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gefeßlichen Gründe (§ 488 StrPrOrdg.) nach Ihren eigenen Anführungen hier nicht gegeben sind.

3. Sonstiger Strafaufschub.

Die Bewilligung von Strafaufschub in anderen als den in den §§ 487, 488 StrPrOrdg. vorgesehenen Fällen, sowie die Bewilligung von Straftheilung und Strafunterbrechung erfolgt nach Massgabe der bestehenden Vorschriften der Art, dass in erster Instanz die Staatsanwaltschaft des Landgerichts, in zweiter Instanz der Oberstaatsanwalt befindet.

II, Abs. 3 der Allgem. Verfüg. v. 14. Aug. 1879.

a) Es fragt sich, welche Vorschriften hinsichtlich des Strafaufschubs sonst bestehen. Nach Dalcke a. a. D. S. 79 sind dies die Instruction vom 30. Juni 1834 (Jahrb. 43 S. 642), die Allerh. Ordre vom 14. August 1846 (JMBI. S. 151), die Allerh. Ordre vom 23. November 1853 (JMBI. S. 410) und die Allerh. Ordre vom 8. Mai 1875 (JMBI. S. 144), während in den Provinzen Hessen-Nassau, Hannover und Schleswig-Holstein das Verfahren durch die Allgem. Verfüg. vom 22. August 1867 (JMBI. S. 266) und vom 14. Juli 1868 (JMBI. S. 253) geregelt worden ist.

In dem § 488 der StrPrOrdg. ist nur darüber Bestimmung getroffen, welche Befugniß hinsichtlich eines Strafaufschubs den Organen der Strafvollstreckung kraft Gesezes zustehen soll, dagegen hat dieser Paragraph weder an der Statthaftigkeit eines im Gnadenwege zu gewährenden längeren Strafaufschubs etwas geändert, noch auch eine Delegirung des bezüglichen Gnadenrechts auf die Justizbehörden ausgeschlossen. In dem Allerh. Erlaß vom 23. Novbr. 1853 ist eine solche Delegirung enthalten, derselbe ist daher durch die Einführung der StrPrOrdg. nicht außer Kraft gesezt worden, sondern mit der aus § 483 dieses Gesetzes sich ergebenden Maßgabe in Geltung geblieben, daß die den vormaligen Appellationsgerichten beigelegten Befugnisse jeßt auf die Oberstaatsanwälte übergegangen sind. Hiernach bedarf es im Geltungsbereiche jenes Erlasses der Genehmigung des Justizministers eines Strafaufschubs nur dann, wenn es sich um einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten handelt. €3. können deshalb zur Zeit in allen Fällen Strafaufschub gewähren:

1. Der Erste Staatsanwalt am Landgericht bis zu 4 Wochen einschließlich, 2. der Oberstaatsanwalt bis zu 6 Monaten einschließlich und

3. der Justizminister auch über diese Frist hinaus, und selbst wenn ein diesbezüglicher Antrag nicht vorliegt.

CirkVerfüg. v. 25. Sept. 1880, I, 3888 u. Müller a. a. O. S. 1377, 1378.

Der vorstehend erwähnte Allerhöchste Erlaß vom 23. November 1853 (JMBI. S. 410) lautet:

Wenn Gesuche um Ausseßung oder Unterbrechung rechtskräftig er= kannter Freiheitsstrafen darauf gegründet sind, daß durch die Strafe der Gewerbe- und Nahrungszustand oder die häuslichen und öffentlichen Verhältnisse des Verurtheilten einen bedeutenden Nachtheil erleiden würden, so ist das Gericht, welches die Strafe zu vollstrecken hat, eine Frist bis zu dem Zeitraum von 4 Wochen zu gewähren befugt. Zu einer weiter

gehenden Bewilligung muß die Genehmigung des Obergerichts und wenn die Frist den Zeitraum von 6 Monaten übersteigt, die Genehmigung des Justizministers eingeholt werden In gleicher Art ist auch bei der Stundung von Geldstrafen und bei der Bewilligung von Theilzahlungen zu verfahren.

b) Auf Gesuche, welche aus vorstehenden Gründen (Todesfall, Entlassung bei fester Arbeit, Aufhebung des Dienstverhältnisses 20.) einen Strafaufschub beanspruchen, wird deshalb zur Klarstellung zu verfügen sein:

