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§ 22. Es ist darauf zu halten, daß die Referendare regelmäßig den Sißungen (Conferenzen) beiwohnen, die von ihnen bearbeiteten Sachen mündlich vortragen, ihre Ansicht in freiem Vortrage entwickeln, auch in anderen als den von ihnen selbst bearbeiteten Sachen in geeigneter Weise zur Darlegung ihrer Ansicht veranlaßt werden.

§ 25. Der Referendar hat ein Geschäftsverzeichniß zu führen, in welchem eine Uebersicht seiner Thätigkeit unter Hervorhebung der einzelnen bedeutenderen Geschäfte zu geben ist.

Dasselbe ist allmonatlich dem mit der besonderen Leitung des Vorbereitungsdienstes Betrauten zu übergeben und von diesem zum Zeichen genommener Einsicht mit einem Vermerk zu versehen.

§ 26. Der Referendar hat sechs der von ihm während des Vorbereitungsdienstes beim Landgericht, bei der StAschaft oder beim Oberlandesgericht ange= fertigten schriftlichen Arbeiten auszuwählen und zu den Dienstacten (in Abschrift) einzureichen... Der Arbeit ist eine Aeußerung des betreffenden Staatsanwalts über die praktische Verwendbarkeit beizufügen und dabei insbesondere zu vermerken, ob die thatsächlichen Verhältnisse richtig und vollständig angegeben sind.

4. Die Beurlaubung des Referendars bis zu 4 Wochen ge= nehmigt der Erste Staatsanwalt, weil ihm das Recht der Aufsicht zusteht.

§§ 3, 4 der Allgem. Verfüg. v. 28. Mai 1885, betr. die Beurlaubung der Justizbeamten (JMBI. S. 175) und Verfüg. des Oberlandes-Gerichts-Präs. zu Töln v. 1. März 1888, Pr. 1899.

5. Am Schluß der Beschäftigung ist ein an den Präsidenten des Oberlandesgerichts unmittelbar einzureichendes Zeugniß über das dienstliche und außerdienstliche Verhalten auszustellen, welches sich zu= gleich über die Leistungen der Referendare und die. etwa hervor= getretenen Mängel ausspricht (§ 19 Regulativ).

6. Unter den Pflichten des Referendars werden hervor= gehoben: Fleiß im Dienst, vorwurfsfreies Leben außer Dienst, insbesondere Vermeidung von Schulden, und Amtsverschwiegen= heit.

a) Von dem Inhalte des Justizministerial-Blattes hat er regelmäßig und sorgfältig Kenntniß zu nehmen.

Verfüg. der Vorstandsbeamten des Königl. Oberlandesgerichts Cöln v. 16. Oktober 1884, I, 3418. b) Die Präsidenten der Oberlandesgerichte und die mit der Beaufsichtigung des Vorbereitungsdienstes betrauten Personen haben darauf zu halten, daß der Referendar im Dienst wie außerhalb deffelben ein den Zwecken des Vorbereitungsdienstes und ihrer amtlichen Stellung entsprechendes Verhalten beobachten (§ 18 Theil III. Tit. 4 Allg. Ger.-Ordg.)

Dieser Passus der Allgem. Gerichts-Ordng. für die Preuß. Staaten 1793 lautet wörtlich:

,,Uebrigens müssen die den Justizbedienten überhaupt vorgeschriebenen Pflichten der Rechtschaffenheit, Akkuratesse, Arbeitsamkeit und Verschwiegenheit auch von den Referendarien heilig beobachtet werden; und sie müssen während der Zeit, da sie auf dieser Stufe stehen, sich einer fortgesett

regelmäßen und stillen Aufführung befleißigen; widrigenfalls, wenn sie sich zum unordentlichen Leben, Schuldenmachen und anderen Exceffen hinreißen lassen, oder sonst die von ihnen geschöpfte Hoffnung ihrer künftigen Brauchbarkeit durch unverbesserlichen Leichtsinn, Trägheit oder Zer= streuungen vereiteln, die Präsidenten auf die Ausstoßung solcher unwürdiger und untauglicher Subjecte, sonder Anstand oder Schonung, in Zeiten anzutragen schuldig sind."

Wenn ein Referendar sich so tadelhaft führt, daß er zur Belassung im Dienst sich nicht würdig zeigt oder wenn er seine Ausbildung durch Unfleiß vernachlässigt, so ist in Gemäßheit des § 84 des Geseķes vom 21. Juli 1852 (GS. S. 465) die Entlassung desselben aus dem Dienst in Antrag zu bringen.

