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Hätte der Marschall diesen Abmarsch nach Briey schon am Tage nach der Schlacht bei Rezonville oder in der Nacht vom 17. zum 18. August ausgeführt, so konnte er deutscherseits zunächst daran nicht verhindert werden und es wäre alsdann nur noch darauf angekommen, ob es der II. deutschen Armee gelungen sein würde, ihn in den folgenden Tagen durch Flankenangriffe im Marsch aufzuhalten, sowie von Verdun abzudrängen. Sein ruhiges Verharren am 17. bei Mez machte es aber seinen Gegnern möglich überlegene Kräfte gegen ihn zu konzentriren und ihm schließlich die Rückzugslinie nach Chalons gänzlich abzuschneiden. In der That scheinen es Verpflegungs- und Munitionsrücksichten gewesen zu sein, welche den Marschall am 17., dem einzigen Tage, der ihm noch zum Rückzuge nach Westen verblieb, bei Metz fesselten. Troß der Nähe der Magazine und Artillerieparks gelang es selbst am 17. nicht, sämmtliche Korps mit Lebensmitteln zu versehen, ebensowenig bei allen Batterien den Munitionsverbrauch am 16. vollständig zu decken.*)

Der 17. Auguft.

Die französische Armee begann mit Tagesanbruch ihren Rückmarsch, um die befohlenen Stellungen einzunehmen. Die Division Metmann des III. Korps, welche erst Abends des 16. auf dem Schlachtfelde eingetroffen war, wurde zur Deckung des Rückzugs des am meisten gefährdeten linken Flügels zwischen Malmaison und dem Bois des Ognons aufgestellt. Der zahllose Train zog sich auf einer einzigen Straße, die von Gravelotte direkt nach Metz führt, zurück und zwar nach französischen Berichten in solch unbeschreiblichem Gewirr, daß ein plötzliches Erscheinen feindlicher Abtheilungen in der Nähe der Straße eine allgemeine Panique und wilde Flucht zur nnausbleiblichen Folge gehabt haben würde. Der rechte Flügel der

*) Der große Artilleriepark der Rhein- Armee war in Toul verblieben. Marschall Bazaine mußte daher seine Munition aus Metz ersehen, wo verhältnißmäßig nur geringe Vorräthe vorhanden waren. Wie er dem Kaiser am 17. meldet, fand General Soleille in Metz nur 800,000 Patronen vor, die, wie der Marschall hinzufügt, von den französischen Soldaten an einem Schlachttage verschoffen würden. Auch an Munition für die 4pfünder mangelte es und besaß das pyrotechnische Etablissement nicht die erforderlichen Mittel, Chaffepot-Patronen herzustellen.

Armee hatte einen großen Bogen zu machen und erreichte daher erst Nachmittags seine Lagerpläge.

Prinz Friedrich Karl, welcher am Abend des 16. nach beendigter Schlacht sich um 9 Uhr nach Gorze begeben hatte, eilte am 17. Morgens 4 Uhr von hier wieder auf das Schlachtfeld, auf welchem die Truppen ihre Stellungen eingenommen hatten. Auf, feinlicher Seite war eine Schüßenlinie bis über Rezonville vorgeschoben und vielfache Signale ertönten aus den dahinter befindlichen Lagern. Bald nach 6 Uhr traf König Wilhelm von Pont à Mousson, wohin das Königliche Hauptquartier von Herny verlegt worden war, auf dem Schlachtfelde ein und beritt mit dem Prinzen Friedrich Carl rekognoszirend die Wahlstätte des vorigen Tages. Noch war man in Ungewißheit darüber, ob der Feind seine alten Stellungen zu behaupten, vielleicht auch seine Ueberlegenheit zu einem Offensivvorstoß gegen Süden zu benutzen, entschlossen sei. Auf der Straße von Rezonville nach Gravelotte erblickte man deutlich ein großes französisches Feldlager, in welchem eine rege Bewegung die Absicht eines Vorbrechens anzudeuten schien. Flankeurs des Ulanen Regiments Nr. 15, zur Rekognoszirung vorgeschickt, brachten jedoch die Meldung zurück, daß der Feind verschwunden sei und sich abgezogen habe. Andere Patrouillen bestätigten den Abmarsch des Feindes von Rezonville; da sonach für diesen Tag ein feindlicher Angriff nicht zu gewärtigen stand, konnte den Truppen abzukochen erlaubt werden. Der König ließ die am Tage vorher zum Theil stark mitgenommene Kavallerie vor sich defiliren und suchte sodann die Infanterie-Korps auf ihren Lagerpläßen auf, allüberall mit nicht endenwollendem Jubel begrüßt. Sämmtliche Truppen zeigten sich, troß der starken Verluste und der übermenschlichen Anstrengungen der gestrigen schweren Kämpfe, wieder vollkommen schlagfertig und vom besten Geiste beseelt. Aber es konnte nicht in der Absicht der deutschen Heerführung liegen, den Angriff mit den versammelten schwachen Kräften am 17. fortzusetzen, es wurde dieser Tag vielmehr ausschließlich dazu verwandt, den größten Theil der II. und I. Armee vor Meg zu konzentriren, um sodann am folgenden Tage mit vereinter Kraft einen Hauptschlag gegen die Rhein-Armee ausführen zu können. Auf dem Schlachtfelde wurde am Vormittage der Angriffsplan für den 18. August festgestellt. Es sollten zu der zu gewärtigenden großen Entscheidungsschlacht im Ganzen 5 Armee-Korps der II. Armee und zwei Armee - Korps der I. Armee konzentrirt werden; während

