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Hauptverhandlung schreiten, wenn der Beschuldigte nur wegen Uebertretung v erfolgt wird und die ihm zur Last gelegte That eingesteht. Gegen die im Laufe der Hauptverhandlung ergehenden Entscheidungen und Urtheile des Amtsrichters finden dieselben Rechtsmittel statt, wie gegen Entscheidungen und Urtheile des Schöffengerichts.

Einer besonderen Beschlußfassung über Eröffnung des Hauptverfahrens und Abfassung einer Anklageschrift bedarf es ferner nicht, wenn das Schöffengericht sich in der Verhandlung für unzuständig erklärt und die Sache an das zuständige Gericht (z. B. an die Straf= kammer bei ermitteltem, schwerem Diebstahl, an das Schwurgericht bei versuchtem Raub statt: Betteln unter Drohungen) verweist. Bei Bekanntmachung dieses Beschlusses ist dem Angeklagten aber eine Frist zu bestimmen, binnen welcher er die Vornahme einzelner Beweiserhebungen vor der Hauptverhandlung beantragen kann (§ 270 a. a. D.). Nach Eintritt der Rechtskraft des schöffengerichtlichen Beschlusses hat sich das Landgericht der Verhandlung und Entscheidung selbst dann zu unterziehen, wenn der Beschluß weder sachlich, noch seiner Form nach dem Gefeß entspricht.

IV. Straff. ReichsG. 30. April 1889, Goltd. Arch. Bd. 37 S. 191.

Die Fristbestimmung tritt nicht ein, wenn die Strafkammer eine Sache vor das Schwurgericht verweist z. B. bei Meineid und Bankerott.

Ueber Beseitigung der Fehlerhaftigkeit des Eröffnungsbeschlusses vgl. Urt. ReichsG. 28. Oftbr. 1894 in Goltd. Arch. Bd. 40 S. 318.

$ 80.

Mittheilungen nach Eröffnung des Hauptverfahrens.

Allgem. Verfügung, betr. die von den Beamten der StAschaft an andere Behörden zu machenden Mittheilungen v. 25. Aug. 1879 (JMBI. S. 251) u. v. 8. Juli 1896 (JMBI. S. 243). - Dalcke, Strafrecht und Strafprozess, S. 771 ff.

Sobald das Hauptverfahren vom Gericht gegen bestimmte Personen eröffnet ist, liegt der StAfchaft die Mittheilung desselben in folgenden Fällen ob.

I. Mittheilungen (unter Anschluß einer Abschrift des Beschlusses, sowie unter kurzer Angabe der Veranlassung oder unter Mittheilung der Anklageschrift) bei Eröffnung des Hauptverfahrens gegen

1) einen Beamten: an die zunächst vorgesezte Dienstbehörde, 2) einen Offizier des Beurlaubtenstandes: an sein Bezirks-Com= mando,

3) einen Rechtsanwalt: an den Präsidenten und an den Oberstaatsanwalt seines Oberlandes-Gerichts, ferner:

an den Vorstand der Anwaltskammer,

4) einen Geistlichen und Kirchenbeamten:

an die geistlichen Oberen, also an das Consistorium oder bischöfliche GeneralVicariat. Außerdem auch an den Oberpräsidenten der Provinz, wenn ein Krobiksch.

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Geistlicher oder Candidat des geistlichen Amts wegen eines Verbrechens oder Bergehens zur Untersuchung herangezogen wird, welches mit Zuchthausstrafe, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder der öffentlichen Aemter bedroht ift ; 5) eine Medizinalperson: an die Regierung,

6) einen öffentlichen Lehrer

und zwar an einem Gymnasium oder Progymnasium oder Realschule : an das Provinzial-Schulcollegium; hinsichtlich der übrigen Lehrer an die Regierung, in der Provinz Hannover hinsichtlich der Elementarlehrer auch an das Consistorium;

bei Schulamtscandidaten an dasjenige Provinzial-Schulcollegium, in dessen Bezirk der Kandidat die Prüfung für das Amt eines Volksschullehrers bestanden hat, hinsichtlich der Seminaristen an den betreffenden Seminardirector. 7) einen vereideten Feldmesser, Landmesser, Baueleven, Bauführer und Baumeister:

an die Regierung, in deren Bezirk der Angeklagte zur Zeit seinen Wohnfitz hat, und falls es sich um einen im Reffort der Auseinanderseßungsbehörden in der Provinz Hannover und im Regierungsbezirk Caffel beschäftigten Beamten handelt, an die betreffende General-Commission;

8) einen Angestellten der Eisenbahn-Verwaltungen:

hinsichtlich der Privateisenbahngesellschaften an die Eisenbahncommissariate, hinsichtlich der Staatseisenbahnen und der unter Staatsverwaltung stehenden Privateisenbahnen an die betr. Kön. Direction.

