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V.

I. 3u berichten dem Herrn Justizminister:

Fünfter Bericht des Ersten
Staatsanwalts (wie früher).

Eilt!

S. den 2c.

Euer Excellenz

zeige ich mich im Anschluß an meinen Bericht vom 26. v. M. ehrerbietigst an, daß das den 2c. G. verurtheilende Erkenntniß des hiesigen Schwurgerichts vom 26. v. M. die Rechtskraft erlangt hat und nunmehr die Strafvollstreckung von mir gegen denselben in die Wege geleitet worden ist.

Der Erste Staatsanwalt.

II. Gleichlautender Bericht geht an den Herrn Ober-Staatsanwalt (mit der
Abänderung wie oben) und Zusaß:

Dem Herrn Justizminister ist gleich lautender Bericht erstattet worden.

Der Erste Staatsanwalt.

Wegen etwaiger Zuziehung eines sog. Geheim - Commissars, bei Nichtermittelung des Thäters, vgl. Ziff. 2 § 58

§ 61.

Berfahren in Preßftrafsachen.

v. Liszt, Das deutsche Reichs-Pressrecht.

Delius, Das Reichsgesetz über die Presse vom

7. Mai 1874 und die übrigen auf das Presswesen bezüglichen Bestimmungen der Reichs- und Landesgesetze. Hannover.

v. Bülow, Der verantwortliche Redacteur und seine strafrechtliche Haftung, Goltd. Arch. Bd. 40 S. 241. v. Buri, Die Verantwortlichkeit des Redacteurs nach den §§ 20, 21 des Pressges. 1896. (Zeitschr. für die gesammte Rechtswissenschaft Bd. 16 S. 48-73). Grüttefien, E., Die Thäterschaft des verantwortlichen Redacteurs, Berlin. Oetker, Die Verantwortlichkeit des Zeitungsredacteurs, Preuss. Jahrbücher, Berlin, Bd. 76 S. 385. Baudler, Zum Schutz der Wahrheit in der Presse, Grenzboten 1890, S. 535. Löning, Die strafrechtliche Haftung des Redacteurs, Jena. Meves, Bemerkungen zum Reichsges. über die Presse vom 7. Mai 1874, Goltd. Arch. Bd. 39 S. 15 (Auslegung der §§ 6 u. 7). Entsch. des Reichsgerichts über die Verantwortlichkeit des Redacteurs, Bd. 27 S. 246 u. 338. — Bulling, Der örtliche Gerichtsstand in Pressstrafsachen, Berlin 1894. - Dalcke, Strafrecht u. Strafprozess, 1893, S. 393–412.

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Eigenart der sog. Preßstrafsachen: Sehr schleuniger Prozeßbetrieb, wiederholte Berichterstattung, verschärfte Aufmerksamkeit des Ersten Staatsanwalts.

1. In Bezug auf die Beschleunigung des Verfahrens stehen die Preßstraffachen den Haftsachen gleich:

„Wenn schon in allen übrigen Fällen die Schnelligkeit der Bestrafung im Interesse einer geordneten Straf-Rechtspflege liegt, so ist sie in den Untersuchungen wegen Preßvergehen mit Rücksicht auf die besondere Natur dieser Vergehen doppelt geboten, und es muß als die Pflicht der Staatsanwälte angesehen werden, bei der Behandlung der Preßprozesse nicht nur selbst Alles zu thun, um die bei Haftsachen geltenden Grundsäße auch hier zur Geltung zu bringen, sondern mit den geseßlich ihnen zu Gebote stehenden Mitteln auf eine gleich schleunige Behandlung seitens der Gerichte hinzuwirken.“

Allgem. Verfüg. v. 1. febr. 1875, I, 451.

Die möglichst rasche Herbeiführung der Aburtheilung ist nochmals zur Pflicht gemacht durch die Allgem. Verfüg. vom 20. Dezember 1893, I, 5153.

2. Was die Verpflichtung zu wiederholter Berichterstattung anlangt, so

...

wollen Sie in Zwischenräumen von 4 zu 4 Wochen in den anhängigen einzelnen Untersuchungen über die Lage derselben berichten und wo etwa besondere Umstände die Untersuchung verzögert haben, dies anzeigen ... Allgem. Verfüg. v. 1. febr. 1875.

