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Verdachtsgründe und zur Geltendmachung der zu seinen Gunsten sprechenden Thatsachen zu geben.

§ 136 Abs. 2 StrPrOrdg.

Aus diesen Erklärungen, welche der Beschuldigte gegen die ein= zelnen Verdachtsmomente abgiebt, zeigt sich zugleich die Richtung der weiter anzustellenden Ermittlungen. Z. B. der Beschuldigte be= streitet, gestochen zu haben und behauptet daneben, überhaupt nicht am Thatorte gewesen zu sein: hier ist die unverzügliche Erhebung des sogen. Alibi-Beweises geboten. Giebt der Beschuldigte zu, am Thatorte gewesen zu sein, bestreitet aber den Gebrauch des Messers oder behauptet Schlag mit der Faust, so werden nicht bloß der behandelnde Arzt (schriftl. Ers. um Ausstellung eines Attestes über die Art und Folgen der Verlegung des 2c.), sondern auch die Zeugen zu hören sein, welche das Messer in der Hand des Beschuldigten gesehen oder den sonstigen Gebrauch desselben bemerkt haben. Giebt der Beschuldigte den Diebstahl zu, bestreitet aber das Aufbrechen der Kiste, der Thür 2c., oder die Benußung eines Nachschlüssels, so werden sich die weiteren Erhebungen hierauf beschränken können. Giebt der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte That überhaupt zu und erscheint dieses Geständniß nach den vorliegenden Umständen vollkommen glaubhaft (freiwillig, ohne jeden Einfluß abgelegt und mit den Ermittlungen übereinstimmend), so kann in einfachen Sachen von weiterer Beweiserhebung überhaupt abgesehen und nach Feststellung der Personalien, wie der Vorstrafen, sogleich Anklage (vgl. § 34) erhoben werden.

Zu dieser Feststellung der Personalien, namentlich des Alters, der militärischen Verhältnisse des Beschuldigten und seiner Vorstrafen, bietet außerdem die verantwortliche Vernehmung Gelegenheit.

§ 136 Abs. 2 StrPrOrdg.

Zur zuverlässigen Feststellung der Identität des Beschuldigten sind außerdem Personal-Attest und Strafregister-Auszug (vgl. § 15), sowie nöthigenfalls gerichtliche Voracten (vgl. § 76) heranzuziehen. Für den Antrag auf verantwortliche Vernehmung durch Gericht empfiehlt sich beispielsweise folgende Form:

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hier

Urschr. nebst den Acten IV J 999/95 und den Civilprozeßacten /94 (2 Bde.)
an das Kön. Amtsgericht, Abth.
mit dem Antrage ergeb. den Bergmann Hans Unterwärts zu 2c. (bei
Städten auch Wohnung!) wegen Verbrechens des Meineids aus § 154
RStrGB. verantwortlich zu vernehmen und ihn insbesondere zu einer Er-
klärung darüber zu veranlassen, ob er zugiebt, die Bl. 14v act. proto-
collirte Aussage nach Leistung des Zeugeneides gemacht zu haben, ob er
nach Bekanntmachung mit der Aussage des 2c. (Bl. 3) und des 2c. (Bl. 6)
noch behaupten will, daß dieselbe der Wahrheit entspreche, und welche Be-
weismittel er ev. für die Richtigkeit seiner Behauptung angeben kann.
N. den 2c.
2. Nach 10 Tagen.

krobitsch.

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§ 39.

Auskunft im Inlande.

1. Im dienstlichen Interesse kann die StAschaft Auskunft von allen öffentlichen Behörden verlangen, sei es, daß die Vorlegung oder Auslieferung von Acten oder anderen Schriftstücken gewünscht, sei es, daß ein Leumundszeugniß oder eine Auskunft über das Alter, die Stellung oder die Wohnung des Beschuldigten erforderlich wird.

Nur im Falle des § 96 kann die Vorlegung oder Auslieferung von Acten oder anderen in amtlicher Verwahrung befindlichen Schriftstücken nicht gefordert werden.

