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Eine Wiedergabe der einzelnen Bestimmungen erscheint deshalb hier entbehrlich. Nur soll noch verwiesen werden auf das Reichsges. vom 17. April 1886, betr. die Rechtsverhältnisse der deutschen Schußgebiete (RGBl. S. 75), welches die amtliche Zuständigkeit der Gerichtsbehörden in den Schußgebieten regelt; der Nachtrag zur Dienstanweisung vom 12. Januar 1891 ist am 25. October 1891 ergangen (Centralbl. f. d. Deutsche Reich (S. 299). Vgl. auch Allgem. Verfüg. vom 20. Februar 1893 (JMBI. S. 59) und Anhang Ziff. 4.

§ 41.

Zeugen- und Sachverständigen-Vernehmung.

Löwe, Commentar zu §§ 48 ff. u. not. 3b zu § 159 StrPrOrdg. - v. Marck, Die Staatsanwaltschaft §§ 131-136. Motive S. 151 zu § 72 StrPrOrdg.

Zur Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen, nicht minder zur Gegenüberstellung derselben, ist die StAschaft gleichfalls befugt; als Regel empfiehlt sich indeß Vorladung und Vernehmung bei der StAschaft nicht. In bestimmten Sachen (vgl. § 36) muß das Amtsgericht mit der Sache befaßt werden, und überdies ist der StAschaft die Befugniß, ungehorsam entbliebene Zeugen zwangsweise vorführen zu lassen, nirgends zugesprochen.

1. Bei Anträgen auf Zeugenvernehmung, mögen sie an das Gericht oder an die Polizeibehörde gerichtet werden, empfiehlt sich genaue Angabe der einzelnen Punkte, über welche die Befragung des Zeugen gewünscht wird.

2. Besondere Bestimmungen über Ladung der Militärpersonen enthält § 48 StrPrOrdg., ebenso § 49 a. a. D. über die Vernehmung des Reichskanzlers, der Minister u. s. w. Die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigten Personen führen §§ 51, 52 auf, das Verhalten der Beamten regelt § 53, die Berechtigung zur Antwortverweigerung auf einzelne Fragen §§ 54, 55, und die Ordnungsstrafen für ungehorsames Ausbleiben eines Zeugen § 50.

3. Als Zeuge kann jezt auch der Nebenkläger vernommen werden (vgl. § 82).

4. Die Befugniß der Polizeibehörden zur Anordnung einer Zwangs gestellung wird bejaht:

a) im Interesse der sittenpolizeilichen Controlle, Urth. vom 23. März 1880, Entsch. I S. 331, und vom 11. Januar 1881, Entsch. III S. 186;

b) bei Vorführung an Amtsstelle behufs Verkündung einer polizeilichen Entscheidung, im Urth. vom 27. April 1891, Entsch. 22 S. 5;

dagegen verneint:

bei Vorführungen von Zeugen im Strafprozeß.

Urth. v. 22. Novbr. 1883, Entsch. 9 S. 433. Vgl. auch § 36.

Die Anwendung der Bestimmungen des § 132 Landesverwalt.Ges. vom 30. Juli 1883 hält der Minister des Innern im Interesse

des Ansehens der Polizeibehörden, wie der Strafrechtspflege für geboten.

Tirk.Verfüg. v. 21. Mai 1892, II, 5280, u. Runderlaß an die Kön. Regier.Präs. v. 9. Mai 1896, Min.Bl. f. d. i. Verwalt. 1896, S. 79.

5. Die Strafprozeßordnung „hat die Vorschriften über Vernehmung von Sachverständigen und diejenigen über Einnahme des Augenscheins in einen Abschnitt vereinigt, weil in Straffachen beide Arten von Beweiserhebung in einer inneren Verbindung stehen und die Zuziehung der Sachverständigen vorzugsweise bei der Einnahme des gerichtlichen Augenscheins stattzufinden pflegt". So z. B. Gutachten von Bau-Sachverständigen bei Einnahme des Augenscheins an der Brandstelle oder bei einem verunglückten Hausbau, ärztliche Gutachten bei und nach der Leichenöffnung, Sachverständige am Thatorte einer Explosion.

