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18. September

1870. Marsch von

Collinances

Juilly. Wieder

Am 17. war hier Ruhetag zum Instandseßen der Sachen.

das

Aufbruch früh 5 Uhr. Starker Marsch in Gefechtsordnung Füsilier-Bataillon, Garde-Schüßen und 4. Brigade in einer Kolonne vereinigt (vergl. Boullarre nach Seite 220) in südwestlicher Richtung über Acy en Multien nach Juilly (3 bis 4 km südlich Dammartin), wo das Bataillon erst am späten Nachmittag einDer Ort zeichnete sich durch ein großes für Knabenerziehung bestimmtes Jesuiten-Kloster aus. Die Jesuiten und ihre Zöglinge waren ebenso wie die meisten übrigen Einwohner verschwunden, so daß die Verpflegung durch Beitreibungen aufhörte.

dem Regiment. rückte.

Rückblick auf die

Märsche vom

In Juilly erhielt das Bataillon, wie schon erwähnt, Weisung, unter den Befehl des im benachbarten Nantouillet untergebrachten Regiments zu treten. Erst am folgenden Tage aber bei dem Vormarsch nach Le Blanc Mesnil erfolgte nach 17 tägiger Trennung der thatsächliche Wiederanschluß an die GrenadierBataillone.

Dagegen trat in Juilly Oberstlieutenant v. Grolman wieder an die Spitze seines Bataillons. Derselbe war, in Pont à Mousson von seiner Wunde geheilt, am 18. September beim Regiment eingetroffen. Mit ihm kehrte Lieutenant Kühß geheilt aus Pont à Mousson zum Bataillon zurück.

Mit dem schon früher geschilderten Marsch am 19. (siehe Seite 221) schließt auch für das Füsilier-Bataillon der erste Theil des Feldzuges, der der Märsche und Schlachten im freien Feld, und es beginnt, als neuer Abschnitt, ein viermonatlicher Belagerungskrieg.

Ehe zur Darstellung der Thätigkeit des Regiments vor Paris übergegangen 11. August bis wird, sei ein kurzer Rückblick auf die Zeit vom 20. August bis 20. September 20. September. eingeschaltet:

Die Märsche von Metz nach Paris bieten ein Bild raschen Wechsels der kriegerischen Lage und damit entsprechender Mannigfaltigkeit in den Anforderungen. Während die Vorbewegung in den Tagen vom 20. bis 25. August den Stempel mäßiger Friedensmärsche trug, drängte von da ab die kriegerische Lage jede Rücksicht auf die Truppen in den Hintergrund. Den anstrengenden Kriegsmärschen in gefechtsmäßiger Truppeneintheilung folgten ausgedehnte Sicherheitsstellungen am 28. August 3. B. standen die Vorposten unseres Regiments fast 6 km vor dem Gros und Unterkunft in Biwaks ohne geregelte Verpflegung.

Die von der obersten Heeresleitung bei Erwägung des Rechtsabmarsches nach Norden vorausgesehenen Uebelstände: „die waldigen Argonnen auf Querwegen durchziehen und einen Landstrich betreten zu müssen, in welchem die Verpflegung der Truppen noch in keiner Weise vorbereitet war“, stellten sich infolge einer ungewöhnlichen Unbill der Witterung in verschärftem Maße ein. Während der achttägigen Biwakszeit vom 26. August bis 2. September verzeichnet das Kriegstagebuch des Regiments abwechselnd Hagel, starken Regen, Sturm, Kälte". Rechnet man hinzu, daß die Beschaffung der Biwakbedürfnisse nach vollendetem Marsch oft durch Beitreibungen versucht werden mußte — 3. B. am 29. August noch am späten Abend—,

