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No. 1, 2, 3, 5 oder durch die Stellung oder Nichtstellung von Fragen begründet wird.

3. Anmeldung der Revision wie bei der Berufung, Ziff. 2 und 5 des § 89, Wirkung:

§ 383: Durch rechtzeitige Revision wird die Rechtskraft des Urtheils, soweit dasselbe angefochten ist, gehemmt.

Die einwöchentliche Frist läuft vom Eingange des Urtheils bei der StAschaft, § 41 StrPrOrdg.

Vgl. auch Beschl. KammerG. v. 2. Juni 1890, Goltd. Arch. Bd. 38 S. 219. 4. Beispiel A.

II, 387.

Eilt!
(Frist bis...)

Revisions-Rechtfertigung

(gegen Beruf. Urtheil der Straff.)

in der Strafsache

wider den Bergmann Johann M.

zu Sch.

wegen Diebstahls.

Durch die am 2c. eingelegte Revision wird das Urtheil der hies. Strafk. von 2c. in seinem ganzen Umfange angefochten.

Als verlegt werden bezeichnet der § 245 RStrGB. durch Nichtanwendung, sowie der Art. 564 code civ durch irrige Auslegung.

Die Annahme in den Entscheidungsgründen, auf Grund des lekteren Artikels sei das Eigenthum an der fremden Brieftaube in dem Augenblicke, als dieselbe sich in dem Taubenschlage des Angeklagten niedergelassen, auf diesen übergegangen, beruht auf einer Verkennung dieser Gesetzesvorschrift.

Durch Art. 564 in Verbindung mit Art. 524 wird bestimmt, daß pigeons des colombiers, qui passent dans un autre colombier" Eigenthum deffen werden, dem das andere Taubenhaus gehört. Es ist mithin zur Anwendung dieses Artikels erforderlich, daß der ursprüngliche Eigenthümer der Taube dieselbe in einem Taubenhause gehalten hat, in welchem sie frei aus- und einfliegen konnte und daß die Taube in ein anderes gleiches Taubenhaus übergegangen ist.

Beide Voraussetzungen, welche durch den Art. 524 ihre nähere Erläuterung finden, treffen aber auf den vorliegenden Fall nicht zu. Weder gehört die zurückgehaltene Taube im Sinne der leztgedachten Bestimmung zu denjenigen Tauben, welche auf einem Grundstücke mit der Möglichkeit eines freien Fluges zum Nußen dieses Grundstückes gehalten werden, noch ist der Angeklagte der Befiger eines colombier im Sinne jener Vorschrift d. h.

eines Taubenhauses, in welchem die Tauben frei aus- und einfliegen und zum Nußen eines bestimmten Grundstücks dienen, sondern nur eines verschließbaren Taubenschlages, in welchem er Tauben eingeschlossen hält, und nur zeitweilig ausfliegen läßt.

Da hiernach dem Angeklagten ein Recht zur Aneignung der zugeflogenen Brieftaube nicht zustand, kann seine Handlungsweise durch den Art. 564 keine Rechtfertigung finden.

Auf Grund des § 393 ff. StrPrOrdg. wird beantragt:

unter Aufhebung des angefochtenen Urtheils die Sache zur nochmaligen
Verhandlung und Entscheidung in die Instanz zurückzuverweisen.
Der Erste Staatsanwalt.

An die

X.-Straft. des hies. K. L.-G3.

Vergl. zu dieser Rechtfertigung Ges. v. 28. Mai 1894, betr. den Schuß der Brieftauben und den Brieftaubenverkehr im Kriege (RGBI. S. 463).

Beispiel B. (gegen Urtheil I. Instanz der Strafkammer).

1. Exp. folgende Revisions Rechtfertigung in der Strafsache wider die Ehefrau des pensionirten Bergmanns Jacob Sch., Elisabeth geb. Th. zu St. wegen Urkundenfälschung.

Eilt!
(Frist bis...)

III, 4896.

