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Die politischen Nachtwächter, welche die Zeit ausrufen und ihre Warnung, das Haus vor Feuer und Licht zu bewahren, sündlich wie berholen, wecken freilich Völker und Fürsten aus dem Schlafe; aber sie sollen auch nicht schlafen, es soll Tag seyn, und dann hören die Schreier von selbst auf.

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Die Natur der Dinge und was schön sey, oder mißgestaltet, malt euch jeder Bahenspiegel nicht minder treu zurück, als das hohe, stolze Glas am Pfeiler eines fürstlichen Gemaches. Die Weltge schichte pulsirt in Täglichkeiten. Darum, wer em fig ist und frohen Muthes, zu forschen und zu Betrachten, der durchblättert das Buch der Mensch. heit in einer Taschenausgabe, die ihn überall be. gleitet, oft und gern.

Beschränkten Menschen ist es eigen, daß sie die wenigen Ideen, die in dem engen Kreise ihrer Fassungskraft liegen, mit einer Klarheit er greifen, die uns in der Schäßung ihres Geistes oft irre macht. Sie sind wie Bettler, die das Ges präge und die Jahreszahl jedes ihrer Kreuzer tennen.

Die Fürsten fehen immer noch nicht ein, daß die Polizei ihre gefährlichste Feindin, fa die einzige revolutionäre Macht ist, die sie zu fürchten haben. Sind wirklich Uebel vorhanden, so werden sie von der plumpen und abge schmackten Quackjalberci jener Staatsgewalt nur verschlimmert. Ist das Volk kränk, so gebt ihm frische Luft und freie Bewe gung, vertraut es aber nicht den unges schickten Händen eitler, thörichter und Pflichtvergessener Pfuscher an.

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Alle Ansprüche und Vollstreckungen einer ge heimen Justiz sind heimliche Hinrichtun gen, mit welchen bürgerliche Freiheit gar nicht zu vereinen ist. Ob eine streitige Sache dem Hans øder dem Kunz verbleibe, ob ein einzelner Misse. thäter bestraft werde oder nicht, dieses ist dem Gemeinwesen sehr gleichgültig. Aber die Zuvers ficht, daß Recht geübt werde, ist Lebensbedürfnig in der bürgerlichen Gesellschaft, und diese Zu versicht versagt die heimliche Justiz. Kein Fürft, Tein Richter, kein Verwalter darf Glauben for. dern an seine Gerechtigkeit; nur an Gott glaubt man, die Menschen aber will man sehen, hören, betaßen, ausrechnen.

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Wie einzelne Menschen, so treten auch Staaten jede neue Lebens- und Bildungsstufe ohne Erfah. rung an. Die Lehren der Vergangenheit sind auf die Gegenwart nicht mehr anwendbar, das fonftitutionelle Frankieich wird weder in dem alten königlichen, noch in dem republikanischen, noch in dem kaiserlichen Frankreich unterrichtende Beispiele finden es wird die Erfahrungen, die ihm nüßen,

erst kaufen und bezahlen müssen.

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Man sollte die Ministeriellen erblich inachen, damit diejenigen, welche sie verwalten, an dem Wohle des Staates ein Familieninteresse fänden und nicht bloß auf ihren leiblichen Vortheil jähen. Schlimine Fürsten haben, an die Zu kunft denkend, manche böse That unterlassen; einen eigensüchtigen Minister hält Nichts zurück. Zu wissen aber ist, daß die politischen Trennungen und innern Kämpfe, die jezt Statt finden, nichts Anderes sind als ein Streit zwischen Volks, freiheit und Ministerialgewalt.

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In der bürgerlichen Gesellschaft gibt das Volk seine natürliche Freiheit der Regierung als ein Darlehen gegen bedungene Zinsen hin. Berden ihm letztere vorenthalten oder geschmälerio

dann zieht es fein Kapital mit Recht zurück und sucht sich einen sicheren Schuldner

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Gute Fürsten müffen wie fruchtbare Jahre angesehen werden. Man soll ihre Regierung dazu benußen, Nothmagazine von Volksfrei heiten und Gerechtsamen aufzuspeichern für die möglichen Hungerjahre eigenmächtiger Erb. folger. Vorsicht hierin ist nie überflüssig, Pharav's magere Kühe entbleiben nicht.

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Wenn der Fürst glaubt, das Volk sey ein Kutschyferd, das, mit Gebiß und Scheuleder versehen, der Staatskarosse, in welcher nur er sißt, vorgespannt werden müsse und wenn das Bolt den Staat für einen Familienwagen hält, den der Regent allein fortzuziehen habe: dann irren beide.

Es ist Wahrheit: Die Weltgeschichte ist das Weltgericht; aber es kommt für uns ges meine Bürgersleute nicht viel Trost dabei heraus. Wird ja einmal ein großer Verbrecher gestraft, oder ein Schuldner der Menschheit eingesteckt, dann werden zuvörderst die Prozeßkoften, Defensiousges

bühren und Sporteln aus dem Vermögen des Delinquenten bezahlt, so daß zur Privat-Entschd. digung gewöhnlich nichts mehr übrig bleibt.

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Jene schöne Zeit, da noch

wenn felten ein schadenfroher Geist über Völker und Länder zog Nichts bebte, als die Erde, und man Men-schen mehr fürchtete, als Gott, jene Friedens tage kehren in Europa nie zurück. Denn die Triebfeder seines Lebens ist gesprungen, und was man trüglich für erhöhte Kraft annimmt, ist Nichts, als das Schnarren und die Uebereile der zerbrochenen Kette, die, in ungemessener Thätig. keit sich abhaspelnd, dem Stillstande und dem Lode zuläuft.

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Den Füchsen hat man die Freiheit in engen Flaschen, den Störchen in flachen Schüffeln vor. gefeßt. Die schlauen Füchse werden sich zu hel fen wissen, sie werden der Flasche den Hals bre chen; aber welche Hoffnung bleibt den dummen Störchen? Sie ließen sich wohl gar weiß machen, es käme nur darauf an, sich den Schnabel pußen zu lassen!** Aufgabe zur Uebung des Vere Randes: Wo sind die Füchse, und wo find die Störche?

Börne 1,

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