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verfahrens vorliegt, erforderlich erscheint; die Bestimmungen über die Vernehmung der Zeugen, die Form und die Zulässigkeit der Beeidigung im Vorverfahren, das Zeugnißverweigerungsrecht, das Durch= suchungsrecht u. a. m. bedeuten ebenso viele Verschiedenheiten zwischen beiden Prozeßordnungen. Es erscheint ausgeschlossen, daß bei solchen Abweichungen ein einheitliches Verfahren durch ein und dasselbe Ge= richt soll vorgenommen werden können.

Noch erheblicher werden die Schwierigkeiten, wenn - wie Daude wünscht nicht einmal der Untersuchungsrichter mit der Sache befaßt wird, die Erforschung des Sachverhalts vielmehr in den Formen des sog. Vorverfahrens erfolgen soll, welches von der StAschaft unter Mithilfe der um jede einzelne richterliche Handlung zu ersuchenden, jeweils zuständigen Amtsgerichte geleitet wird.

Zwar pflegt man noch anzuführen, daß die Bestimmung des § 52 durch § 7 EinfGef. zum GerVerfGes., laut welchem die Militärgerichtsbarkeit durch das Gerichtsverfassungsgeseß nicht berührt werden soll, ausdrücklich aufrecht erhalten sei. Hierauf ist indeß zu erwidern, daß das gemischte Gericht, wie es in § 52 organisch zusammengesezt und für Militär- und Civilpersonen gleichmäßig zuständig erklärt worden ist, ebensowenig eine Militär- wie eine Civilgerichtsbarkeit, vielmehr ein Sondergericht darstellt, welches in den Reichsprozeßgefeßen nicht aufrecht erhalten ist.

So hat auch ein hoher preußischer Gerichtshof noch kürzlich entschieden:

Die Bildung eines gemeinschaftlichen Untersuchungsgerichts erscheint an sich zulässig, aber seit der Geltung der Vorschriften der Strafprozeßordnung. vom 1. Februar 1877 nicht mehr ausführbar.

Beschl. des OberlandesG. Hamm v. 29. Januar 1894, Goltd. Arch. Bd. 42 S. 76.
Vgl. hierzu Zeitschr. für Strafrechtsw. 9 S. 837.

§ 29.

Durch mangelnden Antrag.

Stenglein, Antragsrecht des Vorgesetzten. Gerichtssaal (Bd. 42 S. 78) 1889. gesetzbuch, Berlin 1891, zu § 61. — Oppenhoff, Strafgesetzbuch zu § 61. mentar, 4. Aufl., zu § 61.

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Art. 30 Ziff. 2 Geschäfts-Anweisung für die Amtsanwälte vom 28. August 1879 (JMBI. S. 260).

Trot sachlicher und örtlicher Zuständigkeit ist die Strafverfolgung wegen bestimmter strafbarer Handlungen ausgeschlossen, wenn der ge= feßlich erforderliche Strafantrag von der dazu berechtigten Person nicht innerhalb der Antragsfrist gestellt wird.

I. Von der Stellung eines förmlichen Strafantrages im Sinne des § 156 StrPrOrdg. ist die Strafverfolgung abhängig: 1. im Strafgefeßbuch bei Verbrechen wider §§ 102, 179, 236, 243, 244, (247); bei Vergehen wider §§ 102, 103, 104, 123 Abs. 1, 170, 172, 182, 185–187, 189, 194, 196, 223, 230 Abs. 1 bez. 232, 236, 237, 247 bez. 242 u. 246, 263 Abs. 4,

288, 289, 292, 299, 300, 301, 302, 303; bei Uebertretungen des § 370 Nr. 5 u. 6;

2. im § 27 des Gesezes, betr. das Urheberrecht an Schrift= werken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramatischen Werken, v. 11. Juni 1870 (BGBl. S. 339).

Der Antrag kann bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Erkenntnisses zurückgenommen werden.