In der Praris pflegt man ferner von der Einforderung und Zusendung der Grundbücher und Standesregister Abstand zu nehmen, da die gewünschte Auskunft auch durch Auszüge (z. B. über das Alter des Beschuldigten oder des angegriffenen 13jährigen Mädchens § 176 Abs. 3 RStrGB.) ertheilt werden kann.

§§ 15, 16 Ges. über die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung, v. 6. februar 1875 (RGBI. S. 23).

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1. Requir. Geburts-Auszug über den 2c., angeblich geb. am 15. September 1878 zu 2c., von K. Standes-Amt 2c.

2. Scrib. an die Kais. Oberpostdirection zu N.

In dem Vorverfahren wider den zu X. angestellten Posthilfsboten N. N. wegen Unterschlagung ist eine nähere Feststellung dahin erforderlich, ob derselbe bei Begehung der Unterschlagung „Beamter" im Sinne des § 359 RStrGB. war und seit wann er angestellt, sowie ob er etwa beeidet ist. Die 2c. ersuche ich deshalb dienstergeb. um gefl. Auskunft hierüber, sowie um Beifügung der dort entstandenen Personalacten. 3. Nach 1 Woche.

S. den 2c.

Beispiel B.

Der Erste Staatsanwalt.

1. Uebersend. der Acten V J 333/95 an die Kön. Regierung 2c.

In dem Vorverfahren wider den 2c. wegen Gewerbe-Vergehens beehre ich mich der pp. die entstandenen Acten beifolg. zur gefl. Kenntnißnahme und mit der Anfrage ergeb. zu übersenden, wie hoch die vom Beschuldigten hinterzogene Jahressteuer sich beläuft.

2. Nach 10 Tagen.

Beispiel C.

1. Scrib. an die Polizei-Verwaltung (Kön. Polizei-Direction, Kön. Polizeis Präsidium) zu 20.

In dem Vorverfahren wider den Gastwirth Friedrich Schluck hierselbst wegen Kuppelei ist zur Aufklärung des Sachverhalts die Zeugenvernehmung derjenigen Frauenspersonen erforderlich, welche in den letzten 2 Jahren beim Beschuldigten gewohnt haben.

Die (das) 2c. ersuche ich deshalb ergeb., ein Verzeichniß dieser Personen,

unter genauer Angabe ihrer persönlichen Verhältnisse und der gegens wärtigen Wohnung, baldgefl. hierher mittheilen zu wollen.

2. 20.

Beispiel D.

1. Scrib. an die Polizei-Verwaltung 2c. zu 2c.

In dem Vorverfahren wider den 2c. wegen 2c. ist eine zuverlässige Auskunft über den Leumund und die Glaubwürdigkeit des Beschuldigten, sowie der bislang vernommenen Zeugen, nämlich:

a) des Tischlergesellen Friedr. N. .... Straße Nr.... wohnhaft, b) des 2c.

c) des 2c.

sehr erwünscht. Die 2c. ersuche ich deshalb ergeb., diese Auskunft, event. nach zuvoriger Befragung der Hausgenoffen oder Nachbarn ertheilen, dabei auch die Thatsachen, auf welche sich die Auskunft gründet, und die Personen, welche davon Wissenschaft haben, genau bezeichnen zu wollen.

2. 2C.

2. Auch durch öffentliche Bekanntmachung (§ 55) kann um Namhaftmachung bestimmter Zeugen oder sonstiger Beweismittel, sowie Ermittlung des Thäters ersucht werden.

Wegen Ermittlung der Persönlichkeit in Leichensachen vgl. § 57.
Auskunft von Sachverständigen vgl. § 42.

3. Unzulässig ist jede Correspondenz zwischen den Gerichten und Beamten der StAschaft mit den am Preußischen Hofe beglau= bigten Vertretern fremder Staaten; Anträge auf Ertheilung einer Auskunft sind vielmehr bei dem Herrn Minister der Auswärtigen Angelegenheiten zu stellen.

