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casuistisch verfahren, z. B. der mit Steuerfreiheit privi legirte Scholar bringt in die Stadt Gegenstände, welche einem gewissen: N. gehören, i um die Besteuerung derselben zu umgehen, fragt sich was Rechtens? Hierauf von den Privilegien der Doctoren, ganz in derselben Weise, wie vorher. Mitunter eine Anecdote, so eine weniger bekannte von Joannes de Lignano, der, als er eines Tages auf einer Hochzeit mit einem etwas schäbigen Rock erschien und deshalb über die Achsel angesehen wurde, sich ein Prachtgewand holen ließ, dieses auf seinen Platz legte und mit den Worten sich ent fernte::,,Ihr wolltet ein Kleid, ihr sollt, es haben“. Die Doctoren werden Legisten, mitunter auch Jureconsulti genannt, sie haben ihren Namen von Dociren, es gibt sechs Requisite für die Promotion: Peritia docendi, facundia dicendi, subtilitas interpretandi, copia dicendi, seu dictorum, morum excellentia, virtus fortitudinis. Die Insignien des Doctorats sind: Cathedra, liber, annullus, birettum, osculum. Dann vom Eramen. Beantwortung der Frage: Wer kann Doctoren creiren? Rang der Doctoren u. s. w. Dabei überall. viele Kuriositäten. Angenehm ist es vielleicht Manchem zu hören, daß ein ausgezeichneter Doctor aus öffentlichen Mitteln ein Haus angewiesen erhalten soll, in einer Straße, wo er leicht consultirt werden kann. Frauen dürfen nicht zu,,Doctrissen" creirt werden. Ausführlicheres über den Gerichtsstand der Scholaren; dabei die Bemerkung: Heutzutage haben die Studenten den Rector zu ihrem Richter, besonders in Deutschland . . . . und den Rector wählen die Magistri und Doctores, „,qui ibi exercent professionem,“ nicht die Scholaren

anders in Italien. Die

Frage, ob Doctoren, namentlich besoldete und mit Pfründen versehene, Collegienhonorar fordern können (,,utrum doctor possit exigere collectas") wird im Allgemeinen bejaht. Das Lesen der Doctoren anlangend, so sollen sie immer die Terte allegiren,,,wo sie sich auffinden lassen", und nicht die Glossen, aber die letteren sind nicht zu verachten. Loblied auf die Glossen. Verschiedenes über die Privilegien der Doctoren und Stu denten in vermögensrechlicher Beziehung sowie im Prozeß. Endlich heißt es:,,Dicto de scholaribus et doctoribus quoad singulos sequitur uidere secundum Baldum quoad uniuersos et de uniuersitate scholarium". Nun werden Fragen aufgeworfen, wie: Ist die Corporation der Studirenden anerkannt? Wer ist Richter der Corporation? Wie steht es mit Verträgen zwischen der Universität und der Stadt? u. s. w. Schließlich noch eine allgemeine Abhandlung über die Privilegien (de natura ui et auctoritate privilegiorum).

Das Werk hat somit auf mäßigem Umfang einen ziemlich reichen Inhalt, der zwar häufig in kleinliche Fragen sich verliert, denen wir heutzutage keinen Geschmack abgewinnen können, aber es ist wohl zu bedenken, daß damals in Deutschland die Universitäten noch etwas verhältnißmäßig Neues waren und daß alles, was uns jezt schal und theilweise mehr denn frostig vorkommt, eine gewisse Bedeutung für das Leben hatte. Wir können daher der Schrift Kuppernes einen erheblichen Werth für ihre Zeit nicht absprechen. Ihre heutige Bedeutung als historische Quelle dagegen ist eine untergeordnete. Kuppener steht überall auf den Schultern der Italiener, nur selten findet sich eine Bemerkung, die neu ist. Man kann alles, was uns vorgetragen wird, viel besser lesen

bei den Italienern selbst, besonders bei einem,,Italienischen Doctor", der damals in Deutschland durch per= sönliches Erscheinen viel Aufsehens machte und fast gleichzeitig über dasselbe Thema schrieb, bei Petrus Ravennas 67). Die nämlichen Fragen, meist in gleicher Fassung, werden von ihm behandelt, wie von Kuppener 68). Aber was dem Werke des Italieners besonderen Reiz verleiht, das Selbstbewußtsein, mit dem er überall seine Person in den Vordergrund stellt und erzählt, was ihm bezüglich dieser oder jener ,,Quaestio" vorgekommen, das geht dem die ersten literarischen Schritte wagenden Deutschen gänzlich ab. Man sieht, es ist schwer, sich mit Unbefangenheit zu bewegen, doppelt schwer, wenn man nichtnationales Wesen anzunehmen gezwungen ist. Kuppernes Schrift gehört zu den Erstlingen der romanistischjuristischen Literatur der Deutschen; hauptsächlich die Widerspenstigkeit des ausländischen Stoffes, die Sprödigkeit der fremdgeborenen Form gegenüber dem fleißigen und talentvollen Autor macht sie für uns interessant.

