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dieser einzelnen Truppentheile erreicht, sondern auch ihrem ganzen inneren Gefüge ein größerer Halt gegeben werden.

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In allen deutschen Staaten ist allgemeine Wehrpflicht, ohne Stellvertretung, eingeführt. Nur körperliche Unfähigkeit, moralische Unwürdigkeit und einzelne gesetzlich festgestellte Ausnahmen wegen häuslicher und gewerblicher Verhältnisse, befreien vom Diensteintritt, so daß die Heere Deutschlands aus allen Volksklassen gemischt erscheiDen gebildeten Klassen ist nur der Vorzug eingeräumt, ihre Dienstzeit bei der Fahne, in einem Jahre als Freiwillige, mit der Verpflichtung eigener Erhaltung und Bekleidung während dieser Zeit, ableisten zu können. Diese einjährig Freiwilligen sind in den deutschen Armeen eine sehr beachtenswerthe Eigenthümlichkeit, die außer dem Vortheil für die meist studirenden jungen Männer selbst, daß ihre Studien nur möglichst kurze Zeit unterbrochen werden, zugleich auch der Armee den großen Vortheil gewährt, sich aus diesen Elementen Reserve- und Landwehr-Offiziere heranbilden zu können. Wir kommen später noch besonders auf sie zurück.

Die deutsche Heeresverfassung, welche die persönliche Dienstleistung im Heer als eine dem Vaterlande schuldige Ehrenpflicht betrachtet und seit der zuerst in Preußen eingeführten Reorganisation den Grundsatz durchzuführen bestrebt ist, daß jeder Waffenfähige auch die Waffen tragen lerne, bietet daher im Vergleich zu der französischen große Vorzüge dar, sowohl hinsichts der gleichmäßigeren und gerechteren Anordnung der Wehrpflichtigkeit, als auch hinsichts der Nachhaltigkeit, mit der ein Krieg geführt werden kann, abgesehen davon, daß in Deutschland nur vollständig ausgebildete, in Frankreich dagegen eine große Zahl nur halb oder gar nicht ausgebildeter Soldaten bei Beginn des Krieges als Streitmacht aufzutreten berufen sind.

Gleich bei Beginn des Krieges mußte Frankreich zu vielen Neuformationen greifen, zu denen theilweise, wie bei den Mobilgarden, alle Kadres an Offizieren und Unteroffizieren fehlten; diese erst bei der Mobilmachung im Drange der Zeitverhältnisse angeordneten neuen Formationen konnten daher nur höchst mangelhaft ausfallen und erst nach längerer Zeit einigermaßen sich als verwendbar erweisen.

In Deutschland, wo alle Waffenfähigen in den Reihen der Armee oder in dem Ersatz gesetzlich ihre Stelle finden, wurde von der Bildung besonderer Freiwilligen-Korps grundsäglich ganz abgesehen;

in Frankreich dagegen bildeten sich dergleichen Korps in den mannigfachsten Schattirungen, sämmtlich aber von nur geringem militairischen Werth, da sie ohne Ausbildung, meist auch ohne Disziplin waren. Die Kräfte der auch in Deutschland zahlreich zu den Fahnen strömenden Freiwilligen sind hier trefflich in der Armee verwerthet worden, während sie in Frankreich zersplittert und ohne Nutzen für die eigentliche Wehrkraft vergeudet wurden.

Schon früher wurde darauf hingedeutet, daß die Heereseinrichtungen in Frankreich die Armee gewissermaßen loslösen von der Nation, während in Deutschland Heer und Volk so innig verschmolzen ist, daß es oft kaum zu sagen ist, wo der Soldat als solcher aufhört und der Bürger beginnt. Wie locker aber das Band der französischen Nation mit ihrem Heere geknüpft, geht daraus auf das Schlagendste hervor, daß, nachdem die Armee mit Unglück gekämpft, befiegt und gefangen worden, die Nation keinen Anstand nahm, sie mit Hohn zu überhäufen und sie des Volksverraths zu beschuldigen.

Gegenwärtig, nachdem der Krieg 3 Monat gedauert, ist in Frankreich das ganze Militairsystem derart unwiederbringlich zusammengebrochen, daß die Franzosen zu dem letzten und äußersten Mittel, dem Volkskriege, haben greifen müssen, der von unausgebildeten Franktireurs aller Art gegen durchgebildete, siegesgewohnte Gegner geführt, im großen Ganzen schwerlich zum Ziele führen kann, unter allen Umständen aber Menschenleben in kolossalem Maßstabe vergeudet und das eigene Land unabwendbar und gänzlich ruinirt.