§ 27 Regulativ.

c) Ueber die Amtsverschwiegenheit bestimmt die Kabinets - Ordre vom 21. November 1835, betr. die Amtsverschwiegenheit den öffentlichen Beamten (GS. S. 237).

Obgleich Geseze und Dienst-Instructionen der öffentlichen Beamten Verschwiegenheit über Gegenstände ihres Amtes zur Pflicht machen, so habe ich doch mißfällig in Erfahrung gebracht, daß die Pflicht aus den Augen gesetzt, über dergleichen Gegenstände, ohne amtliche Veranlassung, mündliche und schriftliche Mittheilung gemacht und solche selbst zur Publizität gebracht worden. Eine solche Verlegung der gefeßlichen Vorschriften ist nicht länger zu dulden; das Staatsministerium hat daher diese Mißbräuche abzustellen und zu veranlassen, daß die Departements-Chefs nicht nur ihren untergeordneten Behörden und Beamten die im Interesse des Dienstes unerläßliche Verschwiegenheit wiederholend und ernstlich einschärfen, sondern auch die geeigneten Anordnungen treffen, um die genaue Beobachtung derselben zu sichern und die Propalation der amtlichen Verhandlungen zu verhindern. Die Departements-Chefs haben auf die Befolgung dieser für die Beamten aller Kategorien geltende Vorschrift mit Ernst und Sorgfalt zu halten, die Beamten, welche dieselbe verlegen, unnachsichtlich zur Verantwortung und Bestrafung zu ziehen und Mir anzuzeigen, damit sie, dem Befinden nach, neben der erwirkten Strafe, ohne Pension aus dem Dienste entfernt werden. Ich beauftrage das Staatsministerium, die gegenwärtige Order durch die Gesetsammlung zur allgemeinen Kenntniß zu bringen.

Spätere Verfügungen sprechen sich in gleicher Weise aus:

„Kein Beamter darf über Gegenstände, von welchen er bei Wahrnehmung seines Dienstes Kenntniß erhalten hat, oder welche dadurch zu seiner Kenntniß gelangen, daß ihm, vermöge seiner amtlichen Stellung, Actenstücke und Urkunden zugänglich sind, irgend einer dritten Person Mittheilung machen. Besonders strafbar sind Mittheilungen, welche eine Verbreitung durch die Presse zum Zweck oder zur Folge haben."

Verfüg. der Vorstandsbeamten des Königl. OberlandesG. Cöln v. 11. April 1887. „Nur die im Justizministerial-Blatt bekannt gemachten Erlasse find für die Oeffentlichkeit bestimmt, die anderen Verfügungen für den inneren Dienst und die Acten. Ihre Mittheilung an dritte Personen, insbesondere zum Zwecke Krobitsch.

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der Veröffentlichung ohne besondere Genehmigung, enthält eine Verlekung der Pflicht zur Amtsverschwiegenheit.“

Cirk.Verfüg. vom 12. Juli 1885, I, 3108 u. Allgem. Verfüg. v. 20. April 1893, I, 1702.

7. Zu den Rechten des Referendars gehören:

a) die Stellung als unmittelbarer Staatsbeamter. Als Staatsdiener beeidet und in Folge besonderen Auftrages dienstlich thätig, genießt er auch den Schuß des § 113 Reichsstrafgesetes.

I. Straff. ReichsG. 25. April 1895, Entsch. Bd. 27 S. 176. b) die Zugehörigkeit zu den höheren Justizbeamten,

§ 7 der Allgem. Verfüg. v. 28. Mai 1885 (JMBI. S. 175).

c) das Tragen einer Civil-Uniform,

Ziffer 8 Zusammenstellung der Allerh. Verordg. v. 29. Juli 1889 (vgl. Müller, S. 451). d) die Anrechnung militärischer Dienstzeit,

Allgem. Verfüg. v. 29. April 1891, I, 1496.

e) die Aussicht auf etatsmäßige Anstellung.

§ 12.

Beschäftigung derselben.

Für die Beschäftigung der Referendarien bei der StAschaft während des kurzen Zeitraumes von 4 Monaten empfiehlt sich - von besonderen Ausnahmen abgesehen — folgende Anordnung: 1. Während des ersten Monats erhält der Referendar von demjenigen Dezernenten, welchem er zur Beschäftigung überwiesen ist, kleinere Sachen zum Vortrage, welche bereits im Vorverfahren schweben; bei diesem Vortrage ist die weiter zu treffende Verfügung (Requisition, Abweisung bezw. Einstellung, Anklage) formell und materiell zu besprechen und demnächst erst abzuseßen.

