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Der König, welcher von einer Höhe bei Sommauthe die Kämpfe bei Beaumont verfolgt hatte, schlug für die Nacht sein Hauptquartier in Buzanch auf.

Stellung am Abend des 30. August.

(Der Maaßstab ist derselbe, wie auf der Karte III der Beilage.)

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Wir sehen mithin am Abend des 30. die gesammte Maas- und den größten Theil der III. Armee an der Straße Stonne-Beaumont in einer Frontausdehnung von 12 Meilen konzentrirt, in erster Linie das XII. Armee-Korps bei Letanne (seine Kavallerie-Division bei Pouilly), das IV. Armee-Korps bei Beaumont (eine Division vorgeschoben bis zum Bois Givondeau), das Garde-Korps dahinter gleichfalls bei Beaumont, das 1. bayerische Korps bei Besace, das XI. Armee-Korps und die 4. Kavallerie-Division bei Stonne, das V. Armee-Korps dahinter bei La Berlière.

In zweiter Linie standen, 1 Meile zurück, das 2. bayerische Korps bei Sommauthe, die 2. Kavallerie-Division bei Oches und die

württembergische Division bei Verrières.

Die beiden KavallerieDivisionen des äußersten linken Flügels, die 5. bei Tourteron, die 6. bei Semuy, und das dahinter bei Vouziers à portée gehaltene VI. Armee-Korps waren 3 Meilen von dem linken Flügel beider Armeen bei Stonne entfernt.

Von der französischeu Armee hatte das XII. Korps am 30. seine Stellung bei Mouzon beibehalten und lagerte Abends zwischen Mouzon und Carignan. Das I. Korps war bei Carignan einge

troffen.

Der Kaiser begab sich um 4 Uhr nach Carignan und hatte das Gefährliche der Lage, sowie die Größe der Niederlage bei Beaumont noch so wenig erkannt, daß er um 51⁄2 Uhr an die Kaiserin in Paris telegraphiren ließ: es hätte heute ein Engagement stattgefunden, das aber ohne große Bedeutung sei.

Im Hauptquartier des Marschalls Mac Mahon dagegen machten sich ernste Besorgnisse geltend, obschon man noch nicht wußte, daß auch das VII. Korps einen Echecq erlitten und das rechte Maasufer in gänzlicher Auflösung erreicht hatte. Die Armee von Chalons war von den weit überlegenen feindlichen Kräften erreicht. Der Weg nach Osten über Carignan auf Montmédy war zwar noch frei, fonnte aber von der Maas-Armee auf der kürzeren Linie über Stenay schnell erreicht werden. Ueberdies war auch das VII. Korps von der Marschrichtung nach Osten abgedrängt worden. Die Fortsetzung des Marsches auf Montmédy und damit der Versuch, den Marschall Bazaine bei Metz zu entsetzen, mußte daher als unausführbar ganz aufgegeben werden. Es war nur noch die Wahl, in der allerdings guten Stellung bei Mouzon eine Schlacht anzunehmen oder aber, ohne sich in einen Kampf einzulassen, sich nach Westen zu wenden, um so die Armee wo möglich noch aus der feindlichen Umgarnung zu retten. Im ersteren Falle blieb jedoch der Armee, wenn sie durch überlegene feindliche Kräfte geworfen wurde, nur der Rückzug auf belgisches Gebiet offen; gegen die dann zu gewärtigende Entwaffnung sträubte sich der französische Stolz. Marschall Mac Mahon faßte daher nach vielfachem Schwanken den in seinen Folgen freilich noch weit unheilvolleren Entschluß, alle seine Kräfte in westlicher Richtung bei Sedan zu sammeln. Dies war, angesichts des Feindes, jedoch nur noch durch einen Nachtmarsch mit den zum Theil ohnehin schon sehr fatiguirten und deprimirten Truppen zu erreichen.

