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,,das prächtige Steinkohlenbecken an der Saar ist Eigenthum der Franzosen“, „Saarbrücken ist die erste Etappe, bald werden wir die lezte, Berlin! erreichen“, so prahlten und drohten die französischen Zeitungen.

Bei dieser ersten Etappe sollte es aber verbleiben und Saarbrücken die einzige preußische Stadt sein, welche den Feind einige Tage in ihren Mauern sah. Der so großartig angelegte französische Offensivstoß fand schon an der Saar sein Ende. Hier wurde Halt gemacht und anstatt die Vorwärtsbewegung über die Saar hinaus fortzusetzen, wenn auch nur in rekognoszirender Absicht, beeilten sich die Franzosen, sich auf dem linken Saarufer zu verschanzen, ein Beweis, daß sie nunmehr entschieden zur abwartenden Defensive entschlossen waren.

Am 3. August sollte zwar noch das IV. Korps gegen Saarlouis demonstriren, das Garde-Korps von Metz nach Courcelles vorrücken, aber auch dieser schwache Versuch wurde kontremandirt, auf die eingegangene Nachricht hin, daß über 40,000 Preußen die Gegend von Trier passirt hätten. Das Garde-Korps empfing an diesem Tage mehrmals Ordres und wieder Kontreordres nach kaum ausgeführter Bewegung, so daß die Truppen unnüt fatiguirt und mißmüthig gemacht wurden. Es drängte sich in den Reihen der Franzosen immer mehr die leidige Ueberzeugung Bahn, daß es der französischen Heeresleitung an Einheit und Entschiedenheit mangele und daß nicht nach einem konsequent festgehaltenen Plane verfahren, sondern fast täglich daran geändert wurde, je nachdem die unsicheren, oft ganz falschen Nachrichten vom Feinde lauteten.

Was der eigentliche Zweck des Vorstoßes des Frossard'schen Korps gegen Saarbrücken gewesen, liegt noch immer nicht klar vor. Wollte man die bei Saarbrücken vermutheten starken feindlichen Kräfte überwältigen, so bleibt es unerklärlich, weshalb das II. Korps nicht mit größerer Entschiedenheit auftrat und weshalb die bei Saargemünd stehende Brigade Lapasset des V. Korps nicht zu einer Flankenbewegung gegen Saarbrücken mit benutzt wurde.*) Es gewinnt daher den Anschein, daß man französischerseits nur der Ungeduld des Volks

*) Es ging zwar am 2. August ein starkes Detachement dieser Brigade bei Rheinheim über die Grenze vor, kehrte aber Abends wieder in seine Vorposten. fellung zurück, nachdem sich die deutschen Kavalleriepatrouillen, ohne sich auf Widerstand einzulaffen, beobachtend zurückgezogen hatten.

und der Truppen nachgeben, irgend etwas, in keiner Weise Entschei dendes oder Kompromittirendes unternehmen wollte, um der öffentlichen Meinung wenigstens anscheinend Genüge zu thun.

Die III. deutsche Armee ergreift die Offensive. Gefecht bei Weißenburg am 4. Auguft.

Während die I. Armee noch im Vormarsch gegen die Saar, die II. Armee im staffelweisen Vorrücken durch die Rheinpfalz begriffen war, erhielt die bei Landau und Germersheim mit ihren 4 Korps und der Württembergischen Division versammelte III. Armee den Befehl, die Offensive gegen die Flankenstellung des I. französischen Korps an der Lauter zu beginnen, zu welchem Ende auch die badensche Division den Rhein überschreiten, zu der III. Armee stoßen und mit der württembergischen Division ein Korps unter dem Befehl des Gen.-Lts. v. Werder bilden sollte.

