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Raubmörders Joseph G.

Auftrag: 7. Febr. 189. .
I, 1063.

Krobiksch.

Euer Hochwohlgeboren

beehre ich mich in Erledigung der nebenstehend bezeich neten hohen Verfügung, sowie im Anschluß an das heute Morgen abgesandte Telegramm hierdurch gehorsamst ans zuzeigen, daß die Hinrichtung des Joseph G. aus P. heute früh 7 Uhr ohne jeden Zwischenfall stattgefunden hat.

Die Acten mit der Allerhöchsten Ordre und Euer Hochwohlgeboren Verfügung gingen am Freitage den 2c. hier ein; der Inhalt derselben ist nur dem früheren Dezernenten, Staatsanwalt N. sowie dem Secretär Sch. bekannt geworden, welcher die sämmtlichen Schreiben nach meiner Anweisung zu Haus angefertigt hat. Durch diese Einrichtung ist es ermöglicht worden, daß die bevorstehende Hinrichtung bis zum gestrigen Tage vollständiges Geheimniß geblieben ist.

Gestern Vormittag habe ich dem Herrn LandgerichtsPräsidenten von dem bevorstehenden Acte vertraulich, Nachmittags durch briefliche secrete Zuschrift Kenntniß gegeben, um die nöthigen Anordnungen bezüglich des Zusammentritts der Strafkammer und der zwei anwesenden Richter treffen zu können.

Nachmittags 32 Uhr meldete sich der Beamte, Peter A. von der dortigen Strafanstalt; der Wagen mit der Guillotine traf gegen 4 Uhr beim JustizArresthause ein. Mit der Aufstellung der Guillotine ist erst gegen 5 Uhr auf meine Anordnung begonnen worden, weil der Scharfrichter R. mit seinen Gehülfen nicht früher eintraf. Erst nachdem dieser sich gemeldet hatte, wurden die einzelnen Schreiben an die Polizei-Verwaltung wegen der polizeilichen Sicherungsmaßregeln und wegen der Beerdigung, sowie an den Landrath wegen Abkommandirung der nöthigen Gensdarmen durch den Boten zugestellt, auch begab ich mich mit dem Staatsanwalt N. und dem Secretär Sch. zum Justiz-Arresthause, um dem Verurtheilten die Allerhöchste CabinetsOrdre mit dem Hinzufügen bekannt zu machen, daß die Vollstreckung des Todesurtheils am nächsten Morgen 7 Uhr stattfinden werde. Der Verurtheilte zeigte sich gefaßter als ich erwartet hatte; als einzigen Wunsch sprach er auf Befragen die Bitte aus, noch einen Brief

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an seine Mutter schreiben zu dürfen. Die Erlaubniß ist gewährt und der Brief nach Durchsicht abgegangen. In demselben benachrichtigt der Verurtheilte seine Mutter, daß „das Gnadengesuch abgelehnt sei und er nun mit dem Tode seine Frevelthat sühnen solle.“ Zugleich spricht er Reue darüber aus, und bittet seine Mutter, nunmehr auch die Mutter des Ermordeten S. um Verzeihung für ihn anzuflehen.

Nach der Publikation wurde das im Hofe aufgestellte Schaffot geprüft.

Die Zeit von der Publikation ab bis zum andern Morgen hat der Verurtheilte ohne Schlaf und im Beisein zweier Aufseher in der Zelle verbracht. Der Kaplan hat Abends lange mit ihm gebetet und ihm geistlichen Zuspruch gewährt, so daß er in christlicher Ergebung dem Tode entgegensah. Am späten Abend hat er auf seinen Wunsch eine Cigarre, später auch ein Glas Bier erhalten.

war.

