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2. Hindernisse bei der Aufnahme.

Wenn der Gesundheitszustand der einzuliefernden Personen ein Hinderniß für die Aufnahme in die Anstalt bietet, oder die Gefangenen aus irgend einem Grund nicht aufnahmefähig sind, so erfolgt die vorläufige Unterbringung im nächsten Gerichtsgefängniß unter Benachrichtigung der Strafvollstreckungsbehörde.

Allgem. Verfüg. vom 3. Mai 1887 (JMBI. S. 123).

Nichtaufgenommen werden weibliche Strafgefangene, deren Schwangerschaft bereits bis zum 7. Monate vorgerückt ist.

§ 26 Abs. 2 Gef.Regl. vom 16. März 1881 (JMBI. S. 50).

Vorstehende Bestimmung ist auf die Straf- und Gefangenenanstalten ausgedehnt, welche unter dem Ministerium des Innern stehen.

Hinsichtlich der schwangeren Untersuchungsgefangenen und ihrer Kinder ist nach der Bestimmung des Untersuchungsrichters zu verfahren.

Allgem. Verfüg. vom 18. Mai 1883, II, S. J. 1254.

Wenn jedoch die Ersten Staatsanwälte die Aufnahme im Interesse der Strafvollstreckung ausdrücklich verlangen, so sind zu Zuchthaus verurtheilte schwangere Frauenzimmer in jedem Stadium aufzunehmen.

Allgem. Verfüg. vom 3. Juni 1884, 11629.

Diese Aenderung ist in gleicher Weise auf die zu Gefängnißstrafen verurtheilten schwangeren Frauenzimmer erstreckt.

Allgem. Verfüg. vom 9. September 1884, II, S. J. 2352.

In jedem einzelnen Falle ist daher strenge Prüfung der Sachlage vorzunehmen und nur dann die Aufnahme zum Zwecke der Strafverbüßung ausdrücklich zu verlangen, wenn es im Hinblick auf die Fluchtverdächtigkeit durchaus unzulässig erscheint, die Verurtheilte auf freiem Fuß zu belassen.

Allgem. Verfüg. der Vorstandsbeamten des Königl. OLG. zu Töln vom 1. Juli 1884, Nr. 4631. Die Aufnahme von Säuglingen in die bezeichneten Anstalten ist aber nur dann zu beantragen, wenn und solange dieselben von der Mutter nicht getrennt werden können.

§ 27 GefRegl. vom 16. März 1881 (JMBI. S. 50) und Erlaß des Justizmin. an die Vorstandsbeamten des Königl. OLG. Töln vom 24. November 1890, I. 3602.

3. Transport in eine nähere Anstalt. vgl. Ziff. 4 des § 106. C. Die Mitwirkung der StAschaft bei Unterbringung jugendlicher Verbrecher in einer Erziehungs- oder Befferungsanstalt (§ 56 RStrGB.).

Seit 1. October 1887 besteht zu Wabern eine solche Anstalt für jugendliche Uebelthäter männlichen Geschlechts und evangelischer Confession; sie ist zur Aufnahme von 180 Zöglingen eingerichtet nnd für die Oberlandesgerichtsbezirke Cassel, Naumburg a. S., Celle, Hamm, Frankfurt a. M., Cöln sowie den Kammergerichtsbezirk bestimmt, dabei bleibt jedoch den Justizbehörden dieser Bezirke überlassen, die betr. Zöglinge, nach der örtlichen Belegenheit des erkennenden Gerichts, entweder an die Anstalt in Boppard, sofern die Raumverhältnisse derselben die Aufnahme gestatten, oder an die Anstalt zu Wabern zu überweisen.

CirkVerfüg. vom 8. März 1887, I, 756.
Das Verfahren selbst ist verschieden:

Im Departement Cöln wird bezüglich der in einem Gefängnisse befindlichen Corrigenden Urtheilsauszug bezw. Mittheilung über Verurtheilung von der StAschaft bezw. von dem Amtsgericht dem Vorstande des Gefängnisses, und eine zweite der Ortspolizeibehörde übersandt, also den Kön. PolizeiDirectionen oder den Bürgermeister-Aemtern übersandt, welche ihrerseits die Ersuchen zur Ausführung der Anordnung des Urtheils nebst den vollständigen Personalpapieren der betreffenden Befferungsanstalt zufertigen. Bezüglich der nicht detinirten Corrigenden tritt nur die Mittheilung an die Ortspolizeibehörde ein.

