ist im Orte nicht ges hindert, da an den Häusern ein noch von den Bezirksbeamten angelegter Gehweg auch von dem gegenwärtigen Geschlechte in leidlichem Stande erhalten wird. Der Fahrweg ist nicht besser und nicht schlechter, als anderswo.

Das sind die landschaftlichen und nationalökenomischen Studien, die wir auf dieser Fahrt gemacht. Als wir heimkehrten, dachten wir an so manchen lieben Tag, den wir früher in dem lieblichen Wiesenthale zugebracht, wo der Nachtigallen Schlag mit der Frösche Gesang melodisch sich paart, der Landmann reichlichen Erntesegens und eines schönen Viehstandes sich freute und dem Waidmanne in Wiese und Busch, auf der weiten Stoppel und im Röhricht des Teiches reiche Beute winket. Und die Wehmuth überkam uns, daß der Zeiten Ungunst und der Menschen Verkehrtheit auch hier wieder ein Stück Cultur der alten Wüste König Geysa's zurückzugeben im Begriffe steht. Hier thut Schonung jeder Volkskraft und Ausnüßung derselben bloß zu produktiver, vernünftiger Thätigkeit dringend Noth und wenn der Staat neben der Verschönerung der Hauptstadt die Erhaltung des Landes etwas schärfer ins Auge faßte, hier ist Anlaß zur Unterstügung, Gelegenheit sich wahre Verdienste zu erwerben geboten. So wie die Gegend jetzt aussieht, merkt man ihr es wahrlich nicht an, daß durch eine wunderbare Fügung" Graf Beust und Graf Andrássy Ehrenbürger von Leschkirch sind.

Archiv.

Borstellung der Hermannftädter Kreisversammlung an die fächfische Nationsuniversität in Angelegenheit der Municipalreform.

Hohe Sächsische Nations-Universität!

In Folge Comitialerlaffes vom 30. November d. 3. 3. 1684. 1870 ist die hochachtungsvoll unterzeichnete Hermannstädter Kreisversammlung aufgefordert worden, die Wahl ihrer Abgeordneten für die auf den 10. Jänner 1871 nach Hermannstadt einberufene sächsische Nationsuniversität im Sinne der Bestimmungen der §§. 1. c, dann 11, 12 und 14 des Provisorischen Regulativs vom 22. März 1869 vorzunehmen.

Indem diese Kreisversammlung sich anschickt, der erhaltenen Aufforderung zu entsprechen, hat sie ein lebhaftes Bewußtsein von der Bedeutung des Aktes, den sie in dieser Zusammensegung zum ersten Male vollzieht, und von der ungleich höheren Bedeutung jener auf den 10. Jänner 1871 einberufenen Versammlung, die in solcher Zusammensetzung zum ersten Male den altehrwürdigen Namen einer sächsischen Nationsuniversität führen wird.

Es ist dieß die erste auf dem Boten des Provisorischen Res gulativs vom 22. März 1869 erwachsene sächsische Nationsuniversität; ihre große Aufgabe wird es sein, dafür zu sorgen, daß sie die lezte dieser Art bleibe, daß ehebaldigst das Gesez die Willkürgebilde der freien Hand verdränge.

[ocr errors]

Die Bedeutung dieser Aufgabe wird so hoffen wir es mehr als rechtfertigen, wenn diese Kreisversarimlung sich unterfängt, im Hinblicke auf jene folgenschwere Aufgabe einer Reihe von Rechtsanschauungen und Erwartungen Ausdruck zu geben, von denen sie selbst erfüllt ist und zahlreiche Mitbürger erfüllt weiß. Wol ist es uns bekannt, daß die hohe sächsische Nationsuniversität allein es ist, der zur gefeßlichen Organisirung des Sachienlandes im Namen des leztern das entscheidende Wort mitzusprechen zustebt; allein, so lange sie dieß Wort noch nicht gesprochen, kann es ihr, meinen wir, nur erwünscht sein, durch rückhaltlose Kundgebungen der Vertretungskörper niedrigeren Ordnung ein möglichst vollständiges Bild der die ganze Nation bewegenden Anschauungen zu erlangen. In diesem Sinne bitten wir die nachstehenden Rechtsansichten und Erwartungen einer geneigten Erwägung zu unterziehn