Deutschland dagegen hat nicht ein Jota an seiner ursprünglichen. Heereseinrichtung zu ändern gebraucht, da diese sich sowohl hinsichts der schnellen Aufstellung der großartigsten Heeresmassen, als auch hinsichts der Regelung des Ersages, selbst bei sehr bedeutenden Kriegsverlusten, als vortrefflich funktionirend erwiesen hat. Da wo Deutschland zur Verstärkung der Armee oder zu besonderen Zwecken einzelne neue Truppentheile formirt hat, geschah dies stets im engen Anschluß an die Organisation der Armee und ohne Ausnahme allein durch vollständig ausgebildete Soldaten.

Durch die vorsorgliche Bildung einer Ersatz-Reserve erster Klasse ist der Armee ein außergewöhnlicher und schneller Ersatz bei ausbrechendem Kriege gesichert. Diese wehrpflichtigen Mannschaften, welche bei der regelmäßigen Aushebung noch nicht in jeder Beziehung als vollständig militairbrauchbar anerkannt werden konnten, sich aber

für den Kriegsfall voraussichtlich hierzu eignen, werden alljährlich aus der allgemeinen Ersatz-Reserve, die für außergewöhnliche Fälle disponibel bleibt, designirt, um in erster Linie unmittelbar nach erfolgter Mobilmachung in die Ersatz-Abtheilungen einberufen zu werden, ohne daß es einer besonderen, zeitraubenden Aushebung durch die Ersatz-Kommissionen bedarf.

Vermöge dieser Einrichtung hat auch in dem gegenwärtigen Kriege der erste Ersatz ohne alle Uebereilung bei den Ersatz-Bataillonen und Ersatz-Eskadrons ausgebildet werden können, ja, hat die Einstellung des diesjährigen eigentlichen Rekruten-Kontingents erst Anfangs Oktober, also zu demselben Termin, wie er mitten im Frieden üblich ist, stattzufinden brauchen!

Stärke und Formation der franzöfifchen Armee und der deutschen Heere.

Die französische Armee ist im Frieden circa 400,000 M. stark und sollte im Kriege auf die Stärke von 770,000 bis 800,000 M. gebracht werden, eine Absicht, die jedoch bei Weitem nicht erreicht ist.

I. Infanterie. 1) Garde: 3 Grenadier-, 4 Voltigeur-, 1 Zuaven-Regiment, 1 Jäger-Bataillon. 2) Linie: 100 InfanterieRegimenter, 3 Regimenter Zuaven, 20 Jäger-Bataillone, 5 Bataiflone afrikanischer Infanterie, 1 Fremden-Regiment, 3 Regimenter eingeborene Algier'sche Schützen (Turcos), im Ganzen mithin 120 Infanterie-Regimenter und 21 Jäger-Bataillone.

Die Infanterie-Regimenter haben ein jedes 3 Bataillone (nur das Garde-Zuaven-Regiment hat deren 2) à 8 Kompagnien. Für den Kriegsfall werden jedoch die Bataillone nur auf 6 Kompagnien formirt und die beiden überschießenden Kompagnien der Depot-Abtheilung des Regiments zugewiesen. Die früheren Elite-Kompagnien der Infanterie (1 Grenadier- und 1 Voltigeur-Kompagnie) sind seit dem Jahre 1868 abgeschafft, da sie den Kompagnien du centre zu sehr die besten Elemente entzogen; die Elitemannschaften sind als Soldaten 1. Klasse (entsprechend unseren Gefreiten) in alle Kompagnien gleichmäßig vertheilt. Die Garde wird nur durch Liniensoldaten,

welche sich vortheilhaft auszeichnen und mindestens ein Jahr als solche gedient haben, ergänzt, außerdem nur durch Freiwillige, nicht auf dem allgemeinen Ersaßwege, rekrutirt. Die Jäger-Bataillone zählen 8, das Garde-Jäger-Bataillon 10 Kompagnien.

Im Frieden haben die Bataillone eine Durchschnittsstärke von höchstens 600 M., im Kriege sollen sie normalmäßig auf 800 M. gebracht werden.

Hiernach ergiebt sich für 380 Bataillone eine Gesammtstärke der Infanterie im Frieden von 290,000 und im Kriege von 304,000 Mann.

