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dieser Beziehung war das vom Ministerium Palikao erlassene Dekret, welches alle gedienten und bisher vom Wiedereintritt in die Armee gesetzlich befreiten Soldaten von 25 bis 38 Jahren zu den Fahnen einberief, indem dadurch der Armee ein sogleich verwendbarer und brauchbaren Ersatz zugeführt wurde.

In gleicher Weise erhielt die Armee durch die Einreihung der Marinetruppen in dieselbe eine ebenso bedeutende, als treffliche Verstärkung, freilich nur, indem damit zugleich alle großartigen Projekte von Landungen in Deutschland aufgegeben werden mußten. 12,000 Marinesoldaten, in einer Division vereinigt, wurden dem XII. Korps, alle irgendwie entbehrlichen Marine-Artilleristen der Vertheidigung von Paris zugewiesen.

Außerdem suchte die Regierung noch auf anderem, tief in die Civil-Administration einschneidenden Wege, Veteranenkräfte für die Armee zu gewinnen. Aus den Sappeurs-Pompiers, aus der Sicherheitswache, aus den Douaniers, aus der Gendarmerie, den Feldhütern, meist alten gedienten Soldaten, wurden die brauchbarsten Leute auserwählt, um verschiedene neue Truppentheile zu formiren. So sehr auch diese Maaßregel in einzelnen Fällen der Armee zum Nußen gereichte, so schädigte sie doch andererseits die bürgerlichen und administrativen Interessen des Landes in hohem Maaße und beschleunigte es, daß alle Bande der Ordnung in Frankreich sich allmählig lockerten und lösteu.

Konzentration der französischen Armeen bei Mek und Chalons. Vorrücken der drei deutschen Armeen gegen die Mosellinie.

Nachdem im französischen Hauptquartier der in der ersten Bestürzung nach den Niederlagen am 6. Anguft gefaßte Beschluß, mit der gesammten Armee bis nach Chalons zurückzugehen, wohl mehr aus politischen, als rein militairischen Gründen aufgegeben worden war, beschloß man die Mosellinie festzuhalten, ohne sich auf dem rechten Ufer in vereinzelte Gefechte einzulassen. Es sollte sich die, durch Truppen aus Chalons noch möglichst verstärkte Rhein-Armee bei Metz konzentriren und das I. und V. Korps sich auf Nancy oder Toul zurückziehen, um den rechten Flügel der Stellung hinter

der Mosel zu sichern. So hoffte man, gestüßt auf die Festungslinie Thionville-Met-Toul, der deutschen Offensive Halt zu gebieten und Zeit zu gewinnen, die geschlagenen Korps wieder herzustellen, die Schlagfertigkeit der anderen Korps durch Heranziehung der noch fehlenden Ergänzungsmannschaften und Vervollständigung ihrer noch nicht ganz vollendeten Feldausrüstung zu erhöhen und endlich von Chalons und Paris alle noch irgend disponibel zu machenden Truppen, namentlich, außer dem VI. Korps, auch das XII. Korps, heranziehen zu können.

Die Stellung hinter der Mosel, auf dem linken Flügel durch die Festung Thionville und neutrales Gebiet sicher gestellt, im Centrum die Armeefeftung Metz, der rechte Flügel gestüßt auf Toul, bot große Vortheile dar, da das starke, befestigte Lager von Meß der Armee gestattete, nach allen Seiten hin mit konzentrirten Kräften zu manövriren und nach Belieben das Ufer der Mosel zu wechseln. Die schwache Seite der für einen energischen Bewegungskrieg sehr geeigneten Stellung lag auf dem rechten Flügel, der bei der numerischen Ueberlegenheit der Gegner leicht umfaßt und umgangen werden konnte. Die Gefahr für diesen Flügel wurde überdies dadurch sehr gesteigert, daß derselbe bereits sehr geschwächten und erschütterten Truppen, dem I. und V. Korps, nach Lage der Verhältnisse zunächst anvertraut werden mußte.

Nach vielfachen Schwankungen im kaiserlichen Hauptquartier wurde der Plan, diese beiden Korps auf ihrem Rückzuge nach Nancy oder Toul zu dirigiren, am 12. August definitiv aufgegeben und damit die Trennung der französischen Streitkräfte in zwei Hauptgruppen, welche in weiter Entfernung von einander und ohne gemeinsamen energischen Oberbefehl sich bei Metz und bei Chalons sammeln sollten, ausgesprochen, eine Maaßregel, welche fürs Erste zwar Paris besser zu sichern schien, in ihren verhängnißvollen Konsequenzen aber den Ruin beider Theile und die Vernichtung der ge= sammten französischen Feld-Armee in rapidem Verlauf nach sich zog.