erflärt

I. In vollster Uebereinstimmung mit den von den Communitäten der Städte Hermannstadt und Kronstadt am 5. und 12. Mai 1869 abgegebenen, von der Mehrzahl der sächsischen Vororte adoptirten Protokollarerklärungen und in vollster Billigung der in denselben ausführlich dargelegten Gründe die wir der hohen sächsischen Nationsuniversität zu eingehender Würdigung empfehlen die Hermannstädter Kreisversammlung: daß sie das im amtlichen Theil des „Budapesti közlöny" vom 28. März 1869 Nr. 71 veröffentlichte, vom f. ung. Minister des Innern im Sinne von S. 10 des von der detaillirten Regelung der Vereinigung Ungarns und Siebenbürgens handelnden Gesezartikels XLIII. von 1868 erlassene Provisorische Regulativ bezüglich der Wahl der Vertretungs. körper, so wie der Stuhls, Distrikts- und Gemeindebeamten auf dem Königsboden" der Form nach als eine dem Gefeß nicht entsprechende Verfügung betrachte, weil sie die Gränzen der in §. 10 des XLIII. Gesezartikels von 1868 dem Ministerium ertheilten Vollmacht überschreitet; weil sie ohne die gehörige Beobachtung der Anordnung des selben, die „Anhörung der Betreffenden" fordernden Gesezes zu Stande gekommen ist; und weil sie die Autonomie des Königsbodens durch Eingriffe in das durch den XIII. siebenbürgischen Gesezartikel von 1791 und neuerdings durch §. 11 des XLIII. Gefeßartikels von 1868 gewährleistete Selbstgesezgebungsrecht für Innerangelegenheiten verlegt. Ebenso erklärt diese Kreisversammlung in Uebereinstimmung mit jenen Protokollarerklärungen das Provisorische Regulativ auch dem Inhalte nach für nicht befriedigend, weil es mit den Grundsägen geordneter Freiheit und freiheitlicher Selbstregierung in vielfachem Widerspruche steht. Insbesondere erklärt diese Kreisversammlung, daß sie die Durchführung des auch faktisch noch nicht vollzogenen zweiten, von der Wahl der Beamten handelnden Theiles des Provisorischen Regulativs, mindestens in seiner Anwendung auf die Stadt und Stuhls (Distrikts) Magistrate und Officiolate, für gänzlich unzuläßig und inopportun erachte und daß sie ihrerseits jede Mitwirkung zu einer solchen Durchführung unbedingt und auf das entschiedenste ablehne.

II. Diese Kreisversammlung erklärt ferner: daß sie in den ihr durch das Provisorische Regulativ und durch die auf Grund desselben vollzogenen Wahlen dargebotenen Wirkungskreis blos aus dem Grunde und in der Absicht eingetreten fei, um nach faktischer Beseitigung der bisherigen Vertretungskörper, den Willen, die Interessen und die Rechte der Bevölkerung nicht ganz nnd gar ohne ein zu ihrem Aus. drucke verwendbares Organ zu lassen.

Gleichzeitig erklärt jedoch diese Kretsversammlung, daß ste in diesen Wirkungskreis eingetreten sei, ohne hieraus eine Folgerung für die Rechtsbeständigkeit des Provisorischen Regulativs zu gestatten; daß

| ste vielmehr diesen Wirkungskreis lediglich thatsächlich und nur in so lange nach bestem Wissen und Gewissen auszufüllen bemüht sein werde, bis der dem Geseze entsprechende Verfassungsstand des Konigsbodens hergestellt sein wird.

III. Die Herstellung des dem Geseze entsprechenden Verfassungsstandes des Königsbodens kann im Sinne des XIII. siebenbürgischen Gesezartikels von 1791 und der §§. 10 und 11 des XLIII. Gesegartikels von 1868 nach der Ueberzeugung dieser Kreisversammlung einzig und allein das Ergebniß vollkommener Willensübereinstimmung zweier Factoren sein. Der eine Factor ist die Gesammtvertretung des Sachsenlandes, die sächsische Nationsuniversität; der andere Factor ist der Staat, repräsentirt durch die geseßgebende Gewalt desselben. Für so wesentlich und geseßlich unerläßlich erachten wir die vollkommene Willensübereinstimmung dieser beiden Factoren, daß wir jede, im Ganzen oder in ihren Theilen, auf dem einseitigen Willen nur eines dieser beiden Factoren beruhende Lösung der sächsischen Munizipalfrage für gesez und rechtswidrig betrachten müßten.

