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Nur dann sind Anklagen zu erheben, wenn mit Wahrscheinlichkeit die Verurtheilung zu erwarten steht.

Nr. 2 Rescr. v. 25. Mai 1850, I, 2084.

Erscheint mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der That die Verfolgung auch an sich gerechtfertigt, so darf dieselbe dennoch nicht eintreten, wenn die beizubringenden Beweise nicht mit einiger Wahrscheinlichkeit eine Verurtheilung erwarten lassen.

Beispiel a.

II Der Allgem. Verfüg. v. 4. April 1854 (JMBI. S. 147).

1. Scrib. an den 2c. zu 2c.

IV, 1308.

Auf die vom 2c. bei der Polizei-Verwaltung (Gensdarmerie-Station, Bürgermeisteramt) zu 2c. angebrachte und von dort zur zuständigen Verfügung hierher übersandte Anzeige, worin Sie die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den 2c. wegen Meineids beantragen, wird Ihnen nach Abschluß der stattgehabten umfangreichen Ermittelungen, sowie nach Prüfung des Sachverhalts hierdurch eröffnet, daß ich die Erhebung der öffentlichen Klage ablehne.

Allerdings hat sich ergeben, daß der 2c. bei seiner Zeugenvernehmung vor dem Kön. Amtsgericht zu 2c. am 2c., nach zuvoriger Beeidigung, diejenigen Thats fachen (Wahrnehmungen bei einem Vorfalle, insbesondere einer Körperverlegung, bei einem Abschlusse eines Geschäftes, bei einer Abmachung) als richtig bekundet hat, welche Sie in Ihrer Anzeige als falsch bezeichnen. Dagegen hat sich nicht der geringste Anhalt dafür ergeben, daß diese Thatsachen wahrheitswidrig bekundet sind. Außer Ihrem Zeugniß liegen nämlich irgendwelche Beweismittel nicht vor; Ihr Zeugniß wird aber um so weniger genügen, die Aussage des 2c. als falsch nachzuweisen, als Sie notorisch mit ihm verfeindet sind und ein großes Interesse an seiner Verurtheilung haben.

Die Einstellung des Verfahrens ist demgemäß angeordnet.

2. Rücksend. der Hülfsacten D 7/95 an das Kön. Amtsgericht zu 2c. 3. Notet. Einstell.

4. Wegl. bis 1907.

S. den 2c.

Beispiel b.

...

weil der von Ihnen angeregte Verdacht der Thäterschaft keinerlei Bestätigung gefunden hat. Ein anderer Verdacht ist troß umfangreicher Nachforschungen nicht hervorgetreten, bei der Länge der inzwischen verflossenen Zeit ist Aussicht auf besseren Erfolg nicht mehr gegeben.

Das Verfahren ist daher eingestellt.

4. Für die Mittheilung an den Beschuldigten (falls er vom Richter verantwortlich vernommen oder Haftbefehl erlassen war) genügt folgende Form:

Mit Bezug auf Ihre am 2c. beim Kön. Amtsgericht zu 2c. stattgehabte verantwortliche Vernehmung werden Sie davon in Kenntniß geseßt, daß das Verfahren eingestellt ist.

§ 69.

Beschwerde des Berlekten. Zustellungswesen. Strafbarkeit der Quärusanten. § 170 StrPrOrdg. v. 1. Februar 1877 (RGBl. S. 253). Löwe, Kommentar, S. 471 ff. Dalcke, Strafrecht u. Strafprozess, S. 117. - Dalcke, Ueber die Innehaltung der Fristen aus § 170 StrPrOrdg. in Goltd. Arch. Bd. 40 S. 256, und die weiteren Bemerkungen desselben zur Auslegung dieses Paragraphen in Bd. 41 S. 93. - Delius (in Groschuff, Eichhorn u. Delius), Die preussischen Strafgesetze, Berlin 1894, S. 120. Hitzig, Ueber den Quärulantenwahnsinn, seine nosologische Stellung und seine forensische Bedeutung, Leipzig.