Konzentration der Rhein-Armee bei Mez. Am 7. August erreichte das II. Korps (Frossard) Puttelange und setzte am 8. seinen weiteren Rückzug auf der Straße Saargemünd-Met fort. Das III. Korps (Decaen) ging von St. Avold auf der direkt nach Metz führenden Saarbrückener Straße hinter die französische Nied zurück

und erreichte Pont à Chaussy bereits am 8., während an demselben Tage das aus der Gegend von Bouzonville auf der Straße Saarlouis-Metz sich zurückziehende IV. Korps (L'Admirault) bei Les Etangs eintraf. Das II. Korps erreichte am 8. die Gegend von Gr. Tenquin, war mithin ganz isolirt und hatte, da die eingeschlagene Straße Saargemünd - Metz einen großen Bogen nach Süden macht, den weitesten Weg zurückzulegen. Daraus erklärt es sich zum Theil, daß der Kaiser Napoleon mehrere Tage in Ungewißheit über das Schicksal des Frossard'schen Korps blieb und ihm, wie aus einem kaiserlichen Telegramme nach Paris hervorgeht, noch am 10. August die Details der am 6. gelieferten Gefechte gänzlich unbekannt waren. Am 9. erreichte das II. Korps Remilly und bezog am 10. hinter der schüßenden Stellung des III. und IV. Korps an der Nied das Lager bei Mercy les Metz (auf deutschen Karten Mercy le Haut). Die 3. Reserve-Kavallerie-Division war von Nancy schon am 8. bei Met eingetroffen und bezog ein Lage: bei Montigny auf dem rechten Moseluser südlich von Metz, wogegen die 1. Reserve - KavallerieDivision nördlich von Meg nach der Insel Chambière dirigirt wurde. Die Stellung an der französischen Nied, rechts bei Pont à Chaussy auf der Straße von Saarbrücken vom III. Korps, links bei les Etangs auf der Straße von Saarlouis durch das IV. Korps besetzt, mit dem Garde-Korps bei Silly und Maizery als Reserve, war eine jehr günstige und jedenfalls konnte hier der Feind mit Vortheil abgewartet werden, um ihn wenigstens zur Entwickelung seiner Kräfte zu zwingen und ihn aufzuhalten. Aber man schien fürs Erste von französischer Seite jede Verstrickung in ein Gefecht vermeiden zu wollen; es wurde daher am 11. diese starke Stellung aufgegeben und wurden sämmtliche Korps in dem Kanonenbereich der östlichen Forts von Metz konzentrirt, in der Weise, daß das IV. Korps à cheval der Straße von Fort St. Julien nach St. Varbe den linken Flügel bildete und sich links an die Mosel anlehnte, das III. Korps im Centrum die Linie Borny Grigy besetzte und auf dem rechten Flügel südöstlich vom Fort Queleu das II. Korps sein Lager bezog, die ihm seit Saargemünd zugetheilte Brigade Lapasset des V. Korps nach Mercy le Haut vorschiebend. (S. Spezialkarte von Met.) Die Garde lagerte bei Vorny und den nach und nach auf der Eisenbahn aus Chalons eintreffenden Regimentern des VI. Korps wurden Lagerpläge bei Montigny zugewiesen. Ein anhaltender Regen hatte den Boden jedoch dergestalt aufgeweicht, daß die mehr oder minder

Borbstaedt. Der deutsch-franz. Krieg.

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der Erholung sehr bedürfenden französischen Truppen eine solche in ihren Lagern nicht fanden und mit der Ungunst der Witterung viel zu kämpfen hatten, ein Umstand, der ihren Mißmuth über die bisherigen rückgängigen Bewegungen und anscheinend planlosen Hinund Hermärsche nur erhöhte.

Rückzug der Armee Mac Mahon's. Wie schon früher erwähnt, hatte Marschall Mac Mahon die nördliche Straße durch die Vogesen als durch das Vorrücken der deutschen II. und I. Armee zu sehr gefährdet, verlassen und seinen Rückzug auf der südlichen großen Straße über Saverne genommen. Am 8. August früh er reichte er mit dem I. Korps und der Division Conseil-Dumesnil Saarburg, gönnte aber auch hier seinen Truppen nur kurze Ruhe und setzte am 9. seinen Marsch nach Blamont (3 Meilen) und am 10. nach Luneville (34 Meile) fort. Von hier aus hätte er in einem Tagemarsch Nancy erreichen, sich mit der Rhein- Armee in Verbindung setzen, hier zur Sicherung des rechten Flügels und des wichtigen Mosel-Uebergangs stehen bleiben oder die Eisenbahn NancyFrouard-Paris zu seinem weiteren Rückzuge nach Chalons benutzen können. Er hielt aber diesen Marsch bei dem Zustande seiner Truppen und der Möglichkeit der Nähe des Feindes für zu gefährlich und entschloß sich daher in südwestlicher Richtung weiter auszuweichen, die Vereinigung mit der Rhein-Armee gänzlich aufgebend. Nach dreitägigem Marsch über Bayon erreichte er am 14. August Neufchateau und damit die Zweigbahn der Eisenbahn Chaumont Chalons. Ein Theil seiner Truppen wurde sofort auf dieser Eisenbahn nach Chalons befördert, woselbst sie am 15. eintrafen; ein anderer Theil, namentlich die Kavallerie, sette den Fußmarsch fort und bestieg erst bei St. Dizier oder bei Joinville die Bahn. Wenige Tage nach der Mitte August war das I. Korps und die Division ConseilDumesnil im Lager von Chalons vereinigt, aber auf die Hälfte, 20 bis 22,000 Mann, herabgeschmolzen und hätte längerer Zeit als ihnen gegönnt werden konnte, bedurft, um sich von den erlittenen Niederlagen und den angestrengten Märschen zu erholen. Das Korps war vom Schlachtfelde von Wörth bis Neufchateau 8 Tage ohne Ruhetag, täglich 3 bis 32 Meilen marschirt und hatte zwei Nachtmärsche 'unmittelbar nach einem höchst anstrengenden Gefechtstage gemacht, eine Leistung, die hinsichts der Ausdauer der Truppen volle Anerkennung verdient.

