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Thatort führenden Einschlupf gelangt sein will. Da leßterer in eine von allen Seiten von fast undurchdringlichem Gestrüpp umschlossene Lichtung verläuft, war zunächst die Möglichkeit, denselben zum Heimwege zu benußen, ausgeschlossen. Als gleichfalls haltlos hat sich aber auch die Angabe herausgestellt, daß G. durch denselben zu dem Bahnwärterhaus des Kaufmann habe gehen wollen, da leßteres in gerade entgegengesetter Richtung belegen ist. Hierzu kommt, daß seine BeBl. 82. hauptung über sein freundschaftliches Verhältniß mit dem Sohne des erwähnten Bahnwärters sich als unwahr erwiesen hat. Andererseits ist aus dem oben festgestellten Ablauern des S., dem Auffindungsort der Leiche, dem Befund derselben, namentlich auch der herausgerissenen Hosentasche des Getödteten zu folgern, daß G. es auf die Tödtung und Beraubung des S. von vornherein abgesehen hatte und ihn zu diesem Zweck hinterlistig in den vom Wege abgelegenen, zur That ges eigneten Hasselbruch gelockt hat. Daß auch entgegen seiner Darstellung zwischen ihm und S. vor Ausführung seines verbrecherischen Entschlusses ein hartnäckiger Kampf stattgefunden hat, geht ferner aus den WahrBl. 74 ff. nehmungen der Br.'schen Eheleute hervor. Dieselben vernahmen von dem an dem Haffelbruch vorüberführenden Wege aus in Intervallen fünf Mal den zweifellos von dem Getödteten herrührenden jämmerlichen Schrei: „Hilf, Mutter hilf!" und sahen erst ca. 10 Minuten später den Verurtheilten in scheuer Haltung und mit eingedrücktem Hute aus dem Einschlupfe hervorkommen.

Zur Beleuchtung der That dient aber namentlich auch folgende in der Hauptverhandlung erwiesene Thatsache.

Obwohl auf Ansuchen des G. der Stuhlmacherlehrling Br. ihm Bl. 78. ca. 4 Wochen vor der That das zu derselben benußte Messer hinreichend scharf geschliffen hatte, ließ G. am 6. Juni 1893 dasselbe durch Bl. 104 ff. den Scheerenschleifer Johann R. von Neuem schärfen und namentlich die rundliche Spige desselben spiß zuschleifen, indem er dabei betonte, daß er es recht scharf haben wolle. Irgend eine zureichende Erklärung Bl. 226. hat G. hierüber nicht abzugeben vermocht, ebensowenig darüber, warum er das Messer beim Eindringen in das Dickicht in der Hand gehalten

hat.

Die Angaben des Verurtheilten über das einzige Motiv, durch welches er unmittelbar zu seiner verbrecherischen That getrieben sein will, können hiernach schwerlich als glaubwürdig bezw. erschöpfend angesehen werden. Wenngleich seine Behauptung, daß er den Ge= tödteten als einzigen Mitwisser eines von ihm während des Bergarbeiterausstandes verübten Excesses habe beseitigen wollen, nicht direkt widerlegt werden konnte, so steht derselben die Thatsache entgegen, daß der Getödtete niemals anderen, auch nicht seinen eigenen Eltern, von seinen angeblichen Wahrnehmungen eine Mittheilung gemacht hat. Bei dem gutmüthigen Wesen des Ermordeten lag auch kaum ein gegründeter Anlaß zu der angeblichen Befürchtung vor, durch welche das schwere Verbrechen seine alleinige Erklärung finden könnte.

Diese Auffassung, daß der Verurtheilte zu seiner That weniger

durch den Beweggrund der Furcht oder Rache, als durch Habgier getrieben worden sei, hat in dem Inhalt einer von G. nach seiner Aburtheilung an den Vorsißenden des Schwurgerichts gerichteten Eingabe BI. 236. vom 21. October 1893 volle Bestätigung gefunden. In derselben hat der Verurtheilte, wie er angiebt, aus freiem Antriebe zunächst ein rückhaltloses Geständniß dahin abgelegt, daß er sich bereits längere Zeit vor Ausführung der That mit dem verbrecherischen Plan, den S. zu ermorden und zu berauben, getragen, auch zu diesem Zweck sich. das zur That benußte Messer habe schärfen lassen und demnächst den S. wiederholt aufgelauert habe, auch hinsichtlich der Ausführung der That unumwunden eingeräumt, daß er den nichtsahnenden S. plan= mäßig in den Haffelbruch gelockt, dort hinterrücks mit einem bereit gehaltenen Steine niedergeschlagen und demnächst getödtet und beraubt habe.

