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Errichtung einer neuen Fabrik und nicht um die Erhaltung einer alten gehandelt hätte, die den Vorzug vermutlich' schon bei der Übernahme besaß.

Obzwar die Einfuhr der Baumwollwaren von den österreichischen Ländern nach Ungarn keineswegs verboten war, wurde freilich gegen die bestehenden Vorschriften die in Österreich ohnehin besonders begünstigte Sassiner Fabrik auch in Ungarn besonders gefördert, wie daraus zu ersehen ist, daß der Verkauf von Baumwollwaren, welche aus der Kettenhofer Fabrik stammten, in Sassin tatsächlich verhindert wurde. Auf die aus einem solchen Anlasse von einem Sassiner jüdischen Händler bei dem Hofkanzler Grafen Blümegen, der zugleich Besitzer der Kettenhofer Fabrik war, vorgebrachte Beschwerde, erwiderte die ungarische Hofkanzlei im Jahre 1781, daß der Absatz der Sassiner Fabrik vorzüglich unterstützt werden müsse und daß sich diesem Umstande auch der beschwerdeführende Jude als Sassiner Einwohner um so mehr anzubequemen Veranlassung hätte, als es der Herrschaft frei stünde, denselben ohne weiteres abzuschaffen. Die österreichische Hofkanzlei stellte hierauf in Aussicht, daß, wenn Repressalien nötig würden, die Sassiner Waren vom Wiener Platze ausgeschlossen werden könnten.3+1

Als mit dem Zolltarif vom 2. Jänner 1788 die ungarischen Kottone eine weit höhere Belastung erfuhren die Zollgebühr betrug von gedrucktem Ganz- und Halbkotton 35 und 20 fl., von weißem je die Hälfte für den Zentner wuchs die Zollbegünstigung in erheblichen Maße, da für die Sassiner Waren nicht die Hälfte der neuen Abgaben eingehoben, sondern die der früheren, mit dem Tarife des Jahres 1784 festgesetzten, belassen wurde. Obwohl dieses Zugeständnis hauptsächlich deshalb gemacht wurde, weil, wie Freiherr von Eger im Staatsrat hervorhob, die Fabrik ihre Spekulation vermutlich nach der alten Begünstigung eingerichtet haben. dürfte, und weil die Spinn- und Webearbeit der Fabrik teilweise in den deutschen Erblanden geleistet wurde, wurde sie ausdrücklich auch auf die kurz vorher in Theben in Ungarn errichtete, in welcher Waren aus gefärbten Baumwollgarnen

341 H. K. A. Komm. N.-Oe. 94. 1781. Nov. 21.

hergestellt wurden, ausgedehnt, nachdem diese mit kaiserlicher Entschließung vom 31. Jänner 1788 der Sassiner Fabrik gleichgestellt worden war.3+2

Die Befriedigung über diese neue Begünstigung war jedoch nicht von langer Dauer. Schon im Jahre 1790 erklärte ich Puthon neuerlich genötigt, die Sassiner Fabrik aufzulassen, wenn ihm nicht gestattet würde, seine Waren mautfrei (konsumzollfrei) nach Österreich auszuführen oder wenn - nicht die österreichischen Kottonwaren mit der nämlichen Dreißigstgebühr belegt würden, welcher die Sassiner Waren bei der Einfuhr in die deutschen Erblande unterworfen waren. Er fand hiebei warme Fürsprache bei der ungarischen Hofkanzlei, welche die Fabrik wegen der Verbreitung der Arbeit namentlich bei den Untertanen der königlichen Familiengüter für sehr unterstützungswürdig hielt, überdies aber wie keine der übrigen ungarischen Fabriken nach dem noch in Kraft stehenden Privilegium vom 10. März 1753 die gleichen Begünstigungen und Vorteile zu genießen berechtigt wäre wie die Schwechater Fabrik. Obwohl die Geltungsdauer dieses Privilegiums längst verstrichen war, fand diese Bemerkung auffallenderweise keine Zurückweisung. Nur empfahl Graf Hatzfeld im Staatsrat, vor einer Entscheidung noch das Privilegium einzusehen, damit man wisse, was der Fabrik gebühre. Doch wurde auch dies unterlassen und die Fabrik abgewiesen.