3. bei Entweichung eines Schiffmanns nach §§ 81 u. 84 der Seemannsordnung vom 27. Dezember 1872 (RGBI. S. 409); 4. im § 14 des Gesezes, betr. das Urheberrecht an Mustern und Modellen, vom 11. Januar 1876 (RGBl. S. 11);

5. im § 152 Abs. 2 des Reichsgefeßes, betr. die Invaliditätsund Altersversicherung, vom 22. Juni 1889 (RGBl. S. 97); 6. im § 36 des Patentgesetes vom 7. April 1891 (RGBl. S. 79);

Die Zurücknahme des Strafantrages ist jezt zulässig. Vgl. hierzu : Ortloff. Ist der wegen Markenschuß oder Patentverlegung gestellte Antrag rücknehmbar? Blätter für Rechtspflege in Thüringen und Anhalt (15 S. 139).

7. im § 10 des Gefeßes, betr. den Schuß von Gebrauchsmustern, vom 1. Juni 1891 (RGBI. S. 290). Die Rücknahme des An= trages ist zulässig;

8. im § 14 des Gesezes zum Schuße der Waarenbezeichnungen, vom 12. Mai 1894 (RGBl. S. 441). Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

Zeitungstitel sind keine Waarenzeichen, ReichsG. 20. März 1896,
Entsch. Bd. 28 S. 275.

Dagegen erfordert § 17 a. a. D. neben dem Antrage noch
Sicherheitsleistung;

9. im § 12 des Gesetzes zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbes, vom 27. Mai 1896 (RGBI. S. 145). Die Rücknahme des Antrages ist zulässig.

II. Von der Stellung eines Strafantrages ist jedoch die vorläu= fige Festnahme und Beschlagnahme nicht abhängig.

§ 127 Abs. 3 Strafproz. Ordg.

Die Frist zur Stellung eines Strafantrages beginnt mit dem Tage, an welchem der zum Antrage Berechtigte von der Handlung und von der Person des Thäters Kenntniß gehabt hat. Die Dauer der Frist beträgt 3 Monat.

Ueber Stellung eines Strafantrages durch Bevollmächtigte vgl. Löwe, Commentar, Not. 11 zu § 156 StrPrOrdg. und Olshausen, Not. 18 zu § 61. III. Aus der Praris mögen noch folgende Entscheidungen hervor= gehoben werden:

1. Ein Verzicht auf Strafantrag hindert die spätere Stellung desselben nicht. Beschl. des OLG. Colmar v. 2. Juli 1892, Goltd. Arch. Bd. 40 S. 184.

2. Der gegen eine Firma gerichtete Strafantrag genügt zur strafrechtlichen Verfolgung des Inhabers bezw. Vertreters desselben.

I. Straff. ReichsG. v. 22. Januar 1894, Goltd. Arch. Bd. 42 S. 38.

3. Der Versicherer der zerstörten Sache ist nicht antragsberechtigt. Beschl. des OLG. Hamburg v. 30. Jannar 1894, Goltd. Arch. Bd. 42 S. 50.

4. Ueber das Strafantragsrecht des Ehemannes vgl. Urt. des OberlandesGerichts Celle vom 22. Dezbr. 1888, Goltd. Arch. Bd. 37 S. 63.

5. Auch Geisteskranke können beleidigt werden. Vgl. auch über Ablaufsfrist des Strafantrages des Vormundes I. Straff. RG. 3. October 1895, Entsch. Bd. 27 S. 366. Vgl. auch Olshausen a. a. D. § 65 Not. 10.

6. Zur Stellung eines Strafantrages für einen Unmündigen ist nicht das Vormundschaftsgericht, sondern nur der Vormund oder Gegenvormund berechtigt.

III. Straff. ReichsG. 5. Novbr. 1891, Goltd. Arch. Bd. 39 S. 319.

IV. Ueber die Form des Strafantrages bei Militärpersonen:

Der Strafantrag, welchen der Beleidigte, Lieut. z. S. S. zu Wilhelmshaven zu Protokoll eines Marine-Auditeurs und -Actuars gestellt hat, ist als ein zu Protokoll eines „Gerichts“ im Sinne des § 156 StrPOdg. gestellt nicht anzusehen.

Urth. des OLG. Celle v. 16. Juni 1894, Goltd. Arch. Bd. 42 S. 147.
Dagegen genügt Uebersendung der Abschrift des Strafantrages an die
StAschaft.

