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Kossuth die Stelle eines Generalissimus zugedacht; er konnte sie jedoch nicht mehr übernehmen, weil er durch die Ereignisse in Siebenbürgen festgehalten wurde. Auch Klapka hätte gerne den großen Strategen gespielt und Görgen beiseite gesezt; sein vielbesprochener Operationsplan kam aber nicht zur Anwendung, weil Görgen durch die Eroberung von Ofen seine Stellung wieder befestigt hatte. Dieser legte das Hauptgewicht auf Vorstöße von Komorn auf der Waaglinie. Dort begannen auch Mitte Juni die Feindseligkeiten wieder in größerem Stile. Welden, der durch die russischen Dispositionen zu einer definitiven Aufstellung seiner Streitkräfte genötigt worden war, konnte die Anstrengungen seines aufreibenden Dienstes nicht mehr auf sich nehmen, da er Ende Mai erkrankt war. Er übergab das Kommando dem Feldmarschallleutnant Freiherrn v. Haynau, der mit Zurechnung der durch Mähren angerückten russischen Division Panjutine über 67000 Mann Infanterie, 10000 Reiter und 334 Geschüße verfügte. Es waren die Corps 1 Schlick, 2 Czorich, 3 Edmund Schwarzenberg, dann Freiherr Karl v. Moltke, 4 Wohlgemuth. Die Südarmee des Banus Jellacic zählte 44 000 Mann und 168 Geschüße; die russischen 4 Corps, die in Ungarn einrückten, bestanden aus 114000 Mann Infanterie, 15000 Reitern, 464 Geschüßen; das Corps Lüders, das aus der Walachei über den Tömöser Paß nach Siebenbürgen zog, aus 26 000 Mann und 57 Geschüßen. Die Division Grottenhjelm, die über den Bergapaß nach Bistriß vordrang, aus 10000 Mann und 24 Geschüßen. Man kann nicht behaupten, daß diese gewaltige Uebermacht ihre Aufgabe besonders glänzend gelöst hätte. Paskiewitsch wirkte nur durch die Wucht der Masse, die er führte, als Feldherr hat er sich in Ungarn nicht bemerkbar gemacht. Das Unterliegen der Magyaren war keinesfalls mehr aufzuhalten, sie haben sich, wenn man von einzelnen Heldenstücken absieht, nicht mehr mit besonderer Aufopferung geschlagen; die Aussichtslosigkeit des Kampfes konnte dem einfachsten Manne so wenig verborgen bleiben, wie der Mangel an Bekleidungsstücken und Proviant, die Uneinigkeit der Führer, die Fahrlässigkeit vieler Offiziere.

Am 20. und 21. Juni wurden Klapka und Görgen bei Pered in einem sehr unglücklich gewählten Terrain geschlagen, am 28. Pöltenberg bei Raab zurückgedrängt. Am 11. Juli folgte die Niederlage bei Komorn, der die Teilung der Hauptarmee und der Rückzug des 1., 3. und 7. Corps folgen mußte, während sich Klapka mit dem 2. und 8. in die Festung warf; am 15. wurde Görgen durch eine von Miskolcz anmarschierende russische Kolonne der Weg nach Szegedin verlegt; er mußte von Waizen gegen Norden nach Balassa Gyarmat entweichen und durch das Eipel- und Rimathal hinter den Russen Miskolcz zu gewinnen trachten. Durch eine Dame wurden nun Beziehungen zwischen Görgen und dem russischen Corpskommandanten Grafen Rüdiger angebahnt, die eine Intervention der Russen zu Gunsten der Donauarmee bezweckten. Die Waffenstreckung haben die Offiziere der drei von Görgey geführten Corps damals noch abgelehnt. Paskiewitsch löste seine militärische Aufgabe, diese 25000 Mann mit seinen 100 000 einzuschließen, nicht; er trieb sie jedoch über Debreczin und Großwardein in die Gegend von Arad. Haynau war nach den Schlachten von Komorn auf das rechte Donauufer übergegangen und geradeaus nach Ofen-Pest gerückt,