Die S. 73 des JMBI. von 1883 verzeichneten Eisenbahn-Betriebsämter sind inzwischen wieder aufgehoben.

II. Mittheilungen bei Eröffnung des Hauptverfahrens wegen Münzverbrechens und Münzvergehens, vgl. § 59 Ziff. 9.

III. Bericht (neben der Mittheilung unter I)

a) an den Justizminister, wenn es sich um einen richterlichen Beamten, einen Beamten der StAschaft oder einen Notar handelt;

b) an den Minister für Landwirthschaft, Domänen und Forsten, bei einem bei der Auseinanderseßungsbehörde fungirenden richterlichen Beamten;

c) an den Minister des Innern, bei einem bei den Verwaltungsgerichten fungirenden richterlichen Beamten.

IV. Auch bei Eröffnung des Hauptverfahrens in Preßstrafsachen und Aufsehen erregenden Sachen wird Bericht an den Justizminister erstattet. Beispiel B im § 60.

§ 81.

Vorbereitung zur Hauptverhandlung, Ladungen.

§ 48 ff., § 212-224 StrPrOrdg. v. 1. Febr. 1877 (RGBI. S. 253). § 158 CivPrOrdg. v. 30. Jan. 1877 (RGBI. S. 83) Art. 42. 43 Geschäftsanweisung für die Amtsanwälte v. 28. Aug. 1879 (JMBI. S. 260). v. Marck, Die Staatsanwaltschaft, Berlin 1884, S. 399. — Dalcke, Strafrecht und Strafprozess, S. 129-133.

Der Termin zur Hauptverhandlung wird stets vom Vorsizenden (des Schöffengerichts, der Strafkammer, des Schwurgerichts) bestimmt;

in amtsgerichtlichen Sachen erfolgt auch die Ladung der einzelnen Personen für die Hauptverhandlung durch den Amtsrichter (§ 36 Abs. 2 StrPrOrdg.), während die StAschaft dies für die Strafkammer und das Schwurgericht besorgt. Ihr liegt auch die Herbeischaffung der als Beweismittel dienenden Gegenstände, nochmalige Prüfung der Acten, namentlich des etwa angetretenen Entlastungsbeweises und dementsprechend Vervollständigung oder Verstärkung des Anklage= beweises ob.

Nach Erledigung dieser Prüfung wird die

I. Ladung im Inlande, wie folgt, verfügt:
A. Strafkammer (erste Instanz):

1. Ladung a) der 2 Angekl. A. und B. (Bl. 19 act.) nach Form. Nr. 335 (in
Haftsachen Nr. 337) unter Zustell. des Beschl. über Eröffnung des

Hauptverfahrens,

b) des Vertheidigers für B., Rechtsanwalts (Referendars) X. Bl. 17, c) der 5 Zeugen (BI. 22 v. act.) nach Form. Nr. 340,

d) des Sachverständigen S. (BI. 27 act.) nach Form. Nr. 342.

2. Mittheil. von Eröffnung des Hauptverfahrens (vgl. § 80) an die Kön. Regier.
zu N. unter Anschl. einer Abschrift des Beschl. und der Anklageschrift.
3. Der afservirte Knüttel (Bl. 1 act.) ist in der Verhandl. vorzulegen.
4. Nach 5 Tagen. (Prüfung und Absendung an Vorsiß.)

N. den 2c.

B. Strafkammer (Beruf.Inst. siehe § 89).

C. Schwurgericht. (Lad. der Geschworenen nach Form. Nr. 343).

Haft!