BI. 241.

Unter dem 24. October cr. ist seitens des Verurtheilten durch Vermittlung des Arresthaus - Vorstandes ein an Sr. Majestät den Kaiser und König gerichtetes Gnadengesuch hierher eingereicht worden, in welchem G. gleichfalls die That rückhaltlos eingesteht und unter Behauptung der aufrichtigen Reue über sein schweres Verbrechen um Strafumwandlung bittet, um durch Buße und Befferung zeitlebens dasselbe zu fühnen.

S., den 2c. 1893.

Der Erste Staatsanwalt.

In der Zeit von der Rechtskraft des Urtheils bezw. von Erstattung. des Berichts bis zur Vollstreckung ist der Verurtheilte gleich einem Strafgefangenen (Lectüre, Briefschreiben, Spracherlaubniß) zu behandeln.

Rescr. des Oberstaatsanwalts beim KammerG. vom 6. October 1882, A. 9045.

§ 105. Sinrichtung.

§ 486 StrPrOrdg. vom 1. Februar 1877 (RGBI. S. 253). -v. Marck, Die Staatsanwaltschaft. Berlin 1884, S. 516-518. Dalcke, Handbuch der Strafvollstreckung und Gefängnissverwaltung, S. 33.

1. Die Allerhöchste Entschließung, von dem Begnadigungsrechte keinen Gebrauch machen zu wollen, ist dem Verurtheilten nicht sogleich nach ihrem Eingange, sondern erst alsdann zu publiziren, wenn die nach § 540 CrimOrdg. möglichst zu beschleunigenden Vorbereitungen zur Vollstreckung der Strafe vollständig getroffen sind.

Sofern nicht besondere Rücksichten eine längere Zwischenzeit als angemessen erscheinen lassen, ist die Verkündung erst am Tage vor der Execution zu bewirken.

CircRescr. vom 23. September 1854.

Der dazu bestimmte Tag darf nur denjenigen bekannt gemacht werden, deren Gegenwart und Mitwirkung dabei erfordert wird. In der Zwischenzeit hat der Richter (jezt: die StAschaft) von Amtswegen das Erforderliche zu verfügen, damit die zur Hinrichtung nöthigen Vorkehrungen bei Zeiten getroffen werden und dieselbe an dem bestimmten Tage keine Hinderung und keinen Aufschub ers

leiden möge... Die Execution muß in den langen Tagen um 6 Uhr, in den kurzen Tagen aber um 7 Uhr vorgenommen werden. §§ 540, 541 Crim.Ordg.

Zur Vorbereitung der Hinrichtung gehört insbesondere die ganz secrete Ladung der 2 Gerichtsmitglieder, des Gerichtsschreibers und eines Gefängnißbeamten, welche mit der StAschaft anwesend sein müssen, außerdem die Aufforderung der 12 Gemeindemitglieder, sowie Benachrichtigung des Geistlichen und Vertheidigers, endlich auch das Abkommen mit der Druckerei.

2. Für die Publication an den Verurtheilten diene folgendes Beispiel:

Verhandelt am 2c. zu S.

im Königl. Arresthause, Nachmittags 6 Uhr.

Der unterzeichnete Kön. Erste Staatsanwalt hatte sich heute in Assistenz des mitunterzeichneten Staatsanwaltschafts-Secretärs S. in das hiesige Arresthaus begeben, um dem zum Tode verurtheilten Tagelöhner und früheren Bergmann Josef G. aus P. den Eingang des Allerhöchsten Erlasses vom 31. Januar 1894 und den Termin zur Vollstreckung des Urtheils bekannt zu machen.

G. wurde in das Directorialzimmer ungefesselt vorgeführt und durch den Gefangenen-Ober-Aufseher D. noch besonders recognoscirt.

