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reicht, emporblißt. Die oben auf dem Kapellenberge postirten Desterreicher schauen in dieses Gewirre. Die Lagen der Batterie Preiniger haben die Jäger aus dem Korn getrieben, der Feind kommt näher heran, schon tauchen aus dem Kornfeld, wo die zerschmetterten Graugrünen ruhen, die Käppis der preußischen Jäger auf. An deren entgegengesetzten Seite sammeln sich ebenfalls die flinken Grünröcke. Sie haben sich vor dem Feuer des Feindes gedeckt und sind bis an das hinter der Stadt liegende Wirthshaus gekommen; hier senkt sich die Schlucht bis zur Aupa. Einige Minuten sind die Preußen den Blicken der Oesterreicher entzogen, sie haben sich in die Schlucht geworfen, aber gleich darauf erscheinen sie wieder, das Bett der Aupa ist durchschritten, und im Geschwindschritte eilen die Jäger zu der dem Kapellenberge gegenüberliegenden Höhe; ihnen nach dringen die Kolonnen der Infanterie. Die Jäger haben schnell die Höhe erreicht; kaum dort oben angelangt, da blizen schon die Schüsse auf, sie tragen den bleiernen Todesboten bis zum Kapellenberge hinüber, zwei Officiere fallen, man kann sie deutlich sehen dort an der weißen Kapellenwand; auch die Pferde dort unten von den herbeieilenden Bataillonsführern stürzen schon; von der andern Seite stürmt die Infanterie gegen die Kuppe, aber die Oesterreicher sind hartnäckig, und ohne lange sich zu besinnen stürzt die entschlossene Schaar von dem Kapellenberge herab gegen die Jäger der Preußen, mit dem Bajonett sollen die gefährlichen Schüßen vertrieben werden, die sich hinter dem Waldsaum eingenistet haben. Entsetzlicher Augenblick! — Als die Salve der Preußen unter die Anstürmenden geschmettert hat, sieht man nur einen kleinen Theil in rasender Eile den Kapellenberg hinaufklimmen, in dem Grün der Höhe liegen die Weißen verstreut, blutend. Aber nur kurzer Zeit bedarf es, eine neue Compagnie eilt vom Kapellenberge nieder, mit ihr vereinigt sich der Rest und mit Hurrah geht es aufs Neue gegen den Feind. Jezt aber häufen sich die Leichen, schon stockt der Angriff, sechszig Schritt ist man nur von den Preußen entfernt deutlich kann man die Stimme des Kommandirenden vernehmen: „Ruhig Kinder! gebt's ihnen

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ruhig. Schnellfeuer." Und die Kugeln sausen ohne Unterlaß. Der preußische Führer blutet stark an der Rechten, er nimmt den Säbel in die Linke. Ausgeschwärmt und Feuer!" tönt es. Die Jäger dringen vor. „Hurrah!“ brüllen sie und feuernd geht es vorwärts; „hinauf zur Kapelle" tönt das Kommando. In diesem Augenblicke donnert es von allen Seiten, überall kracht das Geschüß, die preußische Batterie Nr. 1, die 4pfündige, hat die Höhe des Berges gegenüber von der Kapelle gewonnen und wirft ihre Geschosse zwischen die Oesterreicher. „Hurrah!" donnert es herab, die Infanterie vom 4ten und die vom Grenadier-Regiment Nr. 1 unter Hauptmann von Lettow sind schon oben auf dem Berge. „Es lebe der Kaiser!" schallt es durch die Luft und von der andern Seite des Verges steigen neue Schaaren der Desterreicher empor. Sie wollen dem Feinde die sichere Stellung wieder entreißen, der Kampf

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entbrennt mit größter Wuth, man vernichtet sich mit dem Bajonett, mit Säbel und Kolben, von beiden Seiten dringen neue Streiter herauf, aber die preußische Batterie entscheidet, sie arbeitet furchtbar, sie hat keinen Widerstand mehr, denn die österreichische Artillerie hat retiriren müssen, weil troß des Kugelregens die Preußen überall die Höhe gewannen. Noch ein verzweifelter Angriff - dann werden die Oesterreicher den Berg hinabgedrängt. Ein donnerndes Hurrah erschallt. Die Preußen haben die Höhen genommen. Die weißen Wände der kleinen Kapelle sind hochauf mit Blut besprigt; mit dem Rücken an die heilbringende Mauer gelehnt, siten einige zwanzig Durchschossene, starr, stumm, mit glasigen Augen in die Ferne stierend. Zerschmettert hängt die Thüre in den Angeln, durchlöchert und zertrümmert ist der Altar, der Heiligenschrein zerschossen, im Innern liegt eine Menge Sterbender, Verwundeter und Todter. Viele röcheln noch, und doch ist die Kapelle nur der Mittelpunkt aller Verwüstung auf dem Plateau. In großer Zahl liegen die Todten im Gehölze umher. Aber das Treffen dort unten schreitet weiter, ohne sich durch die Blutenden und ihr Wimmern aufhalten zu lassen.

Während so von der Kavallerie und Avantgarde gegen die Höhen und deren Vertheidiger mit Glück gefochten wurde, war das Gros von Parschniß und der SchömbergTrautenauer Straße vollständig herbeigezogen worden.