In Carignan war Alles dahin vorbereitet, daß der Kaiser mit seinem Hoflager die Nacht daselbst zubringen sollte; gegen 8 Uhr Abends erfolgte jedoch unerwartet seine Abreise nach Sedan auf der Eisenbahn und bald darauf erging der Befehl des Marschalls Mac Mahon an die lagernden Truppen, die Lager aufzuheben und sich nach Sedan zu in Marsch zu setzen. Der Kriegsminister Graf Palikao in Paris wurde durch das lakonische Telegramm: „Mac Mahon benachrichtigt den Kriegsminister, daß er gezwungen ist, sich auf Sedan zu wenden" von dieser entscheidenden Maasregel ohne jede weitere Motivirung in Kenntniß gesezt. Carignan ist von Sedan 212 Meile entfernt; die Truppen, die zum Theil erst gegen Mitternacht den Marsch antraten, erreichten daher erst am 31. früh, zum Theil erst um 9 Uhr, ihre Lagerplätze.

Das bei Mouzon stehende, am meisten ausgeruhete XII. Korps sollte diesen Flanken-Nachtmarsch decken und wurde auf Douzy dirigirt, sollte aber seine Artillerie über Carignan auf dem rechten Chiersufer marschiren lassen. Das 1. Korps verblieb noch bei Carignan, das V. Korps wurde von Mouzon über Carignan auf dem rechten Ufer des Chiers in Marsch gesetzt.

So befand sich fast die ganze französische Armee in der Nacht vom 30. zum 31. in Bewegung. Der Marsch in stockfinstrer Nacht mit den sich oft kreuzenden und hemmenden Marsch - Kolonnen und den sich überall eindrängenden Trains war äußerst ermüdend und konnte es daher nicht fehlen, daß vielfach große Stockungen, Wirrwar und Unordnung eintraten. Die Eigenmächtigkeit der Soldaten ging so weit, daß Einzelne Fackeln anzündeten, ohne daß man es ihnen zu wehren wagte, obschon dadurch zugleich dem Feinde die Marschrichtungen verrathen wurden.

Der Kaiser traf Abends 11 Uhr in Sedan ein. Es wurde ihm der Vorschlag gemacht, sich unverweilt auf der Eisenbahn nach Mézières zu begeben, woselbst er das XIII. Korps (Vinoy) vorfände und mit diesem erforderlichenfalls nach Paris zurückkehren könnte. Der Kaiser ging aber hierauf nicht ein, da seine Abreise im Augenblick eines bevorstehenden Kampfes die Armee entmuthigen könnte und erklärte, die Gefahren und das Schicksal der Armee theilen zu wollen.

Der 31. August.

Kaiser Napoleon erließ aus Sedan am Morgen des 31. August folgende Proklamation an die Armee, welche jedoch nur sehr unvollständig zur Vertheilung gelangte.

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Da der Beginn des Krieges nicht glücklich gewesen ist, so wollte ich, indem ich Abstand nahm von jedem persön lichen Vorurtheil, das Kommando der Armeen denjenigen Marschällen übergeben, welche die öffentliche Meinung vorzugsweise bezeichnete. Bisher hat der Erfolg Eure Anstrengungen nicht gekrönt; nichtsdestoweniger vernehme ich, daß die Armee des Marschalls Bazaine unter den Mauern von Met sich wieder erholt hat und daß die des Marschalls Mac Mahon am gestrigen Tage nur wenig gelitten hat. (?) Es ist daher kein Grund zu Eurer Entmuthigung vorhanden. Wir haben den Feind gehindert, bis zur Hauptstadt vorzudringen, und ganz Frankreich erhebt sich, um die Eindringlinge zurückzuwerfen. Unter diesen schwierigen Verhältnissen habe ich, da die Kaiserin mich in Paris würdig vertritt, die Rolle des Soldaten der des Souverains vorgezogen. Kein Opfer soll mir zu schwer fallen, um unser Vaterland zu retten. Es schließt noch, Gott sei Dank! Männer von Muth in sich und wenn es Feiglinge geben. sollte, so wird das Militairgesez und die öffentliche Meinung Gerechtigkeit üben.

Soldaten, seid Eures alten Ruhmes würdig! Gott wird unser Vaterland nicht verlassen, wenn ein Jeder seine Pflicht thut."

Es war dies das letzte Wort, welches der Kaiser an die französische Armee richtete, wahrlich, mit seinen unsicheren und einander widersprechenden, zusammenhangslosen Worten wenig geeignet, die Zuversicht der Armee zu erhöhen und den Muth der Soldaten zu entflammen.