Die gegen das freisprechende Urtheil der hiesigen Kön. Strafkammer vom 22. v. M. rechtzeitig angemeldete Revision bezieht sich nur auf den Fall, in welchem der mit „Kreuzer“ unterzeichnete Brief eingesandt ist und wird, wie folgt, gerechtfertigt:

Die angefochtene Entscheidung verlegt den § 267 RStGB. durch irrige Auslegung.

I. Die Strafkammer spricht der incriminirten, fälschlich mit der Namensunterschrift des Schuhmachers Kreuzer versehene Eingabe an die Königliche Regierung zu T. eine Beweiserheblichkeit lediglich aus dem Grunde ab, weil das Schreiben an sich nicht geeignet sei, die darin aufgestellten Thatsachen — nämlich das Kiesklopfen seitens des Feldhüters und die dadurch vermehrten Felddiebstähle — zu beweisen. Dieser Begründung liegt ein Rechtsirrthum zu Grunde, insofern sie von der Annahme ausgeht, als hänge die Beweiserheblichkeit einer Urkunde lediglich davon ab, ob sie für die in ihr aufgestellten Thatsachen Beweis zu erbringen geeignet sei. Vielmehr wäre eine Prüfung auch nach der Richtung hin angezeigt gewesen, ob nicht die Urkunde zum Beweise irgend eines anderen Rechts oder Rechtsverhältnisses geeignet

erscheint, mag auch bei der Abfassung der Eingabe zunächst an dasselbe gar nicht gedacht worden sein (vergl. Entscheidung des Reichsgerichts, Bd. 17 S. 298 ff., Bd. 19 S. 113 ff.).

In dieser Hinsicht läßt sich eine Beweiserheblichkeit der Eingabe insofern nicht erkennen, als sie von rechtlicher Bedeutung ist:

1. für die Pflicht und das Recht der Kön. Regierung zu T., als Aufsichtsbehörde Ermittelungen einzuleiten, ob die dem Feldhüter Sch. übertragene Nebenbeschäftigung Uebelstände im Gefolge habe, insbesondere eine VernachLässigung des ihm übertragenen Feldschußes involvire, und demzufolge die etwa gebotene Abhilfe eintreten zu lassen;

2. event. auch für das Recht des Feldhüters Sch. gegen den Verfasser wegen der Behauptung der Vernachlässigung seiner Dienstpflichten die Beleidigungsklage anzuftrengen. (Rechtspr. des Reichsgerichts, Bd. 8 S. 770, Entscheid. Bd. 19 S. 113 ff.)

II. Die Strafkammer verneint ferner, daß von dem fälschlich angefertigten, mit Kreuzer unterzeichneten Briefe zum Zwecke der Täuschuug Gebrauch gemacht worden sei. Diese Feststellung geschieht mit der Begründung, daß nach dem amtlichen Berichte des Bürgermeisters zu E. der Feldhüter Sch. thatsächlich die fragliche Arbeitsleistung für die Gemeinde übernommen, sich auf seinen Lastgängen zeitweise selbst bis zur Dauer einer Stunde mit dem Klopfen von Kies beschäftigt habe, und daß Felddiebstähle immer noch vorkämen, daß also die Thatsachen in dem Briefe nicht anders geschildert würden, „als sie in Wirklichkeit im Wesentlichen liegen." Diesen Erwägungen liegt indeß offenbar der Rechtsirrthum zu Grunde, als müsse der von der Urkunde gemachte Gebrauch zum Zwecke der Täuschung gerade auf das Rechtsverhältniß gerichtet sein, für welches dieselbe in erster Linie als beweiserheblich in Betracht gezogen worden ist. (Rechtspr. Bd. 5 S. 154, Bd. 8 S. 770, Entscheid. Bd. 19 S. 113 ff.)