3. Die vierwöchentliche Berichterstattung ist sodann eingeschränkt: Nach der Cirk.Verfüg. vom 1. Febr. 1875 ist über die Lage der anhängigen Preßsachen von 4 zu 4 Wochen an den Minister zu berichten. Ich will diese Anordnung hiermit auf diejenigen Preßstrafsachen einschränken, in denen es sich um Majestätsbeleidigung, um Beleidigung eines Mitgliedes des Kön. Hauses, um Beleidigung der Staatsregierung oder eines Mitgliedes derselben, oder um eine solche Angelegenheit handelt, welcher nach dem Ermeff en des Oberstaatsanwalts in politischer oder sonstiger Beziehung eine größere Bedeutung beiwohnt.

In den übrigen Preßsachen ist fortan nur über Einleitung und demnächst über rechtskräftige Beendigung zu berichten.

Cirk.Verfüg. v. 17. Januar 1882, I, 150.

4. Besondere Berichterstattung (analog den Beispielen im § 60) ist alsdann vorgeschrieben:

a) bei Majestätsbeleidigungen;

Vgl. die Tirk.Verfüg. v. 7. März 1892, I, 1128, welche nicht veröffentlicht werden kann.

b) bei Beleidigungen gegen die Reichs- oder Staatsregierung oder ein Mitglied derselben ist zu berichten:

1. ob nach der Ansicht des Ersten Staatsanwalts mit Gewißheit oder doch mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, daß die strafrechtliche Verfolgung zu einer Verurtheilung führen werde und ob der Oberstaatsanwalt mit der Ansicht des Ersten Staatsanwalts einverstanden ist. 2. in welchem Rufe der Beschuldigte steht und ob, event. in welcher Weise sich derselbe bisher politisch bemerkbar gemacht hat.

In Fällen, in welchen mit der Beleidigung ein anderes Vergehen concurrirt, z. B. §§ 95, 97, 130, 131 RStrGB., ist

3. jedesmal bestimmt anzugeben, ob wegen dieses Vergehens Anklage erhoben werden wird.

Cirt.Verfüg. v. 8. October 1884, 1, 3462.

c) von jeder gegen eine ausländische periodische Druckschrift nach § 14 Preßges. ergangenen Verurtheilung an den Reichskanzler.

In den Bericht ist eine vollständige Bezeichnung der Druckschrift, der Tenor des Erkenntnisses und das Datum der Rechtskraft desselben, sowie der Thatbestand der strafbaren Handlung aufzunehmen; hierbei macht es keinen Unterschied, ob eine Zeitung oder sonstige Druckschrift von der Verurtheilung betroffen ist.

Tirk.Verfüg. v. 3. Aug. 1878, I, 2903, u. v. 27. Januar 1883.

Es ist in Zweifel gezogen worden, ob diese Vorschrift sich auch auf andere ausländische periodische Druckschriften als auf Zeitungen im eigentlichen Sinne bezieht. Diese Zweifel erscheinen nach dem Wortlaute des angeführten § 14 unbegründet. Dem Herrn Reichskanzler ist daher über die Verurtheilung jeder im Auslande erscheinenden periodischen Druckschrift unter Beobachtung der (oben angegebenen) Vorschrift alsbald zu berichten.

Allgem. Verfüg. v. 11. Dezbr. 1890, I, 3977.

d) bei Beschlagnahme von Druckschriften dem Oberstaatsanwalt (vgl. § 62);

e) bei Erhebung der Anklage;

Im Departement Cöln ausdrücklich vorgeschrieben durch Verfüg. des Oberstaatsanwalts vom 27. Dezbr. 1893, Nr. 10527.

f) beim Einschreiten gegen Preßerzeugnisse strafbaren Inhalts, welche in mehreren Zeitungen erschienen sind.

Wenn ein Zeitungsartikel, welcher zu einer strafgerichtlichen Verfolgung Anlaß giebt, sich als Abdruck eines in einer anderen inländischen Zeitung veröffentlichten Artikels bezeichnet oder in sonstiger Weise auf eine andere inländische Zeitung als Quelle erweist, so hat der Staatsanwalt zugleich auch über die strafgerichtliche Verfolgung der als Quelle angegebenen Zeitung Beschluß zu fassen, sofern diese Zeitung innerhalb seines Amtsbezirks erscheint. Trifft lettere Vorausseßung nicht zu, so hat er dem zuständigen Staatsanwalt ungesäumt Mittheilung zu machen und dieser sodann die strafgerichtliche Verfolgung zu veranlassen. Glaubt der benachrichtigte Staatsanwalt hiervon absehen zu müssen, so ist von ihm die Entscheidung des vorgesezten Obers staatsanwalts einzuholen, welcher, sofern er die Meinung des Staatsanwalts theilt, dem Justizminister über den Fall Bericht zu erstatten hat. Allgem. Verfüg. v. 2. Sept. 1891, betr. das Einschreiten gegen Preßerzeugnisse Arafbaren Inhalts, welche in mehreren Zeitungen erschienen sind (JMBI. S. 218.)

