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Vergangenheit herabzublicken. So wird durch diese pragmatische Kritik eine wirkliche Verknüpfung und gegenseitige Beleuchtung zwischen Alt und Neu hergestellt, und aus der klaren Erkenntnis des beiderseitigen Wertes geht eine dauernde und bewusste Versöhnung hervor zwischen den Gegensätzen des Antiken, des Mittelalterlichen und des Modernen, mögen diese Gegensätze nun auf naturwissenschaftlichem oder philosophischem oder religiösem oder ethischem Gebiete liegen. Darum stellt dieses Buch die philosophischen Probleme nicht bloss objektiv-kritisch in dem Sinne dar, wie es die Geschichtsschreiber sich Norm sein lassen, sondern auch im erklärten Sinne pragmatischkritisch, insofern stets darauf hingewiesen wird, in welchem Verhältnis zu unseren heutigen herrschenden Lehren und Zuständen frühere sich befinden. So weiss der Leser bei jeder Phase der geschichtlichen Entwicklung eines Problems sogleich, wie sich dieselbe zu uns verhält, und wie wir uns derselben gegenüber zu verhalten haben, und verfällt nicht dem Gefühl der unbehaglichen Ratlosigkeit, welches den Geist beschleicht, wenn alles ohne Entscheidung über Wert und Unwert oder sogar als gleichwertig hingestellt wird.

Dies Buch will drittens Resultate geben, und zwar versöhnende; es will, wenn möglich, die grossen Gegensätze unserer Zeit: Religion - Naturwissenschaft Philosophie auf kritischer Grundlage zum friedlichen Ausgleich bringen. Aber die Versöhnung kann nur ins Werk gesetzt werden, wenn jede Partei einsichtsvoll nachgiebt. Es versteht sich von selbst, dass weder die Religion mit einem einseitigen Dogmatismus, noch die Philosophie mit einseitigen Systemen, noch die Naturwissenschaft mit einem einseitigen Materialismus vor dem Forum bestehen können. Sehr wohl aber können Religion, die nicht eine ausschliessende Form der Theologie ist, und Philosophie, die nicht ein verknöchertes System ist, und Naturwissenschaft, die sich nicht das Endurteil über die letzten Grundfragen der Dinge an

masst, sich versöhnt die Hände reichen. Ja, sie müssen es, wofern nicht unsere Kultur ohne Religion in den gemütlosesten und selbstsüchtigsten Krieg aller gegen alle, ohne Philosophie in den plattesten Realismus und Materialismus, ohne Naturwissenschaft in fanatischen Mystizismus verfallen soll.

Der hier erscheinende erste Teil des Werkes enthält die geschichtliche Entwicklung nebst Kritik; die kritisch gewonnenen Resultate bilden den Inhalt des zweiten Teiles, der dem ersten in wenigen Monaten folgen wird.

Dresden-Plauen, Juli 1881.

Fritz Schultze.

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Das Zeitalter der naiven Erfahrung oder die einseitig-unkritische Betrachtung des Objektiven.

Über das Verhältnis der griechischen Naturphilosophie zur modernen

Naturwissenschaft.

Erstes Kapitel: Stoff und Form. Die ionischen Physiologen und die Pythagoreer .

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Inhalt: Die Bedeutung der Kausalvorstellung in der Wissenschaft. Übernatürliche und natürliche Kausalität. Theogonien und Kosmologien. Das Erwachen der Naturphilosophie. Die Bedeutung der griechischen Naturphilosophie für die heutige Naturwissenschaft. Stoff und Form. - Materialismus und Hylozoismus. Die ionischen Physiologen. Der Gedanke des Gemeinsamen in den Einzelerscheinungen oder das Naturgesetz. - Die Dinge als Aggregatzustände. Der erste Keim der Entwicklungslehre. Kaut-Laplace'sche Theorie und Darwinismus. Die Pythagoreer und das Prinzip der Form. Erster Keim des Idealismus und der Teleologie. Die Zahl als Urform. Die mathematische Betrachtungsweise der Natur. Die Zurückführung der Qualität auf die Quautität. Die Pythagoreischen Lehren vom feurigen Erdinnern, von der Achsendrehung der Erde und der Bewegung der Erde um die Sonne. Unitas naturae. Kritik des Pythagoreismus. Die Pythagoreer als Repräsentanten fundamentaler Irrtümer des menschlichen Denkens. Die Subjektivität der inathematischen Vorstellungen. Sachgrund und Erkenntnisgrund. Logische Definition und genetische Erklärung.

