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mitgeteilt. Die Weisungen über die Marschrichtung der vier Corps, von denen nur das fünfte in Reserve gehalten werden sollte, gingen um 5 Uhr früh an die Corpskommandanten ab, der Aufbruch fand bei diesen zwischen 7 und 8 Uhr statt.

Benedek nahm zwischen Elbe, Bistriß und Trotina auf beiden Seiten der von Königgräß nach Horiß führenden Reichsstraße eine Verteidigungsstellung ein, die an sich große Vorteile gewährte und als eine ungewöhnlich starke bezeichnet werden muß. Wenn er schon von dem Rückzug über die Elbe absehen zu sollen glaubte, was jedenfalls mehr moralische als militärische Gründe hat, so konnte er nach der Verwirrung vom 1. Juli sich immerhin beglückwünschen, daß man ihm Zeit ließ, diese Stellung in Ordnung zu beziehen und sich darin einzurichten, ja es war nicht unberechtigt, sich der Hoffnung hinzugeben, daß die ihm anvertraute Armee hier einen Angriff des Gegners abschlagen und dadurch eine günstigere Wendung des Feldzuges herbeiführen könne. Das Vertrauen, das er in die Armee gesezt hat, wurde von ihr glänzend gerechtfertigt, sie war durchaus nicht erschüttert, sondern entwickelte einen Widerstand, den die geg= nerischen Generale vielfach bewundert haben. Kein Truppenteil hat trog der herabstimmenden Eindrücke der vorausgegangenen Kriegswoche versagt, von manchen wurden aber heroische und militärisch hochstehende Leistungen vollbracht, die anzuerkennen niemand so eifrig war, als die zahlreichen Geschichtschreiber, die der Feldzug aus der Mitte der preußischen Offiziere gefunden hat. Das Schlachtfeld ist ein Hügelgelände mit einer Reihe bastionartiger Höhen, zwischen denen sich Mulden bis zur Weite einer halben Meile ausdehnen. Ueberall find innere Verbindungen und damit Gelegenheiten zu Verschiebungen gegeben. Wo die terrassenartig aufsteigenden natürlichen Batteriestellungen nicht ausreichten, wurden am 2. Juli Schanzen aufgeführt; die Artillerie fand Zeit, ihren Ausschuß zu prüfen, Zielpunkte zu nehmen und Entfernungen zu messen. Infolge dessen konnte sie eine Treffsicherheit erreichen, die bis dahin in keiner Feldschlacht beobachtet worden war und den glänzenden Ruf, den sie seit Boerner und Wenzel Liechtenstein besaß, glänzend rechtfertigen.

Die Stellung begann westlich von Königgräß, 9 km vom Jnundationsgebiet der Festung in Ober-Prim (spr. Pschim) und Problus (725 m). Von hier führt ein natürlicher Erdwall über Stresetiß und Langenhof nach Lipa (800 m) und Chlum (860 m); dann folgt eine Senkung mit der Ortschaft Cistowes (725 m) und Nedelist (700 m), auf diese nördlich von Chlum die Höhe von Maslowed (825 m), abermals eine Senkung bis zu 700 m, darauf die Höhe von Horenowes mit den weltberühmt gewordenen zwei Linden (833 m), von der eine steile Straße nach dem am Trotinabach (625 m) gelegenen Raci (spr. Raschig) hinabführt. Die Entfernung von Königgräß (Prager Vorstadt) nach Lipa beträgt 10 km, von hier zur Höhe von Horenowes etwas über 4 km. Den linken Flügel, Prim und Problus, vertraute Benedek dem Kronprinzen von Sachsen, dem er außer seiner Armee das VIII. Corps (an diesem Tage von Feldmarschallleutnant Weber befehligt) und die Kavalleriedivisionen Edelsheim und Coudenhove zuteilte, an; er verfügte über 33000 Mann Infanterie, 7600 Reiter, 140 Geschüße; im Zentrum bei Langenhof-Lipa stand das X. und III. Corps, 43000 Mann Infanterie, 600 Reiter, 134 Geschüße, am rechten

