Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

9. Der Staatsgerichtshof für das Verfahren gegen Minister. Art. 61 Verfurk. für den Preuß. Staat bestimmt:

Die Minister können durch Beschluß einer Kammer wegen des Verbrechens der Verfassungsverlegung, der Bestechung und des Verraths angeklagt werden. Ueber solche Anklage entscheidet der oberste Gerichtshof der Monarchie in vereinigten Senaten... Die näheren Bestimmungen über die Fälle der Verantwortlichkeit, über das Verfahren und über die Strafen werden einem besonderen Gesetze vorbehalten.

Dieses Gesetz ist bislang nicht erschienen!

Neben den genannten Strafgerichten seien hier noch aufgeführt: A. Die Gerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten. 10. Der mit dem Kammergericht verbundene „Geheime Justizrath", bei welchem die Mitglieder der Königlichen Familie, sowie der Fürstlichen Familie Hohenzollern ihren persönlichen Gerichtsstand haben.

Errichtung und Zusammensetzung Art. III Nr. 1 des Ges. v. 26. April 1851, GS. S. 181, § 18 AusführGef. v. 24. April 1878 u. § 5 EinführGes. zum GerVerfGes. Nach § 2 Derords. v. 26. Sept. 1879 (RGBI. S. 287) ist das Reichsgericht zur Entscheidung über die Rechtsmittel der Beschwerde und Revision bestellt.

11. Die Auseinanderseßungsbehörden, welchen die Entscheidung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bei der Ablösung von Gerechtigkeiten oder Reallasten, bei Separationen, Consolidationen, Verkoppelungen, gutsherrlichbäuerlichen Auseinanderseßungen u. dergl. obliegt, nämlich 9 GeneralCommissionen und ein besonderes bei der Regierung zu Wiesbaden gebildetes Collegium. Die zweite Instanz bildet das Oberlandes culturgericht, die dritte das Reichsgericht.

§ 14 Nr. 2 GerVerfGes., Verordg. v. 20. Juni 1817 (GS. S. 161), v. 30. Juni 1834 (GS. S. 96) u. v. 22. Novbr. 1844 (GS. 1845 S. 19), sowie Ges. v. 7. Juni 1821 (GS. S. 83) u. Verordg. v. 26. Sept. 1879 (RGBI. S. 287). Ferner Geseß, betr. das Verfahren in Auseinanderseßungsangelegenheiten v. 18. febr. 1880 (GS. S. 59), Ges. über die allgemeine Landesverwaltung v. 30. Juli 1883 (GS. S. 95), Ges. v. 21. März 1887, betr. das Verfahren und das Kostenwesen bei der Güterconsolidation 2c. (GS. S. 61) und Verordg. v. 16. August 1880 (GS. S. 351) und Ges. v. 23. März 1896, betr. die Errichtung einer Generalcommission für die Provinz Ostpreußen

(GS. S. 75).

12. Die Dorfgerichte im Geltungsbereiche des Allgem. Landrechts. Revidirte Instruction für die Dorfgerichte bei den von ihnen vorzunehmenden gerichtlichen Verhandlungen v. 11. Mai 1854 (JMBl. S. 206 u. 334). §§ 74 ff. u. 146 der Landgemeinde-Ordg. v. 3. Juli 1891 (GS. S. 233).

Wegen der Disciplinarbefugnisse vgl. Allgem. Verfüg. v. 12. Novbr. 1881 (IMBI. S. 266).

Den Dorfgerichten entsprechen:

13. die Ortsgerichte in einzelnen Theilen des Bezirks des Oberlandesgerichts zu Caffel und in den ehemals Großherzoglich Hessischen Gebietstheilen; 14. die Feldgerichte im Bezirke des ehemaligen Herzogthums Nassau und im Landbezirke der ehemaligen freien Stadt Frankfurt a. M., endlich

15. die collegialischen Schöffengerichte und die Schultheißereien in den Bezirken der Landgerichte Neuwied und Limburg.

Allgem. Verfüg. v. 22. Sept. 1879 (JMBI. S. 378) u. v. 19. Juli 1881 (JMBI. S. 160). Allgem. Verfüg. v. 23. Sept. 1879 (JMBI. S. 385) u. v. 4. Oct. 1883 (JMBI. S. 315), v.

