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Fünftes Buch.

Die

lic politischen Verhältnisse jener Zeit (1799) haben eine gar betrübende Ähnlichkeit mit den neuesten Zuständen in Deutschland; nur dass damals der Freiheitssinn mehr unter Gelehrten, Dichtern und sonstigen Literaten blühte, heutigen Tags aber unter Diesen viel minder, sondern weit mehr in der großen aktiven Masse, unter Handwerkern und Gewerbsleuten, sich ausspricht. Während zur Zeit der ersten Revolution die bleiern deutscheste Schlafsucht auf dem Vokke lastete und gleichsam eine brutale Ruhe in ganz Germanien herrschte, offenbarte sich in unserer Schriftwelt das wildeste Gähren und Wallen. Der einsamste Autor, der in irgend einem abgelegenen Winkelchen Deutschlands lebte, nahm Theil an dieser Bewegung; fast sympathetisch, ohne von den politischen

Vorgängen genau unterrichtet zu sein, fühlte er ihre sociale Bedeutung und sprach sie aus in seinen Schriften. Dieses Phänomen mahnt mich an die großen Seemuscheln, welche wir zuweilen als Zierat auf unsere Kamine stellen, und die, wenn sie auch noch so weit vom Meere entfernt sind, dennoch plötzlich zu rauschen beginnen, sobald dort die Fluthzeit eintritt und die Wellen gegen die Küste heranbrechen. Als hier in Paris, in dem groBen Menschen-Ocean, die Revolution losfluthete, als es hier brandete und stürmte, da rauschten und brausten jenseits des Rheins die deutschen Herzen ... Aber sie waren so isoliert, sie standen unter lauter fühllosem Porzellan, Thectassen und Kaffekannen und chinesischen Pagoden, die mechanisch mit dem Kopfe nickten, als wüssten sie, wovon die Rede sei. Ach! unsere armen Vorgänger in Deutschland mussten für jene Revolutionssympathie sehr arg. büßen. Junker und Pfäffchen übten an ihnen ihre plumpften und gemeinsten Tücken. Einige von ihnen flüchteten nach Paris und sind hier in Armuth und Elend verkommen und verschollen. Ich habe jüngst einen blinden Landsmann geschen, der noch seit jener Zeit in Paris ist; ich sah ihn im Palais Royal, wo er sich ein bisschen an der Sonne gewärmt hatte. Es war schmerzlich anzusehen, wie

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