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Der 14. Juni. Eintreffen der Nachrichten aus Frankfurt am Main. Stimmung der Bevölkerung von Berlin. Uebersicht der Ereignisse bis zum 14. Juni. Reibungen in Schleswig-Holstein. Italienische Bewegung. Kriegsrath in Wien. Desterreichs Unterschätzung seiner Gegner. Abrüstungsvorschlag. Erste Rüstungen Preußens. Vereitelung des Congresses. Armeebefehl Benedek's. Mobilmachung und Concentration der preußischen Armee.

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8 war am vierzehnten Juni des Jahres 1866, da herrschte in der Haupt- und Residenzstadt Berlin eine große Aufregung. Diese Aufregung gab sich nicht durch Zusammenströmen großer Volksmassen, nicht durch die eigenthümliche Unruhe kund, deren Gewalt die Menschen hastig und unwillkürlich schneller aneinander vorübertreibt, es war vielmehr eine dumpfe, zitternde Bewegung bemerkbar, erzeugt durch Zorn und Nachdenken zugleich, wie sie entsteht, wenn große Ereignisse an den Einzelnen und an die Völker herantreten, wo denn ein Jeder die Stirn in Falten zieht, um nachzusinnen oder seinem Unmuthe Ausdruck zu geben, wo Jeder sich fragt: „Was ist verborgen hinter der finstern Wolke, die dort am Horizonte heraufschwebt?" Der Abend des vierzehnten Juni brachte die Gewißheit. Man hatte schon um die Mittagsstunde Nachrichten erhalten, aber sie waren theils noch unsicher, theils sträubte

sich Zedermann, an die Richtigkeit zu glauben. Am vierzehnten Juni 1866 hatte nämlich Desterreich in der Bundestagssigung zu Frankfurt am Main einen unheilvollen Antrag zum verderblichen Beschlusse erhoben. Dieser Beschluß hieß einfach: Stehet auf in Waffen wider die Krone und das Land Preußen, Ihr Alle, die Ihr zum deutschen Bunde gehört, der in Frankfurt tagt. Wir wollen uns dieser Macht entgegenstellen, die sich immer höher erhebt, die Markgrafenkronen und Kurhüte bei Seite geworfen hat, um sich mit der Königskrone zu schmücken, die, stets wachsend, endlich das gebietende Wort in Deutschland sprechen wird. Zerhauen wir mit dem Schwerte das schwache Band, welches dieses Preußen mit der (sogenannten) deutschen Einheit verknüpft.

Desterreich hatte die Mittel- und Kleinstaaten zu sich herangezogen, und am vierzehnten Juni entfaltete der Doppeladler seine mächtigen Schwingen, unter deren Schatten sämmtliche Gegner Preußens sich geborgen wähnten nur Wenige standen zu Preußen und wie in den Tagen des großen Friedrich erhob sich das Reich gegen die nordische Macht.

Das Eintreffen der Nachricht aus Frankfurt hatte, wie gesagt, in Berlin und wohl überall in Preußen eine Empfindung zorniger Ueberraschung hervorgebracht. Nachdem sich diese ein wenig gelegt hatte, trat an ihre Stelle die unverkennbarste Freude über den Frankfurter Beschluß. Ging man auch, muthmaßlich, schweren Zeiten entgegen, so mußte sich doch Jedermann sagen, daß der Augenblick gekommen sei, wo die Abrechnung beginnen werde, daß nun endlich dem Andringen jener Fluth von Intriguen, künstlichen Hemmnissen, Verdrehungen und Actenstücken, welche ein Menschenalter hindurch jede Ëntwicklung der Nation aufgehalten hatten, ein Damm entgegengesett und daß endlich der gebieterische Ruf erschallen werde: Bis hieher und nicht weiter. Die Preußen vertrauten auf ihren Fürsten, ihr Eisen, ihre Männer. Sie begrüßten daher den Beschluß vom vierzehnten Juni mit einer zwar ernsten, aber dennoch großen Freude -konnte doch ein Zurückschreiten nicht mehr Statt finden, denn schon waren die Kräfte des streitbaren Volkes zum großen Theile aufgeboten worden, der entscheidende Schlag mußte fallen.

Fassen wir kurz zusammen, was bis zum vierzehnten Juni geschehen war. Troz des auf gegenseitigem Vertrauen fußenden Vertrages von Gastein, ward die Stellung Preußens zu Desterreich in dem vom dänischen Joche befreiten Schleswig-Holstein tagtäglich schwieriger. Hatte man Anfangs die Gemeinschaft beider Mächte für das sicherste Mittel gehalten: die Einmischung fremder Gewalten, die Einsprache des Bundes abzuhalten, so überzeugte man sich eben so schnell davon, daß Desterreich nur seine Mitwirkung geliehen, um den Wächter Preußens hoch oben im Norden abgeben zu können ; mißgünstig der Entwicklung Preußens, suchte die kaiserliche Hand nach einem neuen kleinen Fürsten, der, nicht viel mehr als ein höherer Vasall der Hofburg, sich gehorsam

den Befehlen aus Wien fügen mußte. Daß die Kleinstaaten diesem Entschlusse vollkommen Beifall zollten, bedarf keiner Erwähnung mehr.

Preußen hatte aber das Blut seiner Kinder in dem Kampfe gegen Dänemark, für die Befreiung deutscher Erde, nicht verspritzt, um eine neue Duodezmonarchie zu erschaffen. Es verlangte eine kraftvolle Hand, welche die erworbenen Güter schüßen und

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den Feind wieder zurück in das Meer schleudern könne, sollte er es noch einmal wagen, an den Ufern Schleswig-Holsteins zu landen, und da Preußen sich unstreitig das größte Verdienst bei dem Kampfe um die Befreiung der Herzogthümer vindiciren durfte, so stieß es seine schwarz-weiße Fahnenstange in den vom Blüte der Seinen gerötheten Boden und ließ den Adler darüber hinschweben und sagte: Ich will hier eine Stätte haben fortan, wachen über die errungenen Freiheiten dieses Landes will ich, und hüten will ich die Gräber meiner gebliebenen Söhne.

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