Unter allen Fabriquen', so führte dieser Staatsrat aus, ,verdienen die Cottonfabriquen am wenigsten eine Unterstützung, 1° weil sie bereits allgemein sind, 2° weil das Material, woraus der Kotton verfertigt wird, ausländisch ist und dafür ein beträchtliches Geldquantum außer Lande geht, 3° weil der Kotton die wollenen Zeuge nur allzusehr zurückschlagen, deren Erzeugung eine weit mehrere Rücksicht als jene des Kattuns verdient, da hiezu ein inländisches Material, die Wolle, erforderlich ist. Die Kottone verdrängen so beträchtlich den Verschleiß der wollenen Zeuge, daß der Wert der Wolle so abfällt und der Schafzucht eine, Verminderung droht. Es waren keine neuen Gründe, die hier für die Abweisung vorgebracht wurden, aber sie waren schon lange nicht

342 Vortrag der Hofkanzlei vom 7. res. 23. April 1788. St.-R. 1502 v. 1788.

so scharf betont worden.33 So wurde Puthon schließlich auf die Zeit vertröstet, bis überhaupt mit dem Zollwesen eine weitere Einrichtung erfolgt'.

Abermals führte Puthon seine Drohung nicht aus und konnte der Fabriksbetrieb auch ohne weitere Zollbegünstigung fortgeführt werden. Als im Jahre 1805 die Frage der Belassung der Dreißigstbegünstigung neuerlich zur Sprache kam, wurde der gute Ruf, dessen sich die Sassiner Fabrik erfreute, sowohl von der ungarischen Hofkammer wie auch im Staatsrate besonders hervorgehoben, und zwei Jahre später bezeichnete sie die ungarische Hofkanzlef als die einzige beträchtliche Fabrik Ungarns,35 12.000 bis 14.000 Menschen seien in Ungarn allein von ihr mit Spinnarbeit betraut, sie hatte sich, wie im Staatsrat hervorgehoben wurde, außerordentlich emporgeschwungen. Eine Änderung in der Zollbehandlung trat zunächst nicht ein, Staatsrat Graf Chorinsky verwies auf sein über die Desideria der ungarischen Stände in Kommerzangelegenheiten abgegebenes Votum, das den Wunsch enthielt, ,daß die zwischen Ungarn und den teutschen Erbländern bestehenden Zölle als den reinen staatswirtschaftlichen Grundsätzen entgegen ganz aufgehoben werden könnten und glaubte, daß man auf diesem Wege am schnellsten zum Ziele, Ungarn in Rücksicht auf die Steuern der übrigen Monarchie zu assimilieren, gelangen dürfte.346

Noch im Jahre 1820 zählte Stefan v. Keeß die freiherrlich v. Puthonsche Kattunfabrik zu Sassin in Ungarn zu den ausgezeichnetsten österreichischen. Sie lieferte auch späterhin

343 Übrigens trat Staatsrat Eger für die Fabrik ein, da sie die einzige begünstigte ungarische Fabrik sei, was nach dem Vorangeführten nicht richtig ist, während Reischach der Sassiner Fabrik keine Ausnahmsstellung einräumen wollte, da sich die deutsch-erbländischen Fabrikate immer des Vorzugs erfreut hätten, daß die in Ungarn hergestellten Waren bei der Einfuhr in die deutschen Erblande den Konsumzoll zu entrichten hatten, was den Tatsachen ebenfalls nicht entsprach. Vortrag der ungar. Hofkanzlei, res. 22. Nov. 1790. St.-R. 3478 v. 1790.

344 St.-R. 3567 v. 1805.

345 Die Frage, ob die Thebener Fabrik noch bestand, konnte keine der an den Verhandlungen beteiligten Stellen beantworten.

346 St.-R. 2823, 3726 v. 1807.

347

noch vorzügliche Erzeugnisse und hatte ebenfalls eine Bestandesdauer von ungefähr einem Jahrhundert.