Flügel, der von Chlum über Nedelist an die Trotina gehen, also stark zurückgehalten sein sollte, das IV., II. Corps und die Kavalleriedivision Thurn und Taris, 41000 Mann Infanterie, 4000 Reiter, 176 Geschüße. Als Armeereserve hatte sich der Feldzeugmeister zu seiner ausschließlichen Verfügung das I. und VI. Corps, die Kavalleriedivision Zaitsek und die gesamte Artilleriereserve bei Wsestar und Rosniß zurechtgestellt. In dieser Anordnung, die etwas Napoleo nisches andeuten sollte, war die Vorbereitung zu einem gewaltigen Zentralstoß enthalten, zu dem sich jedoch keine Gelegenheit gefunden hat; sie litt an zu großer Enge und hat einen fast allgemein anerkannten Fehler darin aufgewiesen, daß ursprünglich nicht einmal Maslowed und Horenowes einbezogen waren, obwohl man dort den Angriff der Zweiten preußischen Armee erwarten mußte und jedenfalls auch wirklich erwartet hat. Denn davon kann doch nicht die Rede sein, daß Benedek nur mit der Ersten und Elbarmee gerechnet haben sollte; er kann über das Wann?, aber niemals über das Ob? der Ankunft des preußischen Kronprinzen im Zweifel gewesen sein. Ueber den von ihm vorausgeseßten oder vermuteten Verlauf der Schlacht, die er annahm, hat er sich niemals ausgesprochen. Daß es besser gewesen wäre, am rechten Flügel eine eigene Armee mit selbständigem Kommando zu formieren und ihr den Kampf mit der Zweiten preußischen Armee zu überlassen, darf man wohl behaupten. Gab es aber einen General, dem Benedek diese wichtige Stellung einräumen konnte? Oder hat der Alleinbefehl vom Zentrum aus nicht auch eine Napoleon-Imitation sein sollen?

König Wilhelm hatte an seinem rechten Flügel der Elbarmee unter Herwarth v. Bittenfeld mit 36000 Mann Infanterie, 3000 Reitern, 144 Geschüßen den Uebergang über die Bistriß bei Nechaniß befohlen; im Zentrum hatte Prinz Friedrich Karl mit der Ersten Armee (85 000 Streitbare) von Sadowa über die Bistriß gegen Lipa und Chlum vorzugehen, am linken Flügel mußte der Kronprinz mit seinen 97000 Mann einrücken. Bis zu seiner Ankunft gab es keinen linken Flügel der preußischen Stellung. Es wäre also für die Oesterreicher auch das Problem zu stellen gewesen, ihren rechten Flügel nach Maslowed und Horenowes aufzustellen, ihn in der Richtung gegen Benatek vorgehen zu lassen, dadurch den Zusammenhang zwischen der Ersten und Zweiten preußischen Armee zu unterbrechen und die Erste mit Uebermacht nach Gitschin zurückzuwerfen. Wäre Benedek an Zahl stärker gewesen, so hätte er den Plan unbedingt verfolgen müssen, aber er hatte keine Ueberzahl an Streitern, sondern stand mit 215000 Mann den 221000 Preußen aller drei Armeen gegenüber. Immerhin war es eine eigentümliche Selbstbeschränkung, sich so lange in einer allerdings festen Stellung behaupten zu wollen, bis der Feind seine gesamten Streitkräfte auf das Schlachtfeld gebracht habe und umfassend vorrücken könne. Dies mußte auch beim günstigsten Verlaufe der Schlacht schließlich eintreten, denn der österreichische Feldherr durfte es niemals wagen, seinerseits mit dem Zentrum über die Bistriß, nach Sadowa und weiter vorzudringen, denn dann war sein rechter Flügel einem übermächtigen Angriff ausgefeßt, durch den die ganze Armee des Kronprinzen in den Rücken der österreichischen Hauptmacht geführt wurde.

