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mütigen Strophen andeutet, im Vorspiel zum Teppich des Lebens in nie gehörten Accorden aufrauscht, im Stern des Bundes in unverhüllter Leidenschaft ausbricht („Als sich dir jüngling dein beruf verkündigt“) — „Weihe“ und „Ein Hingang" in den Hymnen, mit zartem Pinsel malen sie das gleiche: die Berufung des Jünglings zu seinem Amte:

„Der lieben auge starr in tränen schaut:

Schon nahm er scheu das göttliche geschenk
Von leiser trennungswehmut nur betaut

Der klage bar des ruhmes ungedenk.“

Das göttliche Geschenk bestimmt nun sein Leben, es macht ihn zum Fremdling unter den Menschen: die Pilgerfahrten heben an.

Aus der Sphäre der Pilgerfahrten stammen alle die unsterblichen Lieder der Einsamkeit die das ganze Werk durchziehen, die todestraurigen Gesänge der immer suchenden, immer enttäuschten Liebe:

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„Daß wir der liebe treuste priester wohl

Sie suchen müssen mit verhültem jammern“.

Der Gast vom fernen Strande aus dem Teppich des Lebens, er hat das ganze Jahr der Seele durchpilgert, er führt in den Gezeiten des Siebenten Ringes vergeblich seine Träume, Wünsche und Gedanken zu eines Wassers blumenlosem Tiegel

„Auf daß sie endlich sich darin erkennten", er folgt in den Liedern des Siebenten Rings „den ärmsten wandrern aus den häfen So sehr ist qual allein zu gehn"

und noch in einem der neuesten Gedichte spricht sich, hier politisch gewendet, das gleiche Gefühl der Fremdheit aus:

„Wo an entlegnem gestade

Muß ich vor alters entstammt sein
Brüder des volkes?

Daß ich mit euch wohl genießend

Wein und getreid unsres landes
Fremdling euch bleibe?"

Der Jüngling,den das göttliche Geschenk zum Fremdling gemacht hat unter den Menschen, ist Eigner und König eines anderen Reiches. Was sich im Stern des Bundes in machtvoller Wirklichkeit entfaltet, das taucht als ein Traumland schon im ersten Gedichtbande auf: auf die Pilgerfahrten folgt Algabal. Das Fremdlingtum in dieser und das Königtum in jener Welt sind die Früchte des gleichen Stammes, die Insignien dieser Krone. Wie weit das Bild des Königs das je länger je mehr in die Mitte des Georgeschen Werkes rückt, in den Traum der Kindheit hinabreicht, das spricht ein Gedicht der Hängenden Gärten voll Triumphes aus:

„Du warst erkoren schon als du zum throne

In deiner väterlichen gärten kies

Nach edlen steinen suchtest und zur krone

In deren glanz dein haupt sich glücklich pries.
Du schufest fernab in den niederungen
Im rätsel dichter büsche deinen staat
In ihrem düster ward dir vorgesungen
Die lust an fremder pracht und ferner tat.
Genossen die dein blick für dich entflammte
Bedachtest du mit sold und länderei
Sie glaubten deinen plänen deinem amte
Und daß es süß für dich zu sterben sei."

Im Algabal zuerst taucht die Gestalt des Herrschers. und mit ihm ein Menschentum auf das jenseits unserer verbürgerlichten gezähmten und aufgeklärten Welt liegt. Nicht direkt benannt, aber aus den nun auftauchenden Bildern durchblickend, spricht sich hier ein Grundgefühl aus, ohne welches Georges Werk nicht zu fassen ist: die radikale Verneinung alles Gegenwärtigen, aus dem nur ein einziger Weg zum Leben führt: die Erschaffung eines neuen eigenen Reiches. Verachtung und Ekel an Welt und Menschen führen Algabal tief in das Bereich von Grauen, Blut und Tod, und aus einer Seelenverfassung die eignes und fremdes Leben und Sterben verachtet, erhebt sich ein Unterreich, das fern ist der lebendigen Welt des Lichtes und in dem außer dem Willen des Kaisers kein Wille schaltet.