1. Ladung a) des Angekl. S. (Bl. 83) nach Form. Nr. 345, unter Zustell. des Beschl..... (Ist der Angekl. auf freiem Fuße, so erfolgt Ladung nach Form. Nr. 344.)

2. 2c.

b) der 6 Zeugen (Bl. 86) nach Form. 346,

c) des Sachverständigen S. (BI. 87) nach Form. Nr. 347.

Die vorläufige Zurückbehaltung der Acten empfiehlt sich, nach Einvernehmen mit dem Vorsitzenden, durchweg, weil Ladungsdokumente nicht selten unerledigt zurückkommen und die Einsicht der Acten für die Ermittelung unbekannt verzogener Personen:

1. Requir. Pol.Verwalt. hier um gefl. schleunige Ermittlung und Mitth. (Anz.), wohin der 2c. geb. den 2c. zu 2c., verzogen ist. Nach Ausweis der Acten hat derselbe noch vor Kurzem in der x straße bei 2c. gewohnt; die Ladung hat ihm indeß gestern nicht behändigt werden können, weil er vor 3 Tagen mit Familie (unbekannt wohin?) verreist ist.

2. Nach 3 Tagen. erforderlich ist. Auch die Benußung des Fernsprechers (§ 30) ist in solchen Fällen angebracht, telegraphische Anfrage und Ladung gestattet.

1. Zwischen der Zustellung der Ladung und dem Tage der Hauptverhandlung soll für den nicht verhafteten Angeklagten eine Frist

von wenigstens einer Woche liegen, sonst kann derselbe die Ausseßung (§ 216 a. a. D.) der Verhandlung verlangen. Die Ladung des ver= hafteten Angeklagten erfolgt durch einfache Bekanntmachung des Termins. Ladung des abwesenden Angeklagten und flüchtiger Wehrpflichtiger § 66 Ziff. 7.

Ein Vertheidiger wird nur dann geladen, wenn er vom Vorfizenden bestellt oder wenn die erfolgte Wahl dem Gerichte angezeigt ist. Anträge desselben oder des Angeklagten auf weitere Ladung von Zeugen oder Sachverständigen oder sonstige Herbeischaffung anderer Beweismittel, welche bei der StAschaft eingehen, werden urschriftlich an den Herrn Vorsißenden der Strafkammer (Schöffen-Gericht) zur gefälligen zuständigen Verfügung übersandt.

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2. Bei Ladung der Zeugen und Sachverständigen ist zu beachten:

a) Münzbeamte sollen nicht geladen werden (§ 59 Ziff. 4). b) In allen Fällen, in welchen ein unmittelbarer Staatsbeamter zu seiner Vernehmung als Sachverständiger oder außerhalb seines Wohnortes als Zeuge geladen wird, hat der Secretär Abschrift der Ladung der vorgeseßten Behörde des Beamten gleichzeitig mit der zum Zweck der Zustellung erfolgenden Weiterbeförderung der Ladung zu übersenden.

Allgem. Verfüg. v. 17. Mai 1883 (JMBI. S. 155).

Die Aufhebung ist in gleicher Weise mitzutheilen. Allgem. Verfüg. v. 19. febr. 1895

(JMBI. S. 56).

Der Benachrichtigung bedarf es in den Fällen nicht, in welchen ein Kreisoder Stadt- Medizinalbeamter in einer Strafprozeßsache oder in einer Entmündigungsfache zu seiner Vernehmung als Sachverständiger vor ein Gericht innerhalb seines Bezirks oder eines Bezirks geladen wird, in welchem er die Geschäfte des Kreis- oder Stadt-Medizinalbeamten als deffen Vertreter wahrzunehmen hat.

Allgem. Verfüg. v. 13. März 1884, betr. die Ladung rc. (JMBI. S. 54).

Bei Ladung und Vernehmung eines öffentlichen Beamten ist zunächst zu prüfen, ob es sich um Umstände handelt, auf welche sich die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit (§ 53 StrPrOrdg.) erstreckt, und im Zweifel eine Aeußerung der vorgeseßten Dienstbehörde einzuholen; geht die Auskunft dahin, daß die Pflicht zur Amtsverschwiegenheit sich auf den Gegenstand der Vernehmung bezieht, so muß die lettere bis zur Ertheilung der durch das Gericht nachzusuchenden Genehmigung zu derselben ausgesett werden. Allgem. Verfüg. v. 24. Mai 1886, betr. die Ladung öffentl. Beamter als Zeugen (JMBI. S. 137). c) Bei Ladung der Gensdarmen geht Abschrift der Ladung an die vorgeseßte Civildienstbehörde, also an das Landrathsamt, in der Provinz Hannover an den Gensdarmerie-Distrikts-Offizier.