Am heutigen Morgen hatte sich der Kaplan zeitig bei dem Verurtheilten eingefunden und betete mit ihm bis 7 Uhr. Inzwischen fanden sich als Abgeordnete der Stadt 12 Herren, darunter 5 Aerzte ein, ferner einige Beamte des Gerichts und der Staatsanwaltschaft, welchen die Erlaubniß besonders gegeben Der benachrichtigte Vertheidiger des Verurtheilten war nicht erschienen. Mit dem Glockenschlage 7 Uhr begab sich der die Vollstreckung leitende Unterzeichnete mit dem Staatsanwalt N. und dem Gerichtsschreiber, gefolgt von den beiden Richtern, dem Arresthaus-Vorsteher, sowie den sonst zugelassenen Personen nach dem Hofe, wo der Scharfrichter mit seinen Gehülfen am Schaffot zur Vollstreckung bereit stand. Die kleine Glocke des Arresthauses wurde langsam geläutet. Auf Veranlassung des Unterzeichneten wurde der Verurtheilte, welcher vorher gebeichtet und communicirt hatte, auf jeder Seite von einem Aufseher und durch den vor ihm gehenden Kaplan auf dem lezten Gange begleitet, vorgeführt und sodann dem Scharfrichter zur Erfüllung seiner Pflicht übergeben, nachdem zunächst im Hofe seine Identität festgestellt und ihm sodann die Urtheilsformel und Allerhöchste Cabinets-Ordre vorgelesen, leştere auch dem Scharfrichter vorgezeigt war. Unter dem fortwährenden Rufe: „Gott sei mir Sünder gnädig“ und „Jesus meine Zuversicht“ stieg der Verurtheilte die Stufen hinan, ließ sich auf das Brett legen, fesseln und vorschieben, einen Moment später zog der Scharfrichter am Bindfaden, der Block mit dem Beile rollte herab und der glatt abgeschnittene Kopf in den vorgehängten Sack, während ein Blutstrom hörbar nachrauschte.

Der ganze Vorgang, vom Vorführen aus der Zelle bis zu diesem Momente, hatte mehr als 2 Minuten in Anspruch genommen. Hierbei ist indeß zu berücksichtigen, daß während der Hinrichtung ziemlich reichlich Schnee fiel und dadurch eine Glätte auf den Stufen des Schaffots eingetreten war, welche sehr lang= sames und vorsichtiges Aufsteigen nothwendig erscheinen ließ. Bei der einfachen Enthauptung mittelst des Fallbeiles fällt dieser Aufstieg weg; sie scheint mir deshalb den Vorzug zu verdienen, weil sie kürzere Zeit in Anspruch nimmt und überdies viel billiger ist. Ferner war im vorliegenden Falle von Bedeutung, daß der Verurtheilte, wenn er auch mit anscheinender Ruhe und Neue noch am Morgen diesem Ende entgegensah, doch bei der Vorführung vollständig gebrochen und fast bewegungslos war: mit verglasten Augen und schlotternden Knieen betrat er den Hof und ist nachher mehr getragen als gegangen!

Während der Execution hatten sich etwa 100 Menschen außerhalb auf der Straße angesammelt, die aber durch die Gensdarmerie weit von dem ArrestHause zurückgehalten wurden.

Unmittelbar nach der Execution wurden die vorher fertig gestellten Bekanntmachungen angeklebt; die Abendzeitungen brachten eine gleiche amtliche Bekanntmachung. Vertreter der Presse sind zur Hinrichtung nicht zugelassen; die Dienstagund Mittwoch-Zeitungen brachten auch lediglich die Mittheilung der Thatsache, ohne irgendwelche Einzelheiten der Hinrichtung anzugeben. Dies ist nur dem einen Blatt gelungen, welches ich gefl. anschließen darf, anscheinend ist der Artikel, welcher ziemlich der Wahrheit entspricht, aus Erzählungen der städtischen Abgeordneten zusammengesett.

Nach den Mittheilungen der Gefängnißbeamten, wie des Geistlichen hat G. in seinen letzten Lebensstunden eine ernste Reue über seine schwere Blutthat gezeigt; auch in der Bevölkerung zeigte sich beim Bekanntwerden unverhohlene Befriedigung über Diese Sühne des Mordes, der seiner Zeit ein gewaltiges Aufsehen erregt hatte.

Der Erste Staatsanwalt.

Dritter Abschnitt.
Rechtshülfe.
§ 106.

Rechtshülfe in Deutschland unter Civilbehörden.

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157 GerichtsverfassGes. vom 27. Januar 1877 (RGBl. S. 41). Löwe, Kommentar, S. 132 ff. Dalcke, Handbuch der Strafvollstreckung und Gefängnissverwaltung, S. 6 u. 7. v. Marck, Die Staatsanwaltschaft, Berlin 1884, S. 536 ff.