Hierauf wurde dem G. durch den unterzeichneten Ersten Staatsanwalt die Urtheilsformel und der Allerhöchste Erlaß vom 2c., durch welchen Se. Majestät der Kaiser und König erklärt haben, von dem Begnadigungsrechte keinen Gebrauch machen, vielmehr der Gerechtigkeit freien Lauf lassen zu wollen, vorgelesen unter der gleichzeitigen Eröffnung, daß das Urtheil Morgen, Dienstag, den 2c., Vormittags 7 Uhr an ihm vollstreckt werden solle.

Der Allerhöchste Erlaß ist sodann dem G. zum Durchlesen übergeben worden, er hat sich denselben auch angesehen und erklärte auf Befragen, daß er nur den einen Wunsch habe, an seine Mutter zu schreiben und diese zu bitten, daß sie bei den Eltern des Ermordeten Verzeihung für ihn nachsuche, indem er willig und reumüthig in den verdienten Tod gehe.

Auf Befragen: Irgendwelche Erklärungen oder Einwendungen in Bezug auf das vorliegende nunmehr vollkommen zugestandene Verbrechen habe ich nicht mehr abzugeben; ebensowenig bin ich im Stande, irgendwelche für den Staat vortheilhafte Entdeckungen zu machen.

Dem mitanwesenden Arresthausvorsteher Sch. wurde aufgegeben, von jezt ab bis zur Exekution für strengste Bewachung des verurtheilten G. zu sorgen.

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gez. X. X. Staatsanwaltschafts-Secretär.

3. Die Allerh. CabOrdres vom 15. October 1810 und 31. Januar 1836, welche unter gewissen Umständen Ausseßung der Hinrichtung bestimmen oder gar Begnadigung in Aussicht stellen, sind im Protokoll berücksichtigt. Vgl. 1,1 des § 114.

4. Ueber etwaige Einwendungen, welche der Verurtheilte gegen die bevorstehende Hinrichtung erhebt, entscheidet sofort nach § 490 Abs. 1 StrPrOrdg. das Gericht, d. h. die Straffammer.

5. Die Hinrichtung selbst erfolgt in einem umschlossenen Raume, regelmäßig in dem Hofe des Gefängnisses. Der dieselbe leitende Beamte der StAschaft kann anderen Personen den Zutritt gestatten.

Das Protokoll über den Hergang bei der Hinrichtung muß die Namen und die Stellung desjenigen Beamten enthalten, welche bei derselben als Beamte zugegen gewesen sind, auch die Beobachtung der sämmtlichen vorgeschriebenen Förmlichkeiten darthun, ebenso das Verhalten des Verurtheilten. Nr. 31 Allgem. Verfüg. des Oberstaatsanwalts am KammerG. vom 1. October 1882, I. 9345.

6. Beispiel:

Verhandelt zu S., im Hof des Justiz-Arresthauses,
Dienstag den 2c., Vormittags 7 Uhr.

In der Straffache

wider

den Joseph G. aus P.

wegen Raubmordes

hatte der mitunterzeichnete Erste Staatsanwalt die Vollstreckung des durch rechtskräftiges Erkenntniß des hiesigen Schwurgerichts vom 2c. gegen den Joseph G. gefällten Todesurtheils, nachdem die Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 31. Januar cr. am 2c. eingegangen und die Ankunft des mit der Exekution beauftragten Scharfrichters R. aus M. gestern Nachmittag erfolgt war, auf heute Vormittag 7 Uhr in dem umschlossenen Raume des hiesigen Justiz-Arresthauses festgesezt. Es hatten sich zur Stunde eingefunden;

1. Der mitunterzeichnete Erste Staatsanwalt, in Assistenz des Staatsanwalts N.;

2. die von dem Präsidenten des hiesigen Landgerichts abgeordneten beiden Mitglieder desselben, Landgerichts-Räthe J. und Z.;

3. Erster Gerichtsschreiber R.;

4. die von dem Bürgermeister hierselbst designirten 12 Solennitätszeugen ; 5. der Vorsteher des Justizarresthauses;

6. einige Beamte des Landgerichts und der Staatsanwaltschaft und mehrere Aerzte mit Erlaubniß des Ersten Staatsanwalts.

Der von der stattfindenden Hinrichtung benachrichtigte Vertheidiger Rechtsanwalt Justizrath B. war nicht erschienen.

