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noch ohne Vertreter, ein weites Feld für eine belehrende und zweckmässige Behandlung, sowie für die Erweckung allgemeiner Theilnahme offen lässt, was besonders für die Cavallerie zu wünschen ist, denn diese kommt mehr als alle anderen Truppen in die Lage mit dem Feinde handgemein zu werden, in ihr bietet sich auch jedem Einzelnen ein grösseres Feld für persönliche Bravour und Gewandtheit.

Bei allen Attaken, bei Verfolgungen, kühnen Streifungen und Überrumpelungen aller Art findet der Cavallerist Gelegenheit, die Tüchtigkeit seines Rosses und die Furchtbarkeit seiner Waffe zu erproben. Hier nützt kein Zagen, dem Feinde Leib an Leib gilt nur Muth, Ausdauer und Geschicklichkeit, daher Sieg denen, die sich kampfgeübt und entschlossen auf den Feind stürzen, je mächtiger die Gewalt, desto geringer der Widerstand.

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Es ist wohl bekannt, dass in den jüngst verflossenen Kriegen Cavallerieregimenter durch den eminenten Gebrauch ihrer Waffe bei allen Zusammenstössen so furchtbar wurden, dass ihr Name genügte, den Feind zu verscheuchen; es ist erwiesen, dass Einzelne durch die gewandte vervielfältigtste Anwendung derselben so lange kühnen Widerstand leisteten, bis durch den Succurs Rettung und Sieg erfolgte. Der Cavallerist, dem wegen Ungeübtheit in der Waffenführung im heissen Kampfe die Kraft erlahmt, kann, den trotzigen Blick gegen den Feind gekehrt, nur heldenmüthig sterben; derjenige aber, der auf dem in wilden Sprüngen dahinfliegenden Pferde die Muskeln kräftig sich spannen fühlt, derjenige welcher weiss, dass seine Kraft und Gewandtheit seinem Muthe gleicht, der trägt die Überzeugung in sich, den Feind zu besiegen.

Ich schliesse daher mit der Wiederholung: für die Cavallerie ist die Fechtkunst wesentlich und unentbehrlich.

Im Juli 1863.

Ein Jäger-Hauptmann.

Freilich konnte dies nur dadurch geschehen, dass die schwache Brigade Radetzky auf der Welser Haide unerschüttert den ganzen Andrang des Feindes aushielt und dessen Vordringen über Marchtrenk und Neubau möglichst verzögerte. Seine soldatische Logik meinte: „Für die Erhaltung von 5000 Mann könne man wohl 2000 wagen, und das Spiel sei noch immer günstig". Die Nichtbefolgung der ihm durch Hiller ertheilten Vorschriften machte ihm nur geringe Sorge, und sein Wahlspruch war: „Zeit gewonnen, Alles gewonnen", ein Princip, das im Kriege selten trügt. Noch am Abend des 2., von Wels aus, fand Radetzky Mittel, den FML. Schustekh seine gefährliche Lage wissen zu lassen und ihn a ifzufordern, „eiligst die Traun bei Ebelsberg zu gewinnen, während er sich auf der Welser Haide behaupten würde". Der tapfere FML. Schustekh liess sich dies gesagt sein, brach unverweilt auf und zog in der Nacht weiter über Maria-Scharten, um durch das Defilé von Wilhering Linz zu gewinnen; seine Vorhut stiess aber bald auf Massena's Vortruppen und man bog nun rechts aus in den waldigen Gebirgsstock, welcher mit dem Kirnberg an der Donau endet. Auf elenden Pfaden, über Axberg und Kirchberg, gedachte man die Ochsenstrasse zu erreichen und auf selber bei Hart in's Traunthal zu debouchiren.

Kaum brach der Tag an, so wurde Radetzky bei Marchtrenk auch schon durch die leichte Cavallerie des Marschalls Bessières in Front und Flanke angefallen, indem eine Colonne ihn über Perwendt rechts zu umgehen suchte. Es bedurfte aller Geschicklichkeit und Tapferkeit des Führers und seiner wackern Truppen, um fechtend über die Ebene auf Neubau zurückzugehen, wobei man alle Örtlichkeiten ungemein geschickt benützte, und es klingt fast wie eine Fabel, wenn man hört, dass zwei stark decimirte Grenzbataillone und acht nicht minder schwache Unlanenschwadronen hier der ganzen Reservecavallerie Napoleon's das Weisse im Auge zeigten und ohne übermässigen Verlust in Sicherheit gelangten.

