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hatten so viele ausgezeichnete Geister Weg und Mittel gefunden, eine mehr oder minder sorglose Existenz zu führen, mit einander zu verkehren, und so weiter. Jahrhunderte haben in Paris einen solchen günstigen Zustand allmählich herbeigeführt. Durch das Rentensystem wäre Paris weit schneller Paris geworden, und die Deutschen, die gern eine ähnliche Hauptstadt hätten, sollten nicht über das Rentensystem klagenes centralisiert, es macht vielen Leuten möglich, an einem selbstgewählten Orte zu leben, und von dort aus der Menschheit jeden nüßlichen Impuls zu geben...“

Von diesem Standpunkte aus betrachtet Rothschild die Resultate seines Schaffens und Treibens. Ich bin mit dieser Ansicht ganz einverstanden, ja ich gehe noch weiter, und ich sehe in Rothschild einen der größten Revolutionäre, welche die moderne Demokratie begründeten. Richelieu, Robespierre und Rothschild sind für mich drei terroristische Namen, und sie bedeuten die graduelle Vernichtung der alten Aristokratie. Richelieu, Robespierre und Rothschild sind die drei furchtbarsten Nivelleurs Europas. Richelieu zerstörte die Souveränetät des Feudaladels und beugte ihn unter jene königliche Willkür, die ihn entweder durch Hofdienst herabwürdigte, oder durch krautjunkerliche Unthätigkeit in der Provinz

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vermodern ließ. Robespierre schlug diesem unterwürfigen und faulen Adel endlich das Haupt ab. Aber der Boden blieb, und der neue Herr desselben, der neue Gutsbesizer, ward ganz wieder ein Aristokrat, wie seine Vorgänger, deren Prätensionen er unter anderem Namen fortsette. Da kam Rothschild und zerstörte die Oberherrschaft des Bodens, indem er das Staatspapierensystem zur höchsten Macht emporhob, dadurch die großen Besißthümer und Einkünfte mobilisierte, und gleichsam das Geld mit den ehemaligen Vorrechten des Bodens belehnte. Er stiftete freilich dadurch eine neue Aristokratie, aber diese, beruhend auf dem unzuverlässigsten Elemente, auf dem Gelde, kann nimmermehr so nachhaltig misswirken, wie die ehemalige Aristokratie, die im Boden, in der Erde selber, wurzelte. Geld ist flüssiger als Wasser, windiger als Luft, und dem jezigen Geldadel verzeiht man gern seine 3mpertinenzen, wenn man seine Vergänglichkeit bedenkt .. er zerrinnt und verdunstet, ehe man sich Dessen versicht.

Indem ich oben die Namen Richelieu, Robespierre und Rothschild zusammenstellte, drängte sich mir die Bemerkung auf, dass diese drei größten Terroristen noch mancherlei andere Ähnlichkeiten bieten. Sie haben z. B. mit einander gemein eine

gewisse unnatürliche Liebe zur Poefie; Richelieu schrieb schlechte Tragödien, Robespierre machte erbärmliche Madrigale, und James Rothschild, wenn er lustig wird, fängt er an zu reimen

Doch Das gehört nicht hieher, diese Blätter haben sich zunächst mit einem kleineren Revolutionär, mit Ludwig Börne, zu beschäftigen. Dieser hegte, wie wir mit Bedauern bemerken, den höchsten Haßs gegen die Rothschilde, und in seinem Gespräche, als wir zu Frankfurt dem Stammhause derselben vorübergingen, äußerte sich jener Hass bereits eben so grell und giftig, wie in seinen späteren Pariser Briefen. Nichtsdestoweniger ließ er doch den persönlichen Eigenschaften dieser Leute manche Gerechtigkeit widerfahren, und er gestand mir ganz naiv, dass er sie nur haffen könne, dass es ihm aber trot aller Mühe nicht möglich sei, sie verächtlich oder gar lächerlich zu finden.

„Denn sehen Sie,“ sprach er, „die Rothschilde haben so viel Geld, eine solche Unmasse von Geld, dass sie uns einen fast grauenhaften Respekt einflößen; sie identificierten sich, so zu sagen, mit dem Begriff des Geldes überhaupt, und Geld kann man nicht verachten. Auch haben diese Leute das sicherste Mittel angewendet, um jenem Ridikül zu entgehen, dem so manche andere baronisierte Millionärenfami

lien des alten Testaments verfallen sind: sie enthalten sich des christlichen Weihwassers. Die Taufe ist jetzt bei den reichen Juden an der Tagesordnung, und das Evangelium, das den Armen Sudäa's vergebens gepredigt worden, ist jetzt in floribus bei den Reichen. Aber da die Annahme desselben nur Selbstbetrug, wo nicht gar Lüge ist, und das angeheuchelte Christenthum mit dem alten Adam bisweilen recht grell kontrastiert, so geben diese Leute dem Wige und dem Spotte die bedenklichsten Blößen. Oder glauben Sie, dass durch die Taufe die innere Natur ganz verändert worden? Glauben Sie, dass man Läuse in Flöhe verwandeln kann, wenn man sie mit Wasser begießt?"

Ich glaube nicht.

„Ich glaub's auch nicht, und ein eben so melancholischer wie lächerlicher Anblick ist es für mich, wenn die alten Läuse, die noch aus Ägypten stammen, aus der Zeit der pharaonischen Plage, sich plößlich einbilden, sie wären Flöhe, und christlich zu hüpfen beginnen. In Berlin, habe ich auf der Straße alte Töchter Israel's gesehen, die am Halse lange Kreuze trugen, Krenze, die noch länger als ihre Nasen und bis an den Nabel reichten; in den Händen hielten sie ein evangelisches Gesangbuch, und sie sprachen von der prächtigen Predigt, die

sie eben in der Dreifaltigkeitskirche gehört. Die Eine frug die Andere, bei wem sie das Abendmahl genommen, und Beide rochen dabei aus dem Halse. Widerwärtiger war mir noch der Anblick von schmutigen Bartjuden, die aus ihren polnischen Kloaken kamen, von der Bekehrungsgesellschaft ir Berlin für den Himmel angeworben wurden, und in ihrem mundfaulen Dialekte das Christenthum predigten und so entsetzlich dabei stanken. Es wäre jedenfalls wünschenswerth, wenn man dergleichen polnisches Läufevolk nicht mit gewöhnlichem Wasser, sondern mit Eau-de-Cologne taufen ließe.“

Im Hause des Gehängten, unterbrach ich diese Rede, muss man nicht von Stricken sprechen, lieber Doktor; sagen Sie mir vielmehr: wo sind jezt die großen Ochsen, die, wie mein Vater mir einst erzählte, auf dem jüdischen Kirchhofe hier zu Frankfurt herumliefen und in der Nacht so entseßlich brüllten, dass die Ruhe der Nachbaren dadurch ges stört wurde?

"

Ihr Herr Vater," rief Börne lachend, „hat Ihnen in der That keine Unwahrheit gesagt. Es existierte früherhin der Gebrauch, dass die jüdischen Vichhändler die männliche Erstgeburt ihrer Kühe nach biblischer Vorschrift dem lieben Gotte widmeten, und in dieser Absicht aus allen Gegenden

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