Am Morgen des 31. August hatten von der französischen Armee das VII., V., XII. Korps und die Reserve - Kavallerie - Division Bonnemain ihre Lagerplätze bei Sedan erreicht, das VII. Korps nördlich von dieser Festung zwischen Floing und Illy, das V. Korps auf dem Glacis der Festung und in dem alten befestigten Lager nord

öftlich davon, das XII. Korps auf dem rechten Ufer des Givonnebachs bei Bazeilles und Balan. Nur das I. Korps und die Reserve-Kavallerie-Division Margueritte waren der Maas-Armee gegenüber in der Nacht zum 31. noch bei Carignan und Douzy stehen geblieben und traten erst am 31. früh ihren Rückmarsch gegen Westen an.

Das V. Korps, dessen Kommando der eben erst bei Sedan ein getroffene General Wimpffen*) von dem in Inaktivität verseßten

*) General Wimpffen, am 22. August aus Oran durch einen telegraphischen Befehl des Kriegsministers nach Paris berufen, um bei der Armee von Chalone das Kommando des V. Korps zu übernehmen, traf am 28. August Morgens in Paris ein. In einer langen Unterredung besprach der Kriegsminister Graf Palikao mit ihm die Operation des Marschalls Mac Mahon zum Entsatz von Bazaine ausführlich und deutete darauf hin, in welcher schiefen Lage sich der Kaiser im Hauptquartier Mac Mahons befände. Das Anerbieten, das Kommando des neu zu bildenden XIV. Korps zu übernehmen und als ein Gegengewicht gegen General Trochu in Paris zu verbleiben, lehnte General Wimpffen ab. Im Begriff am Morgen des 29. August sich von Paris zur Armee zu begeben, wurde ihm noch im leßten Augenblick ein Schreiben des Grafen Palikao eingehändigt, in welchem General Wimpffen beauftragt wurde, das Kommando der Armee von Chalons zu übernehmen, falls dem Marschall Mac Mahon ein Uuglück zustoßen sollte. Gleichzeitig erhielt der General vom Depôt de la guerre ein Konvolut Kriegs ́karten, in dem sich jedoch zu seiner Verwunderung nur Karten kleinen Maasstabs befanden und selbst die französische Generalstabs-Karte fehlte. Bis Rethel benußte General Wimpffen die Eisenbahn, mußte sodann aber den weiteren Weg nach Mézières, begleitet von einer kleinen Eskorte, zu Pferde zurücklegen, da feindliche Kavalleriepatrouillen die Gegend unsicher machten. Als seine Eskorte rekognos zirend gegen ein Wäldchen vorrückte, in welchem man den Feind vermuthete, und hier plötzlich Feuer erhielt, wurde dieselbe von einer solchen Panik ergriffen, daß sie in ihrer wilden Flucht den General niederritt. Späterhin ergab es sich überdies, daß es nicht feindliche Abtheilungen gewesen waren, welche die Eskorte in die Flucht getrieben, sondern Freischützen eines benachbarten Dorses, welche im blinden Eifer aus dem Walde einige Schüsse auf die Eskorte abgegeben hatten. Von Mézières begab sich der General am 30. August früh auf der Eisenbahn nach Bazeilles und sodann zu Pferde nach Mouzon, woselbst er in den Strom von Flüchtlingen, namentlich des ihm zugedachten V. Korps, gerieth und seine Bagage einbüßte. In der Nacht zum 31. eilte er, nirgends bestimmte Auskunft erhaltend, nach Sedan und war Zeuge der Auflösung der dahin retirirenden Truppen. Am 31. Vormittags wurde er in Sedan vom Marschall Mac Mahon frostig, vom Kaiser mit Thränen in den Augen und tief betrübt über die Mißerfolge seiner Armee empfangen, ohne daß weder der Eine noch der Andere ihm über die weiteren Pläne irgend etwas mittheilte, oder von der augenblicklichen Situation nähere Kenntniß gab. Da seine an Marschall Mac Mahon gerichtete Bitte, die er forderlichen Befehle wegen Uebernahme des Kommandos des V. Korps zu erlassen,

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