König Wilhelm die obere Leitung beider Armeen in der SchlachtLinie sich vorbehielt, sollten deren linken Flügel Prinz Friedrich Earl deren rechten Flügel General v. Steinmetz speziell kommandiren. Der Berathung, welcher Prinz Friedrich Carl, General v. Moltke, General v. Stiehle beiwohnten, folgte unmittelbar eine zweistündige Besprechung des Prinzen Friedrich Carl mit dem General v. Moltke, in welcher die Details in Bezug auf die II. Armee erwogen und festgestellt wurden.

Nachdem so alle Anordnungen für den am folgenden Tage bevorstehenden großartigen Kampf getroffen worden waren, kehrte Nachmittags der König nach Pont à Mousson zurück und begab sich Prinz Friedrich Carl in sein nunmehr in Burières aufgeschlagenes Hauptquartier.

Bevor wir über den gefaßten Schlachtplan berichten, scheint es erforderlich einen Ueberblick der allgemeinen Verhältnisse aller drei deutschen Armeen am 17. August vorauszuschicken und die Kriegsereignisse bei der III. Armee vom 14. ab (.. 272) nachzuholen.

Die III. Armee sette am 14. August in 21⁄2 Meilen breiter Front ihren Vormarsch gegen die Mosel fort, ohne außer bei Marsal auf feindlichen Widerstand zu stoßen. Der rechte Flügel, das 2. Bayerische Korps, erreichte Mojenvic, die 12. Infanterie-Division des VI. Armee-Korps folgte dahinter bis Dienze; das 1. Bayerische Korps rückte bis Bourdonnay vor. Während so der rechte Flügel der III. Armee am Kanal des Salines in Rücksicht auf die vor Met sich entwickelnden Verhältnisse etwas zurückgehalten wurde, drang das Centrum, das V. Armee-Korps, dahinter die Württembergische Division, weiter ausgreifend bis Einville und der linke Flügel, das XI. Armee-Korps, in noch stärkerem Marsch bis Luneville vor. Das Hauptquartier des Kronprinzen kam nach Luneville und nahm daher am 14. die III. Armee in drei Staffeln eine, den rechten Flügel refufirende Stellung ein, der momentanen Kriegslage bei der II. Armee vollkommen entsprechend (s. Karte II). Am weitesten zurück hinter dem linken Flügel stand die 11. Infanterie-Division des VI. Armee-Korps, welche an diesem Tage erst Henning erreichte.

Am 15. August marschirte der rechte Flügel, das 2. Bayerische Korps, auf der großen Straße nach Nancy bis Champenoux, die Kavallerie streifte bis Nancy, die 12. Infanterie-Division nach Arra

court, das 1. Bayerische Korps bis in die Gegend von Einville. Die kleine Feste Marsal, an sich ohne Bedeutung, konnte jedoch bei einem weiteren Vorrücken der III. Armee die Verbindungsstraße Dieuze-Nancy beunruhigen. General Graf Bothmer des 2. Peniiden Korps erhielt deshalb den Auftrag, die Feste zu nehmen. Er forderte den Kommandanten daher erneuert zur Kapitulation auf. Die lebergabe wurde aber verweigert und sofort ein heftiges Feuer aus der Feste eröffnet, bevor noch der bayerische Parlamentcir zurückgekehrt war, so daß dieser schwer verwundet wurde. Ein Versuch der bayerischen Infanterie den Vorwall zu nehmen, scheiterte, dagegen zwang das Feuer der nunmehr auffahrenden bayerischen Batterie, durch welches ein Pulverthurm in die Luft gesprengt wurde, den Kommandanten nunmehr die Kapitulation anzubieten. Wegen gröblicher Verletzung des Kriegsbrauchs durch das Schießen auf einen Parlamentair lehnte jedoch General Graf Bothmer jede Kapitulationsbedingung entschieden ab und drohte die Feste zusammenzuschießen, so daß sich die 600 Mann starke Besatzung auf Gnade und Ungnade ergeben mußte; es wurden in Marsal 60 Geschüße, 600 Remonten und nicht unbedeutende Vorräthe vorgefunden. Nach Zurücklaffung einer kleinen Besatzung folgte General Graf Bothmer dem 2. Bayerischen Korps nach.