Es hatte die Nacht über geregnet, die Wege waren aufgeweicht, die Aecker

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v. 3wiedined-Südenhorst, Deutsche Geschichte 1806-1871. III. 5. und 6. bildeten die zweite und dritte Staffel. Der Frontalangriff gegen von der 4. gefolgt, die 3. ging am rechten, die 7. am linken Flügel vor, die an der Bistriß. Die 8. Division erhielt die Richtung gegen Lipa, sie wurde begann das Geschüßfeuer bei Sadowa; Friedrich Karl entwickelte seine Infanterie das größte Totenopfer der Neuzeit gebracht werden sollte. Um halb 8 Uhr und Wiesen dampften, schwerer Nebel lag über der ganzen Gegend, auf der

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Langenhof-Lipa, wo 23 österreichische Batterien des X. und III. Corps (184 Geschüße) eine Feuerwirkung ohnegleichen erzielten, mußte aussichtslos erscheinen, ein Erfolg konnte nur von der 7. Division (Fransecky) angebahnt werden, wenn sie bis Cistowes vorkam und Lipa und Chlum flankieren konnte. Dieser Gefahr vorzubeugen, nahmen die Oesterreicher den Kampf schon in dem vor ihrer Stellung gelegenen Swiepwald an.) Er begann um halb 10 Uhr, nachdem das IV. österreichische Corps die Stellung Maslowed eingenommen und auch das II. aus der ihm angewiesenen Niederung bei Nedelist ihm nachgerückt war. Man hat österreichischerseits den beiden Corpsführern, den Grafen Festetics und Thun, aus diesem Abgehen vom Befehle des Oberkommandanten schwere Vorwürfe gemacht und es als Unbotmäßigkeit der Kavaliere gegenüber dem ihnen unangenehmen soldatisch-demokratischen Benedek ausgegeben. Die preußischen Schlachtkritiker geben ihnen, wie Moltke selbst, recht. Die Zumutung, daß der rechte Flügel unthätig in der Tiefe hinter Chlum hätte abwarten sollen, bis Fransecky in Maslowed und die Vortruppen des Kronprinzen bei Horenowes erschienen wären, ist geradezu kindisch und widerspricht den einfachsten Begriffen von den Pflichten eines Corpsführers. Der Fehler lag vielmehr in der Verteilung der Kräfte durch den Feldherrn, als in dem vermeintlichen Ungehorsam der Generale. Freilich wurde es für die Gesamtsituation der österreichischen Armee höchst schädlich, daß allmählich die ganze Infanterie des IV. Corps und schließlich sogar zwei Brigaden des II. Corps bis Cistowes vorgenommen wurden, aber die Ursache lag wohl darin, daß man den Swiepwald nicht in die Hände der Gegner kommen lassen zu dürfen vermeinte. Um 10 Uhr hatten diese sich des Waldes bemächtigt, obwohl nur 6 preußische Bataillone gegen 10 österreichische im Feuer waren. Graf Festetics war schwer verwundet, Feldmarschallleutnant v. Mollinary trat an seine Stelle; 16 frische österreichische Bataillone wurden nun zur Vertreibung der Preußen vorgeschickt. Die Regimentsgeschichte des Magdeburgischen Infanterieregiments Nr. 27 schildert deren Lage folgendermaßen: ,,Die Verbindung der einzelnen Abteilungen geht verloren; Patrouillen werden ausgeschickt, die Fühlung mit dem Nachbar wieder aufzunehmen es gelingt nicht. Man ruft, man pfeift, um sich gegenseitig bemerkbar zu machen, Signale wurden sogar hie und da gegeben, doch dies alles erhöht nur den Trubel unheimlichen Waldgefechtes . . . Der Feind, wenn auch in der Front nicht überall lange standhaltend, drängt mit immer größeren Massen von links (Maslowed) in den Wald hinein, umfaßt den linken Flügel, drängt sich zwischen den Compagnien ein und kommt einzelnen geradezu in den Rücken. So erhält man Feuer in den Flanken und von hinten, und zu jenen Schrecken gesellt sich das selbst für den alten Soldaten niederschmetternde Gefühl, umgangen, vielleicht gar abgeschnitten zu sein. Aehnlich mag es den österreichischen, in den Wald dringenden Bataillonen gegangen sein, und so war es im weiteren Verlaufe des Gefechtes oft ein wildes und buntes Durcheinander von Freund und Feind.“2)

1) Er ist neuerdings nach vielen taktischen Erörterungen von beiden Seiten der Gegenstand einer Monographie geworden: Heidrich, Der Kampf um den Svib-Wald, 1902.