Da der einzelne Sachverständige das erforderte Gutachten verweigern kann (z. B. mit Rücksicht auf seine sonstigen Dienstpflichten) und er andererseits auch abgelehnt werden kann (§§ 76 und 74 Str PrOrdg.), so besteht bei jedem Landgericht, wie auch bei der StAschaft ein Verzeichniß bestimmter Personen mit besonderen Fachkenntnissen, welche ein für alle Mal zur Abgabe von Gutachten bereit sind. Vgl. § 42.

$ 42.

Arten von Sachverständigen.

Leppmann, Die

Stenglein, Ausbildung der Gerichtsärzte, Gerichtssaal, Bd. 42 S. 212. Sachverständigenthätigkeit bei Seelenstörungen, Berlin 1890. — § 81 Strafprozessordnung. Löwe, Commentar dazu. Allgem. Verfüg. vom 7. Juli 1886, betr. die den Medizinalpersonen als Sachverständige für Abwartung gerichtlicher Termine zu gewährenden Vergütungen (JMB1. S. 196). Ges. v. 9. März 1872 (GS. S. 265). - Gebührenordnung v. 30. Juni 1878 (GS. S. 173).

Von den verschiedenen Arten von Sachverständigen kommen hier in Betracht:

A. Medizinische Sachverständige.

Die richterliche Leichenschau kann vom Richter ohne Zuziehung eines Arztes vorgenommen werden. Die gerichtliche Leichenöffnung erfordert dagegen wenigstens einen Gerichtsarzt; in der Regel nehmen aber der Kreisphysikus und Kreiswundarzt dieselbe vor. Die Leichenöffnung darf nicht vor Ablauf von 24 Stunden nach dem Tode stattfinden.

§ 3 Regulativ vom 6. Januar 1875, welches durch die Allgem. Verfügung vom 22. März 1875 betr. das Verfahren bei den medizinisch-gerichtlichen Untersuchungen menschlicher Leichname eingeführt ist (JMBI. S. 75). 1. Die Gerichtsärzte haben dafür zu sorgen, daß die erforder= lichen Sectionsinstrumente in guter Beschaffenheit zur Stelle sind.

Verfüg. des Min. der geistl. 2c. Angelegenheiten vom 22. März 1881, zur Kenntniß gebracht durch die Allgem. Verfüg. vom 27. April 1881, betr. die zu einer gerichtlichen Leichenöffnung nöthigen Instrumente (JMBI. S. 86).

2. Am Schluß der Obduction haben die Obduzenten ihr vorläufiges Gutachten über den Fall summarisch und ohne Angabe der Gründe zu Protokoll zu geben.

Das Weitere f. § 57.

§ 29 a. a. C.

3. Die medizinischen Sachverständigen können auch zur Erstattung eines Gutachtens über den Geisteszustand des Beschuldigten herangezogen werden, falls nicht seine Unterbringung und Beobachtung in einer öffentlichen Jrren-Anstalt vom Gericht beschlossen wird.

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1. Scrib. an die Direction der Provinzial-Jrren-Anstalt zu N.

Cilt!

In der Straffache wider den 2c. wegen 2c. hat die Straff. des hies. Kön. LG5. am 2c. beschlossen, daß der Angeschuldigte in eine öffentliche Irrenanstalt gebracht, und dort auf seinen Geisteszustand beobachtet werde.

An die Direction der Anstalt richte ich deshalb die dienstergeb. Anfrage, ob die Ueberführung des 2c. aus dem Gefängniß in die dortige Anstalt auf die Dauer von höchstens 6 Wochen unverzüglich eintreten kann. 2. Nach 3 Tagen.