Kuppener hielt, wie es damals Sitte war, über sein gedrucktes Bud),,in scholis iuristarum studii Liptzencis" öffentlich Vorlesungen. Er vollendete dieselben Dienstags nach Palmarum (30. März) 1507,,,dum (Lipsiae) isto tempore lurida pestis grassari cessauerat“ 69). Unter dem Titel „,Elegantissimae annotationes" etc. (s. Beilage II.) ließ er sie drucken und widmete das Buch mittelst eines Ex Liptzk in vigilia dominicae Iudica" 1507 (20. März) datirten Schrei bens Lucas Waßenroden aus Thorn, Bischof von Ermeland und Nicolaus Crapiz Bischof zu Kulm. Der Autor meldet, daß seine Gesundheit immer noch nicht ganz hergestellt sei, daß er aber völlige Genesung hoffe

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und für diesen Fall größere und bessere Werke in Aussicht stelle 70). Die Anmerkungen" selbst enthalten außer einigen bereits benußten persönlichen Notizen kaum etwas von erheblichem Werth: Abschweifungen in mitunter ziemlich entfernte Rechts- und andere Gebiete schließen sich an Aeußerungen des Hauptwerkes an. Ist dort der Ausdruck Lex gebraucht, so folgt hier eine ziemlich ausführliche Darstellung der Lehre von den Gesehen im Geschmack der damaligen Jurisprudenz, oder an die Erwähnung der fraudatores gabellarum fnüpft sich hier eine längere Erörterung über gabella. Das Wort litiscontestatio veranlaßt sogar ein Ercurs über Civilproceß (Sign. Cij), natürlich aber wieder nur über den romanisch-canonistischen, während des Sächsischen, der Kuppener doch aus der täglichen Praris bekannt genug war, mit keinem Wort gedacht wird.

Beigelegt ist dem Werke eine kleine Rede zum Lobe der Rechte" (Oratiuncula in laudem iurium) an den Coadjutor der Diöcese Culm N. v. Chanapeykij und Johann Smollis, beide Plebani zu Marienburg bezw. zu Thorn. An Beispielen aus dem klassischen Alterthum, von welchem Kuppener mehr Kenntniß zeigt, als die Durchschnittsbildung damaliger Zeit verlangte, wird dargethan, daß überall der Nichtachtung der Gesetze die schlimmsten Zustände gefolgt seien. So kurz die Rede ist, so zeigt sie doch, daß Kuppener zu den ,,Modernen" gehörte, die als Vorläufer der Humanisten betrachtet werden mögen, wenn sie auch noch gar weit von denselben entfernt waren und später mehrfach geradezu als Widersacher derselben auftraten 71).

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Den beiden Werken Kuppeners über die Authentica habita sind ausführliche Register angehängt. Das

Kuppener

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jenige zu den Annotationes ist den Brüdern Andreas und Wolfgang Hummelßhahn von Leipzig, Baccalarien der freien Künste und Söhnen des Rathsherrn und Kaufmannes Johann Hummelßhayn des Aelteren, gewidmet. Die Tochter des Lezteren, Margaretha, hatte Kuppener zum Weibe 72).

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Der Titel des Hauptwerkes trägt einige Verse „,,Ad lectorem" von Sebastianus Miricius, (eigentlich von der Heyde) aus Königsberg in Preußen 73). Zu Ende befindet sich von demselben ein,,Epigramma“ auf Kuppener. Die eben angeführten Umstände geben einigen Anhalt, um ein ohngefähres Bild von den äußeren Verhältnissen, in welchen Kuppener zu Leipzig lebte, uns zu entwerfen. Durch seine wahrscheinlich schon vor dem Wegzug nach Braunschweig abgeschlossene Ehe (f. Oben) war er mit einer allem Anscheine nach wohlhabenden und angesehenen Kaufmannsfamilie verschwägert. Die Krankheit, von der er so offen spricht, hatte weder sein Ansehen gemindert, noch das Verhältniß zur Familie seiner Frau gestört. Eine eigentliche Rolle bei der Universität zu spielen, verhinderte ihn seine Krankheit und wohl auch seine Heirath. Doch hören wir die Studenten mit Beifall von seinen Vorlesungen sprechen, nnd Wimpina, welcher ihn vermuthlich persönlich kannte, lobt seine Beredtsamkeit. Als nähere Freunde Kuppeners erscheinen Landsleute: Sebastian von der Heyde, dann aber und besonders: Stephan Gerdt aus Königsberg 14), Doctor der Philosophie und des kanonischen Rechtes, welcher von 1495 1514 Mitglied des kleinen Fürstencollegs war 15), im Winter 1504 das Rectorat bekleidete 76) und auch als Dichter und juristischer Schriftsteller auftrat 17).

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