das die Ungarn nicht mehr zu halten versuchten. Kossuth veranlaßte Dembinski, alle Truppen Perczels, Guyons, Dessewffys, Asboths mit seinem, einige Wochen von Wysocki kommandierten Corps bei Szegedin zu vereinigen. Diese 50 000 Mann wurden am 5. August bei Szöreg, am 9. bei Temesvár, wo Bem den Befehl übernahm, derart geschlagen, daß sich alle Verbände lösten und die ungarische Armee zu bestehen aufhörte. In der darauffolgenden Nacht entfloh Kossuth aus Arad, nachdem er seine Regierungsgewalt formell an Görgey abgetreten hatte. Sein Minister Szemere nahm die den Magyaren heiligen Kroninfignien, die ihnen Reich und Verfassung versinnbildlichen, mit sich und vergrub sie bei Orsova, wo sie erst 1854 gefunden wurden. Darauf floh der „Gouverneur“ in die Türkei, blieb dort bis 1851 interniert und seßte dann seine politische Komödiantenlaufbahn in England und Amerika, am Pariser und Turiner Hofe fort, bis der unheilvolle Einfluß auf seine Landsleute durch die besonnenen Politiker, die sich um Deaf scharten, gebrochen wurde. Görgey leitete die Waffenstreckung bei Vilagos ein, wo 11 Generale, 1426 Stabs- und Oberoffiziere, 30 889 Mann, 7967 Pferde, 144 Geschüße mit 60 Fahnen vom Corps Rüdiger in Empfang genommen wurden. Die Russen waren sehr stolz darauf, so viele Tapfere in freiwilliger Wehrlosigkeit sich vor ihnen beugen zu sehen, Paskiewitsch, der selbst gar nichts zur Vollendung des Schicksals der Magyaren beigetragen hatte, war übermütig genug, seinen Zaren mit der dummen Phrase zu begrüßen: „La Hongrie est aux pieds de votre Majesté Impériale." Schlachten geschlagen haben im ungarischen Feldzuge überhaupt nur Desterreicher, der Sieger über Ungarn ist und bleibt der Feldzeugmeister Haynau. Rußland hat nur die Gendarmendienste der Reaktion besorgt.

So wie über ihre Revolution, die sie einen Freiheitskampf nennen, haben die Magyaren bis heute kein objektives Urteil über die in derselben handelnden Personen gewonnen; aus Parteitaktik wird mit dem Schwäßer Kossuth, der sich als Feind der natürlichen Entwickelung des ungarischen Staatswesens bis an sein Ende erwiesen hat, ein unwürdiger Gößendienst getrieben, während das Märchen vom Verrate Görgens aufrecht erhalten und dem Manne, der die gewaltige Energie der Nation in bewundernswerter Heldenhaftigkeit zum Ausdruck gebracht hat, die Achtung, die ihm gebührt, versagt wird. Uns fremden Beobachtern ist es vorbehalten geblieben, zwischen dem ehrlichen, ritterlichen, aber „launischen und hartköpfigen“ Magyaren und dem fanatischen, sich überschäßenden, großmauligen magyarisierten Slowaken zu unterscheiden. Görgeys „politisches Verbrechen" war, wie schon Anton Springer behauptet hat, seine Demütigung vor den Russen. „Nicht an die Russen, sondern an die Oesterreicher mußte er seine Unterwerfungsanträge richten. Er war dazu um so mehr verpflichtet, als die Kapitulation ein friedliches Verhältnis erleichtern und zur Rettung der ungarischen Verfassung beitragen sollte." Die Blutgerichte von Arad und Pest waren die Antwort auf die Schande von Vilagos.