III. Straff. ReichsG. 3. Juli 1890, Goltd. Arch. Bd. 38 S. 337.

V. In Betracht kommt hier die Vorschrift in III. 6 der Allgem. Verfüg. v. 25. August 1879, betr. die von den Beamten der StAschaft an andere Behörden zu machenden Mittheilungen (JMBI. S. 251):

Im Falle einer Beleidigung oder Körperverletzung einer Militärperson ist, sofern der Militärbehörde (bezw. dem Vorgesetzten des Verletzten) ein Strafantragsrecht zusteht, die Untersuchung aber ausschliesslich auf Grund des Antrages des Verletzten anhängig gemacht ist, die vorgesetzte Militärbehörde des Verletzten rechtzeitig von diesem Strafantrag in Kenntniss zu setzen.

Auf eine Anzeige, in welcher ein Gensdarm Strafantrag wegen Beleidigung gegen A. stellt, ist z. B. zu verfügen:

1. J. Reg.

2. Personalattest.

3. Scrib. an das Kön. Comm. der X. Gensd.-Brigade zu N.

Das 2c. seße ich hierdurch erg. davon in Kenntniß, daß der in O. stationirte Gensdarm F. einen Strafantrag gegen den 2c. wegen Beleidigung hier eingereicht hat und daß das Verfahren heute sogleich eingeleitet ist.

4. 2C.

VI. Aus der Praris möge Folgendes hierzu hervorgehoben werden:

Hat der dienstlich Vorgeseßte eines Beleidigten den Strafantrag gestellt, so ist ersterem auch die Befugniß zur Veröffentlichung der Verurtheilung zuzusprechen.

Urth. des KammerG, v. 26. Novbr. 1888 (S. 517/88), Goltd. Arch. Bd. 37 S. 64.

Wenn ein verabschiedeter Offizier in Beziehung auf seinen früheren Beruf als Mitglied der bewaffneten Macht beleidigt wird, so ist der Kriegsminister nicht mehr amtlicher Vorgeseßter und deshalb nicht mehr zur Stellung des Strafantrages nach § 196 RStrGB. legitimirt.

III. Straff.. ReichsG. v. 2. Mai 1895, Entsch. Bd. 27 S. 193.

VII. In Bezug auf Civilbeamte vgl. folgende Entscheidungen:
Wenn ein pensionirter Beamter in Bezug auf seine frühere amtliche
Thätigkeit beleidigt wird, so ist der Strafantrag des früheren Vor-
gesetten rechtswirksam.

Eine Beleidigung in Beziehung auf den Beruf liegt vor, wenn die Aeußerung eine Handlung des Beamten mit dem Amte oder Berufe in eine derartige Verbindung bringt, daß durch sie die Integrität des leßteren angegriffen wird.

IV. Straff. ReichsG. 6. februar 1891, Goltd. Arch. Bd. 39 S. 64. Vgl. auch Urth. v. 8. Dezbr. 1880, Entsch. Bd. 3 S. 244. Urth. v. 16. Juni 1885, Entsch. Bd. 12 S. 267.

VIII. Beim Mangel des erforderlichen Strafantrages ist zu verfügen wie folgt:

1. Scrib. an den Musikus H. G. Wohllaut zu 2c.

Auf die am 1. d. M. hier zu Protokoll gegebene Anzeige, worin Sie die strafrechtliche Verfolgung des Arbeiters Müllers wegen des am Abend zuvor beim Gastwirth Dick begangenen Hausfriedensbruchs beantragen, wird Ihnen nach Prüfung der stattgehabten Ermittelungen hierdurch eröffnet, daß ich die Erhebung der öffentlichen Klage ablehne, weil der zur Stellung eines Strafantrages allein berechtigte Did fich deffen geweigert hat und demgemäß ein Verfahren überhaupt nicht eintreten kann.

2. Zur Blattsammlung.

IX. Bei Rücknahme des Strafantrages, falls solche überhaupt zulässig ist, kommt § 502 StrPrOrdg. in Betracht:

„Erfolgt eine Einstellung des Verfahrens wegen Zurücknahme desjenigen Antrages, durch welchen dasselbe bedingt war, so hat der Antragsteller die Kosten zu tragen.“

Dritter Theil.

Die Vorbereitung der öffentlichen Klage.

Erster Abschnitt.

Art und form der Verfügung.