Gegen die Einstellung des Verfahrens hat der dadurch verlezte Antragsteller ein doppeltes Rechtsmittel; die StrPrOrdg. bestimmt in:

§ 170: Ist der Antragsteller zugleich der Verletzte, so steht ihm gegen diesen Bescheid binnen zwei Wochen nach der Bekanntmachung die Beschwerde an den vorgesetzten Beamten der Staatsanwaltschaft und gegen dessen ablehnenden Bescheid binnen einem Monate nach der Bekanntmachung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu.

Vorausseßung für beide Rechtsmittel ist die Feststellung der Zu

stellung.

I. Das Zustellungswesen.

Für das Strafverfahren kommen zwei Arten von Zustellungen in Betracht:

1. durch den Gerichtsvollzieher, § 37 StrPrOrdg. u. §§ 152 ff. Civ PrOrdg.;

§ 38 StrPrOrdg.: Die bei dem Strafverfahren betheiligten Personen, denen die Befugniss beigelegt ist, Zeugen und Sachverständige unmittelbar zu laden, haben mit der Zustellung der Ladung den Gerichtsvollzieher zu beauftragen. §§ 193, 219, 221, 384, 426, 437 StrPrOrdg.

2. durch den Hülfsgerichtsvollzieher.

§ 39 StrPrOrdg.: Für das die öffentliche Klage vorbereitende Verfahren, für die Voruntersuchung und für das Verfahren bei der Strafvollstreckung können durch Anordnung der Landesjustizverwaltung einfachere Formen für den Nachweis der Zustellung zugelassen werden.

Dies ist für Preußen geschehen durch die Allgem. Verfüg. v. 16. Juli 1879, betr. vereinfachte Zustellung in Straffachen (JMBL. S. 294). Danach übergiebt der Secretär der StAschaft den Brief, auf dessen Umschlag der Vermerk steht: Vereinfachte Zustellung an den bestellten Gerichtsdiener behufs Beförderung zur Post; von dort kehrt alsdann die Bescheinigung des Postboten mit seiner Unterschrift als Nachweis zurück, wann und welcher Person (§§ 177, 176 CivPrOrdg.) zugestellt worden ist. Gerade die ab= lehnenden Bescheide werden durch Vereinfachte Zustellung übermittelt; aus der Bescheinigung des Briefträgers ist daher leicht das Datum der Zustellung zu ersehen.

In seinen Bemerkungen zum Entwurfe eines Gesetzes betr. Abänderung und Ergänzungen des GerVerfGes. und der StrPrOrdg. verlangt Landgerichtsrath Dr. Wolff (Goltd. Arch. Bd. 42 S. 94) durchweg Zustellung durch das Gericht.

Krobiksch.

12

Ueber die Frankirung der Briefsendung vgl. Bestimmungen des Kön. Staatsministeriums v. 7. Februar 1894 und Allgem. Verfüg. v. 4. März 1894, betr. die Behandlung der Postsendungen in Staatsdienst- und Parteisachen im Bereiche der Justizverwaltung, sowie den Geschäftsverkehr zwischen den Postanstalten und den Justizbehörden (JMBl. S. 58). Ferner: Allgem. Verfüg. v. 22. Juni 1894, betr. die Behandlung der von den Hülfsgerichtsvollziehern zur Post zu gebenden Sendungen mit Zustellungs-Urkunde (JMBL. S. 167). Endlich: Allgem. Verfüg. v. 25. August und 4. October 1894 (JMBI. S. 254 u. 292), Allgem. Verfüg. v. 17. April 1895, betr. die Anwendung des Aversionirungsvermerks bei Packetsendungen (JMBI. S. 138) und v. 7. October 1895, betr. die Frankirung von Postsendungen in Straf- und Disciplinarsachen (IMBI. S. 310).

