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Eine andere Strafe als Geldstrafe bis höchstens 150 Mark oder Freiheitsstrafe von höchstens 6 Wochen, sowie eine etwa verwirkte Einziehung darf jedoch durch amtsrichterlichen Strafbefehl nicht festgefeßt, auch die Ueberweisung des Angeschuldigteu an die Landespolizeibehörde darin nicht ausgesprochen werden.

2. Der Antrag muß enthalten:

a) eine genaue Bezeichnung des Angeschuldigten, unter Angabe seines Wohnortes und Alters, seiner Vorbestrafungen und seines militärischen Verhältnisses; b) die dem Angeschuldigten zur Last gelegte That unter Hervorhebung ihrer geseglichen Merkmale, sowie der Zeit und des Ortes der That;

c) die anzuwendenbe Strafvorschrift und, wenn Zuwiderhandlung gegen eine Bezirks- oder Localpolizei-Verordnung begangen ist, die Anführung der Stelle des Amtsblattes 2c., wo die Vorschrift zu finden ist;

d) die Benennung der Zeugen und der sonstigen Beweismittel;

e) die in Aussicht genommene, nach Art und Höhe bestimmt bezeichnete Strafe, insbesondere auch die etwa nach §§ 28, 29 RStrGB. eintretende Freiheitsstrafe.

Mit dem Antrage gehen zugleich die Akten an den Amtsrichter. 3. Beispiel A.

1. Exped. Antrag der Kön. Staatsanwaltschaft auf Erlaß eines Strafbefehls in Sachen III J 111/96.

Der Bergmann Friedr. Sch. zu N., geb. am 2c. zu 2c., luth., verheirathet, Soldat gewesen, unvermögend, unbestraft,

wird angeklagt:

in 2 am 2c. in den Reitplag des Drag. Regts. Nr. 2c., das befriedete Besizthum des Kön. Mil.-Fiskus widerrechtlich eingedrungen zu sein, sich auch, als er ohne Befugniß darin verweilte, sich auf die Aufforderung des dazu berechtigten Wachtmeisters 3. nicht entfernt zu haben.

Vergehen gegen § 123 RStr.GB.

Strafantrag des Regts. Commandeurs von 2c. Bl. 2c. act.

Als Beweismittel dient das Zeugniß des Wachtmeisters 3.

Es wird beantragt, durch Strafbefehl eine Geldstrafe von 5 Mark, ev. eine Freiheitsstrafe von einem Tage Gefängniß festzusetzen.

S. den 2c.

2. An das Kön. Amts-Gericht, Abth.

3. Nach 3 Wochen.

Beispiel B.

1. Exped. folgender Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls an das Kön. Amts-Gerichts Abth. hier.

gegen den 2c.

weil derselbe in seinem Tabacksgeschäfte den Käufern Cognac und Nordhäuser ohne Erlaubniß gegen Bezahlung verabreichte, also den selbständigen Betrieb eines stehenden Gewerbes, nämlich die Schankwirthschaft, zu dessen Beginn eine besondere polizeiliche Genehmigung erforderlich ist, ohne die vorschriftsmäßige Genehmigung unternommen und zugleich, den geseßlichen Vorschriften wegen Ent

richtung der Gewerbesteuer entgegen, den Anfang eines steuerpflichtigen stehenden Gewerbes nicht angezeigt zu haben,

§§ 33, 147, GewOrdg., Ges. 30. Mai 1820, § 15 des Ges. v. 19. Juli 1861, § 17, 28 des Ges. v.. 3. Juli 1876.

in Höhe von 60 Mark, im Unvermögensfalle 20 Tage Haft.

Als Beweismittel dienen folgende Zeugen: 2c.

Die Verhandlungen sind beigefügt.

S. den 2c.

2. Nach 1 Woche.

4. Die ursprüngliche Bestimmung des Art. 59 Geschäftsorduung, daß gegen einen Beschuldigten unter 18 Jahren, ebenso gegen einen Taubstummen ein Strafbefehl nicht zu beantragen sei, ist später abgeändert:

Gegen einen Beschuldigten, welcher zur Zeit der That das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, oder gegen einen Taubstummen darf der Erlaß eines Strafbefehls nur dann beantragt werden, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Ueberzeugung gewähren, daß der Beschuldigte bei Begehung der strafbaren Handlung die zur Kenntniß ihrer Strafbarkeit erforderliche Einsicht be= sessen hat.

Allgem. Verfüg. v. 28. Novbr. 1895, betr. eine Abänderung der Geschäftsanweisung für die Amtsanwälte (JMBI. S. 414).