Man würde aber sehr fehl gehen, wenn man hier romantischen Weltschmerz vermutete: vielmehr eine sehr bestimmte, eine höchste Position ist es, der diese Negation entstammt, dieselbe Position die später in den großartigen Anklagen und Richtersprüchen der Zeitgedichte zum Ausdruck kommt. Nicht an Jehova wird hier Kritik geübt, nicht der Grausamkeit der Natur oder des Helden oder der Eitelkeit des Lebens gilt dieser Schmerz, sondern dem Ekel an der klein gewordenen Welt, der Welt, die allzeit bereit ist, propter vitam vitae perdere causas. Hier tritt eine Seele auf den Plan, die nicht die Welt, sondern nur die herdenzahme schreckenlose Welt verachtet, eine die das Leben nicht nach möglichst langer Wohlfahrt, sondern nach höchsten Augenblicken und nach Taten des Seelenadels wertet und sich ihr Königsrecht auf alle Höhen und Tiefen wieder erobert. („Wenn

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um der zinnen kupferglühe hauben“ oder „Ich will mir jener stunden lauf erzählen“). Aus dem tiefsten Nihilismus der Gegenwart gegenüber erhebt sich hier schon das Bild der Erlösung, und hier schon kommt sie von keiner Freiheit und keiner Gleichheit, sie kommt nur von dem höheren Menschen, von dem zum Herrscher geborenen, von dem jugendlichen Gotte, an dem die Welt genest, dem die Erdensöhne zujubeln:...... „Kind erkoren von den hulden

Zu der völker heil und liebe."

Aber der im Algabal seiner Seele Bahn brach, er weiß, daß Pracht, Macht und Glanz des weltlichen Königtumes nicht die endgültige Form, nicht das gemäße Kleid dieser Seele ist. Im Buche der Hängenden Gärten, in dem abermals die Gestalt des Herrschers erscheint, verläßt am Ende der König sein Reich:

„Schon lag sein land mit gnaden und befehlen
Ihm sehr entfernt. . ."

Zwei Mächte sind es die des Ruhmes leere Dränge bezwingen: Minne und Muse.

und

„Die hände zum gebieten ausgestreckt
Vergaßen ihre kräfte zu erproben

Weil sie vor dir, von deinem glanz bedeckt
In heidnischer verzückung sich erhoben."

„Ich muß mein schönes land gebeugt betrauern
Dieses sei allein mein trost:

Der sängervogel den zertretne fluren mauern
Und dächer züngelnd wie ein feuerrost
Nicht kümmern singt im frischen myrtenhage
Unablässig seine süsse klage.“

Gleich eingangs hatte hier zwischen dem Klange der Schwerter und dem Stampfen der Rosse ein verführerisch süßer tiefer Laut gebebt:

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Dazwischen bebt ein tiefer laut

Vergiß mit uns im bund

Die würde so dir anvertraut

Und küsse froh den grund

Wo gold- und rosenschein

Der weichen wünsche frevel sühnt

Den grund auf dem allein

Die süße saat hienieden grünt.“

Und auf das Bekenntnis vom kindlichen Königtum folgt weltentrücktes Sinnen: „Halte die purpur- und goldnen gedanken im zaum“

„Zierrat des spitzigen turms der

die büsche erhellt

Verschlungnes gefüge

Geschnörkelte züge

Verbieten die lüge

Von wesen und welt."

Später, im Siebenten Ring, finden wir diese dem weltlichen Königtum widerstreitenden und doch ihm. nahe verknüpften Elemente in Dialogen von tiefgründiger... Wucht als Urformen der Menschheit der Gestalt des Herrschers gegenüber gestellt: der Fürst und der Minner, der König und der Harfner. Aber was auseinanderzutreten scheint als Unvereinbares gewinnt je länger je mehr eine höhere Einheit und bildet die Gestalt des Königs vom weltlichen zum geistigen Herrscher um. Schon im Vorspiel zum Teppich des Lebens sind es nicht mehr fremde unterworfene Völker die sich vor dem

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