Für den angehenden Soldaten, so wie auch für erfahrene Krieger, erscheint Radetzky's damaliges Verfahren äusserst belehrend. Wo immer es möglich wurde, ging er wieder selbst in den Angriff über; die Gradiscaner zogen sich zwischen der Traun und der Chaussée, die Cavalleriebatterien auf letzterer und die Uhlanen westlich derselben in dem meist offenen Thalboden zurück. Von Augenzeugen wird versichert, dass die Bewegungen der verschiedenen Waffengattungen mit einer Übereinstimmung erfolgten, die man gewöhnlich nur bei Friedensübungen erwarten darf, und bei jedem Preller, den die Uhlanen ausführten, war der unvergleichliche Brigadier jederzeit an der Spitze; er war damals schon ein Held, welcher sich das volle Anrecht auf den Marschallstab erwarb, den er später so lange Jahre mit höchsten Ehren trug. Der Einsicht und dem Muthe des französischen Befehlshabers kann es nur zu geringer Ehre gereichen, wenn er sich durch diese handvoll Tapferer auch nur eine Minute aufhalten liess, und ihm die 5000 Mann Schustekh's entgingen.

Die kleinen Corps unter Klenau und Stutterheim hatten sich um diese Zeit der Donau bedeutend genähert. Der Letztere erreichte am 2. Mai Freistadt, befand sich also nur noch einen starken Marsch von Urfahr, wohin sich auch die Landwehrbrigade Richter dirigirte. Um die Gegend zwischen Haslach, Aigen, Rohrbach und Neufelden zu erforschen und Nachrichten über Bernadotte einzuziehen, entsendete er den Major Devày mit einer Husza rendivision auf Kro felden, eine Österr. militär. Zeitschrift. 1863. XVIII. (3. Bd.)

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andere Schwadron auf Neumarkt, indess Rittmeister Baron Schachen gegen Urfabrling poussirte und mit dem von Hiller entsendeten Dragonerregimente Levenebr in Verbindung trat 1). FML. Klenau stand am 1. Mai noch im Böhmerwald zu Winterberg.

Wir sind nunmehr bei dem Tag von Ebelsberg angelangt, jenem zwar unglücklichen, aber für die österreichischen Waffen über alle Massen ruhmvollen Treffen, das als eines der blutigsten und hartnäckigsten dieses ganzen Krieges betrachtet werden muss, und von dem wir uns schmeicheln dürfen, eine so vollständige, anschauliche und wahrheitsgetreue Schilderung geben zu können wie solche bisher noch nicht bestand, weil wir manche schriftliche Vormerkungen sowie mündliche Mittheilungen zu benützen in der Lage waren, die unsern Vorgängern unzugänglich geblieben sind. Der österreichische Fahnenruhm erfährt gerade durch den 3. Mai 1809 noch eine namhafte Vermehrung 2).

Bevor wir aber diesen mörderischen Kampf zu beschreiben versuchen, müssen wir wenigstens einen flüchtigen Blick auf das Terrain werfen, auf welchem derselbe stattfand.

Von Wels abwärts fliesst die Traun, rechts von einem mässigen Höhenzuga und links von der oft eine Meile breiten Welser Haide begleitet, in mehreren Armen zur Donau hinab. Ihre Tiefe ist selbst im Normalzustand noch nahe an 15 Fuss, und Furten gibt es auf dieser Strecke nicht. Ihr Gefäll ist rasch, ihr Grund steinig. Vielleicht könnte nur in sehr trockener Jahreszeit an einigen wenigen Stellen, jedenfalls wegen der vielen Untiefen unter vorausgegangener genauer Untersuchung, die Infanterie und Cavallerie ohne Brücken von einem Ufer auf das andere gelangen. Die Inseln und Sandlagen sind häufig mit Gebüsch bestanden. Der Höhenzug am rechten Ufer fällt steil gegen den Fluss ab und endigt an der Krems, tritt auch bisweilen auf die Entfernung einer Wegstunde vom Fluss zurück, ist von Seitenbächen durchschnitten, die sich durchgehends in die Traun ergiessen, und begleitet eine in der Thalebene geführte gute Wegverbindung, die von Wels in gerader Linie nach Ebelsberg leitet und, falls man die kleinen Brücken über die vielen Bäche zer

1) Bernadotte überschritt die Donau bei Straubing, von Retz kommend.