Allgem. Verfüg. v. 29. Juni 1875 (JMBI. S. 162) u. v. 28. Dezbr. 1880 (JMBI. S. 369).

§ 40. Auskunft vom Auslande.

Bei Auskunfts-Ersuchen, welche nach dem Auslande gerichtet werden, sind folgende besondere Bestimmungen zu beachten:

1. Directe Schreiben an deutsche Consuln im Auslande sind zulässig.

Vgl. Verzeichniß der deutschen Consuln, welche zur Ausübung der Gerichtsbarkeit befugt sind, in der Bekanntmach. v. 28. Novbr. 1891 (JMBI. S. 343).

2. Sodann ist zur Erleichterung der postalischen Behandlung die äußere Adresse mit lateinischen Schriftzeichen zu schreiben, soweit in dem betreffenden fremden Lande die deutsche Sprache nicht als Landessprache gilt.

Allgem. Verfüg. v. 20. febr. 1893 (JMBI. S. 59).

3. Ferner sind zur Vermeidung von Verzögerungen in der Erledigung die Ersuchen auf dem Briefumschlage nicht als für die Person des zuständigen Beamten, sondern als für die betr. Amtsstelle be

stimmt zu bezeichnen, z. B. An das Kaiserlich Deutsche Consulat zu Smyrna.

Ziff. 5 der Allgem. Verfüg. v. 20. Mai 1887 (JMBI. S. 139), Bekanntmachung v. 10. Juli 1885, v. 14. Mai 1886, v. 8. Aug. 1888, v. 28. Novbr. 1891 u. Allgem. Verfüg. v. 1. Mai 1891 (JMB1. 85 S. 249, 86 S. 116, 88 S. 193 u. 91 S. 129 u. 343).

4. Endlich darf zur Erledigung solcher Ersuchen, wie Auskunftsertheilung oder Anstellung polizeilicher Ermittlungen nur mit den Gerichts- und Polizeibehörden derjenigen auswärtigen Staaten in unmittelbaren Schriftwechsel getreten werden, mit welchen überhaupt solcher gestattet ist, nämlich:

a) mit Dänemark, aber nur den Justizbehörden im Bezirke des Oberlandesgerichts Kiel;

Verord. Blatt für Schleswig-Holstein und Lauenburg für 1865, S. 27; Offizielles Wochenblatt für Lauenburg, de 1865 S. 29.

b) mit Desterreich-Ungarn uneingeschränkt;

Ein Verzeichniß der österreichischen und, ungarischen Gerichte giebt die Bekanntmachung vom 12. Mai 1894 im JMBI. S. 114 ff.

c) mit Rußland, aber nur für die Justizbehörden des Kammergerichts und die Oberlandesgerichte zu Breslau, Königsberg, Marienwerder, Posen, Stettin mit den in der Erklärung vom 28./16. Januar 1893 (GS. S.83) bezeichneten russischen Behörden;

Dgl. Allgem. Verfüg. v. 31. Juli 1893 (JMBl. S. 260) und das Verzeichniß in der Allgem.
Verfüg. v. 23. Juni 1894 (JMBI. S. 167).

d) mit der Schweiz ohne Einschränkung.

Abkommen v. 1./10. Dezbr. 1878 (JMBI. 1879 S. 20).

Ein Verzeichniß der schweizerischen Behörden giebt die Bekanntmachung vom 20. April 1880 (JMBI. S. 103) und vom 6. Februar 1890 (JMBI. S. 73).

5. Die Gebühren und sonstigen Kosten, welche bei den Con= sulaten des Deutschen Reiches durch die Erledigung von Ersuchen Preußischer Justizbehörden erwachsen, sind alsbald, ohne jede Zöge= rung, zu erstatten.

Allgem. Verfüg. v. 16. October 1884 (JMBI. S. 241).

6. Beispiel.

Eilt!

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1. Bericht an Sr. Excellenz den Herrn Staats- und Justizminister.