Jm Centrum rückte das V. Armee-Korps, dahinter die Württem bergische Division bis an die Meurthe bei Dombasle vor, gleichzeitig auch auf dem linken Ufer Fuß faffend. Das XI. Armee-Korps auf dem vorgeschobenen linken Flügel erreichte die Mosel bei Bayon. Vom VI. Armee-Korps blieb hinter dem linken Flügel die 11. Infanterie-Division bei Henning stehen; die 2. Kavallerie-Division erreichte 1 Meile weiter vorwärts Jbigny. Die 4. Kavallerie-Division war bis Nanch vorgerückt und streifte sowohl gegen Toul, als in südwestlicher Richtung, ohne einen Feind anzutreffen. Sämmtliche Trains fonnten an diesem Tage hinter ihre betreffenden Korps dicht herangezogen werden, um Alles zum Weitervormarsch vorzubereiten.

Am 16. August war sämmtlichen Abtheilungen der III. Armee ein Ruhetag in engen Kantonnements vergönnt, da zunächst die Ents scheidungen bei der II. und I. Armee vor Metz abgewartet werden mußten, bevor an ein entschiedenes weiteres Vorgehen der Armee des Kronprinzen gedacht werden konnte. Nur die 4. KavallericDivision brach an diesem Tage von Nanch auf und sollte der Armee

um ein bis zwei Tagemärsche in der Richtung auf St. Dizier vorausgehen.

Am 17. August blieb auf dem rechten Flügel das 2. Bayerische Korps in der Gegend von Nancy, wohin das Hauptquartier der III. Armee verlegt wurde, stehen, wogegen das 1. Bayerische Korps bis St. Nicolas auf dem linken Ufer der Meurthe vorrückte. Das nächste Operations-Objekt der III. Armee war die starke Festung Toul. Während das 2. Bayerische Korps am 18. direkt gegen Toul und das 1. Bayerische Korps bis Maizières, 2 Meilen südöftlich davon, vorrückte, hatten das Centrum und der linke Flügel ihren Umgehungsmarsch und ihren Vormarsch gegen die Maas schon am 17. angetreten und erreichten am 18., das V. Armee-Korps und die Württembergische Division die Gegend von Blenod les Toul, 11⁄2 Meile südwestlich von Toul, das XI. Armee-Korps Colombey, 21⁄4 Meilen südlich von Toul. Das VI. Armee-Korps, welches am 17. seine beiden bisher getrennten Infanterie - Divisionen in Luneville vereinigt hatte, rückte am 18. nach Bayon. Die 2. Kavallerie-Division wurde am 18. bis Gripport an der Mosel vorgezogen und übernahm den Schuß der großen Eisenbahnlinie im Rücken und der linken Flanke der Armee, da es hieß, General Failly habe sich mit den Trümmern des V. und I. Korps in die südlichen Vogesen geworfen.

Wir sehen mithin die III. Armee am Tage der Entscheidungsschlacht vor Met dergestalt um Toul gruppirt, daß sie je nach den Umständen mit einem Theil etwas Entscheidendes gegen diese Festung unternehmen und mit dem andern weiter gegen die Maas vorrücken oder aber, falls bei Metz ein deutscher Sieg errungen würde, mit vereinter Kraft den Marsch gegen Paris energisch wieder aufnehmen founte. Strategische Vorsicht und die Rücksicht auf das Zusammenwirken aller einzelnen Theile der größen deutschen Armee waren mithin auch hier, wie in früheren Fällen maaßgebend gewesen, um nicht durch verlockende Einzelerfolge vielleicht das Gelingen der Operationen im großen Ganzen zu gefährden.

Die II. Armee hatte, wie wir gesehen, bereits am 16. August sechs Korps auf das westliche Moselufer gezogen; nur das zuletzt aus Deutschland eingetroffene II. Armee-Korps war noch weiter zurück bei Buchh und erreichte Pont à Mousson erst am 17. Mittags. Die beiden Korps des linken Flügels, das Garde-Korps und das IV. Armee Korps waren am 16. in westlicher Richtung gegen die

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