5. Zur Herbeiführung der nothwendigen Controlle (vgl. oben § 13) werden alle Preßsachen bei StAschaften mit mindestens 3 Beamten in eine besondere Liste von Anfang an eingetragen.

Diese Liste ist dem Ersten Staatsanwalt in angemessenen, auf etwa 2 bis 4 Wochen zu bestimmenden Zwischenräumen behufs Feststellung der formellen und materiellen Lage der noch schwebenden Sachen vorzulegen. Die hierbei nothwendig werdenden Weisungen sind dem Dezernenten kurzer Hand persönlich zu ertheilen. Befindet sich eine Preßstrafsache bereits länger als 2 Monate in der Bearbeitung der StAfchaft, so ist dem Oberstaatsanwalt hiervon Anzeige zu erstatten, welcher alsdann, und zwar, wo dies nach der Dertlichkeit ausführbar ist, ebenfalls im Wege mündlicher Rücksprache, die geeignete Einwirkung auf den weiteren Sachbetrieb eintreten lassen wird.

Bei denjenigen StAfchaften, welche in mehrere Abtheilungen getheilt sind, wird es sich empfehlen, die Preßstrafsachen ohne Rücksicht auf die sonst für die Geschäftstheilung maßgebenden Grundsäße einer Abtheilung zuzuweisen, innerhalb deren auch alsdann der zum Abtheilungsvorsteher bestellte Staatsanwalt eine Controle auszuüben hat.

Sämmtliche Preßsachen sind von den Secretariaten als schleunige Sachen

zu behandeln und in einer sie äußerlich als solche kenntlich machenden Hülle oder mit einem sonstigen in die Augen fallenden Merkmale versehen, den Dezernenten vorzulegen.

Allgem. Verfüg. v. 20. Dezbr. 1893, I, 5153.

Ueber den Fall, wo in der Hauptverhandlung eine andere Person als verantwortlich bezeichnet wird, gegen welche die Strafverfolgung bereits verjährt ist, vgl. die nicht gedruckte Cirk.Verfüg. vom 30. Juni 1894, I, 3528; über den Nachweis des Vormannes Entsch. Bd. 24 S. 321 u. 391 (ReichsG. 13. Oktober u. 20. November 1893).

§ 62.

Beschlagnahme und großer Anfug.

§§ 23 ff. Reichspressgetz v. 7. Mai 1874 (RGBl. S. 65).

Löwe, Kommentar (1892) S. 925. Dalcke, Strafrecht u. Strafprozess (1893) S. 407.

1. Die Voraussetzungen einer Beschlagnahme in Preßstrafsachen zählt § 23 a. a. D. auf, das Verfahren regelt § 24 a. a. D. Das "zuständige Gericht" für die Beschlagnahme ist das Amtsgericht. Bemerkenswerth ist hier die Vorschrift über Erhebung der öffentlichen Klage binnen einer bestimmten Frist: Nach § 26 a. a. D. ist nämlich die Beschlagnahme wieder aufzuheben, wenn nicht binnen 2 Wochen nach der Bestätigung die Strafverfolgung in der Hauptsache eingeleitet worden ist.

Ueber demnächstigen Antrag auf Unbrauchbarmachung vgl. §§ 67 und 83.

2. Folgende Mittheilungen sind zu erstatten:

Vgl. die Cirk.Verfüg. v. 9. October 1884, I, 4731, welche nicht veröffentlicht werden darf.

3. Ueber den Begriff der „Ausgabe" der verbotswidrigen Druckschrift im Sinne der §§ 6, 19 Preßges. vgl. Urth. des Oberlandesgerichts Celle vom 16. November 1889 (Goltd. Arch. Bd. 38 S. 231) und München vom 19. Dezember 1889 (Goltd. Arch. Bd. 38 S. 233).

4. Die §§ 9, 10 u. 41 des preuß. Gefeßes über die Presse vom 12. Mai 1851 (GS. S. 273) sind nach § 30 Abs. 2 des Reichspreßgesezes vom 7. Mai 1874 (RGBl. S. 65) neben demselben bestehen geblieben; Urth. des Kammergerichts vom 21. August 1891 (S 451/91), Goltd. Arch. Bd. 39 S. 207.

Vgl. hierzu auch Groschuff, Eichhorn u. Delius „Die preußischen Strafgesete" S. 74.