Alle deutschen Gerichte haben sich in Civil- und Straffachen gegenfeitig Rechtshülfe zu leisten: für die Vollstreckung der Freiheitsstrafen ist indeß die StAschaft alleiniges Organ der Rechtshülfe.

§ 163 a. a. O.: Eine Freiheitsstrafe, welche die Dauer von 6 Wochen nicht übersteigt, ist in demjenigen Bundesstaat zu vollstrecken, in welchem der Verurtheilte sich befindet.

§ 164 a. a. O.; Soll eine Freiheitsstrafe in dem Bezirke eines anderen Gerichts vollstreckt oder eine in dem Bezirke eines anderen Gerichts befindlicher Verurtheilter zum Zweck der Strafverbüssung ergriffen und abgeliefert werden, so ist die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht um die Ausführung zu ersuchen.

1. Das Ersuchen erfolgt unter Anwendung des Formulars Nr. 359, unter Beifügung der beglaubigten Abschrift der Urtheilsformel (Cirk.Verfüg. vom 15. Juni 1880, I, 2809), welche die Bescheinigung der Vollstreckbarkeit des Gerichtsschreibers erster Instanz trägt.

Die ersuchte StAschaft hat dem Ersuchen zu entsprechen, wenn das Ersuchen an sich zulässig nnd in der gehörigen Form gestellt ist. Was die Kosten anlangt, so sind die durch die Rechtshüfe entstehenden baaren Auslagen, wie Kosten des Transports, Haftkosten der ersuchten Behörde durch die ersuchende zu erstatten. Vergl. hierüber Tirk.Verfüg. vom 8. April 1882, I, 1159.

Die ersuchte StAfchaft verfügt:

1. Ladung zum Strafantritt bis 2c. 2. Nach 14 Tagen.

und verfährt sodann nach §§ 97, 98.

2. Ueber des Verfahren, wenn eine Gesammtstrafe vollstreckt werden soll, die durch Urtheile der Gerichte verschiedener Bundesstaaten festgesezt ist, vergl. Ziff. 2 § 96.

3. Directe Ersuchen preußischer Amtsgerichte um Strafvollstreckung. haben indeß nicht ausgeschlossen werden sollen:

Euer Hochwohlgeboren eröffne ich auf den mir von dem Herrn Oberstaatsanwalt unterm 20. d. M. erstatteten Bericht, daß, wenn in Sachen, in welchen den Amtsgerichten die Strafvollstreckung zusteht, eine Freiheitsstrafe in dem Gefängnisse eines Amtsgerichts zu vollstrecken ist, die StAschaft bei dem LandG. des Bezirks das gemäß § 164 Ger.Verf. Ges. gestellte Ersuchen nicht abzulehnen, sondern an das leßtbezeichnete AmtsG. zur Ausführung abzugeben hat. Es erscheint jedoch auch zulässig und im Interesse der Vereinfachung des Geschäftsverkehrs wünschenswerth, daß dergleichen Ersuchen unmittelbar an das preußische Amtsgericht gerichtet werden, in dessen Gefängniß die Strafe vollstreckt werden soll.

Erlaß vom 22. Januar 1880, 1, 7828.

An das AmtsG. I. zu Berlin, welches ein eigenes Gefängniß nicht besikt, können deshalb solche Requisitionen um Strafvollstreckung nicht gerichtet werden. CirkVerfüg. vom 4. December 1880, I, 5133.

Die directe Requisition soll auch ausgeschlossen bleiben bezüglich derjenigen Amtsgerichte, welche sich am Size eines LandG. befinden, weil hier dem Ersten Staatsanwalt die Verfügung über das Gefängniß zusteht.

CirkVerfüg. vom 5. April 1881.

Diese Verfügungen sind auch im Departement Cöln anwendbar, wenn sich am Size des ersuchenden Amtsgerichts für seine Vollstreckungen nur ein unter der Verwaltung der Gemeinde bezw. der staatlichen Verwaltungsbehörde stehendes Gefängniß befindet.

Verfüg. des Oberstaatsanwalts zu Töln vom 10. August 1889, 3754.