Urschr. an die Polizeiverwaltung (Direction, Gensdarmerie-Station, Bürgermeister-Amt) zu 2c. zur gefl. Kenntnißnahme und mit dem Ersuchen um Ermittelung und Anzeige, ob bezw. inwieweit die thatsächlichen Anführungen des Gesuchs der Wahrheit entsprechen. Aus welchen Gründen ist die fortdauerde Anwesenheit des 2c. im Hause (bei der Arbeit, bei dem Bau) unbedingt erforderlich? Warum sind gerade 2 Monat nothwendig? Nach 1 Woche.

N., den 2c.

c) Von dem Ausfalle dieser Ermittelungen oder Auskunft ist die Gewährung (auch theilweise) oder Ablehnung abhängig zu machen.

Scrib. an den 2c.

Auf das am 2. cr. auf dem hies. Secret. zu Protokoll gegebene Gesuch um Gewährung eines Strafaufschubs wird Ihnen ein solcher von 3 Wochen gewährt, da derselbe zur Ordnung Ihrer häuslichen Verhältnisse (Unterbringung der Kinder, Lösung der contractlichen Verpflichtungen) nach dem Resultate der stattgehabten Ermittelungen vollkommen ausreichend erscheint.

oder: ... werden Sie hierdurch ablehnend beschieden, da zur Pflege des einzigen Kindes Ihre Ehefrau vorhanden ist und demgemäß weder Ihre Anwesenheit, noch der für drei Wochen erbetene Strafaufschub nothwendig ist.

Zur Vermeidung der schon angedrohten Nachtheile haben Sie sich daher pünktlich zu gestellen.

d) Ist der Bittsteller beim Amtsgericht verurtheilt, so geht das Gesuch zunächst:

An das Kön. Amts-Gericht zu 2c. zur gefl. Kenntnißnahme und Beifügung der Acten ergeb.

N., den 2c.

Beim Eingang der Acten treten alsdann die Ermittlungen, wie vorstehend, ein; nach Abseßung des Bescheides (Stattgebung oder Ablehnung) gehen die Acten

2. Urschr. an das Kön. Amts-Gericht zu 2c. ergebenst zurück.

N., den 2c.

e) Eine Mitwirkung des Oberstaatsanwalts tritt nur ein, wenn ein Aufschub über 4 Wochen erforderlich erscheint,

Urschr. an den Kön. Herrn Oberstaatsanwalt

mit der Bitte geh. vorgelegt:

Hochwohlgeboren

hochgeneigtest den bis 2c. erbetenen Strafaufschub bewilligen zu wollen.

Der Erste Staatsanwalt.

und nach Wiedereingang einfache Bescheidung mit dem Zusaß: Demgemäß haben Sie sich am 2c. zur Strafverbüßung pünktlich zu gestellen. oder wenn über die Ablehnung Beschwerde geführt wird.

4. Strafaufschub von Amtswegen.

a) Wenn ein gegen mehrere Angeklagte ergangenes Strafurtheil nur von einem derselben durch Revision angefochten ist, so hindert die Bestimmung des § 397 die alsbaldige Vollstreckung der Strafe gegenüber denjenigen Verurtheilten, welche die Revision nicht eingelegt haben, grundsäglich nicht.

Immerhin wird in solchen Fällen, in welchen mit einigem Grunde vorauszusehen ist, daß das Revisionsgericht den § 397 zur Anwendung bringen werde, es sich für die Strafvollstreckungsbehörde empfehlen, die Vollstreckung aufzuschieben, sofern diese nicht aus besonderen Gründen, wie namentlich Fluchtgefahr, dringlich erscheint.

Es ist deshalb Sache der gedachten Behörde, in jedem einzelnen Falle nach den Umständen desselben darüber zu befinden, ob mit der Vollstreckung des Urtheils, soweit dasselbe rechtskräftig, schon vor der Erledigung der eingelegten Revision vorzugehen sei oder nicht.