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Seite

25-38

Zweites Kapitel: Werden und Sein.

Heraklit und die Eleaten Inhalt: Die Verwandlung von Stoff und Form. - Das Werden. Der Kampf als Vater aller Dinge. Der feurige Weltäther. Die Welt als Entwicklung. Heraklit und Darwin. Das Gesetz der Erhaltung der Energie. · Die Widersprüche im Begriffe des Werdens (der Entwicklung) und der Kausalität. Erster (logischer) Widerspruch. Zweite (empirische) Schwierigkeit. - Dieselben Widersprüche im Begriffe der Bewegung, der Entwicklung, des mathematisch unendlich Kleinen und des physikalisch unendlich Kleinen (des Atoms). spruch (der endlose Regress und die tautologische Ableitung. Vierter Widerspruch (die erste Ursache). Dieselben Widersprüche im Schöpfungsbegriff. Die eleatischen Philosophen.

des Parmenides.

Dritter Wider

Die Richtung

Die Sinneswelt

Die Lehre Das eleatische ,,Sein" in abstracto und in concreto. Die Beweise Zenos. Der Beweis gegen die Vielheit, die Zahl, den Raum, die Sinneswahrnehmung, die Bewegung. Achilleus und die Schildkröte. -Der fliegende Pfeil. Die Verdienste der Eleaten. auf das unendlich Kleine. Atom, Differential, Zelle. und die Welt an sich. Die Subjektivität des Raumes. Die Ontologie. Das ontologische Schlussverfahren und seine Folgen. Der dogmatische Idealismus. Versuche der Vereinigung der vier Prinzipien Stoff, Form, Werden, Sein. Drittes Kapitel: Teleologie und Mechanik. Anaxagoras und Demokrit

der Eleaten.

Die Schuld

- Ihre Unvereinbarkeit.

Seite

39-59

Empedokles,

60- 84

Inhalt: Einfluss der Eleaten auf die folgenden Naturphilosophen. Versuch der Vereinigung des eleatischen und des heraklitischen Prinzips. Fortgang zum Dualismus und zur Teleologie einerseits und zum monistischen Materialismus andererseits. Empedokles. Die vier Elemente. Liebe und Hass. - Der Kreislauf der Weltentwicklung. Empedokles, Lamarck und Darwin.

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Die Entstehung der Organismen. Urzeugung und stufenweise Entwicklung. Mechanische Erklärung der Entstehung des Zweckmässigen aus dem Nicht zweckmässigen durch Selektion. - Anaхадоган. Entwicklung zum Dualismus und zur Teleologie. Die Urstoffe als zahllose Homoeomerien. Der zweckmässig schaffende Weltgeist (Nus). Dualismus, Teleologie und Immaterialismus hier noch nicht völlig konsequent entwickelt. Reaktion der physikalisch-genetischen Erklärungsweise gegen die teleologische. Archelaos. Diogenes von Apollonia: Empirischer Beweis für die monistische Natur der Substanz. Hinweis auf die Ursachen des schliesslichen Sieges der teleologischen Weltauffassung. Kritik der Teleologie. Die teleologische Schlussfolgerung. Erster Hauptsatz: Die Welt ist zweckmässig geordnet. Vierfache Widerlegung.-Zweiter Hauptsatz: Erster Schluss: „Das Ordnende muss ein Denkendes sein." - Widerlegung. - Zweiter Schluss:,,Das denkende, ordnende Prinzip ist ein vom Stoff verschiedenes." — Kritik. - Demokrit. Sein System der wissenschaftliche Protest der antiken Naturphilosophie gegen die Teleologie. Entwicklung der Atomenlehre durch Demokrit. Zurückführung der Qualität auf die Quantität. Die Qualitäten als menschlich-subjektive Anschauungsweisen. Atome und leerer Raum. Fallbewegung. Kritik der Atomistik. Das Atom ein eleatisches Ursein. Die Atomistik eine wertvolle Hypothese. Die Grundwidersprüche im Begriff des Atoms. Der leere Raum eine unbeweisbare Aunahme. Die Atomistik und die Erkenntnistheorie. Berichtigung der Atomistik durch die Monadenlehre. Schematisch übersichtlicher Rückblick auf die Hinblick auf die weitere Entwicklung des philo