10. Januar u. 15. Juli 1884 (JMBI. S. 9 u. 162), v. 31. Dezbr. 1885 (JMBI. 1886 S. 4) u. 20. April 1886 (JMBI. S. 97).

Zu den Gerichten zählen im Gebiete des Rheinischen Rechts die Hypothekenämter, welchen die Führung der Hypothekenbücher obliegt.

Art. 2 Ges. v. 21. ventôse VII (11. März 1799) u. das Kais. Decret v. 3. Novbr. 1809. Seit 1. Januar 1889 erfolgt die Anlegung der Grundbücher bezirksweise. Vgl. Ges. v. 12. April 1888 über das Grundbuchwesen 2c. (GS. S. 52).

B. Die Verwaltungsgerichte:

Kreis-Ausschuß,
Bezirks-Ausschuß,
Oberverwaltungsgericht.

§ 13 GerVerfGes. u. § 7 Ges. über die allgemeine Landesverwaltung 2c. v. 30. Juli 1883 (BS. S. 195).

C. Die Disciplinargerichte.

In dem interessanten Auffage, Goltd. Arch. Bd. 39 S. 248-260, kommt Oberstaatsanwalt Dalcke zu folgendem Resultat:

1. Die ordentlichen Gerichte haben den Verwaltungsbehörden in Disciplinaruntersuchungen Rechtshülfe zu leisten, sei es auf Grund des § 38 der Verordg. v. 2. Januar 1849, oder sei es unter analoger Anwendung der Vorschriften des GerVerfGef. in den SS 157-160.

2. Auf das Verfahren, insbesondere auf die Behandlung der Beschwerde bei verweigerter Rechtshülfe kommen die §§ 157 ff. GerVerfGes. zur Anwendung.

3. Es ist streitig, ob die Beschwerde im Falle des § 160 GerVerf= Ges. auch bei dem Reichsgericht zulässig ist. Das Reichsgericht selbst hat dies verneint.

4. Der Zeugnißzwang ist auch in Disciplinarsachen zulässig und zwar finden die Bestimmungen des § 69 StrPrOrdg. Anwendung. Als Disciplinargerichte bestehen:

I. gegen richterliche Beamte:

die Disciplinarsenate (7 Mitglieder) bei den Oberlandesgerichten und der große Disciplinarsenat (15 Mitglieder) beim Kammergericht.

Ges. v. 7. Mai 1851 (GS. S. 218) bezw. 26. März 1856 (GS. S. 201), Verordg. v. 23. Sept. 1867 (GS. S. 1613) und §§ 4 ff. Ges. v. 9. April 1879, betr. die Abänderung von Bestimmungen der Disciplinargeseße (GS. S. 345).

II. gegen nicht richterliche Beamte, nämlich

1. in Ansehung derjenigen, zu deren Anstellung eine von dem Könige oder von einem der Minister ausgehende Ernennung, Bestätigung oder Genehmigung erforderlich ist:

der Disciplinarhof zu Berlin und

das Staatsministerium das.

Der Disciplinarhof, bestehend aus einem Präsidenten und 10 Mitgliedern - von welchen die richterlichen Mitglieder dem Kammergericht angehören entscheidet in Disciplinarsachen in der Besehung mit mindestens 7 Mitgliedern, einschließlich des Vorsitzenden. S$ 24, 29, 30, 41 Ges. vom 21. Juli 1852, betr.

die Dienstvergehen der nicht richterlichen Beamten 2c. (GS. S. 465), Art. I Verordg. vom 23. September 1867, betr. die Ausdehnung der preuß. Disciplinargefeße auf die Beamten in den neu erworbenen Landestheilen (GS. S. 1613) und § 1 Nr. 2, § 13 Ges. vom 9. April 1879, betr. die Abänderung von Bestimmungen der Disciplinargefeße (GS. S. 345).

2. gegen die Subaltern- und Unter-Beamten der Justizverwaltung:

die Oberlandesgerichte und

das Staatsministerium.

§ 64 Nr. 2 des Ges. vom 21. Juli 1852 (siehe vorher). Hinsichtlich der Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher im Bezirke des früheren Appellationsgerichtshofes zu Cöln gelten die Sonderbestimmungen der Verordg. vom 21. Juli 1826 (GS. S. 71) bez. des § 65 Ges. vom 21. Juli 1852 nicht mehr. § 17 Ges. vom 9. April 1879.