Allgem. Verfüg. v. 20. Mai 1887, I, 1763.

b) Auf Ihren Bericht vom 15. October d. J. ermächtige ich Sie, solchen zu
Freiheitsstrafen verurtheilten Personen, hinsichtlich deren bei längerer
guter Führung eine Begnadigung in Aussicht genommen werden
kann, nach Ihrem Ermessen Ausseßung der Strafvollstreckung zu be=
willigen, indem ich in den dazu geeigneten Fällen demnächst Ihrem Be-
richt wegen Erlasses oder Milderung der Strafe entgegensehen will. Von
dieser Ermächtigung soll jedoch vornehmlich nur zu Gunsten solcher erst
malig verurtheilter Personen Gebrauch gemacht werden, welche zur Zeit
der That das 18. Lebensjahr nicht vollendet hatten und gegen welche
nicht auf eine längere, als sechs monatige Strafe erkannt ist.
Allerh. Erlaß vom 23. October 1895, mitgetheilt durch die Allgem. Verfüg. vom 19. No-
vember 1895, betr. die Ermächtigung des Justizministers zur Bewilligung von Strafaus-
segung an solche Verurtheilte, hinsichtlich deren bei längerer guter Führung eine Begnadi-
gung in Aussicht genommen werden kann, JMBI. S. 348.

Zur Ausführung des Allerh. Erlasses ist die Allgem. Verfüg. vom 19. November 1895, I, 6539, ergangen; eine Wiedergabe scheint nicht thunlich, da die Verfügung nicht im Just.Min.Bl. bekannt gemacht ist. Wegen Mittheilung an die Militärbehörden bestimmt Allgem. Verfüg. vom 19. Mai 1896, I, 3290a.

Nach der weiteren Allgem. Verfüg. vom 16. März 1896 (ohne Nr.) soll auch denjenigen Verurtheilten, hinsichtlich deren das Be

gnadigungsrecht (§ 113, 1c) durch die Allerh. Ordre vom 15. Dezember 1880 (JMBI. 1881 S. 31) dem Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten übertragen ist, fortan unter den in dem Allerh. Erlaß vom 23. October 1895 bezeichneten Vorausseßungen gleichfalls ein Strafaufschub bewilligt werden.

In diesen hochbedeutungsvollen Erlassen sehen viele Juristen den ersten Schritt zur Einführung der sog. bedingten Verurtheilung oder besser: bedingten Bestrafung. Es darf daher hier noch ver= wiesen werden auf:

Die Gutachten der Oberlandesgerichts- Präsidenten und der Oberstaatsanwälte im JMBI. 1890 S. 177. Reichsgerichtsrath Löbell: Die bedingte Verurtheilung, Goltd. Arch. Bd. 38 S. 20. Frassati, die bedingte Verurtheilung in Italien, Zeitschr. f. d. gesammte Rechtswissenschaft Berlin, Bd. 14 S. 26. von Hippel, Vorschläge zur Einführ. d. bed. Verurth. in Deutschland, Gerichtssaal, Bd. 43 S. 99. Dr. Appelius, die bed. Verurtheilung und die anderen Ersagmittel für kurze und längere Freiheitsstrafen. Eine Kritik 2c. Caffel 1890. Prof. von Kirchenheim, „Gegen bedingte Bestrafung" Goltd. Arch. Bd. 38 S. 12.

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Meyer und Seuffert: Ist die bedingte Verurtheilung einzuführen? Verhandlung des deutschen Juristentages 1890 (S. 206, 227). der Freiheitsstrafe. Leipzig 1890. bedingte Verurtheilung, Berlin. —

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Prof. Dr. Wach, die Reform Simonson, Amtsrichter, für die

5. Strafaufschub bei Gnadengesuchen vgl. § 114.

6. Für Straftheilung gelten dieselben Vorschriften wie sub Biff. 3.

1. Auf das am 12. cr. hier angebrachte Gesuch um Straftheilung wird Ihnen auf Grund der stattgehabten Erhebungen hierdurch gestattet, die am 2. cr. wider Sie rechtskräftig erkannte Strafe von 14 Tagen Gefängniß in der Zeit vom 23.-30. cr. und vom 3.-8. cr. incl. im Gefängniß zu 2c. zu verbüßen.

2. Abschrift geht an den Gef.-Vorst. (die Gef.-Inspection) zu 2c. zur gefl. Kenntnißnahme.

3. Am 24. cr. mit Anzeige.

N., den 2c.