Verfüg. des Generalprocurators vom 15. März 1871, Nr. 2681, und Verfüg. der Vorstandsbeamten des Königl. OLG. Cöln vom 12. October 1889, Nr. 6327.

In den übrigen Bezirken ordnet der Regierungspräsident die Aufnahme in Wabern und in Konradshammer an; an ihn geht deshalb ein besonderes Ersuchungsschreiben der Strafvollstreckungsbehörde unter Beifügung einer beglaubigten Abschrift der Urtheilsformel, einer Charakteristik und der entstandenen Untersuchungsacten.

CirkVerfüg. vom 15. October 1888, I, 2181.

§ 96.

Vollstreckung der Zuchthaus- und Gefängnißßtrafe bei Strafhaft.

§ 492 RStrPrOrdg. v. 1 Februar 1877 (RGBl. S. 253). - v. Hippel, „Die korrektionelle Nachhaft", gekrönte Preisarbeit, Freiburg i. B. 1889.

Befindet sich der Verurtheilte bereits in einer anderen Sache in Strafhaft, so geht die Requisition um Vollstreckung der zuleßt erkannten Strafe bei der Rechtskraft an den Vorstand dieser Anftalt, falls dieselbe nach dem Plane zuständig ist (Formular Nr. 359e). Gleichzeitig ist zu prüfen:

a) das Ende der Verbüßung der ersteren Strafe (aus den Voracten!);

b) die etwaige Zurückführung auf eine Gesammtstrafe.

Demnächst Verfügung:

1. Durch das rechtskräftige Urtheil hies. Kön. Landgerichts vom 2c. ist der 2c., welcher gegenwärtig in M 183/95 dort 6 Mon. Gef. verbüßt, wegen Diebstahls zu einer Zusatstrafe von 3 Mon. Gef. verurtheilt worden.

Ich ersuche demgemäß den Vorstand (Direction) erg., diese Strafe im Anschluß an die gegenwärtige Strafverbüßung, also vom 15. Juni 1896, Vorm. 11 Uhr ab zu vollstrecken und vom Eingange dieser Requisition alsbald, von dem Beginne der Strafverbüßung demnächst Mitth. hierher ergehen zu lassen.

2. Beizufügen: a) Urtheilsformel,

b) Characteristik nach Form. Nr. 359h,

c) Ausweis über die Vermögensverhältnisse (Armen-Attest nach Form. Nr. 4).

3. Strafmitth. u. s. w. wie § 95 sub A.

1. Ist dagegen das Gefängniß zur Vollstreckung der Gesammt= strafe nicht zuständig, so wird Transport 2. nach dem zuständigen

Gefängniß (Zuchthaus) angeordnet wie sub B im § 95. Bei weiter Entfernung vgl. Ziff. 4 § 106.

2. Für Vollstreckung einer auf Grund des § 79 RStrGB. und § 492 StrPrOrdg. erkannten Gesammtstrafe, deren Einzelstrafen von Gerichten verschiedener Bundesstaaten festgesezt sind, gelten folgende Grundsäße:

1. Die Vollstreckung der Gesammtstrase ist von demjenigen Bundesstaate zu bewirken, dessen Gericht dieselbe, sei es in der regelmäßigen Form, sei es in der Form einer sog. Zusaßstrafe festgestellt hat.

2. Auf Ersuchen der zuständigen Behörde des in Nr. 1 bezeichneten Staates ist die Vollstreckung von demjenigen Bundesstaate zu übernehmen, welcher nach dem Gesammtbetrage der von seinen Gerichten erkannten und für verwirkt erachteten Einzelstrafen an der Gesammtstrafe am höchsten betheiligt ist. Bei Berechnung des Gesammtbetrages der Einzelstrafen sind der Art nach verschiedene Strafen nach ihrem gefeßlichen Geltungsverhältniß (§ 21 RStrGB.) in Anschlag zu bringen.

3. Sind mehrere Bundesstaaten mit einem gleichen Höchstbetrage an der Gesammtstrafe betheiligt, so ist, falls einer derselben bereits eine in die Ge= sammtstrafe einbezogene, ihr gleichartige Einzelstrafe vollstreckt, die Gesammtstrafe von diesem zu vollstrecken. Andernfalls werden die bezeichneten Staaten sich darüber vereinigen, welcher von ihnen die Strafvollstreckung zu übernehmen hat.

