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Abgang nur auf einige Zeit. Laut Stärkenachweisung vom 31. Januar betrugen die Jststärken (ausschließlich Offiziere):

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Dem Regiment fehlten einschließlich der Offiziere bei Beendigung der Einschließung 641 Köpfe.

Durch den Abschluß des 21 tägigen Waffenstillstandes war Sicherheit für Herstellung des Friedens noch nicht gegeben. Mit Rücksicht hierauf erging folgende Allerhöchste Kabinets-Ordre:

Ich beauftrage das Oberkommando der Maas-Armee, die unterhabenden Truppentheile auf das Strengste dahin anzuweisen, daß sie den Waffenstillstand zu ihrer Kompletirung und Retablirung in möglichst ausgedehnter Weise be nutzen u. s. w. Wilhelm.

Die bevorstehende Waffenruhe war daher keineswegs ausschließlich eine Zeit der Muße und Erholung, sondern beanspruchte nach vielen Seiten hin erneute Thätigkeit, wie dies demnächst zu schildern sein wird.

6. Rückblick auf die Ereignisse bei Le Bourget.

Le Bourget lag zwischen der Hauptstellung der deutschen Einschließungslinie und den Forts von Paris, von beiden etwa 2000 m entfernt.

Die Hauptvertheidigungslinie des Gardekorps folgte der Senkung des Morée-Baches und war durch Ueberleitung der Wasser des Ourcq-Kanals überschwemmt und mit einem Zeitaufwand von 36 500 Arbeitsstunden*) zu einem sturmfreien Hinderniß von 1,50 bis 3,50 m Wassertiefe umgeschaffen worden. Belagerungsgeschütze konnten deutscherseits erst Ende Januar verfügbar gemacht

werden.

Dagegen zählten die französischen Forts der Nordfront allein etwa 150 Festungsgeschüße. Der Feind konnte so sein überlegenes Geschüßfeuer gegen das seit dem 19. September 1870 von den Deutschen besezte Dorf Le Bourget monatelang ungestört wirken lassen.

An fast allen kritischen Tagen hatte das Regiment Elisabeth beim Angriff auf Le Bourget, wie bei der Vertheidigung des Dorfes, die Hauptarbeit zu thun. Das glänzendste Zeugniß für die hervorragenden Leistungen des Regiments bei Le Bourget ist die Thatsache, daß keiner der französischen Massenangriffe die deutsche Hauptstellung erreichte; alle scheiterten schon vorher an den Vertheidigern von Le Bourget.

*) Vergl. Heyde und Froese.

Dabei lag Le Bourget taktisch ungünstig, denn es kehrte dem Feinde seine Schmalseite zu. Die vielen ein- und ausspringenden Winkel des Dorfrandes erschwerten eine einheitliche und wirksame Vertheidigung um so mehr, als die für die Besetzung des großen Dorfes eigentlich erforderliche Truppenmenge nicht zur Verfügung gestellt werden konnte.

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Bei der Schwierigkeit, Le Bourget dem Feinde auf die Dauer streitig zu machen, kam in Frage, ob man es als weit vorgeschobenen Beobachtungs

posten" so lange besezt halten wollte, als der Feind keinen ernsthaften Angriff wagte, oder ob man es als vorgeschobenen Posten zum Schuße der Hauptstellung" wirklich vertheidigen wollte.

Beide Gesichtspunkte wurden maßgebend für die Entwickelung der Dinge bei Le Bourget. Während der

Zeit vom 20. September bis zum 28. Oktober 1870 wurde Le Bourget lediglich als „Beobachtungsposten" angesehen und sehr schwach besetzt. Man wollte es gegen einen ernsthaften Angriff nicht halten und befestigte es daher nur wenig, d. h. insoweit als es für die Vertheidigung durch eine Kompagnie nothwendig war.

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Zwar hatten vom 19. bis zum 22. September drei Bataillone in Le Bourget gestanden, dann aber wurde, dem vorerwähnten Gesichtspunkte entsprechend, infolge des Korpsbefehls vom 22. September und der Divisionsbefehle vom 22. und 28. September (vergl. S. 238 u. 245) Le Bourget bald mit nur einer Kompagnie besetzt, da es nur Beobachtungsposten sei und die Vertheidigung am MoréeBach läge". Man verstärkte auch dann die Besatzung nicht, als am 5. Oktober (vergl. S. 249 u. 259) „Ansammlungen französischer Truppen im Norden und Nordoften von Paris“ gemeldet wurden, als ferner am 19. Oktober 1870 (vergl. S. 259) ein Telegramm des Oberkommandos meldete, „daß Franzosen heute Nacht starken Ausfall unternehmen wollen" und schließlich noch die 2. Garde-Infanterie-Division betonte, „daß in nächster Zeit vielleicht ein Ausfall zu erwarten sei“.