Hier ist noch folgende Bestimmung ergangen:

Der Antrag auf Erlaß eines richterlichen Strafbefehls gegen jugendliche oder taubstumme Personen darf nicht zur Regel werden, ist vielmehr nur dann zu stellen, wenn durch Thatsachen die Ueberzeugung begründet erscheint, daß dieBeschuldigten zur Zeit der Verübung der That die zur Erkenntniß der Strafbarkeit erforderliche Einsicht besaßen. Solche Thatsachen werden beispielsweise gefunden werden können in Vorbestrafungen, in dem Verhalten des Thäters bei oder nach der That, in seinem Lebensalter, der genossenen Erziehung und den Lebensverhältnissen, sowie in der Auskunft urtheilsfähiger Personen über die geistige Entwickelung des Beschuldigten. In den Antrag auf Erlaß eines Strafbefehls ist ein Vermerk über das Vorhandensein der zur Kenntniß der Strafbarkeit erforderlichen Einsicht, sowie über die Thatumstände aufzunehmen, aus welchen dasselbe zu folgern ist. Bei strafbaren Handlungen, welche nach Ansicht des Amtsanwalts mit einem Verweise zu ahnden sein würden, ist der Erlaß eines Strafbefehls mit Rücksicht auf § 447 Abs. 2 StrPrOrdg. nicht zu bez antragen. Sollten einzelne Amtsgerichte gegen die Zulässigkeit des Strafbefehls rechtliche Bedenken erheben, so ist auf das Erkenntniß des Reichsgerichts vom 21. November 1893 (Entsch. Bd. 24 S. 411) und auf § 1 des Gesezes vom 23. April 1883 (GS. S. 65) hinzuweisen.

Seitens der Kön. Amtsgerichte wird bei Zustellung des Strafbefehls ähnlich wie im § 268 StrPrOrdg. vorgeschrieben, dem gefeßlichen Vertreter des Be= schuldigten eine Abschrift des Strafbefehls zugestellt werden, um denselben für alle Fälle zur Wahrnehmung der Rechte des Beschuldigten in den Stand zu seßen. Allgem. Verfüg. v. 20. Dezbr. 1895, I, 7072.

5. Will der Amtsrichter eine andere, als die beantragte Strafe festsehen, so hat er die Akten zunächst dem Amtsanwalt zur Erklärung.

vorzulegen; lehnt der Amtsrichter den Erlaß des Strafbefehls überhaupt ab, ohne die Sache zur Hauptverhandlung zu bringen, so steht dem Amtsanwalt die sofortige Beschwerde zu.

Dalde a. a. O. Not. 8. Vgl. auch § 88.

Hat der Amtsrichter keine Bedenken gegen die beantragte Strafe, so hat er Strafbefehl in der Form des § 449 StrPrOrdg. zu_erlassen. Ueber Einspruch, Verhandlung, Rechtskraft vgl. auch §§ 450 bis 452.

Aus der Praris des Reichs-Gerichts interessiren hier folgende Entscheidungen:

Die Erlassung eines vollstreckbar gewordenen amtsrichterlichen Strafbefehls schließt die nochmalige Aburtheilung derselben That unter einem schwereren rechtlichen Gesichtspunkte nicht aus.

Urth. v. 2. Juni 1881, Rechtsp. III S. 367.

Dieser Grundsag findet aber dann keine Anwendung, wenn die erneute Verhandlung uur denselben Thatbestand ergiebt, wegen dessen schon im Strafbefehle die Strafe festgesezt war.

Urth. v. 8. Oktober 1886, Rechtspr. VIII, S. 606 und v. 2. Januar 1896, Entsch. Bd. 28 S. 83. Der Einwand der rechtskräftig entschiedenen Sache kann auch in der Revisionsinstanz noch vorgebracht werden.

§ 64.

Verfahren nach vorangegangener polizeilichen Strafverfügung.