II. Der Verleßte.

Als Verlegter ist Jeder anzusehen, „der durch das betr. Delikt in seinen Rechten, privaten oder öffentlichen, gekränkt worden ist", Dalde a. a. D.; ebenso derjenige, in dessen Rechtssphäre die Strafthat unmittelbar eingreift, dessen Recht durch die Begehung einer strafbaren Handlung beeinträchtigt wurde.

Beschl, des OLG. Hamburg v. 15. Juni 1889, Goltd. Arch. Bd. 37 S. 310.

Daher ist ein Gemeinde-Angehöriger nicht als ein Verleßter im Sinne des § 170 a. a. D. anzusehen, wenn die behauptete strafbare Handlung zum Nachtheile der Gemeinde begangen sein soll.

Beschl. des OLG. Cassel v. 2. Aug. 1890, Goltd. Arch. Bd. 38 S. 368.

Dagegen ist der Antragsteller im Falle des § 210 StrPrOrdg. als „Verletter" anzusehen (vgl. § 79).

III. Die Beschwerde.

Die Einsendung der vom Oberstaatsanwalt eingeforderten Acten erfolgt z. B. in Berlin durch Ausfüllung eines Schemas, sonst durch Marginalbericht auf einem gebrochenen Bogen:

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Vorausgesezt wird hierbei, daß eine Prüfung der Beschwerde sie als unbegründet erkennen läßt. Giebt sie dagegen sachgemäß eine Thatsache oder Beweismittel an, welche Anlaß zur Fortsezung der Ermittlungen geben können, so empfiehlt sich die Form:

mit der Anheimgabe geh. hochgeneigtest mir die Verhandlungen nebst Beschwerde wieder zugehen zu lassen, damit auf Grund der neuen Thatsachen (Beweismittel) weitere Erhebungen eintreten können.

Der Erste Staatsanwalt.

Auf diese Weise wird die ausdrückliche Anweisung des vorgeFetten Oberstaatsanwalts zur weiteren Erforschung des Sachverhalts vermieden. Pflichtet der Oberstaatsanwalt dieser Anheimgabe bei oder giebt er der vorgebrachten Beschwerde statt, so tritt das Ermittlungsverfahren nach Rückkehr der Acten auf Grund der Anführungen der Beschwerdeschrift oder der Anweisung des Oberstaatsanwalts ein. Bestätigt der Oberstaatsanwalt die Einstellung, indem er die Beschwerde als unbegründet zurückweist, so kann der Verleßte zunächst weitere Beschwerde im Aufsichtswege beim Justizminister (ohne Frist!) an= bringen, außerdem aber binnen einem Monat nach der Bekanntmachung des Bescheides des Oberstaatsanwalts den Antrag auf ge= richtliche Entscheidung (§ 70) stellen.

IV. Fortgesette unbegründete Beschwerdeführung kann im Geltungsbereiche der Preuß. Allgem. Gerichtsordnung, unter gewissen Voraussetzungen, zur Bestrafung führen. Die noch heute gültige Bestimmung derselben lautet in Theil III, Tit. 1:

§ 30: Diejenigen Parteien, welche sich der vorgeschriebenen Ordnung nicht unterwerfen, sondern entweder die Collegia und deren Vorgesetzte mit offenbar grundlosen und widerrechtlichen Beschwerden gegen bessere Wissenschaft und Ueberzeugung belästigen; oder, nachdem sie ihres Unrechts gehörig bedeutet worden, mit ihren Klagen dennoch fortfahren und durch wiederholtes ungestümes Suppliziren etwas, so gegen Recht und Ordnung ist, durchzusetzen und zu erzwingen suchen; oder die endlich gar das Justizdepartement oder Sr. Königlichen Majestät Allerhöchste Person mit falschen und unrichtigen Darstellungen ihrer Angelegenheiten, oder mit unwahren und erdichteten Beschuldigungen und Verunglimpfungen der Kollegien und Gerichte zu behelligen sich unterfangen, sollen als muthwillige oder boshafte Quärulanten angesehen, ihnen der Prozess gemacht und über ihre Bestrafung rechtlich erkannt werden.