IV. Die Gesammtvertretung des Sachsenlandes, die auf den 10. Jänner 1871 einberufene sächsische Nationsuniversität, wird ver möge ibrer Wahl und Zusammenseßung auf dem Provisorischen Re gulativ beruhen und daher des Bodens strenger Gesezlichkeit gleich den übrigen Vertretungskörpern im Sachsenlande entbehren. Eine streng gefeßliche Anschauungsweise müßte ihr jede Berechtigung im Namen des Sachsenlandes zu beschließen und zu handeln absprechen und die völlig unveränderte Wiederherstellung des durch das Provisorische Regulativ willkürlich abgeänderten Rechtszustandes fordern.

Allein diese Kreisversammlung verschließt sich der Einsicht nicht, daß unter den durch einen stärkeren Willen geschaffenen thatsächlichen Verhältnissen die Erfüllung dieser streng gefeßlichen Forderung für das ganze Sachsenland mit ungleich größeren Nachtheilen verbunden sein müßte, als eine vorübergehende, durch zwingende Noth auferlegte Abweichung von der formalen Rechtscontinuität

Eine unvermeidliche Abweichung von der formalen Rechtscon tinuität wird sonach darin liegen, wenn die auf den 10. Jänner 1871 einberufene Versammlung als sächsische Nationsuniversität beschließt und handelt. Wenn aber diese Kreisversammlung die Unvermeidlichkeit einer solchen Abweichung anerkennt, so hält sie es für heilige Pflicht, daß diese Abweichung dem Umfang und der Dauer nach auf das Unabweislichste beschränkt und daß um diesen theuern Preis der Rechtsstand bleibend angebahnt und die Reihe der Octroirungen im Sachsenlande endgiltig abgeschlossen werde.

V. Deshalb betrachtet diese Kreisversammlung es nicht nur als die wichtigste, sondern nahezu als die einzig zuläßige Aufgabe der auf den 10. Jänner 1871 einberufenen sächsischen Nationsuniversität, sich mit der hohen Staatsregierung in das erforderliche innige Einvernehmen zu sezen, um auf dieser vorher zu sichernden Grundlage, was an der sächsischen Nationsuniversität liegt dazu beizutragen, daß das ersehnte Municipalgescß für das Sachsenland in vollkommener Willens. übereinstimmung zwischen ihr und dem Staate zu Stande komme. In der befriedigenden Lösung dieser einen großen Hauptaufgabe wäre zugleich die Lösung aller übrigen denkbaren Aufgaben einer sächsischen Nationsuniversität mitangebahnt. Nationsuniversität mitangebahnt. Die gänzliche Austragung aller von der Municipalfrage trennbaren Aufgaben müßte aber einer künftigen, auf dem Boden des Gesezes erwachsenen Universität überlassen bleiben. Ausnahmen könnten nur durch unabweisbare Nothwendigkeit gerechtfertigt werden und dürften dazu keiner Principienfrage präjudiciren.

VI. Wir betrachten es nicht als die Aufgabe dieser Kreisver sammlung, für die Lösung der sächsischen Municipalfrage einen detail. lirten Vorschlag zu erstatten; allein wir wollen uns es nicht versagen, auf einige Hauptpunkte hinzudeuten, deren Berücksichtigung uns unerläßlich erscheint.

1. Eine heilsame Reform des Sachsenlandes kann nur aus der Festhaltung und zeitgemäßen Fortbildung der erworbenen und geseß. lich verbürgten Rechte und Einrichtungen desselben und andererseits aus der vollen Anerkennung der berechtigten Forderungen des Staates erwachsen. Sie soll dem Sachsenlande unter vollkommen gleicher | Rechtsfähigkeit aller seiner Bewohner die freieste Selbstregierung in Innerangelegenheiten, dem Staate den wirksamen Vollzug der in

feinem Rechtskreise liegenden Verfügungen und die Möglichkeit der Controlle dieses Vollzugs gewährleisten.

2. Die Reform hat sich auf die gesammte Municipal-Vertretung und auf die gesammte politische Municipalverwaltung des Sachsen landes zu erstreden.