2) Aus der sehr belehrenden, übersichtlichen Darstellung Königgrät" von Oberst Adolf Ströbl (Wien 1903).

Bis 11 Uhr brachten die Preußen 12 Bataillone in den Swiepwald, dann hatten sie keinen Mann Reserve mehr zu verwenden, da gleichzeitig die 8. Division. sich nur schwer im Holawald zwischen Sadowa und Lipa hielt, und das II. Corps, das von Dohalicka gegen Gablenz (X.) vorgegangen war, mit großen Opfern hinter die Bistriß zurück mußte. Und nun griffen auch die Brigaden Württemberg und Saffran vom II. Corps in der Niederung von Horenowes in den Kampf ein. Ihr erster Angriff stockte erst bei der Kuppe des Waldes, ein zweiter, um die Mittagszeit unternommener, brachte sie in den Besit des Waldes, von dem aus Mollinary eine Aufrollung des preußischen Zentrums vornehmen zu können glaubte. Schon war die 7. Division auf Benatek zurückgewichen, Fransecky mußte dort die größten Anstrengungen machen, um den zurückstauenden Infanterieknäuel wieder zu lösen.

Seit 11 Uhr bemächtigte sich des großen Hauptquartiers der Preußen am Rockos-Verge bei Sadowa (712 m) eine von Minute zu Minute sich steigernde Unruhe. König Wilhelm ließ zurückgehende verwundete Offiziere scharf an, munterte persönlich die Mannschaften auf.1) Er schickte den Generalleutnant v. Boyen in der Anmarschrichtung der Zweiten Armee ab mit dem Auftrag: „Schaffen Sie mir ein Armeecorps vom Kronprinzen, es ist die höchste Gefahr im Verzuge." Aber alle Zeugen seines Verhaltens sind darüber einig, daß er entschlossen war, nicht vom Plaße zu weichen. In seiner Umgebung aber griff die Ansicht um sich, daß die Schlacht verloren sei. Bismarck war auch nicht frei von Sorge, er faßte aber neues Vertrauen, als er Moltke, dem die Zigarre ausgegangen war, sein Etui bot und er beobachten konnte, wie der Schlachtendenker sich das beste unter den vorhandenen Kräutern wählte und dann ruhig anzündete. Es ist auch erzählt worden, daß Moltke ein Vorgehen der Desterreicher gegen Sadowa nicht ungern gesehen hätte. „Dann hätten wir sie vollständig in einer Mausefalle gehabt," soll der General am Abende des Schlachttages nach den Aufzeichnungen des Johanniterritters v. Werder zu einigen Offizieren geäußert haben.

Auch bei der Elbarmee am rechten Flügel stand um die Mittagszeit die Sache der Preußen nicht glänzend. General v. Herwarth hatte mit seinen Avantgarden vom Schlosse Hradek einerseits und von Popowiz andererseits den Angriff auf Prim und Problus eingeleitet, aber ein Offensivstoß, den der Kronprinz von Sachsen durch die Leibbrigade gegen die zwei preußischen Bataillone, die sich in der Fasanerie festgesetzt hatten, ausführen ließ, war von Erfolg begleitet, die Fasanerie wurde von den Sachsen genommen. Auch als die 14. und 15. Division die Ueberflügelung der Stellung von Problus wieder aufnahm, hielten sich die Sachsen sehr tapfer, wurden jedoch von den österreichischen Brigaden Schulz und Roth des VIII. Corps schlecht unterstüßt. Erst um 2 Uhr nachmittags nahm die 15. preußische Division die Orte Ober- und Nieder-Prim, eine halbe Stunde später die 14. Division die wichtige Stellung von Problus. Das Eingreifen der Brigade Piret vom I. Corps vermochte die Situation nicht mehr wesentlich zu ändern. Die Sachsen `behaupteten sich noch im Brizer Walde;

1) Details bei Max Jähns „Die Schlacht von Königgräß“ (1876).

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