Am 4. August, an welchem es der III. oder Süd - Armee vergönnt war, zu allererst die französische Grenze zu überschreiten und auf französischem Boden den ersten Sieg dieses Krieges zu erkämpfen, waren die andern beiden Armeen noch auf dem Marsch nach der Grenze begriffen. Die I. Armee war mit den Teten des VII. Armee - Korps bis in die Gegend von Losheim, des VIII. ArmeeKorps bis Lebach gelangt. Von der II. Armee war die 5. und 6. Kavallerie - Division bis gegen die Saar, gegen Saarbrücken und Saargemünd, vorgeschoben, das erste Treffen, das III. Armee-Korps bis Baumholder, das IV. Armee-Korps bis Kaiserslautern vorgerückt, während das Gros der Armee nur eine kurze Strecke, bis in die Linie Kreuznach-Worms, vorgegangen war, um zunächst den Vorstoß der III. Armee gegen Süden, welcher den in südwestlicher Richtung erfolgenden Vormarsch der II. Armee in der linken Flanke sichern sollte, abzuwarten. Auf dem rechten Flügel des Gros der II. Armee befand sich bei Flonheim das X. Armee-Korps, auf dem linken Flügel bei Worms das Garde-Korps, im Centrum rechts das XII., links das IX. Armee-Korps.

Am 4. August früh bei trübem, regnichtem Wetter trat die Armee des Kronprinzen von Preußen aus ihren am 3. bezogenen Bivouaks südlich von Landau und Germersheim*) den Vormarsch gegen die Lauter, welche von Weißenburg bis zum Rhein die Grenzscheide bildet, in 4 Kolonnen an, in der Absicht, mit den Spißen der verschiedenen Korps noch an demselben Tage die Lauter und die französische Grenze zu überschreiten.

Den rechten Flügel bildete das 2. bayerische Korps, dessen Avantgarde, die 4. Division (Gen. Gr. Bothmer), sich auf Weißenburg dirigiren, diese Stadt wo möglich nehmen und sich in der rechten Flanke durch ein Detachement nach dem nordwestlich von Weißenburg gelegenen Bobenthal sichern sollte. Im Centrum rückte das V. ArmeeKorps, dem 2. bayerischen Korps zunächst, gegen Altenstadt vor, seine Avantgarde sollte östlich von Altenstadt bei St. Remy die Lauter überschreiten. Die andere Kolonne der Mitte wurde durch das XI. Armee - Korps gebildet; dieses Korps sollte durch den großen Bienwald, welcher sich von Altenstadt bis gegen den Rhein auf dem linken Ufer der Lauter erstreckt, vorgehen und mit seiner Avantgarde diesen Fluß bei der Bienwalds-Mühle überschreiten. Die linke FlügelKolonne, das aus der württembergischen und badenschen Division kombinirte Korps des Gen.-Lts. v. Werder, hatte den Auftrag, gegen Lauterburg vorzurücken und diesen Ort wo möglich zu besetzen. Am rechten Lauter-Ufer sollten die Avantgarden aller vier Kolonnen Halt machen und Vorposten aussehen, das Gros dieser Korps noch auf dem linken Ufer verbleiben. Als Reserve folgte diesen vier Kolonnen und zwar hinter dem linken Flügel das 1. bayerische Korps und hinter dem rechten Flügel die 4. Kavallerie-Division. **)

*) Das V. Armee-Korps bivouakirte bei Billigheim, das XI. Armee-Korps bei Rohrbach, die 4. Kavallerie-Division sammelte sich früh südlich von Mörlheim. Die Avantgarde der Armee, Division Bothmer, war gegen Bergzabern vorgeschoben, die Division Walther des 2. bayerischen Korps stand nördlich von Landau, das 1. bayerische Korps (Tann) und das Korps Werder sammelte fich bei Germersheim und rückten über Rülzheim vor. (S. die nachfolgende Skizze.)

**) Die der III. Armee gleichfalls zugetheilte 2. Kavallerie - Division, ans Pommerschen und Brandenburgischen Kavallerie-Regimentern bestehend, war noch in der Formation begriffen. Gen. Lt. Graf Stolberg kommandirte diese, 3 Brigaden zählende Kavallerie Division. Die Führung der gleichfalls aus 3 Bri gaden bestehenden 4. Kavallerie - Division war auf deffen besonderen Wunsch dem

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Bivouats der III. Armee in der Nacht 3. u. 4. August.
Borrücken der einzelnen Korps gegen die Lauter am Vormittag des
4. August.