Bericht des Ersten Staats

anwalts, betr. die Einholung

Euer Excellenz

einer Auskunft vom Groß- verfehle ich nicht unter Bezugnahme auf die nebenstehend herzogthum Luxemburg. bezeichneten hohen Verfügungen eine zur Uebermittelung an die Luxemburgische Regierung bestimmte Sachdarstellung beifolgend mit der Bitte ehrerbietigst vorzulegen: hochgeneigtest weitere Verfügung treffen zu wollen.

Allgem. Verfüg. v. 20. Mai 1887, (JMBI. S. 139) u. Cirk.Verfüg. v. 24. Dezbr. 1887, I, 4061 a.

2. Nach 1 Monat.

Der Erste Staatsanwalt.

Sachdarstellung umstehend!

Sachdarstellung.

Der Tagelöhner Andreas Sch., geb. am 20. August 1847 in T., pers ehelichte sich am 9. Oct. 1872 in S. mit Katharina R. Nach Begehung eines Diebstahls wurde Sch. Ende des Jahres 1880 flüchtig und soll sich gegen: wärtig in Düdelingen, Großherzogthum Luxemburg, befinden.

Ein gewisser Baptist P., welcher sich gegenwärtig in dem Königlichen Gefängniß zu T. in Strafhaft befindet und mit Sch. in Dudelingen zusammengetroffen sein will, hat nun bekundet:

Sch. habe ihm in Dudelingen erzählt, daß er sich zum zweiten Male verheiratet habe, ohne dabei den zweiten Ehegatten, Ort und Tag der Verheirathung näher zu bezeichnen.

Sch's erste Ehe mit Katharina R. besteht noch zu Recht; seine zweite Ehe würde daher, falls er bei Abschluß derselben Deutscher war, die Begehung eines Verbrechens darstellen.

Die in diesem Falle zur Anwendung kommenden Bestimmungen des inländischen Rechtes sind § 171 Abs. 1, § 1 Abs. 1 und § 4 Nr. 3 des deutschen Reichsstrafgesetzbuches. Dieselben lauten wörtlich und zwar: § 171 Abs. 1: „Ein Ehegatte, welcher eine neue Ehe eingeht, bevor seine Ehe aufgelöst, für ungiltig oder nichtig erklärt worden ist, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft.“ ,,Eine mit Zuchthaus bedrohte Handlung ist ein Verbrechen."

§ 1 Abs. 1:
§ 4 Nr. 3:

kann nach den Strafgesehen des Deutschen Reichs verfolgt werden:

.. 3, ein Deutscher, welcher im Auslande eine Handlung begangen hat, die nach den Geseßen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und durch die Geseze des Orts, an welchem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht ist.

Nach § 340 Abs. 1 des Code pénal wird derjenige, welcher wirklich verheirathet ist und sich wieder verheirathet, ehe die vorhergehende Ehe aufgelöst ist, bestraft.

Hiernach bedarf es nur der Feststellung, ob Sch. thatsächlich zum zweiten Male zur Ehe geschritten ist, insbesondere auch der Feststellung des Tages und Ortes, an welchem dies geschehen, ferner auch des Namens des zweiten Ehegatten, und endlich noch, ob Sch. zur Zeit der Schließnng der zweiten Ehe noch Deutscher war.

Sch. soll nach Mittheilung jenes P. auf dem Schmelzwerk in Dudelingen als Werkmeister beschäftigt sein.

Die Ersuchen um Vornahme gerichtlicher Amtshandlungen im Auslande (Vernehmung von Beschuldigten, Zeugen oder Sachverständigen, Ersuchen um Abnahme von Eiden, sowie um Zustellung von Ladungen) regelt nach Form und Inhalt die Allgem. Verfüg. v. 20. Mai 1887, betr. die im Auslande zu erledigenden Ersuchungsschreiben der Justizbehörden (JMBI. S. 139), welche mit allen später dazu ergangenen Verfügungen in Berlin 1895 bei Decker erschienen und als sogen. Blaubuch bei allen StAfchaften vorhanden ist.

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