§ 30.

Die mündliche Verfügung.

v. Marck, Die Staatsanwaltschaft, Berlin 1884, §§ 1 u. 4.

Wie die Anzeige, so kann auch die darauf ergehende Verfügung mündlich und schriftlich erfolgen. Bei der besonderen Eile, welche für die Beamten der StAschaft eigentlich in allen Strafsachen geboten ist,

Allgem. Verfüg. v. 14. Dezbr. 1890, betr. die Beschleunigung der Straffachen (JMBI. S. 340).

wird mündliche Verfügung nicht immer umgangen werden können. Die Benußung des Fernsprechers, welcher wohl bei jeder größeren StAfchaft die Verbindung mit der örtlichen Polizeibehörde und dem etwa fern gelegenen Gefängniß herstellt, wird zur Anordnung von Festnahmen, Entlassungen oder Ladungen, sowie zur Ertheilung schleuniger Weisungen z. B. bei Ausführung von Durchsuchungen oder Beschlagnahmen (vgl. § 44) unter Umständen sehr zweckmäßig sein.

1. Die Zulässigkeit mündlicher Requisitionen der Polizeibehörden durch die StÄschaft in besonders eiligen Fällen hebt besonders hervor das Cirk.Rescr. des Min. des Innern u. des Min. der Justiz v. 24. Juli 1849, I, 2748:

„Auf die an den Justizminister gerichtete Anfrage, ob die Polizeibehörden auch den nur mündlich ergangenen Requisitionen der StAschaft Folge zu leisten haben, wird Ihnen hierdurch eröffnet, daß zwar allerdings die Requisitionen der StAschaft an die Polizeibehörden in der Regel schriftlich ergehen müssen, hiervon jedoch in den geeigneten Fällen auch Ausnahmen geseßlich zulässig sind. Die Form solcher Requisitionen ist insofern nicht von entscheidender Bedeutung, als es vorzugsweise darauf ankommt, daß dieselben nur stets nachweislich sind. Dies würden sie am Sichersten sein, wenn sie schriftlich erfolgen. Da indeffen in vielen Fällen der Zweck der Requisition verfehlt werden würde, wenn erst die zeitraubende schriftliche Form beobachtet werden müßte, so dürfen die Polizeibehörden sich nicht weigern, auch dem mündlichen Verlangen der Staatsanwälte und ihrer Gehilfen Folge zu geben, wobei jedoch die StAschaft ihre Requisition zu den Acten zu ver merken, oder die betr. Polizeibehörde dies zu thun, oder wenigstens in den Bericht resp. die Verhandlung über die Ausführung eines mündlichen VerLangens aufzunehmen haben, daß ein solches stattgefunden habe und worauf es gerichtet gewesen sei. In welchen einzelnen Fällen die Beamten der StAschaft sich der mündlichen Form bedienen wollen, muß ihrem Ermessen überlassen bleiben, wobei ihnen nicht entgehen wird, wie es wünschenswerth bleibt, daß ihre Requisition an die Polizeibehörden, wenn es irgend möglich ist, schriftlich geschehen, und daß namentlich bei allen Verhaftungen, sofern sie nicht auf frischer That stattfinden, von der Form der schriftlichen Requisition nicht abgewichen werden darf, damit über die Person desjenigen, welcher für eine solche Maßregel verantwortlich zu machen, kein Zweifel obwaltet.“

In der Praxis wird dieser Anordnung dadurch hinreichend ent sprochen, daß über die mündliche Requisition sogleich ein Vermerk zu den Akten gelangt und bei Zweifelsfällen die schriftliche Requisition nachfolgt.

2. Auch der Gerichtsvollzieher kann zur Erledigung mündlicher Requisitionen herangezogen werden.

Nach § 19 Gerichtsvollzieher-Ordnung vom 14. Juli 1879 (JMBI. 1879, Anlage zu Nr. 30) hat der Gerichtsvollzieher Aufträge jeder Art, also auch mündliche, welche ihm von der StAschaft ertheilt werden, auszuführen. In § 45 Geschäfsanweisung für die Gerichtsvollzieher vom 24. Juli 1879 (IMBI. S. 206) wird die Verpflichtung des Gerichtsvollziehers zur ErKrobiksch.

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