S. den 2c.

Nach Eingang der bejahenden Antwort ist weiter zu verfügen:
1. Ers. an Gef. um sofortige Ueberführung des 2c. in die 2c. Anstalt.
2. Uebersend. der Acten an die Direction der 2c. zu 2c. mit folg. Schreiben :
In der Straff. wider den 2c. wegen 2c. übersende ich, zugleich in Er-
ledigung der gefl. Zuschrift vom 2c. Nr. 2c.
beifolgend die ent-
standenen Acten (2 vol.) zur gefl. Einsichtnahme und mit dem Hinzufügen
ergeb., daß die Anklageschrift bezw. der Eröffnungsbeschluß sich Bl. 2c.
befinden, das Material dagegen, auf Grund dessen die strafrechtliche Ver-
antwortlichkeit des 2c. bezweifelt wird, Bl. 2c. act.

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Nach längstens 6 wöchentlicher Verwahrung des 2c. darf ich um Rücktransport desselben in das hiesige Gefängniß, sowie Rücksendung der Acten mit motivirtem Gutachten, ob § 51 RStrGB. zur Anwendung gelangt, ergeb. ersuchen.

3. Nach 6 Wochen.

S. den 2c.

5. Um Abgabe eines sog. Obergutachtens kann endlich

1. das Provinzial-Medizinal-Collegium, und

2. die Königl. wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesen in Berlin

ersucht werden. Lettere ist die oberste sachverständige Fachbehörde in gerichtlich medizinischen Angelegenheiten.

Vgl. Neue Geschäftsanw. für die Wissenschaftliche Deputation für das Medizinalwesen v. 22. Sept. 1888 (St.Anz. S. 271).

6. Obergutachten dürfen erst dann eingefordert werden, wenn die zunächst berufenen Sachverständigen (Gerichtsärzte) eine nach Form

wie Inhalt erschöpfende Darstellung aller ihrer Beobachtungen gegeben haben.

Allgem. Verfüg. v. 30. Januar 1896, I, 515.

7. Der Antrag wegen Abfassung gerichtsärztlicher Gutachten darf auch bezüglich der Deputation nicht direkt gestellt werden, vielmehr ist dieserhalb an das vorgeseßte Ministerium der geistlichen 2c. Angelegenheiten zu berichten, welches die Sache an die Königl. Wissenschaftliche Deputation gelangen läßt.

Allgem. Verfüg. v. 6. Juli 1887 (JMBI. S. 187), nochmals eingeschärft durch die Allgem. Verfüg. v. 17. febr. 1891 (JMBI. S. 51).

Bei Berechnung der Dauer eines Termins ist diejenige Zeit nicht hinzu zu rechnen, welche der Medizinalbeamte auf den Weg zum Termine verwendet hat.

Beschl. des Straff. KammerG. v. 22. Sept. 1881.

B. Bau-Sachverständige.

Bei Vergehen gegen § 330 RStrGB., sowie in sonstigen geeig= neten Fällen kann die Zuziehung von Bau-Sachverständigen (Kreisbaumeister, Baumeister, Maurermeister) zur Erstattung eines Gutachtens über die vorschriftswidrige Leitung oder Ausführung des Baues erforderlich werden.

Bei strafrechtlichen Untersuchungen, welche wegen eines Unfalls eingeleitet werden, ist häufig die Einsicht der Verhandlungen von Interesse, welche die Ortspolizeibehörde nach § 53 Unfall-Versich.Gef. v. 6. Juli 1884 über die erheblichen Unfälle im Interesse der Unfallversicherung aufzunehmen hat, oder auch die Einholung einer gutachtlichen Aeußerung des Vorstandes bez. des Vertrauensmannes der betr. Unfallgenossenschaft. Mitunter kann es sich empfehlen, den Vertrauensmann als Sachverständigen zur Localbesichtigung hin= zuzuziehen. Eine solche Mitwirkung der Organe der betr. Unfallversicherungs-Genossenschaft wird bei der strafgerichtlichen Untersuchung nicht selten zur Klarstellung des Herganges und zur Feststellung, ob und wen ein Verschulden trifft, beitragen können.

Die Einholung eines Obergutachtens bei der

1. Ober-Bau-Deputation und

2. technischen Deputation für Gewerbe in Berlin

ist gestattet, indeß nur auf dem Umwege durch das Finanz-Ministerium bez. Minister für Handel und Gewerbe (wie oben bei der wissenschaftl. Deputation), sowie unter sonstigen Vorausseßungen.