4. In den Fällen der Nr. 3 werden die Kosten der Strafvollstreckung, als welche indeß nur die baaren Auslagen in Rechnung gestellt werden sollen, von den mehreren höchstbetheiligten Staaten zu gleichen Theilen getragen. Im Uebrigen findet eine Erstattung der Kosten nicht statt.

5. Unberührt bleibt die Vorschrift in § 163 GerVerfGes. Der auf Grund
dieser Vorschrift eine Gesammtstrafe vollstreckende Staat wird die nach § 165
a. a. D. zu erstattenden Auslagen von demjenigen Staate erseßt erhalten,
der nach obigen Grundsäßen die Strafvollstreckung zu übernehmen hätte.
6. Vorstehende Grundsäße finden entsprechende Anwendung, wenn die Gesammt-
strafe oder eine in dieselbe einbezogene Einzelstrafe vom Reichsgericht in
erster Instanz festgesezt worden ist.

Beschl. des Bundesrathes v. 11. Juni 1885, mitgeth. durch die Allgem. Verfüg. v. 8. Sept. 1885,
JMBI. S. 309.

3. Eintritt des Verurtheilten in das Heer.

Die Militärbehörde ist schleunigst um Strafvollstreckung zu ersuchen. Zur Vermeidung der hieraus entstehenden Weiterungen ist in allen Sachen, namentlich bei Untersuchungen wegen Holzdiebstahls, auf die vorgeschriebene schnelle Bollstreckung der Straferkenntnisse Bedacht zu nehmen.

Allgem. Verfüg. v. 22. Mai 1856, betr. die Vollstreckung der von den Civilgerichten erkannten Strafen an Militärpersonen (JMBI. S. 138) und Abs. 1 § 15 MilStrGB. v. 20. Juni 1872 (RGBI. S. 173).

Ueber Gesammtstrafe bei einem Zusammentreffen gemeiner und militärischer Strafthaten vgl. Kommentar zu § 54 MilStrGB., in Betreff des § 79 Olshausen's Kommentar (Not. 16) und Goltd. Arch. Bd. 24 S. 13 ff.).

4. Vollstreckung der korrektionellen Nachhaft.

Gegen Personen, welche auf Grund eines gerichtlichen Erkenntnisses der Landespolizeibehörde überwiesen worden sind, wird fortan zufolge Anordnung des Herrn Ministers des Innern, sofern die Voraussetzungen des § 362 Abs. 2 des Strafgesetzbuchs vorliegen, in der Regel eine korrektionelle Nachhaft festgesezt werden. Mit Bezug hierauf beabsichtigt der Herr Minister des Innern, die Bestimmung zu treffen, daß der körperliche Zustand eines der Landespolizeibehörde Ueberwiesenen nur dann einen Grund zur Abstandnahme von der Unterbringung in einem Arbeitshause abgeben soll, wenn der lettere nach ärztlichem Befunde selbst zur Verrichtung von leichter Haus-, Garten- und Feldarbeit für unfähig zu erachten ist.

Behufs der Ausführung dieser Anordnung wird in gleicher Weise zu ver fahren sein, wie durch die allgemeine Verfügung vom 31. Januar 1877, I, 4175, betreffend die Einforderung von Befundscheinen über den Gesundheitszustand der Gefangenen, bestimmt ist. Ich veranlasse demnach die Justizbehörden, die bei den Gerichtsgefängnissen angestellten, beziehungsweise von den Gefängnißverwaltungen für die Untersuchungen angenommenen Aerzte anzuweisen, falls von ihnen in den in Rede stehenden Fällen ein Attest erfordert wird, sich speziell darüber zu äußern, ob der Betreffende noch zur Verrichtung von leichter Haus-, Garten- und Feldarbeit geeignet erscheint oder nicht.

Allgem. Verfüg. v. 20. März 1885, JMBI. S. 119.

§ 97.

Bollstreckung der Strafe bei Freiheit des Verurtheilten.

§ 489 StrPrOrdg. v. 1. Februar 1877 (RGBl. S. 253). - Löwe, Kommentar, S. 893, 794. — Dalcke, Handbuch der Strafvollstreckung und Gefängnissverwaltung, S. 34, 36.