In den Tagen, in denen sich Ungarn von seinem deutschen Herrscherhause und dadurch von der politischen Verbindung mit einer deutschen Großmacht losgelöst erklärt hatte, war auch Dänemark zu dem Entschlusse gelangt, sich dem

Willen des deutschen Volkes nach Einverleibung der Herzogtümer SchleswigHolstein in ein deutsches Staatswesen nicht zu unterwerfen, sondern neuerdings zu den Waffen zu greifen, um sich mindestens Schleswigs dauernd zu versichern. Der Malmöer Waffenstillstand hatte den Frieden nicht vorbereiten können, denn er war von den militärisch Besiegten dem Sieger aufgezwungen worden; die Dänen dachten nicht daran, die durch das Schwert geschaffenen Verhältnisse ungestört zu lassen, nicht einmal die staatsrechtliche Untrennbarkeit der Herzogtümer und deren autonome Verwaltung anzuerkennen. Schleswig-Holstein aber war einig, sich sein Recht nicht beugen zu lassen, die Einheit und die Zusammengehörigkeit mit dem übrigen Deutschland zu wahren, nötigenfalls auch im Gegensage zur Dynastie. Noch vor der endgültigen Annahme des Waffenstillstands durch die deutsche Zentralgewalt, am 15. September 1848, war von der Landesversammlung zu Rendsburg das schleswig-holsteinische Staatsgrundgeseß beschlossen worden, das zwischen Dänemark und den Herzogtümern kein anderes Band, als das der Personalunion durch den gemeinsamen Regenten bestehen ließ. Preußen trat aber nicht einmal für diese Lösung der schleswig-holsteinischen Frage ein, es gestattete der Ende Oktober eingeseßten gemeinsamen Regierung (Graf Reventlow-Jersbeck, Graf August Moltke, Baron Heinze, Boysen und Preußer) nur, den „jeßigen Zustand" zu beachten. Auf der Konferenz zu London ließ sich Bunsen auf Verhandlungen über die Trennung Schleswigs von Holstein ein und befürwortete eine selbständige Verfassung für das nördliche Herzogtum. Um auf diplomatischem Wege zu einer Friedensbasis zu gelangen, hätte man einer Verlängerung des Waffenstillstandes bedurft. Dänemark gewährte ihn aber nicht, es berief sich auf seine Pflicht, die in Nordschleswig wohnenden Dänen, die gegen die Trennung der Herzogtümer von Dänemark protestiert hatten, vor Vergewaltigung zu schüßen, und glaubte seine Ansprüche auch mit militärischen Erfolgen unterstüßen zu können.

Am 3. April 1849 begannen die Feindseligkeiten. Schleswig-Holstein besaß eine selbständige Armee von rund 20000 Mann (nach Ernst von Koburg genau 19503), 2 Dragonerregimentern und 46 Feldgeschüßen unter Eduard v. Bonins Oberbefehl. Bonin war von Preußen der deutschen Zentralgewalt zur Verfügung gestellt, dann von der gemeinsamen Regierung übernommen worden. Außer ihm dienten auch viele andere preußische Offiziere, darunter Blumenthal, v. Tresckow, v. Zastrow, bei den Landestruppen. Die deutsche Zentralgewalt hatte aus allen deutschen Ländern mit Ausnahme von Desterreich zusammen. 46000 Mann zum Schuße der Herzogtümer entboten und an die Spiße dieser Reichsarmee den preußischen General v. Prittwig gestellt. Zum Kommandanten einer aus Thüringern, Badenern, Nassauern, Württembergern u. a. zusammengesezten Reservebrigade war der sich freiwillig zur Verfügung stellende Herzog Ernst von Sachsen-Koburg ernannt worden. Dieser hatte mit seinen 4115 Mann und 40 Geschüßen die Bewachung der Küste von Kappeln bis Fehmarn zu besorgen und gelangte dadurch zur Teilnahme an dem für die Dänen unglücklichen Strandgefecht von Eckernförde. 1) Der dänischen Flotte war die Aufgabe zugefallen,

1) Dieser Teilnahme war der Herzog in seinen Lebenserinnerungen I. Band 4. Buch, 3. und 4. Kapitel) eine möglichst große Bedeutung beizulegen bestrebt, indem er insbesondere