so ist eine ungünstige Wirkung auf den Gesundheitszustand erklärlich. Ein Divisionsbefehl vom 26. August besagte: „Bei dem heutigen Marsch habe ich außer den Begleitmannschaften auf den Wagen 79 Kranke gefunden, welche größtentheils wegen Magenkrankheit verhindert waren, mit den Truppen zu marschiren" u. s. w. Einzelne Todesfälle traten infolge der Anstrengungen ein. So starb beim Regiment im Biwak von Montfaucon am 27. August Grenadier Gläser der 7. Kompagnie. Entsprechend waren die Abgänge an Lazarethkranken. Das I. Bataillon, dessen Etat einschl. der 1. und 4. Kompagnie sich am 21. August auf 838 Mann belief, hatte laut Stärkenachweis vom 2. September eine Stärke von 795 Mann. Am 11. September betrug die Zahl der Lazarethkranken 63. Aehnlich gestaltete sich das Verhältniß beim II. Bataillon. Denn während die Füsiliere nach der Schlacht von Sedan zunächst Ruhe und Erholung fanden, hatten die Grenadier-Bataillone den Gefangenentransport auszuführen, der durch die anhaltendste Regenzeit des nassen Sommers erschwert wurde. Vom 2. bis 11. September regnete es fast unaufhörlich. Jm Kriegstagebuch findet sich um diese Zeit folgende eigenhändige Eintragung des Obersten v. Zaluskowski:

„Die Aerzte bestätigen, namentlich auch die des Regiments, daß der Typhus sich einzuschleichen scheine. Die Kranken, welche mit Anzeichen dieser Krankheit be= haftet sind, werden möglichst bald entfernt. Man bemerkt viele angegriffene Gesichter, eine natürliche Folge der unaufhörlichen, oft sehr anstrengenden Märsche und der unregelmäßigen, an Brot und Gemüse fast immer unzureichenden Verpflegung.

Der Verwilderung wird durch Strafen und Ermahnungen möglichst entgegengearbeitet. Unteroffiziere zu bestrafen ist schwierig, Arrest thatsächlich unausführbar."

Einer gewissen Lockerung der Mannszucht leistete der Umstand Vorschub, daß die Mannschaften nach der Schlacht bei Sedan an baldige Beendigung des Feldzuges glaubten. Mit Bezug hierauf äußerte sich ein Divisionsbefehl vom 14. September:

„Der Krieg ist noch nicht zu Ende, wir haben uns auf dessen Fortseßung vorzubereiten, welches von allen Seiten durch strenge Ueberwachung der Ausrüstung und Bekleidung sogleich in die Hand zu nehmen ist.

Ich verbiete ausdrücklich, alle nichtpreußischen Waffen und Bekleidungsstücke zu tragen. Halstücher und Shawls, außer an Regentagen und nachts im Biwak, dürfen nicht sichtbar sein" u. s. w.

Schon am 8. September war über die Ausrüstung der Truppen Bericht eingefordert worden, und es ergab sich, daß z. B. bei unserem II. Bataillon 451 Paar Stiefel der Ausbesserung bedurften, so daß Oberst v. Zaluskowski „einige Ruhetage für durchaus nothwendig erklärte, um die Ausrüstung auch ferner in tragbarem Zustand zu erhalten“. Gleichwohl konnte bei der Abtheilung Linsingen nur ein Ruhetag (am 10. September in Dun) hierfür gewährt werden. Die Nothwendigkeit schneller Vereinigung mit der Division steigerte vielmehr die Marschansprüche. In den drei Tagen vom 14. bis 16. September hatten die Grenadier-Bataillone gegen 97 km zurückzulegen. Allerdings führte der Vormarsch um diese Zeit südwestlich von Reims in eine an landwirthschaftlichen und landschaftlichen Vorzügen reiche

Gegend die an die Champagne angrenzende ehemalige Provinz Isle de France, das Herz Frankreichs. - Ruinen alter Feudalschlösser (so z. B. in La Ferté Milon), schöne neue Landsize im Pariser Geschmack, mit weiten Parkanlagen (beispielsweise Thury, Acy u. s. w.), große massive Dörfer, Weinpflanzungen, dichte Laubwälder, gut bestellte Aecker u. s. w. bewiesen, daß man sich in einem der gesegneteren Theile der „Belle France" bewegte. Allein schon am 16. September findet sich im Regimentstagebuch folgende Anmerkung: „Seit einiger Zeit fällt auf, daß viele Wirthschaften und Ortschaften, die vom Regiment belegt werden, von ihren Einwohnern verlassen sind. Ueberhaupt erscheint die Bevölkerung widerspenstiger, zum Theil ängstlicher.“