StrPrOrdg. §§ 453–458. — Löwe, Kommentar, S. 857. Dalcke, Strafrecht und Strafprozess, S. 230-232. Gesetz, betr. den Erlass polizeilicher Strafverfügungen wegen Uebertretungen, v. 23. April 1893 (GS. S. 65). Anweisung des Ministers des Innern und des Justizministers v. 8. Juni 1883 zur Ausführung dieses Gesetzes (bei Dalcke S. 221). Allgem. Verfüg. des Justizministers v. 2. Juli 1883 zur Ausführung desselben Gesetzes (JMB1. S. 223). v. Marck, Die Staatsanwaltschaft (Berlin 1884) § 69. - Art. 66-70 Geschäftsanweisung für die Amtsanwälte v. 28. August 1879 (JMBI. S. 260). Huther, Vom Verfahren nach polizeilicher Strafverfügung (Goltd. Arch. Bd. 37 S. 136-154 u. Bd. 40 S. 112). — Stenglein, Hat der Richter die Ungültigkeit einer polizeilichen Strafverfügung in dem nach § 456 StrPrOrdg. angeordneten besonderen Verfahren zu beachten? 1889 (Goltd. Arch. Bd. 43 S. 23). Berner, Der Grundsatz des ne bis in idem, Leipzig 1891. - Reiffel, Ne bis in idem (Goltd. Arch. Bd. 42 S. 89). Zitzlaff, Die strafprozessualische Rechtsregel ne bis in idem im Lichte der Judikatur des Reichsgerichts (Goltd. Arch.

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Bd. 42 S. 208-218).

1. Durch § 453 StrPrOrdg. ist den Polizeibehörden die Befugniß zugesprochen, eine in den Strafgeseßen angedrohte", also eine kriminelle Strafe festzusehen, indeß nur wegen Uebertretungen; auch darf die Polizeibehörde keine andere Strafe, als Haft bis zu 14 Tagen oder Geldstrafe (für den Nichtbeitreibungsfall Haft) fest= seben und eine etwa verwirkte Einziehung (§§ 67 u. 116 unter VI) verhängen.

Die nähere Regelung des Verfahrens der Polizeiverwalter ist der Bestimmung der Landesgefeße überlassen, für Preußen inzwischen neu erfolgt durch das Gesez vom 23. April 1883 (siehe oben).

2. Nach § 1 dieses Gefeßes ist die polizeiliche Strafverfügung auch zulässig gegen Beschuldigte im Alter von 12 bis 18 Jahren,

dagegen ist die Höhe der Strafe, gegenüber der reichsgeseßlichen Be= stimmung, wesentlich eingeschränkt. Der Polizeiverwalter darf näm= lich nicht mehr als 30 Mark oder 3 Tage haft festseßen, sowie eine etwa verwirkte Einziehung verhängen. Hält er eine höhere Strafe für gerechtfertigt, so muß er die Verfolgung dem Amtsanwalt überlassen.

3. Neben der Strafe muß die Strafverfügung die Strafthat, das anzuwendende Strafgefeß, die Beweismittel und die Eröffnung enthalten, daß binnen einer Woche bei der Polizeibehörde oder beim Amts-Gericht auf gerichtliche Entscheidung angetragen werden kann.

4. Aus der allgemeiuen Bestimmung in § 2 der angeführten Anweisung:

„Der Polizeiverwalter hat zu prüfen, ob er selbst eine polizeiliche Strafverfügung zu erlassen oder die Sache an den Amtsanwalt zur gerichtlichen Verfolgung abzugeben hat."

folgt, daß niemals eine Anzeige ohne Strafverfügung vom Polizeiverwalter zurückbehalten werden darf, selbst nicht in dem Falle, wo er das Vorliegen einer strafbaren Handlung nicht annehmen zu sollen glaubt (vgl. Ziff. 6 des § 49 u. Löwe Not. 4 zu § 454 a. a. D.).

5. In Bergpolizeisachen ist der Erlaß einer polizeilichen Strafverfügung vollständig ausgeschlossen, also auch für die Bergpolizeibehörden. Vielmehr hat der Revierbeamte über die Uebertretung der bergpolizeilichen Vorschriften ein Protokoll aufzunehmen und solches dem Amtsanwalt zu übersenden.

§ 209 des Allgem. Bergges. v. 24. Juni 1865 (GS. S. 705) u. § 2 Nr. 3 des Ges. v. 23. April 1883.

Ebenso findet die Festsetung einer Strafe durch die Polizeibehörden nicht statt:

1. bei Üebertretungen, für deren Aburtheilung die Rheinschifffartsgerichte, die Elbzollgerichte oder die Gewerbegerichte zuständig sind, 2. bei Uebertretungen der Vorschriften über die Erhebung öffentlicher Abgaben und Gefälle.

6. Die Form der polizeilichen Strafverfügung regelt § 4 des angeführten Gesezes, die nach § 11 a. a. D. zulässige Strafverfügung gegen Militärpersonen die Anweisung vom 8. Juni 1883 in §§ 22 und 10 Nr. 5. Vgl. oben § 24.