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Wie schon erwähnt, drangen Theile der 2. Infanterie-Division 8 Bataillone von Parschnit aus über die Aupa gegen die rechte feindliche Flanke vor. Der Feind hatte die hinter dem südlichen Höhenzuge liegenden Bergketten beseßt, von wo aus er in sehr lebhafter Weise bei einer Distanz von 1000 bis 1200 Schritt das Feuer unterhielt. Die Aufgabe, diese Höhen zu nehmen, fiel der 4. Infanterie- Brigade zu. Unter dem Donner des ringsum wüthenden Geschüßfeuers formirte sich die Brigade in zwei Treffen. Voran ist das 45. Regiment. Es soll an diesem Tage seine Feuertaufe erhalten. Mit Geschwindschritt dringen die Kolonnen bis an die Aupa - hier ist eine Furth hinein in das Wasser und dann vorwärts empor wie Kahen an den steilen Uferwänden. Die Füsiliere haben die Tête genommen, mit einem Ruck wird das Gepäck abgelegt — in wenig Minuten kann man das Bataillon, in Compagnie-Kolonnen formirt, in der That mit „affenartiger" Geschwindigkeit die Thalwand hinaufarbeiten sehen. Diese Leute haben in der glühenden Hiße schon einen gewaltigen Marsch gemacht, Staub, Hunger haben sie ertragen, aber sie kennen doch kein Hinderniß. Oberst-Lieutenant von Schmeling feuert seine Leute an, mit Hurrah wird die lezte Bergstufe überstiegen, gleich darauf pfeifen auch schon die feindlichen Kugeln herüber und vor der Tête schlagen die Granaten ein. Noch ist Alles guter Laune. „Pumps - da liegt wieder eine," sagt ine Stimme. Zu kurz," "hinten rum" oder „nicht zu hizig," so tönen die Bemerkun en, die fast immer mit Gelächter begleitet

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werden. Das feindliche Feuer wird gar nicht erwidert

deutlicher gehört.

es ist noch keine Zeit dazu und weshalb soll man nuglos Munition verschwenden? Aber nun ertönt der Befehl: „Marsch! Marsch!" drauf geht es. Die Kugeln des Feindes werden näher und einige Schmerzensrufe dringen durch das Gelächter — der ernste Augenblick ist gekommen, wo die Männer auf der Schwelle zwischen Leben und Tod stehen. Dazu die furchtbar schwierigen Terrainverhältnisse. Das 44. Regiment muß seinen Marsch nach Art der Indianer Einer hinter dem Andern - fortsetzen, die Kolonnen lösen sich auf, denn sie müssen fortwährend klimmen und Hindernisse übersteigen. Ein Meisterstück im Ueberwinden von Schwierigkeiten liefert Hauptmann Böhnke, dem es gelingt, seine 4. vierpfündige Batterie vorwärts zu bringen. Sie soll gute Dienste thun. Ohne auf den niedertropfenden Schweiß, auf die feindlichen Kugeln zu achten, arbeitet Alles vordringend mit vereinter Kraft. Endlich ist man dem Dorfe Kaltenhof gegenüber angekommen. Vorwärts dringt die Schüßenlinie Salve knattert aus den Häusern den Preußen entgegen, von den Anhöhen herab sausen die Granaten und hinter den Büschen hervor quillen die Rauchwolken der Einzelschützen, die sich überall postirt haben. Hoch zu Pferde in der Schützenlinie hält General von Buddenbrock; nur kurze Zeit noch und der Feind beginnt dem Feuer der vordringenden Brigade zu weichen. Der General bewahrt eine prächtige Ruhe, sich kaum bewegend, ertheilt er mit ruhiger Gebehrde den Befehl zum Vorgehen des Füsilier - Bataillons. Dasselbe avancirt als Avantgarde des linken Flügels mit „Hurrah" gegen Kaltenhof. Linker Hand von den Stürmenden bleibt der Kapellenberg, auf welchem noch heiß gestritten wird. Der Kampf um Kaltenhof ist kurz, aber blutig genug. Die österreichische Artillerie feuert ausgezeichnet, so sicher und theilweise so verderblich, daß die Distanzen als vorher abgemessen erscheinen mußten. In diesen Wirbel von Feuer, Dampf und Kugeln dringen die Fünfundvierziger. Unterstützt durch das beharrliche Verbringen und Kämpfen des 44. Regiments so wie der muthigen Jäger ist nun die Verbindung aller Kräfte der engagirten Truppen des Gros und der Avantgarde hergestellt; man kann vereint auf den tapferen, jeden Fuß breit mit Blut erkaufenden Feind drücken. Die Kolonnen schließen sich zusammen, neuer Ruf ertönt, die erbitterten Gegner sind sich einander so nahe gerückt, daß man mit Bajonett und Kolben arbeitet, ringsum thürmen sich die Leichen. Kaltenhof ist längst durchschritten, Hohenbruck ist die Kampfesstätte geworden. Hieher dringt Alles. Die Feinde beginnen die Position aufzugeben, es lichten sich einzelne Stellen. Im heftigsten Granatfeuer trägt man die Verwundeten aus dem Gefechte. Immer enger drücken Avantgarde und Gros der Preußen den Feind zusammen; schon sind einzelne Compagnien bis an den südwestlichen Eingang von Alt-Rognit gelangt. Hier kann der Feind dem Bajonettangriffe nicht widerstehen, er weicht und läßt viele Gefangene zurück. Inmitten des Greuels der Schlacht, bei dem heftigsten Kampfe

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