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In der Frühe des vom Wetter sehr begünstigten 18. Oktober tönte von den Wällen des Forts Alexander die Reveille und hierauf der Choral „Lobe den Herrn" herab. Gegen 912 Uhr vormittags wurden die Fahnen des Regiments aus dem Schlosse geholt und nach dem Fort Alexander zu dem dort stattfindenden Regimentsappell überführt. Zu letterem hatte das Regiment auf dem Waffenplay des Forts Aufstellung genommen. Auf dem rechten Flügel befanden sich die anwesenden Offiziere des Beurlaubtenstandes, sowie die ehemaligen, meist mit den Ehrenzeichen der drei lezten Feldzüge geschmückten Feldwebel, sowie auch sonstige frühere Angehörige des Regiments. Vor Beginn des Appells versammelte der Regimentskommandeur Oberst v. Schauroth die Offiziere in dem Kernwerk der Veste Alexander und verlas das folgende Allerhöchste Handschreiben Ihrer Majestät der Kaiserin:

„An Mein Garde-Grenadier-Regiment.

Die vorjährige Feier hat Meinem Regiment bewiesen, wie hoch geehrt Ich Mich fühle durch die Gnade Seiner Majestät des Kaisers und Königs, Chef desselben zu sein. Der Mir gewährte Vorzug erneuert in diesem Jahre die Veranlassung, dem Regiment zu danken für seine trefflichen Leistungen und für die Mir stets bewiesene Anhänglichkeit. Als Beweis dieser Meiner Gesinnung freue Jch Mich, die an Mich gerichtete Kabinets-Ordre Seiner Majestät des Kaisers und Königs dem Offizierkorps übermitteln und mit dem beifolgenden Zeichen Meines dauernden Andenkens begleiten zu können.

Baden-Baden, den 18. Oktober 1886.

Sodann folgte die Verlesung nachstehender A. K. O.:

„Jhrer Majestät der Kaiserin und Königin.

gez. Augusta."

Nachdem zu Meiner Kenntniß gelangt ist, daß Euere Majestät den Wunsch hegen, den Offizieren Allerhöchst Ihres Garde- Grenadier - Regiments zum 18. Oktober d. Js., an welchem Tage vor 25 Jahren Eurer Majestät Ernennung zum Chef erfolgte, ein bleibendes Erinnerungszeichen durch Verleihung Allerhöchst Ihres Namenszuges an den Degen zu gewähren, gereicht es Mir zur besonderen Freude, Meine Zustimmung hierzu auszusprechen und zugleich auch wiederholt Meinem aufrichtigen und wärmsten Dank für die nie ermüdende Fürsorge Ausdruck zu geben, welche Eure Majestät Allerhöchst Ihrem Regiment nach allen Richtungen hin bethätigen.

Baden-Baden, den 14. Oktober 1886.

gez. Wilhelm."

Nach Mittheilung dieser neuen dem Regiment zu Theil gewordenen Auszeichnung überreichte der Regimentskommandeur im Namen Ihrer Majestät der Kaiserin jedem einzelnen Offizier einen Degen, welcher als Knopf eine flammende, auf der vorderen Seite mit dem Namenszug des Regiments, auf der hinteren mit den Erinnerungszahlen 1861-1886 geschmückte Granate trug. Lettere Jahreszahlen waren auch auf dem Stichblatt angebracht und ebenso wie der Allerhöchste Namenszug auf der Klinge eingeätzt.

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Hierauf begann der Regimentsappell, zu welchem die Offiziere den ihnen durch die Kaiserliche Gnade verliehenen „Königin-Degen" zum ersten Male anlegten. Nach dem Präsentiren richtete der Kommandeur eine begeisternde Ansprache an das Regiment, verlas das oben erwähnte Handschreiben Ihrer Majestät sowie die A. K. O. und endete mit einem Hoch auf Seine Majestät den Kaiser, den Allerhöchsten Kriegsherrn und Ihre Majestät die Kaiserin, den Allergnädigsten Chef. Sodann folgte ein Vorbeimarsch, worauf die Bataillone nach ihren Kasernements abrückten und die Bewirthung der Mannschaften in den feftlich geschmückten Räumen begann.

Gegen 12 Uhr mittags versammelten sich das Offizierkorps, die Spitzen der Militär- und Civilbehörden, die Vertreter der Stadt und die in Coblenz oder in nächster Umgegend wohnenden ehemaligen Offiziere, sowie die Offiziere des Beurlaubtenstandes zum Festessen im Regimentshause. Hierzu ging ein huldvolles Telegramm Jhrer Majestät aus Baden-Baden ein.

Späterhin folgte die Verlesung der anderen, aus Nah und Fern zahlreich eingegangenen Glückwunsch depeschen, unter denen sich auch eine solche Ihrer Königlichen Hoheiten des Großherzogs und der Großherzogin von Baden befand. Ferner liefen Telegramme ein von den in Berlin zur gleichen Feier vereinigten ehemaligen und jezigen Angehörigen des Regiments, von den direkten Vorgesetzten, vom Königs-Husaren-Regiment, vom Garde-Verein Cöln sowie von vielen früheren und jetzigen Kameraden, die alle von dem Gefühl gemeinsamer, treuer Zusammengehörigkeit und unwandelbarer, unerschütterlicher Anhänglichkeit an den erhabenen Königlichen Chef zeugten.