6. Die Freigebung der Baumwollwarenerzeugung und deren Entwicklung in den österreichischen Alpenländern im allgemeinen.

Zu Beginn des Jahres 1761 erhielt das Kommerzdirektorium, nachdem es eben erst die Schwechater Fabrikskompagnie beauftragt hatte, das für das Landeserfordernis nötige Baumwollmaterial anzuschaffen, von der Kaiserin den Auftrag, darauf Bedacht zu nehmen, wie mehr Kotton fabriken angelegt werden könnten.348 Noch einmal suchte diese Stelle, wenn auch nicht mit der Entschiedenheit früherer Jahre auf die geringere Rücksichtswürdigkeit dieses Industriezweiges in Hinblick auf die volkswirtschaftlichen und staatlichen Interessen hinzuweisen. In einem Vortrage vom 23. Februar 1761 erklärte sie: Obwohlen die Cotton-Fabricatur, wozu das Materiale von Fremden erkauft werden muß, bei weitem nicht jene Rücksicht verdient, deren die Wollmanufacturen würdig sind, da diese dem Land mit Verarbeitung der eigenen in großer Menge erzeugenden Wolle einen ungleich mehreren Nutzen verschaffen, so will man doch zu gehorsamsten Befolg der allerhöchsten Resolution noch vor Verlauf des Privilegii exclusivi der Schwechater Fabrique den Bedacht dahin nehmen und in gutächtlichen Vorschlag bringen, wie dieser ohnschädlich, mehrere derlei Fabriquen angeleget, oder doch wenigstens die diesfällige Fabricatur erweitert und über sich gebracht werden könnte. 349

Worauf nachstehende kaiserliche Entschließung erfolgte: Da die Cotton-Fabriquen dem Staat in dem Nah

347 Beschreibung der Fabrikate etc. I. Bd. S. 206. Österr. NationalEnzyklopädie. III. 160.

348 Da das Schwechater Cottonfabriquen-Privilegium mit dem Jahr 1762 zu Ende gehet, so wäre in zeitlichen Bedacht zu nehmen, wie es mit der nachhinigen Anordnung dieser Fabrique zu begehen seie und wie dieser ohnschädlich andere mehrere derenselben zu Förderung des inländischen Bedurfnus und des auswärtigen Vertriebs angeleget werden könnten. (Resolution auf das Komm.-Rats-Protokoll vom 14. Jan. 1761. St.-R. 28 v. 1761.)

349 Extractus Protocolli. Komm. N.-Oe. 94. 1761.

rungsstande auch jener kränklichen und schwachen Personen, die zu anderen Arbeiten nicht tauglich wären, so beträchtlichen Nutzen verschaffen, die Bilance hingegen zeigt, wienach die jetzo bestehenden derlei Fabriquen die ganze Erfordernis an ganz und halben Cotton noch nicht und an Parchet gar wenig hervorbringen, das baumwollene Strickwerk aber fast alles außer Landes beigekauft werde, nicht minder auch der Verbot wegen Einbringung der ganz und halben Cotton in allen Erblanden noch nicht bestehen, dann endlichen die hiesige Lande das rohe Materiale aus der ersten Hand haben und dessen Transport in andere Lande dahier transitire, so wäre fürzudenken, noch mehreren Cotton-Fabriquen anzulegen und sodann den Verbot der Einfuhr auf alle Lande ausdrücklich zu erstrecken, ferners Parchet-Fabriquen und baumwollenes Strickwerk anzurichten, dann jetzo oder mit der Zeit das transitirende diesfällige rohe Materiale mit einer Abgabe zu belegen, auf daß die fremde Cotton-Fabriquen den hiesigen nicht wohl gleich arbeiten und diese letztere so viel mehr emporkommen, sofort auch ihren Verschleiß ad extra treiben mögen. Und endlich mit Anlegung deren mehreren Cotton-Fabriquen von darumen in Zeiten fürzusorgen, weilen deren Arbeiten in dem Lauf des zweiten Jahres sich erstrecken. 350

Als kurze Zeit darauf, da sich die Geltungsfrist des Privilegiums der Schwechater Fabrik ihrem Ende näherte, diese eine Verlängerung der Geltungsdauer herbeizuführen wünschte, empfahl zwar das Kommerzdirektorium deren Gewährung, und auch eine unter dem Vorsitze des Freiherrn von Bartenstein eingesetzte delegierte Kommerzial-Hofkommission trat hiefür ein, da die Errichtung einer Kotton fabrik durch einen Privaten wegen der Höhe der hiefür erforderlichen Geldsumme nicht zu. erwarten wäre und da die Schwechater Fabrik, vielleicht die vollkommenste ihrer Art, Österreich und Ungarn mit genügenden Waren versehen könnte, wenn sie über hinreichende Gespinste verfügte und sich im

350 Die kaiserliche Entschließung vom 10. März 1761 fußte vornehmlich auf der im Staatsrate von Freih. v. Bôrié geäußerten Meinung.` St.-R. 175, 176 v. 1761. Siehe auch Beer, Studien zur Geschichte der österr. Volkswirtschaft unter Maria Theresia. Archiv für österr. Geschichte. 81. Bd. S. 13.

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