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Das moderne

Kriegsrecht

der

civilifirten Staaten.

Von

Johann Caspar
Dr. J. C. Bluntschli.

Zweite Auflage.

Nördlingen.

Druck und Verlag der C. H. Beck'schen Buchhandlung.

1874.

24.10

1876, Sept. 18. Mirial Funds..

Vorwort.

Diese neue Auflage des modernen Kriegsrechts ist zum Gebrauche der Heere und der Bevölkerung in Kriegszeiten in besonderem Abdruck nochmals erschienen. Sie bildet einen Bestandtheil des Modernen Völkerrechts (zweite Auflage 1872, französische zweite Auflage 1873). Sie soll mit beitragen um die unvermeidlichen Uebel des Kriegs durch das Recht zu ermäßigen und den Unterschied einer civilisirten Kriegsführung von der barbarischen klar zu machen.

Bluntschli.

I. Das Kriegsrecht.

1. Begriff des Kriegs, Kriegsparteien, Kriegsurfachen und
Kriegserklärung.

1. 510. Krieg ist bewaffnete Selbsthülfe einer statlichen Macht im Widerstreit mit einer andern statlichen Macht.

1. Zunächst erscheint der Krieg nicht, wie der gerichtliche Prozeß in der Form eines Rechtsmittels, sondern in der furchtbaren Gestalt eines physischen Kampfes widerstreitender Gewalten. Diese Erscheinung des Kriegs hat, ohne Rücksicht darauf, aus welchem Rechtsgrunde der Krieg unternommen und was für Kriegsziele verfolgt werden, eine Menge auch von rechtlichen Wirkungen. Der Krieg ist immer eine gewaltsame Unterbrechung des friedlichen Zustands und des Friedensrechts und nur nothdürftig gelingt es dem Völkerrecht, ihn in be= stimmten Schranken zu halten. Auch der ungerechtfertigte Eroberungskrieg oder ein Krieg aus bloßem dynastischen Ehrgeiz oder aus nationaler Eifersucht oder Rache hat diese tief in die öffentliche Rechtsordnung eingreifenden Folgen. Zunächst ist also der Krieg ein thatsächlicher Prozeß im Völkerleben, dessen rechtliche Natur zweifelhaft ist, dessen re rechtliche Wirkungen aber nothwendig find.

2. Dennoch besteht ein großes humanes Interesse, den Krieg möglichst als Rechtshülfe aufzufassen und darzustellen, damit seine Anwendung beschränkter und die in ihm zu Tage tretende Gewaltthat geordneter werde. Der wahre, dem Ideal entsprechende Rechtszustand ist der Friede nicht der Krieg.

2. 511. In der Regel ist der Krieg ein Rechtsstreit zwischen Staten als Kriegsparteien über öffentliches Recht.

Es widerstreitet den civilifirten Statszuständen, in denen für eine privatrechtliche Gerichtsbarkeit gesorgt ist, daß über streitiges Privatrecht Krieg

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