Als daher der Feind in der Nacht vom 27. zum 28. Oktober ernsthaft angriff, räumte die preußische Besaßungs-Kompagnie Le Bourget mit einem Verluste von nur drei Verwundeten.

Es zeigte sich bald, daß die Räumung des Dorfes nicht ohne Folgen bleiben würde, denn die Franzosen verfügten nun über einen großen, für Truppenansammlungen und plötzliche Angriffe sehr geeigneten Raum und bedrohten so die deutsche Hauptstellung unmittelbar. Außerdem war durch die Wegnahme des Dorfes ihre Zuversicht und Unternehmungslust bedeutend gesteigert. Die eilige und umfassende Befestigung von Le Bourget zeigte ferner, daß der Feind das Dorf zum Stützpunkt weiterer Unternehmungen zu machen beabsichtigte. Eine Bestätigung erhielten diese Be- • denken, als das in der Nacht vom 28. zum 29. Oktober gegen Le Bourget vorgehende II. und Füsilier-Bataillon Regiments Franz mit einem Verlust von 2 Offizieren, 49 Mann abgewiesen wurde und auch die Beschießzung von Le Bourget am 29. Oktober durch die Garde-Artillerie kein günstigeres Ergebniß hatte.

Als nun das Gardekorps von weiteren Maßnahmen gegen Le Bourget Abstand nehmen wollte (siehe Generalstabswerk III., 197), entschied das Oberfommando der Maas-Armee, daß Le Bourget zum Schuße der Hauptstellung wieder genommen werden müsse, und ertheilte den Befehl zum Angriff.

Zeit vom 30. Oktober bis zum 21. Dezember 1870.

Es folgte nun in Ausführung des erwähnten Befehls am 30. Oktober der Sturm der 2. Garde-Infanterie-Division auf Le Bourget, bei dem das Regiment

mit einem Bataillon Augusta die stark befestigte Nordfront des Dorfes mit ihren Steinmauern, massiven Gebäuden und der Barrikade im frontalen Angriff zu erstürmen hatte.

Die preußischen Gesammtverluste betrugen 34 Offiziere, 433 Mann. Hiervon entfielen auf die Sturmkolonne des Regiments allein 27 Offiziere, 310 Mann, während auf die Sturmkolonne gegen die Nordwestecke nur 3 Offiziere, 54 Mann und auf diejenige gegen die Südostecke nur 4 Offiziere, 69 Mann kamen. Die Zahl der Todten war sehr groß und stellte sich auf fast 50 % des Verlustes eine Folge des Nahkampfes.

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So blieb dieser Ort fortan mit zwei Garde-Bataillonen besetzt“, sagt das Generalstabswerk. Dieselben sollten nöthigenfalls aus der rückwärtigen Hauptstellung unterstützt werden, wenn es sich nur darum handelte, ein neues Einnisten feindlicher Abtheilungen zu verhindern. Dagegen lag es auch fernerhin nicht in der Absicht des Oberkommandos, diesen vorgeschobenen Posten bei einem allgemeinen Ausfalle gegen die Stellungen der Maas-Armee bis auf das Aeußerste zu vertheidigen."

Ein Aufgeben des Ortes ohne Kampf war aber für die Besagung von Le Bourget nach dem verlustreichen Sturm vom 30. Oktober ausgeschlossen; batte indessen das Gefecht einmal begonnen, so war es bei der großen Ausdehnung des Gefechtsfeldes das Dorf maß 6000 m im Umfang - und bei der Eigenart des Dorfgefechtes unmöglich, den Kampf wieder abzubrechen. Die Parole hieß also: „Ausharren bis zum letzten Mann!"

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Am 21. Dezember befand sich das I. Bataillon des Regiments mit einer Kompagnie Garde-Schüßen in dieser Lage. Diese nur 750 Mann starke Besatzung vertheidigte sich fast drei Stunden lang ohne Unterstützung gegen 35 000 Franzosen, das Armeekorps von St. Denis. Der große allgemeine Ausfall gegen die Stellungen der Maas-Armee" scheiterte am 21. Dezember an dem Widerstande der Vertheidiger von Le Bourget. Das bestätigt auch die Siegesdepesche des großen Hauptquartiers vom 21. Dezember, welche sagt, daß drei feindliche, zum Angriff vorgehende Divisionen in unserer Vorpostenstellung zurückgewiesen wurden. — Dort aber standen Elisabeths Grenadiere! *)

*) Als ein fernerer Beweis für die ganz außergewöhnlichen Erfolge, die das I. Ba taillon Elisabeth und die Garde-Schüßen-Kompagnie am 21. Dezember 1870 hatten, sei Folgendes erwähnt:

Alfred Duquet, einer der berufensten französischen Schriftsteller, sagt in dem 6., Ende 1896 erschienenen Bande seiner Geschichte der Belagerung von Paris („Second Échec du Bourget et Perte d'Avron“) auf Seite 72 über den 21. Dezember 1870:

Le capitaine d'Altrock occupait le poste avancé du Bourget avec le 1er bataillon du régiment Reine-Elisabeth et la 1r compagnie du bataillon des tirailleurs de la garde. C'étaient ce bataillon et cette compagnie qui allaient arrêter toute une armée, car les Prussiens croyant que les Français n'aborderaient pas le Bourget avant de l'avoir écrasé sous une pluie de bombes, ne voulaient y laisser que le moins de monde possible, surtout si leur déclaration est vraie,

Die versprochene Unterstüßung*) traf erst nach zwei bis drei Stunden ein, weil ein dichter Nebel die Uebersicht erschwerte, eine telegraphische Verbindung von Le Bourget nach rückwärts fehlte, und die Meldereiter kurz vor dem feindlichen Angriff aus Le Bourget zurückgegangen waren. Die abgesandten Infanteriepatrouillen**) konnten meist nicht mehr durch die französischen Umgehungstruppen hindurchkommen.

Die nur 2000 m weit bei Pont Jblon bereitstehenden Verstärkungen wurden daher sehr spät in Marsch gesetzt. Dagegen erschienen von dort die Lebensmittelempfänger in Le Bourget und wanderten sofort mit ihren Vorräthen in französischer Begleitung weiter nach St. Denis. St. Denis. Lieutenant v. Schramm (vergl. S. 319) vom Regiment fiel ebenfalls den Franzosen in die Hände. Als die erwähnte Patrouille der 9. Kompagnie des Alexander-Regiments, deren fünf Leute sämmtlich verwundet waren, als erste meldete, daß die Nordhälfte von Le Bourget in feindlichem Besitz sei, fand diese Botschaft beim Brigadekommandeur anfänglich wenig Glauben.***) Als erste Unterstützung traf somit zunächst nur die von Le Blanc Mesnil selbständig in Marsch gesetzte 9. Kompagnie Alexander in Le Bourget ein, während die übrigen Verstärkungen aus Pont Jblon erst zwischen 10 und 11 Uhr früh dort anlangten.

ce dont nous doutons, à savoir que, depuis le combat du 30 octobre, il n'était plus dans les intentions de l'état-major de conserver le Bourget à tout prix«.“

So warteten der Gouverneur Trochu und der Admiral de la Roncière le Noury (Duquet, Band 6, Seite 90, 91) mit ihren Stäben an der Route de Lille vergeblich auf das verabredete Angriffszeichen für die bei Drancy bereitstehende 2. französische Armee. „Le drapeau tricolore, que l'amiral devait hisser sur le clocher du Bourget, comme annonce de la prise du village et comme signal de la marche en avant de la 2e armée, ne se voyait toujours pas“. (Duquet, Band 6, Seite 98.)

Les cinq compagnies de la Garde continuent à tenir vaillamment tête aux brigades françaises. (Seite 93.)

Infolgedessen wurde thatsächlich die über 100 000 Mann starke 2. französische Armee nicht eingesezt, sondern verblieb in Reserve, bis sie durch die preußischen Garde-Batterien zusammengeschossen wurde und ohne angegriffen zu haben zurückging.

Duquet fügt deshalb den 21. Dezember 1870 in die berüchtigten Tage der Geschichte Frankreichs ein, indem er ihn la journée des Réserves" nennt (Band 6, Seite 84).

*) Das Artilleriefeuer des Feindes begann am 21. Dezember um 7 Uhr früh und der Angriff seiner Infanterie auf Le Bourget etwa um 73⁄4 Uhr früh. Die erste Meldung von dem Verlust der Nordhälfte des Dorfes brachte nach der Geschichte des Alexander Regiments (Seite 234) eine Patrouille dieses Regiments nach Le Blanc Mesnil um 811⁄2 Uhr früh. Die Geschichte des Franz-Regiments (Seite 159) läßt diese Nachricht erst um 92 Uhr früh in Pont Jblon an den dort anwesenden Brigadekommandeur gelangen, der dann um etwa 10 Uhr früh das I. Bataillon Franz, II. Bataillon Elisabeth und zwei Kompagnien Garde-Schüßen auf Le Bourget in Marsch sezte. Diese Verstärkungen werden nacheinander von etwa 1014 Uhr an ins Gefecht getreten sein. Die von Blanc Mesnil sofort vorgehende 9. Kompagnie Alexander traf schon um 9 Uhr früh in Le Bourget ein. Betreffs der ersten nach rückwärts gelangenden Meldung vergl. auch vorstehende Geschichte, Seite 316, Anmerkung.

**) Vergl. Seite 316, Anmerkung und dritter Absay von oben.
***) Geschichte des Alexander-Regiments, Seite 235, Anmerkung.

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