II. Kavallerie. 1) Garde: 1 Kürassier-, 1 Karabiniers-, 1 Dragoner, 1 Lanciers-, 1 Chasseurs- und 1 Guiden- (Husaren-) Regiment. 2) Linie: 10 Kürassier-, 12 Dragoner, 8 Lanciers-, 12 Chasseurs-, 8 Husaren-Regimenter, ferner 4 Regimenter Chasseurs d'Afrique und 3 Regimenter Spahis (eingeborene afrikanische Kavallerie).

Die Kavallerie-Regimenter sind sämmtlich zu 4 Feld- und 2 Depot-Eskadrons formirt und sind im Frieden durchschnittlich 450 Pferde, im Kriege 650 Pferde stark.

Die Kürassier- und Karabiniers-Regimenter (zusammen 12) bilden die schwere oder Reserve-Kavallerie, die Lanciers- und DragonerRegimenter (zusammen 22), die Linien-Kavallerie und die Chasseurs-, Husaren- und Guiden-Regimenter (zusammen 29) die leichte Kavallerie.

Die gesammte Kavallerie (63 Regimenter) ist mithin im Frieden circa 28,000, im Kriege etwa 40,000 Pferde stark.

III. Artillerie. 1) Garde: 1 Regiment fahrende (monté), 1 Regiment reitende Artillerie. 2) Linie: 15 Regimenter fahrende, 4 Regimenter reitende, 5 Regimenter Festungs-Artillerie.

Im Ganzen zählt die Artillerie 186 fahrende, 38 reitende und 60 Festungs-Batterien, jede Batterie zu 6 Geschützen, mithin die gesammte Artillerie 1704, die Feld-Artillerie allein 1344 Geschütze.

Der Artillerie zugetheilt ist ein Pontonier-Regiment zu 14 Kompagnien, 1 Eskadron Garde-Artillerie-Train zu 2 Kompagnien und 2 Regimenter Linien-Artillerie-Train zu 12 Kompagnien, 10 Kompagnien Artillerie-Handwerker, 6 Kompagnien Feuerwerker, 1 Kompagnie Waffenschmiede. Auch die Mitrailleusen-Batterien, auf die wir speziell zurückkommen, wurden kurz vor Beginn des Krieges der Artillerie definitiv überwiesen.

Borbstaedt. Der deutsch-franz. Krieg.

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Die Gesammtstärke der Artillerie beträgt im Frieden 36,000 M., auf dem Kriegsfuß 46,000 M., der Feld-Artillerie allein im Frieden 26,000 M., im Kriege 36,000 M.

IV. Genietruppen. 3 Genie-Regimenter à 2 Bataillone à 7 Kompagnien Sappeure und 1 Kompagnie Mineure. Außerdem 3 Kompagnien Genietrain. Der Feld-Eisenbahn- und Telegraphendienst wird durch Abtheilungen der Genie-Regimenter versehen.

Im Frieden haben die Genietruppen eine Stärke von 6000 M., im Kriege von 11,000 M.

V. Train (Fuhrwesenkorps). 3 Train-Regimenter zu 16 Kompagnien, im Frieden 6000 M., im Kriege etwa 10,000 M. betragend.

Hierzu kommen noch die Stäbe, die Militair-Beamten, die Verwaltungstruppen (13 Abtheilungen Handwerker), die Abtheilungen der Lazarethgehilfen und Krankenwärter, endlich die Gendarmerie, welche Alles in Allem auf 20 bis 30,000 Nichtkombattanten zu veranschla= gen sein dürfte, außerdem die sämmtlichen höheren Militairstäbe.

Die mobile Nationalgarde lassen wir bei dieser Berechnung fort, da sie bei Ausbruch des Krieges meist nur auf dem Papier stand. Wir werden später auf sie bei Aufstellung der gegenseitigen Streitkräfte zurückkommen und bemerken nur, daß französischerseits auf 150,000 Mobilgarden gerechnet wurde.

Fassen wir nur die Kombattanten, mit Weglassung der erst zu bildenden Ersatztruppen, der Militair-Beamten, Aerzte 2c., zusammen, so erhalten wir folgende

Uebersicht der Stärke der französischen Armee im Frieden

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Da die volle Friedensstärke der Armee sich auf 400,000 M., die volle Kriegsstärke der aktiven Armee sich auf 460,000 M. be

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