7. Bei einem Antrage des Beschuldigten auf gerichtliche Ent= scheidung gehen die Akten an den Amtsanwalt, welcher dieselben dem Amtsgerichte

zur gefälligen Terminsbestimmung

übersendet; dasselbe hat gleichzeitig über ein etwaiges Gesuch um Wiedereinsehung in den vorigen Stand zu entscheiden. (§ 455). Unten § 91.

Der Einreichung einer Anklageschrift oder der Eröffnung des Hauptverfahrens bedarf es nicht; bei der Urtheilsfälluug ist das Gericht an den Ausspruch der Polizeibehörde nicht gebunden. War die

Polizeibehörde zum Erlaß der Strafverfügung nicht befugt, so hat das Gericht dieselbe durch Urtheil aufzuheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden.

8. Nach Eintritt der Rechtskraft des Urtheils hat der Amts= anwalt Abschrift der Urtheilsformel derjenigen Polizeiverwaltung mit= zutheilen, welche die Strafverfügung erlassen hatte.

Nr. 2 der Allgem. Verfüg. des Justizmin. v. 2. Juli 1883 u. Ziff. 5 Allgem. Verfüg. v. 25. Aug. 1879 (JMBI. S. 251).

9. Zur Frage, ob die Rechtskraft einer polizeilichen Strafver= fügung eine weitere Bestrafung ausschließt, vgl. Dalcke, S. 232 Not. 19 und außerdem:

Der Erlaß einer polizeilichen Strafverfügung wegen Uebertretung der die nöthigen Schuhvorrichtungen an einer Dreschmaschine anordnenden Regierungsverodnung steht, auch wenn die Verfügung rechtskräftig geworden, einer Strafverfolgung wegen eines durch Maschine veranlaßten Unglücksfalles nicht entgegen. Bei der Strafzumessung muß jedoch die durch eine Strafverfügung festgesette Strafe berücksichtigt werden.

IV. Straff. ReichsG. 5. febr. 1889, Goltd. Arch. Bd. 37 S. 59.

10. Die Polizeibehörde ist auch zur Milderung einer anfänglich festgesetten Strafe befugt, wie der Minister des Innern in dem Cirkular-Rescript vom 5. September 1892, II, 8449, zutreffend aus dem zweiten Absaß des § 454 a. a. D. folgert.

11. In der Praxis ist wiederholt die Wahrnehmung gemacht worden, daß ein großer Theil der Freisprechungen beim Schöffen= gerichte auf unbegründete polizeiliche Strafverfügungen zurückzuführen ist. Zur Vermeidung der hierdurch für den Justizfiskus entstandenen erheblichen Kosten, sowie zur Aufrechterhaltung des nothwendigen An= sehens der Polizeiverwaltungen empfiehlt sich eine Befragung des Beschuldigten vor Abgabe der Akten an den Amtsanwalt darüber, aus welchen Gründen er gerichtliche Entscheidung_beantragt. Ergiebt sich durch weitere Erhebung, daß die Strafverfügung (wegen Unfugs, unbefugten Betretens eines Weges, einer Wiese 2c.) thatsächlich oder rechtlich unbegründet ist, so kann der Polizeiverwalter sie noch zurücknehmen (Abs. 2 § 454 a. a. D.).

§ 65.

Das administrative Strafverfahren.

§§ 459-469 StrPrOrdg. v. 1. Februar 1877 (RGBl. S. 253). — Löwe, Kommentar (1892) S. 862–872.
Geschäftsanweisung für die Amtsanwälte v. 28. August 1879 (JMB1. S. 260) Art. 71-78.
v. Marck, Die Staatsanwaltschaft, Berlin 1884, S. 88-91. Hoyer, Die preussische Stempelgesetz-
gebung, S. 278 ff. Trautvetter, Das Strafrecht der Zoll- nnd Verbrauchssteuergesetze in der
Rechtsprechung. Bonnenberg, Das Strafverfahren in Zoll- u. Steuersachen. Böhm, Das
Stempelsteuergesetz v. 31. Juli 1895 für Preussen. Gaupp und Loeck, Stempelsteuergesetz.
Assmann, Die Stempelgesetze und Tarife für das Deutsche Reich und Preussen, Mülheim.
Dalcke, Strafrecht und Strafprozess, S. 232-235.

A. Allgemeines. 1. Zum Erlaß und zur Vollstreckung von Strafbescheiden in bestimmten Sachen sind auch Verwaltungs

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