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Die vormarschirenden deutschen Truppen näherten sich dem rings um Paris sich erstreckenden verödeten Landstrich. Es bleibt dahingestellt, ob die Einwohner von der Regierung des Widerstandes à outrance hierzu aufgefordert, wie die Russen im Jahre 1812, oder ob sie aus Angst geflohen waren, — jedenfalls waren die Dörfer auf eine Entfernung von 20 bis 30 km um Paris von ihren Bewohnern verlassen. Die Orte, in denen das Regiment am 18. September untergebracht wurde, boten zum ersten Mal den Anblick der Verödung. Straßen und Häuser trugen frische Spuren eines hastigen Aufbruches, Gegenstände verschiedenster Art lagen in wüster Unordnung umher. Die Unterbringung fand derart statt, daß die Mannschaften, nach dem Aussehen der Häuser auf diese vertheilt, sich den Eingang gewaltsam öffneten und es sich in den herrenlosen Räumen bequem machten. Für die Mannszucht waren diese Zustände ungünstig, denn sie weckten unwillkürlich einen gewissen Trieb zum „Rollen“, wie der bekannte sich schnell verbreitende Kunstausdruck lautete. Indeß war in den Tornistern kein Platz zum Mitnehmen fremder Gegenstände vorhanden, auch hatte der vorsichtige, am Besitz hängende Franzose Werthsachen, vor Allem die bekannten „Pendules", wegzuschaffen nicht unterlassen. Die zurückgebliebenen Gegenstände waren für den Soldaten ohne Nugen, so Bücher, Herren- und Damenkleider, Toilettengegenstände u. s. w. Freilich verwertheten unsere, mit der Feinheit der letteren nicht vertrauten Posener und Oberschlesier Klysopompe gern zu Pfeifenschläuchen, auch fand ein in Frankreich verbreitetes, unter dem harmlosen Namen „Bidet“ bekanntes Porzellangeschirr hier und da Verwendung beim Brotbacken. Nügliche Funde an Lebensmitteln aber waren von den in Menge zurückgebliebenen Süßigkeiten abgesehen — selten, häufiger nur Entdeckungen von Weinvorräthen. Oft wurden größere Mengen in Fässern und Flaschen aus Kellern und Gärten ausgegraben. Es ist ärztlicherseits festgestellt worden, daß dieser Reichthum an gesundheitsförderndem vin rouge zur Verhütung von ansteckenden Krankheiten beigetragen hat.

Noch sei bemerkt, daß, wenn die Franzosen, wie die Russen im Jahre 1812, durch Verlassen der Dörfer den deutschen Truppen die Mittel zum Lebensunterhalt hatten entziehen wollen, die so beabsichtigte Schädigung sich bald als Vortheil erwies. Tausende von Landeseinwohnern, die mit Gewalt kaum aus ihrem Besitz zu vertreiben gewesen wären, verließen freiwillig den für die Einschließung gewählten Umkreis und befreiten die Belagerer von einem Heer unbequemer Aufpasser und Spione. Ein Korpsbefehl vom 27. September spricht sich in dieser Beziehung

folgendermaßen aus: „Anscheinend werden die Landeseinwohner, welche vor dem Einrücken der Truppen die Ortschaften hiesiger Gegend verlassen haben, in nächster Zeit zurückzukehren suchen. Da hierdurch leicht eine Anhäufung einer Menge verdächtigen Gesindels und mehr oder weniger gefährlicher Leute stattfinden würde, so ist in den von den Truppen des Gardekorps besetzten Ortschaften kein Einwohner zu dulden, der nicht beim Einrücken der Truppen dort vorhanden war, dergleichen Leute sind abzuweisen und, wenn Gewalt nöthig, über die Vorposten hinaus gegen die Befestigungen von Paris zu treiben."