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Das V. Korps (Failly)*) folgte dem I. Korps. Am 7. August in Petite Pierre eingetroffen, erhielt General Failly hier den kaiserlichen Befehl, sich von Bitsch nach dem Lager von Chalons

*) Eine jezt erst erschienene Schrift:,,Opérations et marches du 5. Corps jusqu'au 31. aout 1870 par le général de Failly", in welcher dieser sich gegen die vielfach wider ihn erhobenen leidenschaftlichen Anschuldigungen hinsichts seiner Korpsführung rechtfertigt, enthält werthvolle neue Aufschlüsse über die Verhältnisse des V. Korps. Danach halten wir es für Pflicht der Gerechtigkeit, einzelne Angaben, die wir in der früheren Darstellung der Ereignisse am 5. und 6. August französischen Quellen entnommen hatten, zu berichtigen und zu vervollständigen. (S. S. 166, 190, 211.) Am 24. Juli wurde das Hauptquartier des V. Korps von Bitsch nach Saargemünd verlegt und auch das Gros des Korps dahin gezogen. Bis zum 4. August war daher die Aufstellung des V. Korps folgende:

Bei Saargemünd: 1. Infanterie- Division (Goze), 2. Infanterie Division (L'Abadie). Bei Bitsch: 3. Infanterie-Division (Lespart). Die Kavallerie-Division (Brahaut) war vertheilt. General Bernis mit dem 12. Chasseurs-Regiment stand bei Niederbronn auf dem rechten Flügel, um die Verbindung mit dem 1. Korps zu erhalten, General de la Mortière mit dem 5. Lanciers-Regiment und 1 Injanterie Bataillon unterhielt bei Rohrbach die Verbindung zwischen Saargemünd und Bitsch. Jeder Infanterie-Division war eine Husaren-Eskadron als DivisionsKavallerie zugetheilt.

Am 4. August frith Morgens erhielt General Failly aus dem kaiserlichen Hauptquartier den Befehl, mit den beiden Divisionen bei Saargemünd die bei Bitsch stehende Division zu unterstützen. Sofort wurden die Detaschirungen eingezogen und die Division Goze trat ihren Marsch nach Bitsch (41⁄2 Meilen) an, woselbst sie am 5. Abends anlangt. Dieser bei großer Hiße, Angesichts feindlicher Streifparteien ausgeführte Flankenmarsch war höchst beschwerlich. Bei Saargemünd blieb die 1. Brigade der 2. Infanterie-Division (Lapasset) stehen, wogegen die 2. Brigade (Maussion) am 5. nach Rohrbach abrückte. Die Brigade Lapasset, welche einen Lebensmitteltransport von 600 Wagen zu decken hatte und der 1 Batterie und das 3. Lanciers-Regiment beigegeben war, sollte folgen, sobald die Division Montaudon des III. Korps sie ablöste. Dies geschah aber erst am 6., so daß dadurch diese Brigade vom V. Korps ganz getrennt wurde.

Auf die Anfrage des Marschalls Mac Mahon wurde demselben vom General Failly die Zersplitterung des Korps mitgetheilt, so wie, daß die Division Lespart ihren Marsch von Bitsch am 6. Morgens antreten würde, um sich mit dem I. Korps zu vereinigen und daß die anderen Divisionen successive folgen sollten. General Lespart war in der That gegen 6 Uhr Morgens, als der Kanonendonner von Wörth her ertönte, bereits in vollem Marsch. Die Division konnte jedoch nur in einem langen Defilee marschiren, um das Schlachtfeld bei Wörth, welches von Bitsch 3 Meilen entfernt ist, zu erreichen. Ein Befehl, daß General Lespart halten bleiben sollte, ist demselben vom General Failly nicht zugegangen. Schon bei Niederbronn wurde die Division vom Feinde heftig angegriffen und es mußten fich die beiden Brigaden getrennt, die 1. (Abatucci) auf Bitsch, die 2. Brigade

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