Wie in den vorzitirten Entscheidungen dargelegt worden ist, würde ein Gebrauchmachen zur Täuschung auch schon darin zu erblicken sein, wenn durch die falsche Unterschrift über die Person des Verfassers der Eingabe gefliffentlich ein Irrthum erregt werden sollte. Nach dieser Richtung hin wäre also zu prüfen gewesen, ob nicht die Angeklagte etwa, weil sie wegen ihrer Sucht zum Queruliren den Verwaltungsbehörden bereits aufgefallen war, durch den Namensmißbrauch eines angesehenen, als ruhig und besonnen bekannten Mannes der Beschwerde bei der oberen Verwaltungsbehörde mehr Nachdruck verschaffen bezw. die falsche Vorstellung erwecken wollte, als liege ein der Abhilfe dringend bedürftig erscheinender Uebelstand vor und lediglich zu diesem Zwecke sich der Pseudonymität bedient hat.

Hiernach und unter Bezugnahme auf die §§ 381, 383, 384 ff. Str PrOrdg. wird beantragt:

unter Aufhebung des angefochtenen Urtheils, insoweit es die Angeklagte wegen der von ihr unter Mißbrauch des Namens Kreuzer verübten Urkundenfälschung freispricht, die Sache zur nochmaligen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.

Der Erste Staatsanwalt.

2. Nach 14 Tagen.

Das Reichsgericht entsprach diesem Antrage durch das Urt. v. 5. Febr. 1894. An die

Straft. des Kön. Landgerichts

hier.

5. Die Frage, ob das Gericht oder die StAfchaft die Revi= sionsschrift der letteren dem Angeklagten zuzustellen hat, wird in der Praris verschieden beantwortet.

Das Kammergericht hält den Vorsizenden für verpflichtet, das OberlandesGericht Cöln die StAschaft, Beschl. vom 26. August 1885 und vom 3. Dezember 1889. (Vgl. Barre a. a. D.)

6. Revision des Nebenklägers und der Verwaltungsbehörden § 82. 7. Als Revisionsgericht fungiren:

a) das Reichsgericht bei Anfechtung der Urtheile der Strafkammer I. Inst. und der Schwurgerichte, § 136 Nr. 2 Ger.Verf.Gef., sowie im Falle des Abs. 2 § 136 deff. Gef., falls die Entscheidung durch die StAschaft direct beantragt wird (Cirk.Verfüg. v. 16. Dezbr. 1895, I, 7118);

b) das Kammergericht, falls das Rechtsmittel ausschließlich auf die Verlegung einer landesgefeßlichen Rechtsnorm gestüt wird (§ 9 Einf.Ges. zum Ger.Verf.Gef., § 50 Nr. 1 Ausf.Gef. zum Ger. Verf.Ges.);

c) das Oberlandesgericht, falls Urtheile der Strafkammer in der Berufungs-Instanz auf Grund des Reichsrechts angefochten werden (§ 123 Nr. 2 Ger.Verf.Ges.).

8. Die Einsendung der Acten nebst Inhaltsverzeichniß und Handacten an das Revisionsgericht geschicht nach einem vorgeschriebenen Formular (Nr. 350 bezw. Nr. 390) und zwar zunächst an den vorgesezten Oberstaatsanwalt, wenn die Revision von der StAschaft verfolgt wird, Cirk.Verfüg. v. 10. Mai 1887, I, 1426. Auch bei dem Antrage des Abs. 2 § 136 Ger. Verf.Ges. gehen die Acten an den Oberstaatsanwalt, Cirk.Verfüg. v. 16. Dezbr. 1895.

Das Formular ist entworfen auf Grund der Anregungen des Reichs-Justizamts vom 25. Juli 1880, Nr. 1015, welche durch den preuß.. Justizminister am 12. August 1880, 1, 3423, zur Kenntniß gebracht sind.

Beizufügen ist eine Bescheinigung des Secretärs über die etwaige ZahlungsFähigkeit oder Unfähigkeit. Allgem. Verf. vom 26. August 1887 (JMBI. S. 206) und Bekanntmachung vom 3. Nov. 1884 (JMBI. S. 253). Ueber die Berechnung der Gerichtsgebühren in der Revisionsinstanz Beschluß ReichsGericht vom 24. März 1891, Goltd. Arch. Bd. 39 S. 71 und GerichtskostenGesetz vom 18. Juni 1878, 29. Juni 1881 § 59.