Aufstellung der französischen Truppen.

Französischerseits war nur die 2. Infanterie-Division des I. Korps unter dem Befehl des Generals Abel Douay seit Kurzem unmittelbar an die Grenze bis Weißenburg vorgeschoben. Die Division zählte aber nur 11 Infanterie-Bataillone, da sie 2 Bataillone zu den Kavallerie-Divisionen (wie früher schon erwähnt, eine verfehlte Maßregel), hatte abkommandiren müssen. So geschwächt, hatte sie unbegreiflicher Weise nicht über einen Zug Kavallerie zu gebieten und sah

General der Kavallerie Prinz Albrecht von Preußen übertragen worden, und verschmähte der königliche Prinz, der 1866 an der Spitze eines ganzen KavallerieKorps gestanden, es nicht, in dieser mehr untergeordneten Stellung seine Kräfte seinem königlichen Bruder und dem Vaterlande zu widmen, ein gewiß schönes Zeugniß von militairischer Nesignation. Wie schon erwähnt, wurde 1870 kein Kavallerie-Korps im deutschen Heere formirt und blieb die Kavallerie-Division die höchste taktische Einheit der Kavallerie.

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sich daher außer Stande, das vorliegende Terrain durch weit vorgeschickte Kavallerie Patrouillen aufzuklären. Schon am Abend des 3. August war dem General Douay durch Mittheilungen von Landleuten die Nachricht zugegangen, daß aus der Gegend von Landau sich starke feindliche Kolonnen gegen die französische Grenze vorbewegten. Seine nächsten Unterstützungen befanden sich 21⁄2 Meilen rückwärts, bei Wörth die 1. Division Ducrot, bei Soulz General Septeuil mit einer Kavallerie Brigade und 2 Infanterie Bataillonen. General Douay fühlte das Isolirte und Exponirte seiner Lage bei einem Vorbrechen des Feindes gegen die Lauter und meldete daher sofort an den General Ducrot, welchem der Marschall Mac Mahon einstweilen den Befehl über die 1. und 2. Division übertragen hatte, nach Wörth die eingegangenen bedrohlichen Nachrichten. General Ducrot befahl ihm jedoch, bei Weißenburg stehen zu bleiben und den Kampf dort anzunehmen, ein Befehl, der verhängnißvoll für die Division Douay werden sollte, allerdings aber General Douah um so mehr hätte anregen müssen, keine Vorsichtsmaaßregel außer Acht zu lassen, damit der Feind seine Division wohlgerüstet anträfe.

Die Weißenburger Linien, die in den französischen Revolutionskriegen mehrmals eine bedeutende Rolle gespielt hatten, waren mit der Zeit eingeebnet und existirten nur deren einzelne verfallene und unzusammenhängende Reste. Es mußte daher von diesen Schanzenresten ganz abgesehen werden. Dagegen boten die Terrainverhältnisse bei Weißenburg eine günstige Stellung auf den dominirenden Höhen des rechten Üfers der Lauter dar, das leicht und hartnäckig zu vertheidigende Weißenburg vor der Front.

Die Stadt Weißenburg (s. besonderen Plan in den Beilagen), auf dem linken Lauterufer gelegen und bis zum Jahre 1867 noch zu den französischen Grenzfestungen zählend, hat eine ringsumschließende Umwallung und einen davorliegenden 20 bis 30 Schritt breiten Wassergraben, der durch Inundations-Anlagen auf 6 Fuß Wassertiefe gebracht werden kann. Das Landauer und Hagenauer Thor ist von Defensivthürmen überwölbt, das Bitscher Thor nur Walleinschnitt, vor dem Landauer und Bitscher Thor, den einzigen Zugängen von Norden her befinden sich, den Eingang noch besonders deckend, kleine Lunetten mit frenelirten Mauern. Der Wall auf der Nordfront erhebt sich 30 Fuß über der Grabensohle. Weißenburg, obschon nicht mehr Festung, war jedenfalls sehr bald zu einem sturmfreien, festen Ort wieder umzugestalten, da die Festungswerke seit 3 Jahren nicht der

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