5. Die Verübung eines groben Unfugs durch die Presse ist in der Rechtsprechung wiederholt anerkannt worden.

a) Durch solche Veröffentlichungen in der Presse, durch welche der confessionelle Friede in einer gewissen Gegend gefährdet wird, kann grober Unfug verübt werden.

IV. Straff. ReichsG. 21. Mai 1889, Goltd. Arch. Bd. 37 S. 197. b) Der § 36011 enthält keineswegs eine allgemeine Strafandrohung gegen jeden störenden Eingriff in die unter dem Schuße der öffentlichen Ordnung stehenden Interessen und Gerechtsame, derselbe verpönt vielmehr nur solche den äußern

Bestand der öffentlichen Ordnung unmittelbar verleßenden Ungebührlichkeiten, durch welche das Publikum schlechthin, nicht also ein individuell begrenzter Personenkreis gefährdet oder belästigt und solchergestalt der öffentliche Frieden im Allgemeinen beunruhigt wird . . . Solche Unfugserceffe können verübt werden ebensowohl durch mündliche Aeußerungen, wie durch Schrift oder mittelst der Presse ... Dagegen ist die Verlegung der religiösen oder politischen Ueberzeugung Anderer kein grober Unfug. Urth. des ReichsG. v. 3. Juni 1889 (Entsch. Bd. 19 S. 294), abgedruckt JMBI. S. 264. c) Grober Unfug kann auch durch Zeitungsinserate verübt werden, insbesondere schwindelhafte Reclame.

Beschl. des OLG. Braunschweig v. 14. Novbr. 1889 u. Urth. des OLG. Posen v. 16. April 1890(Goltd. Arch. Bd. 38 S. 74 u. 75); KammerG. v. 29. April 1889 (S 172/89) in Goltd. Arch. Bd. 37 S. 216.

d) Auch durch unwahre, den Leserkreis beunruhigende Artikel.

IV. Straff. ReichsG. 5. Juni 1894, Entsch. Bd. 25 S. 404.

e) Boykotterklärungen find als grober Unfug strafbar.

Urth. des OLG. Naumburg v. 30. October 1890 (S 69/90), Goltd. Arch. Bd. 39 S. 76). f) Die öffentliche, durch Verbreitung von Flugblättern bewußte Aufforderung zum Boykott kann als grober Unfug bestraft werden.

IV. Straff. ReichsG. v. 14. Juni 1895, Eutsch. Bd. 27 S. 292.

6. Ueber fahrlässige Verübung groben Unfugs durch die Presse vgl. Urth. des KammerG. vom 22. September 1887 (S 383/87) in Goltd. Arch. Bd. 37 S. 68 und die Litteratur daselbst. Die Mög= lichkeit der Verübung groben Unfugs durch die Presse erkennt auch der Amtsrichter Frit Frank in Düsseldorf an (Goltd. Arch. Bd. 38 S. 413), nicht dagegen der Landgerichtsrath Gillischewski zu Cottbus, welcher in Goltd. Arch. Bd. 39 S. 129 ff. überhaupt jedes Bedürfniß. zu einer solchen Annahme bestreitet.

7. Ueber strafrechtliche Haftung bei Theilung der Redaction unter mehrere Personen vgl. Urth. ReichsG. 17./24. März 1892, Entsch. Bd. 23 S. 9 u. vom 13. Dezember 1895, Entsch. Bd. 28 S. 73.

Sechster Abschnitt.

Besondere Arten des Verfahrens.

§ 63.

Berfahren bei amtsgerichtlichen Strafbefehlen.

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§§ 447-452 Strafprozess-Ordnung. Art. 57-65 Geschäftsanweisung für die Amtsanwälte vom 28. August 1879 (JMBL. S. 260). v. Marck, Die Staatsanwaltschaft, Berlin 18884, § 270. Löwe, Kommentar, Berlin 1892, S. 848 ff. Zimmerle, Recht des Amtsrichters, den Antrag auf Strafbefehl abzulehnen, Gerichtssaal Stuttgart, Bd. 49 S. 44. Ein Vorschlag zur Abänderung der §§ 451 u. 456 StrPrOrdg. von Kujawa. Dalcke, Strafrecht und Strafprozess S. 228-230. 1. Die Erhebung der öffentlichen Klage durch den Antrag auf Erlaß eines richterlichen Strafbefehls ist zulässig:

a) bei allen Uebertretungen,

b) bei bestimmten, zur Zuständigkeit der Amtsanwälte gehörigen Vergehen.

(Vgl. oben § 18 unter d.)

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