Den Schluß der Feier bildete eine in dem Schüßenhause stattfindende Fest= vorstellung.

Die zur Darstellung gelangenden, aus der Geschichte des Regiments entnommenen und vom Sekondlieutenant v. Gontard mit großer Sorgfalt zusammengestellten und eingeübten, lebenden Bilder wurden von den erklärenden Worten eines Herolds und entsprechender Musik begleitet.

An die lebenden Bilder, die mit einem nicht enden wollenden Hoch auf den geliebten Chef schlossen, reihte sich für die Mannschaften ein Tanzfest an, in dessen Pausen noch mehrfach scherzhafte Aufführungen die heitere Feststimmung erhöhten.

Allen, welchen es vergönnt war, an der Feier dieses für das Regiment Königin so denkwürdigen 18. Oktober theil zunehmen, wird dieser Tag unvergeßlich bleiben, da er aufs Neue bewies, wie fest Alles zusammenhält, was der Königin Namenszug trug und trägt, und wie innig die Beziehungen des Allerhöchsten Königlichen Chefs zu Seinem treuen und dankbaren Regiment waren. Für letteres mögen noch einige Beweise hier Erwähnung finden. Häufig verlieh die Kaiserin, und zwar meist persönlich, Offizieren des Regiments, welche lange Zeit demselben angehört hatten, eine kleine, ovale, goldene Medaille, deren Vorderseite die Porträts und deren Rückseite die verschlungenen Namenszüge beider Majestäten trug. Mit Vorliebe verschenkte die hohe Frau sowohl an Offiziere, wie Mannschaften das Bild des Kaisers, nur höchst selten ihr eigenes Porträt.

Durch das Bestreben, jedem Manne des Regiments die Heimath zu ersetzen, gewann sie für immer die Herzen der jungen Krieger und fesselte diese in unwandelbarer Dankbarkeit und Treue an sich.

Für die kleinen Kompagniegärten, zumal den der 5. Kompagnie, in welchem sie mehrfach Blumen entgegennahm, interessirte sie sich besonders. Bei ihren Ausfahrten berührte sie häufig den vom Regiment in Stand gehaltenen, sogenannten Franzosenkirchhof auf der Karthause, und schenkte der sorgsamen Pflege dieses Friedhofes stets die genaueste Beachtung. An dem bei Fort Constantin vorbei nach der Karthause hinauf führenden Wege, den die Angehörigen des Regiments fast täglich zu benutzen hatten, ließ die Kaiserin das wohlgetroffene Medaillonbild ihres hohen Gemahls anbringen, um das gütige Heldenantlig den Ihren stets vor Augen zu halten. Jedesmal, wenn Kaiser Wilhelm von Ems her zum Besuch in Coblenz eintraf, besuchte Ihre Majestät in seiner Begleitung die Kasernements ihres Regiments auf der Karthause und zeigte dem hohen Gemahl die kleinen, im Laufe der Zeit angelegten Verschönerungen, die häufig erst auf ihre Anregung hin entstanden waren. Für hülfsbedürftige Unteroffizier- und Soldatenfamilien hatte die hohe Frau immer eine offene Hand. Bei jedem Besuch im Garnisonlazareth erkundigte sie sich besonders theilnehmend nach den Angehörigen des Regiments.

Mit welch huldvoller Liebe sorgte fernerhin die Kaiserin theilnehmenden Herzens für die Hinterbliebenen der im Kriege Gefallenen! Wie manche Thräne dieser Unglücklichen hat sie getrocknet, wie manche Noth gelindert! Die nach dem Kriege 1864 errichtete Königin Augusta-Stiftung zur Unterstützung hülfsbedürftiger Verwundeter und Hinterbliebener beweist, in welch segensreicher Weise die hohe Frau auch nach dieser Richtung hin thätig war.

So war Jhre Majestät nicht allein eine wahre gütige Landesmutter, sondern auch noch im Besonderen eine treu sorgende Mutter ihres Regiments.

Am ersten Tage des neuen Jahres beglückwünschte Seine Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz im Namen der Armee Seine Majestät den Kaiser zu seinem 80jährigen Dienstjubiläum. Der Allerhöchste Kriegsherr antwortete auf diese Glückwünsche mit nachstehender, an Seine Kaiserliche Hoheit den Kronprinzen gerichteter A. K. D.:

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Eure Kaiserliche und Königliche Hoheit haben Mir heute in Ihrer Eigenschaft als rangältester Generalfeldmarschall der Armee umgeben von einer die einzelnen Theile derselben repräsentirenden hohen Generalität die Glückwünsche der Armee zu Meinem 80jährigen militärischen Dienstjubiläum ausgesprochen.

Ich habe Euer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit und den Sie umgebenden Generalen aus warmem, tiefbewegtem Herzen gedankt, empfinde aber das Bedürfniß, Meinen Dank auch an die ganze Armee weiter gehen zu lassen und an dem heutigen Tage auch an diese einige Worte zu richten.

Die Armee weiß, wie nahe sie Meinem Herzen immer gestanden hat, und sie wird verstehen, welche Empfindungen Mich heute in dem Gedanken bewegen, ihr nun 80 Jahre angehört zu haben.

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