Eine Gegenerklärung der StAfchaft auf die Revision des Angeklagten ist nicht erforderlich, mitunter dagegen eine Aeußerung über die zur Begründung der Revision geltend gemachten Thatsachen. Ziff. 2 der Cirk.Verfüg. v. 10. Mai 1887, I, 1426.

§ 91.

Wiedereinsehung in den vorigen Stand.

§§ 42-47 StrPrOrdg. v. 1. Februar 1877 (RGBl. S. 253). — Löwe, Kommentar, 1892, S. 261, 263. — Dalcke, Strafrecht u. Strafprozess, S. 73–74. Art. 62 u. 67 Geschäftsanweisung für die Amtsanwälte v. 28. August 1879 (JMBI. S. 260).

Die Wiedereinsehung in den vorigen Stand ist kein eigentliches Rechtsmittel im Sinne der StrPrOrdg.: ihre Besprechung an dieser Stelle erscheint troßdem angebracht, weil sie immerhin ein Mittel ist, welches die StrPrOrdg. unter bestimmten Vorausseßungen zur Beseitigung gewisser Nachtheile gewährt. Die Grenzen, innerhalb welcher Restitution gewährt werden darf, sind eng gezogen:

§ 44 a. a. O. Gegen die Versäumung einer Frist kann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beansprucht werden, wenn der Antragsteller durch Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle an der Einhaltung der Frist verhindert worden ist. Als unabwendbarer Zufall ist es anzusehen, wenn der Antragsteller von einer Zustellung ohne sein Verschulden keine Kenntniss erlangt hat.

1. Die Fristen der StrPrOrdg. find theils geseßliche, an deren pünktliche Innehaltung binnen einer Woche gewisse Handlungen gebunden sind, §§ 45, 234, Abs. 2 § 353, §§ 355, 381, 385, 449, Abs. 3 § 453, Abs. 2 § 459, längere Fristen in §§ 170, 469; theils richterliche, deren Dauer für den einzelnen Fall bestimmt wird, Abs. 2 § 121, § 199, Abs. 2 § 408, 422. Lettere können während des Laufes, nicht nach Ablauf, auf Antrag vom Gericht verlängert werden.

2. Die Voraussetzung für die Anbringung eines Restitutionsgesuches bilden Naturereignisse oder andere unabwendbare Zufälle. Ob ein bestimmtes Ereigniß, auf welches das Gesuch gestüßt wird, als ein solcher Zufall, als eine vis major aufzufassen ist, unterliegt der richterlichen Beurtheilung nach der Besonderheit des einzelnen Falles.

Verzögerungen in der Beförderung des Gesuchs eines Verhafteten, sowie unerwartete Unregelmäßigkeiten im Geschäftsbetriebe sind als Gründe für Stattgebung des Gesuchs angesehen, nicht dagegen das Verschulden des Vertheidigers, Beschl. OLG. Rostock vom 19. Mai 1892, Goltd. Arch. Bd. 40 S. 185; selbst nicht bei behinderter Acteneinsicht desselben, ebensowenig die Unterlassung der Aufnahme einer vom Angeklagten sofort nach der Urtheilsverkündung abgegebenen Erklärung, ein Rechtsmittel einzuLegen, in das Sizungs- oder ein besonderes Protokoll. RG. 25. Sept. und 2. Novbr. 1893, Entsch. Bd. 24 S. 250 u. 355.

Auch das Versehen eines Secret. - Beamten der StAschaft, welcher die rechtzeitig verfügte Anmeldung der Revision nicht zur Ausführung gebracht hatte, begründet keine Wiedereinseßung. Beschl. KG. vom 20. Febr. 1893, Goltd. Arch. Bd. 41 S. 155. Ebensowenig die Niederlegung eines Schriftstückes mit Anmeldung sofortiger Beschwerde, welche zwar am lezten Tage der Frist, aber nach Schluß des Secretariats geschieht. OLG. Kiel, 3. April 1892, Goltd. Arch. Bd. 41 S. 155/156.

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