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und Sokrates' Lösung desselben. Kritik des Sokratismus. - Platon.

Der allgemeine Begriff als das wahrhaft Wirkliche. Kritische Untersuchung über das Wesen des Begriffs. Die Platonische Schlussfolgerung.— Kritik derselben. Die Ideenlehre. Die platonische Idee ein neue Form der Kausalität. Wert derselben für die Erkenntnis. Die immaterielle Ideenwelt und die materielle Welt der Erscheinungen. Das Jenseits und Diesseits. Weltschmerz und Weltflucht. - Die Organisation der Ideenwelt. Der transcendente Gott. Präexistenz, Immaterialität und Unsterblichkeit der Seele. Ihre sittliche Aufgabe. Die angeborenen Ideen. - Der Erkenntnisprozess als Wiedererinnerung. Praktische Tragweite der Ideenlehre. Aristoteles' Versuch, den Platonischen Dualismus zu überwinden. Platonismus und Darwinismus.

Ideenlehre und Entwicklungstheorie. Die Beständigkeit der Ideen" und die,,Konstanz der Arten". Die Verfechter der konstanten Spezies als Ideenlehrer. Die Widerlegung des Platonismus als indirekter Beweis für die Entwicklungstheorie.

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Zweites Kapitel: Das Anwachsen der Naturverachtung.
Inhalt: Der Dualismus als Endergebnis der griechischen Philosophie.
Die Folgen des Dualismus. Der Skeptizismus. Seine Entsteh-
ungsgründe. Seine Begründer.
Seine Wirkung.-
Seine Entstehungsursachen. Sein Urheber.
Seine Naturtheorie. Seine Wirkungen. Der

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Sein Grund und sein Begründer. Seine Prinzipien. — Die Pflege der Logik. Die Welt- und Naturauffassung. Seine WirZnsammenfassung in Hinsicht auf die Entstehung der Natur

kung. verachtung.

Drittes Kapitel: Die Gründung des Christentums und der
Höhepunkt der Naturverachtung

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Inhalt: 1) Die Verschmelzung griechischer und orientalischer Gedankenkreise. Der soziale Verfall am Ende des klassischen Altertums. Weltschmerz und Erlösungsbedürfnis. - Der Platonismus. Veränderte Problemstellung: Natur, Erkenntnis, Ich, Gott. Theosophien. Die alexandrinisch-jüdische Religionsphilosophie. Neupythagoreismus. Der Neuplatonismus: Die römisch-alexandrinische, syrische, athenische Schule. Gesamtcharakter der religionsphilosophischen Systeme. Dualismus und transcendente Gott heit. - Die emanatistische Auffassung der Ideenwelt. Die Ideen zu Göttern personifiziert. versalistische Weltreligion. Die Ideenwelt als „Logos". Der Logos

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als Mittler zwischen Gott und Mensch.
Widerspruch in der neuplatonischen Logosidee. Das Problem des,, Gott-
menschen". - Die orientalischen Erlöserideen.

Der persische Soschios.

Der jüdische Messias.

Der indische Buddha
Die Verschmelzung

127-137

138-175

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