3. gegen die Notare und zwar:

die Disciplinarsenate der Oberlandesgerichte,

der große Disciplinarsenat beim Kammergericht,

im Geltungsbereiche des Ges. vom 30. Juli 1847 über die Bildung eines Ehrenraths unter den Justizcommissarien, Advokaten und Notarien (GS. S. 146), bez. der Notariatsordg. vom 11. Juli 1845 (GS. S. 487) und 18. September 1853, sowie § 9 Ges. vom 9. April 1879, betr. 2c. (GS. S. 345);

dagegen:

die I. Civilkammer des Landgerichts und

der Disciplinarsenat des Oberlandesgerichts,

im Bezirke des Departements Cöln. Art. 50 der Verordg. vom 25. April 1822, Nr. 4 Cab.Ordre vom 21. Juli 1826 (GS. S. 71).

4. gegen die Rechtsanwälte:

das Ehrengericht (5 Mitglieder)

derjenigen Kammer, welchem der Angeschuldigte zur Zeit der Erhebung der Klage angehört, §§ 67, 68 Rechtsanwalts-Ordg. vom 1. Juli 1878 (GS. S. 177), und

der Ehrengerichtshof (7 Mitglieder) beim Reichsgericht.

§ 90 a. a. D.

5. gegen Studirende:

Rector, Universitätsrichter und Senat.

§ 3 Ges. betr. die Rechtsverhältnisse der Studirenden und die Disciplin auf den Landes-Universitäten, der Academie zu Münster und dem Lyceum Hosianum zu Braunsberg, vom 29. Mai 1879 (GS. S. 389). Nach § 6 sind Disciplinarstrafen: Verweis, Geldstrafe bis zu 20 Mark, Karzerhaft bis zu 2 Wochen, Nichtanrechnung des laufenden Halbjahres auf die vorgeschriebene Studienzeit, Androhung der Entfernung von der Universität (Unterschrift des consilium abeundi), Entfernung von der Universität (consilium abeundi) und Ausschließen vom Universitätsstudium (Relegation).

6. gegen Beamte der Militärverwaltung:

die Militär-Disciplinar-Commission.

§ 121 Ges. betr. die Rechtsverhältnisse der Reichsbeamten vom 31. März
1873 (RGBI. S. 61).

7. gegen Reichsbeamte:

die Disciplinarkammern,

der Disciplinarhof in Leipzig,

§§ 86 ff. Ges. vom 31. März 1873 (RGBI. S. 61) und Verordg. vom
11. Juli 1873 (RGBI. S. 293).

Aehnlichkeit mit den Disciplinargerichten hat das Ehrengericht
an der Börse.

§§ 9 ff. des Börsengesetes vom 22. Juni 1896 (RGBl. S. 157).
D. Reichs- und sonstige Behörden.

1. Das Reichs-Eisenbahn-Amt.

Ges. vom 27. Juni 1873, betr. die Errichtung eines 2c. (RGBI. S. 164),
2. Das Patentamt.

§ 13 Patentges. vom 25. Mai 1877 (RGBI. S. 501). Nach § 32 geht
Berufung an das Reichsgericht. Vgl. Ges. vom 6. Dezember 1891, betr. dag
Berufungsverfahren beim Reichsgericht in Patentsachen (RGBl. S. 389).

3. Die Behörden zur Untersuchung der Seeunfälle, nämlich:
die Seeämter,

das Oberseeamt zu Berlin.

Ges. vom 27. Juli 1877, betr. die Untersuchung von Seeunfällen (RGBl.
S. 549). Nach § 14 find die für die Aufnahme der Verklarungen zuständigen
Gerichte, die Hafenbehörden, die Steuerbehörden, die Seemannsämter und
die Schiffsregisterbehörden verpflichtet, von den zu ihrer Kenntniß gelangenden
Seeunfällen einem zuständigen Seeamte ungesäumt Anzeige zu machen. Den
Gerichtsbehörden eingeschärft durch die Allgem. Verfüg. v. 27. Januar 1893
(IMBI. S. 45).