§ 31: Gegen einen solchen unbefugten Quärulanten soll, nach Beschaffenheit der Umstände, des mehr oder minder offenbaren Ungrunds seiner Beschwerden, und des dabei erwiesenen Grades von Bosheit und Hartnäckigkeit, Gefängniss-, Festungs- oder Zuchthausstrafen von 14 Tagen bis zu 6 Monaten stattfinden.

Durch diese Bestimmungen werden nicht nur die collegialischen Gerichtsbehörden, sondern alle zu der Justizpflege berufenen Behörden, also auch die staatsanwaltlichen Beamten geschüßt.

ReichsG. 28. Dezbr. 1883 (JMBI. 1884 S. 48).

Für die Anwendung der Strafvorschrift der Belästigung sind drei verschiedene Thatbestände erforderlich: zunächst die Feststellung, daß Angeklagter bei Belästigung der Behörden gegen bessere Ueberzeugung und Wissenschaft gehandelt; sodann, daß er seine Forderungen zu er= zwingen gesucht hat, und endlich muß ein wiederholtes, also mindestens ein zweimaliges Suppliziren nachfolgen.

Der Thatbestand der mit Strafe bedrohten Handlung liegt nicht vor, wenn der Thäter von seinem mit der Eingabe verfolgten Rechte überzeugt ist, oder über die rechtliche Ungültigkeit seiner Ansprüche nicht in eingehender Weise be= schieden worden.

II. Straff. ReichsG. v. 23. febr. 1892, Goltd. Arch. Bd. 39 S. 438.

§ 70.

Beschluß des Gerichts auf Erhebung der öffentlichen Klage.

§ 170 StrPrOrdg. v. 1. Februar 1877 (RGBl. S. 253).

- Löwe, Kommentar, Berlin 1892, S. 473.

Dalcke, Strafrecht u. Strafprozess, S. 117.

Der Anbringung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung müssen nothwendigerweise vorausgehen die Bescheide der StAschaften beim Landgericht und beim Oberlandesgericht, durch welche die Erhebung der öffentlichen Klage gegen Empfangsbescheinigung abgelehnt wird; Verzögerung der Anklageerhebung oder andere rechtliche Qualifizirung berechtigen nicht zur Stellung des Antrages. Derselbe ist sodann binnen einem Monat nach der Bekanntmachung der Ablehnung bei dem für die Entscheidung zuständigen Gericht, also regelmäßig beim Oberlandesgericht einzureichen, muß aber die Thatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, sowie die Beweismittel angeben, auch von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

Der Antrag des Verlegten auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig, wenn er, statt die Thatsachen, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollen, und die Beweismittel anzugeben, nur auf die Begründung der an die Oberstaatsanwaltschaft gerichteten Beschwerde Bezug nimmt.

Beschl. des OLG. München v. 29. Mai 1890, Goltd. Arch. Bd. 38 S. 368.

1. In den vor das Reichsgericht gehörigen Sachen kann der Antrag nach der Ablehnung durch den Ober-Reichsanwalt direkt beim Reichsgericht angebracht werden, weil ein „vorgeseßter Beamter der StAschaft" für den Ober-Reichsanwalt nicht vorhanden ist und bei ihm daher eine Beschwerde nicht angebracht werden kann.

2. Der Begriff des „Verlezten" ist, wie schon in § 69, möglichst. weit auszudehnen. Hat derselbe einen geseßlichen Vertreter, so übt dieser seine Befugnisse aus.

Zum Antrage auf gerichtliche Entscheidung ist der Stiefvater eines minder jährigen Verlegten nicht legitimirt, sondern sein geseßlicher Vormund.

OLG. Dresden, 13. Januar 1890, Ann. 11 S. 481. Goltd. Arch. Bd. 38 S. 368.

Ueber den Begriff des Verleßten vgl. auch Goltd. Arch. Bd. 41 S. 299 ff.

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