Das kaum noch hundert Pferde ausmachende vorgenannte Dragonerregiment musste, weil Hiller in der Nacht zum 3. die Linzer Donaubrücke anzünden liess, am linken Stromufer hinab auf schlechten Wegen nach Krems gehen. Durch den Rittmeister Schnehen erhielt Stutterheim die erste Nachricht von Hiller's Abzug hinter die Traun. 2) Der verdienstvolle Schels sagt darüber sehr treffend:

„Das Verdienst der Ahnen ist der Stolz der Nachkommen; ihr Ruhm auch der Ruhm späterer Geschlechter und ganzer Völker, die von ihnen abstammen. Solch' ein Vermächtniss aber muss die Feuerprobe der historischen Wahrheit bestehen, es muss mit unverfälschter Treue, ohne Vorliebe, ohne Hass verzeichnet sein. Die grosse That kann den Schmuck der Sprache entbehren; er kann ihr keinen neuen Glanz verleihen. Der Ruhm der Völker ist ein Gemeingut der Menschheit, und bleibt dies für alle Ewigkeit." (Österr. militär. Zeitschrift 1832, VII. Heft.) Der eigentliche Verfasser dieses gediegenen Aufsatzes, so wie auch vieler anderer von gleichem Werth ist ein noch lebender hochgeachteter Veteran unserer Armee und eine ehemalige Zierde des Generalstabes. Er lebt seit vielen Jahren im Auslande und theilt mit einem hochsinnigen Prinzen in den Rheingegenden die selbstgewählte Einsamkeit.

stört, sowie einzelne scharf markirte Punkte angemessen besetzt, immerhin geeignet wäre, einen hier Fluss abwärts vordringenden Feind einige Zeit aufzuhalten. Schon die Höhen bei Aign und Thalham gegenüber von Wels beherrschen die Traun und ihre lange schlechte Holzbrücke, und mit schwerem Geschütz könnte man von ihnen aus theilweise auch die jenseitige Chaussée von Lambach über Wels nach Linz und Ebelsberg bestreichen. Bei Ebelsberg ist der Hauptarm der Traun (das sogenannte schwere Wasser) etwa 500 Schritte breit, die nahen Inseln sind nass und morastig, auch ziehen an beiden Ufern verschiedene der Vertheidigung äusserst günstige Mühlbäche; überhaupt wird das linke Ufer von Gräben, nassen Wiesen und kleinen Waldparzellen durchschnitten. Auf der nur schwach cultivirten Welser Haide trifft man blos einige wenige Ortschaften und Einzelnhöfe und in der Umgegend von Marchtrenk und Öhndorf, im Nordwest der Chaussée, auch etliche grössere Wäldchen. Oberhalb Ebelsberg mündet am rechten Ufer die in scharf eingeschnittenem, engem Thal abfliessende Krems in die Traun, und ganz dicht bei dem genannten Markt ergiesst sich auch nach kurzem Lauf der Gottschallingbach in selbe.

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Von dem nur eine Viertelstunde unterhalb Ebelsberg gelegenen kleinen Weiler „Ufer an bis zur Traunbrücke hinauf, begleitet den Fluss ein zwischen 18 und 20 Klafter ansteigender Höhe nrand, der oft 20, oft wieder 80 Schritte vom Fluss zurücktritt und einen völlig ebenen Thalboden begrenzt, sich bei der Brücke fast im rechten Winkel gegen Südost wendet, nach ungefähr 1200 Schritten aber wieder nach Südwest einbiegt und sich alsdann bei einer mittleren Entfernung von 1500 Schritten mit abwechselnder Steile zur Krems neigt. Oberhalb des genannten Rideaus breitet sich ein offenes, ungefähr tausend Schritte breites Plateau aus, welches der Schildenberg beherrscht. Über diese Hochfläche zieht vom Markt herauf querüber die heute theilweise corrigirte Chaussée von Linz nach Wien oder die sogenannte Reichsstrasse; diese führt in der nicht volle zwei Wegestunden langen Ebene von Linz bis Kleinmünchen, einem bedeutenden Fabriksort, von Mühlbächen und Gräben umgeben und nur tausend Schritte vom Eingang der hölzernen Traunbrücke. Der nicht sehr ausgedehnte Ort kann als ein natürlicher Brückenkopf angesehen werden. Etwas näher gegen Linz erhebt sich an der Chaussée der kleine Weiler Scharling und nahe dabei ein nicht sehr ausgedehnter Busch. Zu der bei 500 Schritte langen, kaum 200 Schritte hinter dem zweiten Mühlgraben liegenden Traunbrücke ist die Strasse dammartig geführt. Im damaligen Augenblick war der Fluss durch anhaltenden Regen und Schneeschmelze bedeutend angeschwollen.