Im zweiten Monat sind dem Referendar größere Sachen (Strafkammer, Schwurgericht) zum Entwurfe der Verfügungen nach Vortrag zu überlassen, im dritten Monat ist er zur Strafvollstreckung und Bearbeitung von Strafaufschubs-Gesuchen heranzuziehen, auch sind ihm neue Sachen zur ersten Verfügung zu übertragen, nicht minder Gnaden- oder sonstige geeignete Berichte. Im vierten Monat hat der Referendar mindestens dreimal in öffentlicher Sizung aufzutreten; Sachen von genereller Bedeutung sind ihm zum Vortrag, zur Besprechung und demnächstigen Verfügung gelegentlich zu übertragen. 2. Während der ersten sechs Wochen seiner Beschäftigung hat sich der Referendar gleichzeitig mit dem Dienste im Secretariat, namentlich mit der Führung des Tagebuchs, des sog. J Registers und des KLM Registers, sowie mit der Expedition der Verfügungen und der Einrichtung des Strafregisters unter Information eines Secretärs zu bestimmter Zeit bekannt zu machen.

Nach sechs Wochen hat der Secretär kurz anzuzeigen, ob sich der Referendar mit dem Dienste im Secretariat hinreichend vertraut gemacht hat. 3. Bei den Revisionen des Gefängnisses hat der Referendar den Ersten Staatsanwalt zu begleiten. Ist der Erste Staatsanwalt nicht Gefängnißvorsteher, (wie in der Rheinprovinz) so hat derselbe einen regelmäßigen Besuch des Ge= fängnisses durch Einvernehmen mit dem Vorsteher herbeizuführen.

An der Revision der Ueberführungsstücke hat der Referendar Theil zu nehmen, ebenso an den regelmäßigen Conferenzen der StAschaft und daselbst

geeignete Sachen, wie abgeschlossene Voruntersuchungen und Gnadensachen zum Vortrag zu bringen.

4. Acten dürfen ohne Genehmigung des Dezernenten nicht mit nach Haus genommen werden, Bücher niemals.

Am Schlusse der Beschäftigung hat der Referendar schriftlich zu be= scheinigen, daß er weder Acten, noch Bücher hinter sich hat.

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§ 13.

Fraktische Gestaltung der Seitung und Aufsicht.

Damme, Verzögerungen und Beschleunigungen im Deutsch. Strafprozess (Preuss. Jahrbücher, Berlin, Bd. 76 S. 259). v. Marck, Die Staatsanwaltschaft § 87. §§ 2, 4 der Geschäftsordnung für die Secretariate der Staatsanwaltschaften bei den Landgerichten v. 3. August 1879 (JMBI. S. 230). Allgem. Verfüg. v. 14. Dez. 1894 betr. die Beschleunigung der Strafsachen (JMBI. S. 340).

Das Recht der Aufsicht und Leitung einer StAfchaft in Straffachen hat sich seit 1. Oktober 1879 in der Praris sehr verschieden entwickelt: persönliche, sachliche, provinzielle und örtliche Eigenthümlichkeiten üben dabei einen verschiedenen, aber erheblichen Einfluß aus. Folgende Einrichtungen sind indeß, wenn die dem Ersten Staatsanwalt zustehende volle Verantwortlichkeit nur einigermaßen zur Geltung gebracht werden soll, für eine landgerichtliche StAschaft unabweislich:

1. Die Vertheilung der Geschäfte an die beigeordneten Beamten, sowie die Bestimmung der Dienststunden gebührt dem Ersten. Staatsanwalt; auch besißt er die Befugniß, jederzeit die Bearbeitung schwieriger oder Aufsehen erregender Sachen selbst zu übernehmen. Fortdauernd hat er die verschlossen eingehenden Sendungen entgegen= zunehmen und alle neuen Eingänge mit Aufmerksamkeit durchzu= sehen, um über die anhängigen Sachen, namentlich diejenigen von be= sonderer Bedeutung, informirt zu sein. Eilbedürftige Verfügungen in Haft-, Preß-, Leichen-Sachen hat er sofort bei Eingang der Sache zu treffen. Auch hat er zu erwägen, welche bestimmte Sachen er selbst bearbeitet. Geboten erscheint dies namentlich in solchen Sachen, welchen wegen der Persönlichkeit des Beschuldigten oder wegen der Natur des Gegenstandes eine erhöhte Bedeutung beiwohnt. Zu diesen Sachen (vgl. § 6 oben A 2 der Allgem. Verfüg. vom 5. April 1883), welchen der Erste Staatsanwalt eine besondere Aufmerksam= keit widmen muß, wenn er sie nicht selbst bearbeitet, gehören mindestens:

1. Verbrechen bezw. Vergehen gegen §§ 80-109 RStGB.; | vgl.
2. Verbrechen gegen §§ 211, 212 a. a. D.;
j§ 60.
3. jede Preßsache, also jede Strafsache, in welcher die strafbare
Handlung durch ein Druckerzeugniß begangen ist (vgl. § 61);
4. jede Sache, in welcher ein Beamter oder Offizier beleidigt oder
sonst durch die strafbare Handlung verlegt ist;

5. jede Sache, in welcher ein Beamter oder Offizier einer straf-
baren Handlung beschuldigt wird;

6. die sogen. Ausstands-Sachen;

7. die Auslieferungs-Sachen.

Ohne Gegenzeichnung durch den Ersten Staatsanwalt darf keine dieser Sachen aus dem Secretariat abgehen! Die Vorlage aller dieser Sachen beim Ersten Staatsanwalt geschieht zur Vermeidung von Verzögerungen direkt, indem der Bote die Sachen vom Dezernenten nicht ins Secretariat, sondern zum Ersten Staatsanwalt trägt. Beim Dezernenten lagern sie gesondert in einem Fach mit der Aufschrift: „Erster Staatsanwalt".

2. Fortdauernd hat der Erste Staatsanwalt für einen schleunigen Geschäftsbetrieb Sorge zu tragen, weil jede Straffache mehr oder minder als Eilsache zu behandeln ist. Vorzugsweise zu beschleunigen ist die Bearbeitung der Haft- und Preß-Sachen (vgl. § 61), die Untersuchung und Entscheidung von Eisenbahn-Unfällen),

CirkVerfüg. v. 19. Oetober 1886, nach welcher auch den Eisenbahn-Behörden die ungesäumte Erstattung der für solche Unfälle vorgeschriebenen Anzeigen eingeschärft wird,

sowie die Erledigung von Aufsehen erregenden (vgl. § 60) Straf= thaten. Auch hat er darauf zu halten, daß die Dezernenten die erforderlich scheinenden Ermittelungen nicht stoßweise nach einander, erst die eine und nach deren Erledigung die andere, sondern von vornherein insgesammt einleiten und deshalb die verschiedenen Ersuchen um Vernehmungen und Ermittelungen durch besonders ausgefertigte Schreiben schon beim ersten Angriff gleichzeitig erlassen (vgl. § 35).

3. Die Presse, insbesondere die Druckschriften staatsfeindlicher Richtung, dürfen nicht unbeachtet bleiben. Periodische Druckschriften sind in einem Eremplar zu halten; die Kosten sind aus dem Fonds für Bureaubedürfnisse Kap. 74 Tit. 22 des Etats zu entnehmen.

Allgem. Verfüg. v. 14. September 1895, SJ 677.

4. Für Anfragen und Rücksprachen wegen eiliger Verfügungen, wie Beschlagnahme und Rechtfertigung von Rechtsmitteln, muß er zu bestimmter Zeit im Dienstzimmer vorhanden sein, nicht minder die Vorträge in bestimmten Sachen z. B. bei geschlossenen Voruntersuchungen, Gnadenberichten und Strafaufschubs-Sachen entgegennehmen, auch Gegenstände von genereller Bedeutung zu verabredeten Stunden mit den Dezernenten, unter Zuziehung der Referendare besprechen.

5. Ebenso liegt ihm die Kenntnißgabe der wichtigsten Entscheidungen hoher Gerichtshöfe, sowie Kenntnißgabe der höheren Örts im Justizministerialblatt bekannt gemachten oder sonst ergangenen Verfügungen an die beigeordneten Beamten, namentlich auch an die Referendarien ob.

Verfüg. der Vorstandsbeamten des Königl. Oberlandesgerichts zu Cöln v. 16. Oct. 1884.

6. Die Wahrnehmung des Sizungsdienstes hat der Erste Staatsanwalt für seine Mitarbeiter, unter Prüfung der dazu vorgelegten Terminsacten, so zeitig zu bestimmen, daß der Terminsdeputirte sich für besonders umfangreiche oder juristisch schwierige Sachen noch hinreichend vorbereiten kann. Bei Beginn des Schwurgerichts

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