4. Die Prisengerichte.

Ges. v. 3. Mai 1884, betr. die Prisengerichtsbarkeit (RGBl. S. 49). Die Verordg.
v. 15. Febr. 1889 (RGBl. S. 5) bestellt in Berlin ein Oberprisengericht.
5. Das Reichsversicherungsamt.

§§ 87 ff. Unfallversicherungsges. v. 6. Juli 1884 (RGBI. S. 69); Verordg.
v. 5. Aug. 1885, betr. die Formen des Verfahrens und den Geschäftsgang des
Reichsversicherungsamtes (RGBl. S. 255); Gef. v. 5. Mai 1886, betr. die Unfall-
und Krankenversicherung der in land- und forstwirthschaftlichen Betrieben be=
schäftigten Personen (RGBI. S. 132); Ges. v. 11. Juli 1887 (RGBl. S. 522).

u. 22. Juni 1889 (RGBI. S. 97).

6. Die Behörden für die Entscheidung von Streitigkeiten
zwischen Armenverbänden; in höherer Instanz entscheidet das
Bundesamt für das Heimathwesen in Berlin.

Ges. v. 8. März 1871 (GS. S. 130), § 43 Nr. 1 Ges. v. 1. Aug. 1883 (GS
S. 237), Regulativ v. 6. Januar 1873 (CBI. d. R. S. 4).

Krobitsch.

22

7. Die Behörden zur Entscheidung über die Zulässigkeit
des Rechtsweges:

a) Gerichtshof zur Entscheidung der Competenzconflicte
zwischen Gerichten und Verwaltungsbehörden oder Verwaltungs-
gerichten über die Zulässigkeit des Rechtsweges;

§ 17 GerVerfGes. u. Verordg. v. 1. Aug. 1879 betr. die Competenz=
conflicte zwischen den Gerichten und Verwaltungsbehörden (GS. S. 573).
b) Das Oberverwaltungsgericht.

Dasselbe ist der oberste Gerichtshof zur Entscheidung der durch das
Gesetz bestimmten Streitsachen auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts.
Dasselbe ist in 6 Senate getheilt, der Geschäftsgang bei demselben ist geregelt
durch das Regulativ v. 22. Febr. 1892 (MinBl. f. Verw. 1892 S. 133) bezw.
den Nachtrag zu demselben v. 15. Mai 1893 (MinBl. f. Verm. 1893, S. 123).
Nach dem Gesez v. 8. Mai 1889 (GS. S. 107) ist der 1. Senat zugleich der
Disciplinarsenat.

-

Seine Entscheidung ist auf die Feststellung, ob sich der Beamte
gegen welchen ein Verfahren eingeleitet werden soll einer Ueberschreitung
seiner Amtsbefugnisse oder einer Unterlassung einer ihm obliegenden Amts-
handlung schuldig gemacht habe, beschränkt.
Nr. 1 u. 2 des § 11 EinfGes. zum GerVerfGes. Ges. v. 13. febr. 1854 (GS. S. 86).
Allgem. Verfüg. v. 2. April 1856, betr. das Verfahren bei Competenzconflicten (JMBI. S. 86).
Ueber das gegenwärtige Verfahren vgl. S. 7 sub 5 (JMBI. 1888) u. oben § 4.

-

Zur Erhebung des Conflicts bei einer Civilklage gegen einen Gens-
darmen in Fällen, in welchen Anspruch erhoben wird wegen Handlungen,
welche derselbe in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seiner
Dienstverrichtungen vorgenommen hat, ist die Regierung zuständig.

Ert. des Gerichtshofes zur Entsch. der CompConfl. v. 9. Januar 1858, MinBl. d. inn. Derw.
S. 21 u. Entsch. OberverwaltGer. v. 18. Oct. 1895, OVG. Nr. I, 1324.

c) Das Militärjustizdepartement.

Dasselbe besteht aus 3 höheren Offizieren behufs ähnlicher Vorentschei
dung in Betreff der Militärpersonen, wenn der vorgesezte Divisions-Com-
mandeur oder commandirende General den Conflict erhebt. Die Entschei-
dung erfolgt auf den schriftlichen Vortrag zweier rechtsverständigen Referenten,
deren einer von dem Justizminister, der andere von dem Kriegsminister er-
nannt wird.

§ 6 Ges. v. 13. febr. 1854 (GS. S. 86) u. S. 8 sub 7 im JMBI. 1888.

« ZurückWeiter »