Am jenseitigen Brückenausgange trat die Strasse unter einem jetzt verschwundenen Thurm hindurch, dessen Thorbogen nur die Breite eines Wagens hatte, in den Markt Ebelsberg und gelangte in sanftem Aufsteig bald zu einem 150 Schritte langen, 60 Schritte breiten, viereckigen, von Häusern eingeschlossenen Platz, aus welchem verschiedene Gassen nach der Südseite führten. Am obern Ende dieses Platzes führte ein ähnliches Thor, das sogenannte Ennser Thor, in die Ennser Vorstadt, und von da gelangte man mit doppeltem Aufsteig über den Schildenberg, auf der theilweise hohlwegartig geführten Strasse und an der Ostseite des Plateaus wieder hinab nach Asten und Enns. Auf diese Weise bildete im Grunde die Chaussée von Kleinmünchen angefangen bis in die Nähe des Ipsbaches ein mehr als eine Stunde langes fortlaufendes Defilée, welches schwer zu umgehen, aber leicht zu vertheidigen war; denn

etwa 800 Schritte hinter dem Brückenthurm und nahe an der Ennser Vorstadt lag auf dem Plateau der mit einer Mauer umgebene und den Strassen austritt vom Vormarkt gänzlich beherrschende Gottesacker, und auf der andern Seite der Chaussée auf der Höhe über dem Markte das zwei Stockwerke hohe, mit Schindeln eingedeckte viereckige Schloss mit 40 bis 50 Schritten Seitenlänge, von wo aus man die halbe Traunbrücke einsah. Es besass dazumal noch eine altartige Umfassung, doppelten und tiefen Graben und sah mit einer seiner langen Seiten gegen die Strasse, besass aber nur wenig Beherrschung gegen die Hochfläche; auch waren seine Mauern baufällig und der Graben theilweise für den Gemüsebau benützt, die 12 und 14 Klafter langen Grabenbrücken verwahrlost, überhaupt alles Holzwerk sehr wurmstichig. Übrigens konnte man vom Schlosse aus den Markt und die durch Ebelsberg führende Chaussée nicht einsehen und noch viel weniger jenen 270 Schritte langen, 5 Schritte breiten Hohlweg, in welchem die Strasse über den Schilderberg führte.

Das Schloss besass zwei Thore (Wasser- und Landthor). Aus seinem Zwinger führte ein gedeckter hölzerner Treppengang in das Sternwirthshaus am Marktplatz hinab; aus dem Schlossgraben selbst senkte sich eine natürliche Schlucht bis in die Thalsohle, und gleich links vom Brückenthor führte zwischen Mauern und Planken ein nur 4 Schritte breiter, ziemlich steiler Steig auf die Schlosshöhe. Zunächst der Brücke mündete am rechten Ufer ein aus der Traun abgeleiteter Mühlbach wieder in selbe. Die schwach gebaut en Häuser besassen durchweg nur Schindel- oder Strohdächer.

Um 4 Uhr Morgens am 3. brach FML. Hiller von Linz auf, also zu einer Zeit, wo GM. Radetzky bei Neubau bereits mit dem Feinde wieder handgemein geworden war und die rechte Flanke der Marschcolonne sicherte. FML. Schustekh befand sich noch in der Gegend von Kirchberg. Der Abmarsch der drei Corps war links, das 2. Reservecorps an der Tête, das 5. schloss. Die Brigade Bianchi bildete die Nachhut. FML. Baron Vincent war mit der Brigade Hofmeister und dem Chevaulegerregiment Rosenberg noch vor der Haupttruppe von Linz aufgebrochen und sollte nördlich von Kleinmünchen Stellung fassen, um die Brigade Bianchi aufzunehmen, welche voraussichtlich vom Feinde hart gedrängt werden musste. Denn auch Massena setzte sich zeitlich Früh von Räffelding und Efferding in Bewegung, um Linz und die Traun zu erreichen. Eine seiner Seitencolonnen zog über den Kirnberg, und in den ersten Frühstunden nahmen die Franzosen ohne allen Widerstand Besitz von Linz, worauf ein Theil der Division Claparède 1) nebst der Cavallerie unter Marülaz der Nachhut Hiller's unverweilt folgte. Auf der andern Seite, nămlich von Wels her, standen die Dinge um kein Haar besser. Der französische Kaiser, welcher in Lambach übernachtet hatte und in den ersten Vormittagsstunden zu Lannes nach Wels gekommen war, betrieb die Vorrückung des Marschalls Bessière gegen Kleinmünchen, indess die Welser Traunbrücke hergestellt wurde, da Hiller durchaus nichts dagegen vorkehrte, wenn man nicht etwa die paar Bataillone unter GM. Nordmann für etwas nehmen will. Der bis Kleinmünchen zurückgedrückte GM. Radetzky stellte sich quer über die Chaussée, die Uhlanen rechts, die Gradis

1) Am 3. Mai befehligte der tapfere Brigadegeneral Coehorn diese Division.

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