Die Guillotine war gestern hier eingetroffen und in Gegenwart des begleitenden Arresthaus-Aufsehers, welcher mit dem Mechanismus vertraut ist, mit Hülfe von Strafgefangenen und den Gehülfen des Scharfrichters R. aufge= schlagen, sowie von dem mitunterzeichneten Ersten Staatsanwalt vorher eingehend besichtigt und probiert worden.

Dieselbe funktionirte tadellos.

Mit dem Glockenschlage 7 wurde auf Geheiß des Ersten Staatsanwalts der G. vorgeführt, während zugleich die Arresthausglocke ertönte.

G., welcher vorher gebeichtet und kommunizirt hatte, betrat vollständig gebrochen, unterstüßt von dem Oberaufseher D. und Aufseher K., sowie begleitet von seinem Seelsorger Kaplan W. den Richtplag.

Auf die Frage des Ersten Staatsanwalts, ob er der zum Tode verurtheilte G. sei, preßte Letterer, nachdem die Frage zum zweiten Mal gestellt wurde, ein "Ja" heraus.

Es wurde dem G. hierauf Seitens des Ersten Staatsanwalts die Urtheilsformel des rechtskräftig gewordenen Schwurgerichts-Erkenntnisses vom 2., sowie die Allerhöchste Cabinets-Ordre vom 2c. laut und deutlich vorgelesen, leßtere auch demselben nochmals, sowie demnächst dem Scharfrichter R. zur Kenntnißnahme vorgelegt.

Nunmehr wurde G. dem Nachrichter mit dem Befehle übergeben, zu thun, was seines Amtes sei.

Auf einen Wink des Scharfrichters ergriffen zwei Gehilfen den G. und führten ihn die Stufen des Schaffots hinauf. Hier wurde G. auf das Schiebebrett der Guillotine festgeschnallt und unter das Fallbeil geschoben; daffelbe fiel auf einen Druck des Scharfrichters und damit der Kopf des -Enthaupteten in den vorgelegten Sad.

Von der Vorführung des G. bis zu seiner Enthauptung waren 2 Minuten 11 Sekunden vergangen.

Kopf und Rumpf des G. find hierauf in einen bereit stehenden Sarg gelegt worden und ertheilte der Erste Staatsanwalt den Beerdigungsschein.

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7. Die Behandlung des Leichnams.

a) Galvanische Versuche mit dem Kopfe des Enthaupteten sind verboten; der Leichnam ist sogleich in einen einfachen Sarg zu legen.

Rescr. vom 3. März 1804, Rabe 8 S. 16.

b) § 486 Abs. 5: Der Leichnam des Hingerichteten ist den Angehörigen desselben auf ihr Verlangen zur einfachen, ohne Feierlichkeiten vorzunehmenden Beerdigung zu verabfolgen.

c) Die Angehörigen sind von dem Tode sofort in Kenntniß zu seßen und aufzufordern, binnen kurzer Frist ihre Wünsche wegen der Beerdigung zu äußern; geht keine Erklärung ein, so ist die Leiche der Ortspolizeibehörde zur Beerdigung zu überweisen. Auf Verlangen der Angehörigen ist sie aber auszuhändigen.

Rescr. vom 4. Juli 1889, I, 2048.

8. Maßnahmen nach der Hinrichtung.

Von dem Strafvollzug ist dem Herrn Justizminister und dem Oberstaatsanwalt durch den die Strafvollstreckung leitenden Staatsanwalt sofort mittelst Telegramms Nachricht zu geben, und alsbald dem Ersteren Abschrift des Protokolls über den Hergang mit Begleitbericht unter der Adresse des Oberstaatsanwalts zu überreichen.

Dem Berichte sind einige Exemplare der Warnungsanzeige beizufügen. Nr. 32 der Allgem. Verfüg. des Oberstaatsanwalts beim KammerG. vom 1. October 1882, I, 9345.

Nach vollzogener Strafe soll durch Einrückung in die öffentlichen Blätter und Anschlagung an schicklichen Orten eine Warnungsanzeige bekannt gemacht werden, welche den Namen und Stand des Hingerichteten, eine kurze actenmäßige Erzählung der Miffethat und einen Auszug des Urtheils enthält.

§ 349 TrimOrdg.

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