Allerdings hatten die fliehenden Bewohner eine Verpflegung durch Beitreibungen in der Umgegend von Paris unmöglich gemacht, waren doch selbst alle Getreideschober angebrannt und verbreiteten einen durchdringenden Geruch indeß trat an Stelle jener bald eine geregelte Magazinverpflegung, für welche die Mittel theils Nachschübe aus der Heimath, theils die von unseren Armeen beseyten französischen Provinzen lieferten, deren unerschöpflicher Reichthum, besonders an Hammeln, während der langen Einschließungszeit nicht versiegte und Offizieren und Mannschaften den sonst geachteten „mouton" zu einem Begriff des Grauens machte, der sich bei Bielen spät, bei Manchem vielleicht nie wieder verloren hat.

Zweiter Theil.

Einschließung von Paris.

1. Belagerung im September und Oktober bis zum ersten Gefecht um
Le Bourget.

A. 20. September bis 9. Oktober 1870. Unterkunft in Dugny, Bonneuil,
Pont Jblon. - Vorposten in Dugny und Bourget.

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allgemeine Cha

rakteristik der

Am 15. September war im großen Hauptquartier zu Château Thierry ein Befehl erlassen worden, wonach die „Maas-Armee am 19. September die feindliche ersten Belage Hauptstadt auf dem rechten Seine- und Marne-Ufer einschließen sollte". Das rungsmaßregeln. Belagerungsgebiet nördlich Paris, in das die drei Korps der Maas-Armee dementsprechend eingerückt waren, wurde, wie schon erwähnt, — vergl. Theil I, S. 218 durch die große Straße von Paris nach Lille (bezüglich Maubeuge) ungefähr halbirt. Während nämlich rechts, westlich der genannten Straße die 1. Garde-Infanterie-Division und rechts von dieser das IV. Armeekorps sich in den Raum Arnouville-Montmagny-Deuil-Chatou entwickelte, hatte östlich der Straße die 2. Garde-Infanterie-Division am 19. September Le Blanc Mesnil und Aulnay besetzt und links von letterer das XII. Korps seine Vorposten über Sevran bis nach Chelles und an die Marne geschoben. Sonach standen von

Westen nach Osten nebeneinander: IV. Korps, 1., 2. Garde-Infanterie-Division, eine Reihenfolge, welche während der Dauer der Einschließung unver

XII. Korps, ändert blieb.

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Zum Zweck der Einschließung selbst kam es darauf an, die durch den Anmarsch des 19. September meist ohne Kampf gewonnenen einzelnen Ortschaften zu Stüßpunkten eines ununterbrochenen Belagerungsgürtels zu gestalten.

Beim Gardekorps bezw. bei der 2. Garde-Infanterie-Division wurden dementsprechend Orte wie Aulnay, Le Blanc Mesnil, Garges u. s. w., die außer wirksamer Kanonenschußweite, also etwa 6000 bis 8000 m von den Pariser Forts entfernt lagen, zu Stellungen der Haupteinschließungslinie bestimmt und darüber hinaus die Vorposten so weit vorgeschoben, daß das Verhalten des in und vor den Forts befindlichen Feindes überwacht werden konnte.

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Um ferner feindliche Angriffsbewegungen abwehren zu können, war die Befestigung des Geländes nothwendig. Hierfür bot die Nordseite von Paris, also die Ebene von St. Denis, in welche das Gardekorps eingerückt war, weniger natürliche Hülsmittel als die mit Bergen, Waldungen, Parkanlagen u. s. w. bedeckten Umgebungen im Süden, Often und Westen der Hauptstadt. Man war hier zum Theil darauf angewiesen, das Gelände zwischen den einzelnen zu befestigenden Ortschaften durch Anstauung von Wasserläufen ungangbar zu machen.

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