4. Zur Rechtshülfe gehört auch der besondere Fall:

Im Einverständnisse mit dem Herrn Justizminister bestimme ich hierdurch, daß in denjenigen Fällen, in welchen ein Verurtheilter bei Beginn der Strafvollstreckung weit entfernt von der für seine Aufnahme zuständigen Anstalt wohnt, oder sich in Haft befindet, die Einlieferung ausnahmsweise in die dem Wohn- oder Haftorte nächstgelegene, nach den Einlieferungsbestimmungen sonst geeignete Anstalt erfolgen kann. In Fällen solcher Art findet aber nicht das sonst übliche directe Ersuchen der StAschaft bei dem Urtheilsgerichte an die Strafvollstreckungs-Anstalt, sondern das im § 164 Ger.Verf.Ges. vorgeschriebene Verfahren des Ersuchens an die StAschaft bei einem zum Einlieferungsbezirke der Strafvollstreckungsanstalt gehörigen Landgerichte statt.

Allgem. Verfüg. des Min. des Inn. an die Regierungs- und Polizei-Präs. II, S. 1227.

5. Ueber Rechtshilfe bei Einziehung einer Geldstrafe in einem anderen Bundesstaate und die Kosten, vergl. Allgem. Verfüg. vom 21. April 1885 (JMBI. S. 152) und vom 23. October 1885 (JMBI. S. 355),

sowie Gesetz über den Beistand bei Einziehung von Abgaben und Vollstreckung von Vermögensstrafen vom 9. Juni 1895 (GS. S. 256), welches sich auf die Strafen bezieht, welche durch polizeiliche Verfügung oder Bescheid eines Seemannsamtes festgesezt sind.

$ 107.

Rechtshülfe gegenüber den Militärbehörden.

MilStrafgerOrdg. vom 3. April 1845. Solms, MilStrafgesBuch vom 20. Juni 1872 (RGBl. S. 173), Berlin 1893. Daude, Die bürgerlichen Rechtsverhältnisse der Militärpersonen, Berlin 1877, S. 31 ff.

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Zur Vollstreckung bestimmter Strafen, welche das MilitärGericht gegen Personen des Soldatenstandes erkannt hat, ist das Civilgericht, d. h. gegenwärtig die StAschaft, verpflichtet:

A.

§ 183 Abs. 3: Die Vollstreckung der bürgerlichen Todesstrafe erfolgt durch die Civilgerichte.

Nach Festsetzung und Bestätigung des Todesurtheils erfolgt die Ueberweisung des Verurtheilten an die StAschaft unter Beifügung der nach § 483 StrPrOrdg. erforderlichen Urtheilsformel, sowie der Entschließung des Allerh. Kriegsherrn, § 485 a. a. D. Die Hinrichtung erfolgt sodann, wie im § 105 dargestellt, nur sind zwei Mitglieder des Militärgerichts zuzuziehen.

B.

§ 183 a. a. O.: Wenn auf Zuchthaus erkannt ist, so muss der rechtskräftig Verurtheilte zur Strafvollziehung durch das betr. General-Commando überwiesen werden.

§ 15 MilStrafgesB.: Ist Zuchthaus verwirkt, oder wird auf Entfernung aus dem Heere oder der Marine, oder auf Dienstentlassung erkannt, oder wird das militärische Verhältniss aus einem anderen Grunde aufgelöst, so geht die Vollstreckung der Strafe auf die bürgerlichen Behörden über. 1. Zuständig ist die des Heimathsstaates, wenn entweder die Strafthat außerhalb des Bundesgebietes verübt ist, oder der Verurtheilte im Heimathsstaate sich aufhält, in anderen Fällen die bürgerlichen Behörden des Bundesstaates, in dessen Gebiet die Strafthat verübt worden.

Beschl. des Bundesrathes vom 19. februar 1875, mitgetheilt durch das KM. am 22. März 1875 im AVBI. S. 73.

2. Die Ueberweisung verurtheilter Militärpersonen an die Civilbehörden behufs Strafvollstreckung erfolgt nach Maßgabe des § 5 MStrfVollstrV. vom 9. Februar 1888.

3. Dabei ist zur Berechnung der Strafzeit die Stunde des Beginnes derselben anzugeben.

Preuß. K.M. 3. Juli 1881 im A.V.BI. S. 161, siehe Solms S. 31. 4. Für Preußen ist noch Folgendes bestimmt:

Für die Justiz gefängnisse.

1. Der Erste Staatsanwalt, in dessen Bezirk der Verurtheilte sich aufhält oder die strafbare Handlung verübt worden ist, ist verpflichtet,

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