7. In allen Zoll- und Steuercontraventionssachen erfolgt die Bewilligung von Strafaufschub, Straftheilung oder Strafunterbrechung durch die Königl. Regierung oder Provinzialsteuerdirection,

Allgem. Verfüg. vom 7. februar 1845 (JMBI. S. 32) und vom 10. September 1857 (JMBI. S. 302).

deren Ersuchen um Sistirung die Gerichtsbehörden unweigerlich zu entsprechen haben. Die bei ihnen eingehenden Gesuche der Verurtheilten sind an die Steuerbehörden zur gef. zuständigen Verfügung abzugeben.

Allgem. Verfüg. vom 28. October 1876 (JMBI. S. 208 und vom 18. September 1889, 1, 3165.

Vergl. auch § 101 Ziff. 5.

§ 111. Strafunterbrechung.

Allgem. Verfüg. v. 14. August 1879, betr. Strafvollstreckung, Strafaussetzungen etc. (JMBI. S. 237) sub II. v. Marck, Die Staatsanwaltschaft, Berlin 1884, S. 576, 577. — - Dalcke, Handbuch der Strafvollstreckung und Gefängnissverwaltung, S. 84, 85. Müller, Die preuss. Justizverwaltung,

S. 1381 u. 1565.

Die Strafunterbrechungen (vgl. Ziff. 3 § 110) sind gleichfalls nothwendige (Geisteskrankheit, sonstige schwere ansteckende Krankheit) und freiwillige (Tod eines Angehörigen, Beurlaubung aus wirthschaftlichen Gründen).

Zu einer die Dauer von 4 Wochen nicht übersteigenden Unterbrechung einer Gefängniß- oder Haftstrafe ist die Zustimmung des Ersten Staatsanwalts erforderlich, die Entscheidung des Oberstaatsanwalts wird nur erforderlich bei Beschwerden gegen ablehnenden Bescheid des Ersten Staatsanwalts, sowie bei Unterbrechung einer Gefängniß- oder Haftstrafe auf die Dauer von mehr als 4 Wochen bis zur Dauer von 6 Monat einschließlich und zwar ohne Unterschied, ob die Unterbrechung wegen Krankheit oder sonstiger Ursachen, die in der Person des Verurtheilten liegen, erfolgen soll, oder ob sie wegen wirthschaftlicher Verhältnisse 2c. nachgesucht wird.

Bei Unterbrechungen von Gefängniß- oder Haftstrafen auf die Dauer von mehr als sechs Monaten, sowie bei Unterbrechungen von Zuchthausstrafen auf die Dauer von mehr als drei Monaten bedarf es der gemeinschaftlichen Entscheidung der Ministerien des Innern und der Justiz. Der Oberstaatsanwalt hat sich auf Ersuchen der zuständigen Verwaltungsbehörde über die Strafunterbrechung gutachtlich zu äußern.

Beispiel:

CirkVerfüg. vom 7. Juni 1881, 1, 2432.

N., den 2c.

1. Scrib. an den Herrn Vorsteher des Gefängnisses zu 2c.

Auf das heute hier eingegangene, durch das beigelegte Telegramm auch bescheinigte Gesuch des dort Detinirten 2c. um Gewährung einer dreitägigen Strafunterbrechung anläßlich des Todes seiner Ehefrau wird der Vorstand des Gefängnisses hierdurch ersucht, den 2c. sogleich auf drei Tage unter der Eröffnung zu entlassen, daß er bei nicht pünktlicher Wiedergestellung Ver= haftung zu gewärtigen hat.

Ueber die Entlassung und Wiedergestellung oder Nichtgestellung bitte ich kurze Anzeige zu übersenden.

2. Morgen, sodann nach 4 Tagen.

Ablehnung wird dagegen stets erfolgen müssen, wenn _Fluchtverdacht begründet erscheint, also bei einem größeren Strafreste oder nach voraufgegangener Verhaftung.

1. Bei Erkrankung von Strafgefangenen ist zu unterscheiden, ob ihre ärzliche Behandlung in der Anstalt möglich oder die Ueberführung in eine Krankenanstalt oder einfache Entlassung erfor= derlich ist. Den ersteren Fall regeln §§ 26 u. 83 des GefängnißReglements vom 16. März 1881 (JMBI. S. 50); wird der Erkrankte

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