3. Vertretung und Verwaltung sind streng von einander zu sondern. Beide gliedern sich, wie bisher, nach den drei Abstufungen der nach dem Gesez zum Königsboden gehörigen Ortsgemeinden, der elf Kreise (9 Stühle und 2 Distrikte) und des sächsischen Gesammtmunicipiums derart, daß der Ortsvertretung das Ortsamt, der Kreis. vertretung die Kreisbehörde, der Vertretung des Gesammtmunicipiums die Municipalbehörde als verantwortliches Verwaltungs- und Vollzugs. organ gegenüberstehe.

4. Die Vertretungskörper haben, wie bisher, durchgängig und ausschließlich aus Wahlen hervorzugehn. Bei möglichst weiter Ausdehnung des activen Wahlrechtes wird dem Besiz, der geistigen Bil dung und sittlichen Tüchtigkeit das gebührende Gewicht einzuräumen und andererseits den Uebelständen vorzubeugen sein, die aus einer übergroßen Zahl der Mitglieder für jeden Vertretungskörper erwachsen.

5. Alle Aemter in der Ortsgemeinde, im Kreis und im Ge fammtmunicipium sind durch freie, von keiner Regierungscandidation beengte, Wahl der Vertretungskörper zu beseßen.

6. Jede Stufe des Municipalorganismus (Ortsgemeinde, Kreis, Gesammtmunicipium) beschließt über ihre Innerangelegenheiten und verwaltet dieselben selbstständig.

7. Das Mittelglied zwischen der Staatsverwaltung und den Municipalorganen aller Stufen ist die Municipalbehörde des Gesammt municipiums. Die Municipalbehörde verwaltet auch nach den Weisungen und unter der Controlle der Gesammtvertretung das sächsische National. vermögen. Doch kann auf die Verwaltung und Verwendung des leztern ausschließlich nur den Eigenthümern desselben nach Maßgabe ihrer geseßlich erworbenen Rechte ein Einfluß eingeräumt werden.

VII. Nicht unterlassen dürfen wir es, die Aufmerksamkeit der hohen sächsischen Nations-Universität auf eine einseitige Regierungsver fügung insbesondere hinzulenken, wodurch die Territorial-, Verfassungsund Eigenthumsrechte der sächsischen Nation und namentlich auch die Rechte des Hermannstädter Stuhles, dann des Kronstädter Distriktes wesentlich verlegt und bedroht worden sind. Wir meinen die in §. 8 des Provisorischen Regulativs übergegangene Verordnung des früheren Ministers des Innern vom 24. Jänner 1969 3. 20826. 1868, wodurch eine ganze Reihe von Gemeinden, die niemals zum Königs. boden gehört haben, bis zur weiteren Verfügung der Gesezgebung dem Hermannstädter Stuhle, beziehungsweise dem Kronstädter Distrikt, mit hin dem Sachfenlande zugewiesen worden ist. Das Comitialarchiv, dann die Archive der Magistrate Hermannstadt und Kronstadt enthalten vollgiltige Belege für die eigenmächtige und gewaltthätige Weise, in der jene Verfügung in Vollzug gesezt worden ist. Selbst die Mög lichkeit sich über die ihre Interessen so tief berührende Maßregel zu äußern wurde der Hermannstädter Stuhlsversammlung durch Verbot

Zwei Sachsengrafen.

ihres Zusammentrittes entzogen. Dagegen war es der Stadtcom munität von Hermannstadt vergönnt, die Ungeseßlichkeit dieses Vorganges in ihrer Erklärung vom 4. März 1869 eingehend zu beleuchten, die zu einer solchen Aenderung des bestehenden Rechtsstandes vom Geseze geforderte Mitwirkung der sächsischen Nationsuniversität nachdrücklich zu betonen und gegen die Durchführung der einseitigen Verfügung Verwahrung einzulegen. Ebenso hat die Stadtcommunität von Kronstadt in der zur Kenntniß dieser Kreisversammlung gelangten, an das hobe Ministerium des Innern gerichteten Vorstellung vom 7. April 1869 3. 241 die dem Eigenthumsrechte der sächsischen Nation aus der Theilnahme der Abgeordneten dieser Gemeinden an der Wahl der Deputirten zur sächsischen Nationsuniversität erwachsende Bedrohung überzeugend nachgewiesen.