Ist der Verurtheilte auf freiem Fuße, so ist bezüglich der Straf= vollstreckung zu unterscheiden, ob die Acten aus der Revisionsinstanz zurückkehren oder ob sie direct von der Strafkammer mit der nöthigen Urtheilsformel und Bescheinigung eingehen. In dem ersteren Falle erfolgt zunächst die Zustellung und Uebersendung - falls die Revifion des Angeklagten verworfen ist wie bei Ziff. 4 des § 95; in dem lezteren Falle wird ein Strafantretungsbefehl, also eine Ladung an den Verurtheilten mit angemessener Frist (1 bis 2 Wochen) er= laffen und davon dem Vorstande (Inspection) des für die Strafver= büßung zuständigen Gefängnisses mit dem Ersuchen um Strafvollzug Mittheilung gemacht, also:

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1. StrafantretBef. nach Form. Nr. 354 an den Verurtheilten, Ackerknecht Hans M. zu X. (beim Gutsbesizer Y.) bis Dienstag, den 18. d. M.

2. StrafvollzErs. nach Form. Nr. 359 g an den Vorstand (Inspection, Direction) mit dem Ers. um Mitth. von Gestellung oder Nichtgestellung.

3. Strafmitth. an die Polizeibehörde zu . .

4. Strafnachricht u. s. w. wie § 95 sub A., nur zuleht: Reprod. 20. cr. mit Anz.

1. Nach Eingang der Anzeige über die Gestellung wird zur Controlle der Strafvollstreckung eine weitere Reproduction auf einen

Krobitsch.

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oder zwei Tage nach Ablauf der Strafzeit verfügt, also Strafe am 12. November verbüßt sein wird

Reprod. am 14. Novbr. a. c.

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Auf die weitere Anzeige über die stattgehabte richtige Verbüßung (§ 19 RStrGB. und II, § 112 unten) wird, falls Complizen oder afservirte Gegenstände (vgl. § 116) nicht mehr in Betracht kommen, Schlußverfügung dahin erlassen:

Wegl. bis 1907 (vgl. § 117).

N., den 2c.

2. Bei weiter Entfernung des Verurtheilten von der Anstalt vgl. Ziff. 4 § 106.

3. Besondere Vorschriften sind zu beachten bei Vollstreckung gegen 1. Offiziere des Beurlaubtenstandes.

Da nach Ihrem Berichte vom 30. v. M. die Gefängnißstrafen, welche von Civilgerichten gegen Landwehroffiziere erkannt worden sind, nicht in geeigneten, für die höheren Stände bestimmten Gefängnissen vollstreckt werden können, so genehmige ich auf Ihren Antrag, daß in dergleichen Fällen die von Civilgerichten gegen Landwehroffiziere (jezt alle Offiziere des Beurlaubtenstandes) erkannten Gefängnißstrafen in Militär-ArrestAnstalten, in welchen Gefängnisse für arretirte Offiziere vorhanden sind, vollstreckt werden können.

Allerh. TabBefehl vom 8. Januar 1842, bei Dalde a. a. O. S. 34.

2. Studenten.

Die Vollstreckung der gegen Studirende erkannten Freiheitsstrafen findet an sich in der gewöhnlichen Weise statt; auf Antrag der gerichtlichen Behörden kann indeß die Freiheitsstrafe bis zu 2 Wochen auf dem academischen Karzer verbüßt werden.

...

§ 6 letter Abs. des Ges. betr. die Rechtsverhältnisse der Studirenden und die Disciplin auf den Landes - Universitäten, der Academie zu Münster und das Lyceum Hosianum zu Braunsberg, v. 29. Mai 1879, GS. S. 389.

Von dieser Befugniß, den erwähnten Antrag auf Verbüßung einer Freiheitsstrafe in dem academischen Karzer zu stellen, ist nur in ausnahmsweis gearteten Fällen Gebrauch zu machen.

3. Jugendliche.

I, 3398

CirkVerfüg. vom 1. October 1879, 4953.

a) Nach einer Mittheilung des Herrn Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten wird es Seitens der Schulverwaltung als ein Uebelstand empfunden, daß in den Fällen, in denen Freiheitsstrafen gegen schulpflichtige Kinder zu vollstrecken sind, das Interesse der Schule hinsichtlich der Zeit der Vollstreckung häufig nicht die erforderliche Berücksichtigung findet.

Behufs Abstellung dieses Uebelstandes werden die mit der Strafvollstreckung betrauten Behörden und Beamten hiermit angewiesen, sich in den gedachten Fällen mit den betr. Schulvorständen (Schuldeputationen 2c.)

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