Allgem. Verfüg. v. 26. Juni 1840 (JMBI. S. 236) u. v. 20. April 1868 (JMBI. S. 131).

C. Kaufmännische Sachverständige.

Dalcke, Strafrecht u. Strafprozess, S. 521-525 not. 1-22.

Bei Mängeln in der Buchführung eines bankerotten Kaufmanns wird nach Einziehung seiner Bücher die Zuziehung eines erfahrenen Sachverständigen erforderlich zur Feststellung, ob strafbare Handlungen im Sinne der §§ 209-214 der Reichs-Konkurs-Ordg. v. 10. Febr. 1877 (RGB. S. 351) vorliegen.

Der Sachverständige ist entweder zur Rücksprache zu bestellen und sodann mündlich zu informiren, oder die Verhandlungen sind ihm mit kurzem Anschreiben zu übersenden.

Muster.

Cilt!

1. Uebers. der Verhandlungen und 11 Geschäftsbücher an den gerichtlichen

Bücher-Revisor Herrn N. N. ... Str. Nr.

In dem Vorverfahren wider den 2c. wegen einfachen Bankerotts lasse ich Ihnen die Geschäftsbücher des Beschuldigten (11), sowie die bislang entstandenen Verhandlungen beifolg. mit dem Ersuchen zugehen, eine sachverständige Prüfung dahin vorzunehmen, ob der Beschuldigte seine Bücher wirklich so unordentlich geführt hat, daß sie keine Uebersicht des Vermögenszustandes gewähren, und ob er es gegen die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches unterlassen hat, die Bilanz seines Vermögens in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit zu ziehen.

Das schriftliche Gutachten über das Resultat dieser Prüfung wollen Sie baldmöglichst einreichen.

2. Nach 14 Tagen.

S. den 2c.

Ueber das Verfahren beim betrüglichen Bankerott vgl. § 72.
D. Das Patentamt.

Patentgesetz v. 7. April 1891 (RGBl. S. 79).

Berger, Commentar zum Patentgesetz, Berlin 1893

1. Das Patentamt ist verpflichtet, auf Ersuchen der Gerichte über Fragen, welche Patente betreffen, Gutachten abzugeben, sofern in dem gerichtlichen Verfahren von einander abweichende Gutachten mehrerer Sachverständigen vorliegen. Im Uebrigen ist das Patentamt nicht befugt, ohne Genehmigung des Reichskanzlers außerhalb seines gefeßlichen Geschäftskreises Beschlüsse zu fassen oder Gutachten abzugeben (§ 18 a. a. D.).

2. Das Patentamt ist ferner verpflichtet, auf Ersuchen der Gerichte über Fragen, welche eingetragene Waarenzeichen betreffen, Gutachten abzugeben, sofern in dem gerichtlichen Verfahren von einander abweichende Gutachten mehrerer Sachverständigen vorliegen.

§ 11 Ges. zum Schuß der Waarenbezeichnungen v. 12. Mai 1894 (RGBI. S. 441). Hierzu Verordg. v. 30. Juni 1894 (RGBI. S. 495).

3. Auch auf Ersuchen der StAfchaften sind die Gutachten abzugeben.

Berger a. a. O. zu § 11 Abs. 3.

Die abweichenden Vorgutachten müssen zu den Acten schriftlich oder protokollarisch erstattet sein. Die Qualität der Sachverständigen ist nicht zu bemängeln; das Gutachten darf nur deutsche Waarenzeichen betreffen, auch niemals die Rechtsfrage umfassen. Zuständig für die Erstattung der Gutachten ist die Beschwerde-Abth. I des Patentamts.

§ 2 Kais. Verordg. v. 30. Juni 1894 (RGBI. S. 495).

Vgl. hierzu Uebereinkommen zwischen dem Reich und Destereich-Ungarn über den gegenseitigen Patent-, Muster- und Markenschuß v. 6. Dzbr. 1891 (RGBI. 1892 S. 289),

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