In voller Uebereinstimmung mit den von den beiden genannten Stadtcommunitäten entwickelten Gründen, welche die volle Beachtung der hohen sächsischen Nationsuniversität verdienen, ebenso in Ueber. einstimmung mit der Haltung der Vertreter der gesezlich zum Hermannstädter Stuhl gehörigen Gemeinden, die es am 17. September 1869 vorzogen, lieber der weiteren Thätigkeit zu entsagen, als durch Theilnahme an den Berathungen einer gesezwidrig zusammengefeßten Stuhlsversammlung das eigene Recht und das der sächsischen Nation preiszugeben, erachtet diefe Kreisversammlung so sehr sie das Verlangen jener Gemeinden nach dem ungeschmälert en Genuße muni cipaler Rechte als innerlich berechtigt anerkennt es für ihre Pflicht, die hohe sächsische Nationsuniversität dringend zu ersuchen, bei Lösung der sächsischen Municipalfrage auch dafür Sorge zu tragen, daß durch den Erwerb municipaler Rechte seitens jener Gemeinden, das erworbene Municipalrecht des Hermannstädter Stubles, des Kronstädter Distriktes und der sächsischen Nation nicht verkümmert werde.

Wir sind, hobe sächsische Nationsuniversität, mit der gedrängten. Darlegung unserer Rechtsanschauungen und Erwartungen, die der nahe Zusammentritt unserer obersten Municipalvertretung wachruft, zu Ende. Nicht deshalb wir betonen es nochmals haben wir uns zu diesem Schritte entschlossen, um dem weisen Ermessen der hohen sächsischen Nationsuniversität vorzugreifen, denn dieser allein ge bührt im Namen der sächsischen Nation das entscheidende Wort; auch nicht deßhalb haben wir es gethan, um die Abgeordneten dieser Kreisversammlung in der sächsischen Nationsuniversität dadurch zu binden und auf einem Umwege das gefallene Institut der Instructionen wieder aufzurichten, denn unsere Abgeordneten sollen und werden. frei nach eigenster Ueberzeugung handeln und sprechen: lediglich des halb haben wir uns vertrauensvoll an die hohe fächsische Nationsuniversität gewendet, um Zeugniß zu geben von den in unserer Mitte lebenden Ueberzeugungen und Erwartungen und um unser Gewissen zu befreien.

Hermannstadt, am 30. December 1870.

Die Hermannstädter Kreisversammlung.

Wuregungen.

(Aus den Vorlesungen im großen Hörsaale, des evang. Gymnasiums in Hermannstadt.)

Vier Jahrhunderte hatte bereits die Krone des h Stefan die Häupter selbstständiger ungarischer Könige geschmückt, als die Idee einer Vereinigung der österreichischen und ungarischen Länder zum erstenmale in der Geschichte auftauchte und zwar in der Art, daß ein gemeinsamer Fürst für beide Reiche das Verbindungsglied bilden, die Reiche selbst dagegen völlig unabhängig von einander bleiben sollten. So vereinigte Albrecht von Desterreich, als Gemahl Elisabeth's, der Tochter des ungarischen Königs Sigismund in den Jahren 1438 und 1439 die Kronen beider Länderkörper auf seinem Haupte. Von dem Zeit

punkte an sehen wir diesen Gedanken wiederholt nach Verwirklichung und Verkörperung ringen und zwar in der Form von Erbverträgen der beiden Regentenhäuser, welche Verträge durch landtägliche Bestätigung auch die Weihe des Volkswillens erhielten, bis endlich der Gang der Geschichte gerade 100 Jahre nach dem ersten Auftauchen der Idee einer Vereinigung der österreichischen und ungarischen Länder, die Völker derselben zur Verwirklichung des reif gewordenen Gedankens aufrief.

Das geschichtliche Werden der Verbindung jener beiden Ländergruppen, welche heutzutage den Namen Desterreich-Ungarn führen, wird durch drei hervorragende Marksteine der Geschichte bezeichnet das sind die Jahre 1526, 1687, 1848; seit dem Jahre 1526 beginnt der eigentliche Kampf für die Idee eines österreichisch-ungarischen Staates; derselbe findet seinen ersten

« ZurückWeiter »