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wenn schon nicht Landungen, doch Demonstrationen an verschiedenen Küstenpläßen vorzunehmen, um die Truppen des Gegners möglichst zerstreut zu halten. Zu diesem Zwecke segelte eine Flottille von 9 Fahrzeugen, unter denen sich das Linienschiff „Christian VIII.“ und die Fregatte „Gefion" mit zusammen 138 Geschüßen befanden, unter Befehl des Kapitänchefs Paludan am Gründonnerstag (5. April) in die Bucht von Eckernförde ein und begann morgens die beiden zum Schuße der Stadt errichteten, vom Hauptmann Jungmann befehligten Strandbatterien zu beschießen. Diese wurden jedoch nicht nur nicht zum Schweigen gebracht, was die Dänen mit einigen Schüssen erreichen zu können glaubten, sondern erwiderten in Verbindung mit einer während des Gefechtes sehr glücklich aufgestellten nassauischen Feldbatterie das Feuer so wirksam, daß Paludan schon um 1 Uhr nachmittags die weiße Flagge aufzog und um freien Abzug seiner Schiffe bat. Nachdem dies abgeschlagen worden war, fand der Kampf nachmittags seine Fortseßung und endete, da die Dänen ihre schlechte Stellung nicht mehr verlassen konnten, mit der Uebergabe der beiden Kriegsschiffe und mit dem bald darauf erfolgenden Untergang des Christian. Davon entwirft der Koburger in seinen Lebenserinnerungen (I, 397) folgende Schilderung: Endlos mußten die Boote an die Schiffe heranfahren, um die drängenden Matrosen und Soldaten als Gefangene an das Land zu bringen. Man zählte 44 Offiziere und 981 Mann, welche auf diese Weise samt allen ihren Habseligkeiten gerettet wurden. Aber auf dem Christian VIII. befanden sich noch immer zahlreiche Menschen, als man schon das Feuer aus allen Luken des Schiffes hervorbrechen sah. Plößlich entluden sich einige Kanonen auf dem Schiffe und bald darauf folgte ein furchtbarer Knall und eine gewaltige Feuersäule stieg zum Himmel empor. Holz- und Eisenstücke, ganze Schiffstrümmer, sowie Geschüße und Geschüßesteile flogen in die Luft, als wären es Spielbälle, und bedeckten im nächsten Augenblick den Strand und das wogende Meer. Wie durch ein Wunder mußte es geschehen, daß von den vielen Menschen, die rings um den Hafen standen und das Schauspiel betrachteten, kein einziger getötet worden. war. Tausende von Flammen beleuchteten die erschütternde Scene; glühende Kugeln sah man an das Ufer hingestreut, neben brennenden Balken und allerlei Stoffen. Dazwischen krachten und knallten zerspringende Granaten und sich entladende Patronen. Als der Lärm der Elemente zu schweigen begann, folgten die Schreckenstöne der hilfesuchenden Schiffsmannschaften, die den lezten Kampf des furchtbaren Tages mit den Wellen des Meeres bestanden." Die „Gefion" saß fest, konnte nicht fortgeschafft werden und wurde 1850 beim Friedensschlusse dem Deutschen. Bunde zuerkannt, von dem sie mit anderen Reichsschiffen Preußen erstand.

die Wirkung der angeblich von ihm herbeigezogenen nassauischen Feldbatterie hervorhob. Heinrich v. Treitschke hat auf Grund der Aufzeichnungen seines Vaters, der als königlich sächsischer Oberst die Stelle eines Generalstabschefs beim Herzog versah, die Illusionen des Koburgers über den Wert seiner Leistungen in einem Aufsaße über „Das Gefecht von Eckernförde 1849" (Sybelsche Zeitschr. 1896, 76. Band) grausam zerstören müssen. Der Herzog war während der von den Dänen erbetenen Waffenruhe nicht auf dem Kampfplaye, er hat daher auch an dem Entschlusse der deutschen Kommandanten, den Kampf fortzusehen, keinen Anteil. Die gute Position der nassauischen Batterie aber hatte Oberst v. Treitschke erwählt.

Auch zu Lande kam es schon im April zu ernsten Kämpfen. Die SchleswigHolsteiner unter Bonin standen an der Königsaue vor der dänischen Grenze bei

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Kolding; die Reichstruppen drangen am 6. April im Sundewitt vor, das nach dem Gefechte von Ulderupp von den Dänen geräumt wurde. Am 13. April beseßten eine bairische Brigade und eine sächsische die Höhen von Düppel,

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