Allgem. Verfüg. v. 29. Juli 1880, betr. die Ladung der Landgensdarmen (JMBI. S. 186). d) Die Ladung der Personen des Soldatenstandes erfolgt nach § 48 a. a. D. durch Ersuchen der vorgesezten Militärbehörde, also bei Offizieren durch Ersuchen des Regiments-Commandeurs, bei Feldwebeln (Wachtmeistern), Unteroffizieren und Gemeinen durch Ersuchen des Kompagnies (Schwadrons-, Batterie-) Chefs.

3. Zustellungen an Gesandte 2. oben § 20, sowie die Allgem. Verfüg. v. 20. Januar 1893, betr. die Vornahme von Zustellungen in den Wohnungen an Personen, welche von der inländischen Gerichtsbarkeit befreit sind, JMBl. S. 37. Ladung des Nebenklägers $ 82.

II. Ladung in den Schußgebieten.

Zustellung an Personen, welche sich in einem Schußgebiete befinden, sind mittelst Ersuchens der Gerichtsbehörden zu bewirken; bei Ladungen ist der Termin unter Offenlassung einer besonders geräumigen Frist zu bemessen.

Ziff. 9 Allgem. Verfüg. v. 20. Mai 1887, betr. die im Auslande zu erledigenden Ersuchungsschreiben der Justizbehörden (JMBI. S. 139). Vgl. auch Allgem. Verfüg. v. 1. Mai 1891, v. 25. October 1891 (Centralblatt für das deutsche Reich S. 299) und v. 20. februar 1893 (JMBI. S. 59).

III. Ladung im Auslande.

Das Ersuchen um eine im Auslande zu bewirkende Zustellung ist zu richten:

4. Februar
23. Januar

a) an die zuständige Behörde des fremden Staates in denjenigen Fällen, in welchen nach den bestehenden Vereinbarungen ein unmittelbarer Schriftwechsel mit den Behörden des betreffenden Staates zulässig ist, also Oesterreich-Ungarn (Zustellung an Personen, welche in der Armee dienen, gehen indeß an das General-Commando); Rußland (vgl. Abkomm. v. 1879, Erklärung v. 28./16. Januar 1893 (GS. S. 83) und Allgem. Verfüg. v. 31. Juli 1893 (JMBl. S. 260), sowie v. 23. Juni 1894 (JMBI. S. 167) über die Bezirke der russischen Gerichte, und oben § 40) für die Behörden, welchen ein unmittelbarer Schrift= wechsel nicht zusteht, erfolgt die Ladung auf diplomatischem Wege unter Beifügung einer Ueberseßung des Ersuchungsschreibens in die russische Sprache, auch ist bis zum Termin eine Frist von mindestens drei Monaten offen zu lassen; Schweiz;

b) bei Dänemark an den Kaiserlichen Gesandten in Kopenhagen; c) bei Luxemburg an den Kaiserlichen Minister-Residenten in Luremburg; im Uebrigen

d) an den deutschen Konsul, in dessen Amtsbezirk die vorzuladende Person wohnt, oder schließlich

e) an den bei dem fremden Staat beglaubigten diplomatischen Vertreter des Reiches.

In der Ladung dürfen die prozessualischen Nachtheile hervorgehoben werden, welche für den Geladenen durch sein Ausbleiben im Termin entstehen würden, dagegen ist von der Androhung von Strafen und Nachtheilen anderer Art für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung Abstand zu nehmen, auch das für Ladungen im Inlande vorgeschriebene Formular überhaupt nicht zu benußen.

Ziff. 6 der Allgem. Verfüg. v. 20. Mai 1887 (JMBI. S. 139), Cirk.Verfüg. v. 8. März 1888, I, 754, und v. 5. februar 1891, I, 431.

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