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von den höheren Führern auch darauf gelegt, die innerhalb der Truppe gemachten einzelnen Erfahrungen des Krieges durch gegenseitigen Austausch zur praktischen Bedeutung zu bringen. In dieser Hinsicht vermittelten die in den Officier-Corps gehaltenen wissenschaftlichen Vortråge und der Unterricht, welchen Unterofficiere und Mannschaften von Officieren erhielten.

Den Schlußstein des Uebungsjahres 1871/72 bildeten dann die Herbst-Uebungen. Am 4. August begann bei Pfalzburg auf dem neu erworbenen großen Erercierplage das Regiments-Exercieren, welches durch die von Seiner Excellenz dem commandirenden Herrn General von Fransecky am 12. Auguft vorgenommene Besichtigung seinen Abschluß fand. Die Anerkennung, welche dem Regimente ausgesprochen wurde, war für daffelbe ein Sporn, sich derselben auch bei den späteren Uebungen würdig zu zeigen.

Am 13. Auguft wurde der Marsch nach der Gegend von Mez angetreten, dieselbe am 18. August erreicht, und das Regiment in den nahe bei Mez gelegenen Orten einquartiert. Am 20. August trat dann zum ersten Male das Braunschweigische Regiment mit dem 5. Pommerschen Infanterie-Regiment Nr. 42, von welchem es in echt cameradschaftlicher Weise empfangen wurde, zur gemeinsamen Brigades Uebung zusammen. Am 23. Auguft hatte die 60. Infanterie-Brigade die Ehre, von Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl inspicirt zu werden, welcher über Haltung und Leistung die hohe Zufriedenheit aussprach.

Dann begannen die Uebungen in Detachements und an diese reihten sich die der vereinigten 30. Division, an welchem die attachirte Bayerische Besaßungs-Brigade Theil nahm, unter der Leitung Seiner Excellens des Generallieutenants von Sandrart.

Ein besonderer Reiz lag wohl für uns Alle darin, in jenem Ter rain jest Friedens-Manoeuvres auszuführen, welches vor 2 Jahren der Schauplas so blutiger Kämpfe gewesen war.

Am 5. September kehrte das Regiment in die Garnisonen Pfalzburg und Zabern zurück, und am 7. September erfolgte die Entlaffung der Reservisten und Dispositions-Urlauber. Ein Rückblick auf das verfloffene Uebungs-Jahr zeigte, daß das in den höheren Weisungen deutlich fühlbare Streben, die deutsche Armee nicht unthätig auf den errungenen Lorbeern ausruhen zu laffen, sondern an der Hand der

gemachten Erfahrungen die Anforderungen noch zu steigern, auch bei dem Braunschweigischen Regimente in seiner vollen Bedeutung erkannt war, und daß der überall vorhandene gute Eifer gute Erfolge erzielt hatte.

D. Der Dienstbetrieb und die wesentlichsten Verbesse= rungen in den Jahren 1872 bis 1877.

Dieselbe von Stufe zu Stufe nach bestimmten Vorschriften fortschreitende Arbeit füllte die folgenden 5 Jahre aus.

Aber stets wurde durch die höchste Leitung das Augenmerk auf neue Ziele gerichtet, fortwährende Aenderungen und Besserungen ließen erkennen, daß man nach jeder Richtung die gemachten Erfahrungen verwerthete.

Vor Allen hatte der Feldzug gezeigt, daß das Zündnadelgewehr nicht mehr den jezigen Anforderungen entsprach. Als Uebergangswaffe erhielt die Infanterie des XV. Corps das Braunschweigische Regiment am 11. November 1872 - die aptirten Zündnadelgewehre M. 62, bei welchen Flugbahn und Ladefähigkeit bedeutend verbessert waren, und vom Jahre 1873 ab begann dann in der deutschen Armee die allmålige Einführung des Mauser -Gewehrs, des Infanterie-Gewehrs M. 71, welches durch Rasanz, Treffsicherheit, Schußweite, Ladefähigkeit, Einfachheit und Dauerhaftigkeit der Construction als beste Infanterie-Schußwaffe erkannt war. Nachdem die neuen Gewehre durch kriegsministeriellen Erlaß vom 17. Dctober 1874 auch dem XV. Armee-Corps zur Verfügung gestellt waren, empfing das Braunschweigische Regiment dieselben am 20. November 1874, so daß schon vom Frühjahre 1875 ab die Schieß-Uebungen mit unserem jezigen Gewehre ausgeführt werden konnten. In demselben Jahre wurden die Reserven und Dispositions-Beurlaubten des Regiments in besonderen dem 4. Magdeburgischen Infanterie-Regiment Nr. 67 attachirten Detachements in Braunschweig und Blankenburg zusammengezogen, um sie in der Handhabung des neuen Infanterie-Gewehrs auszubilden, auch wurden im Juli 1875 von den Compagnien in Pfalzburg und Zabern die Augmentations-Gewehre, im Sommer 1877 die Gewehre des Ersatz-Bataillons geprüft und angeschoffen.

Die neue Bewaffnung hatte naturgemäß die Umånderung der Patronentaschen zur Aufnahme der Metallhülsen zur Folge, aber auch

sonst erfuhren die Ausrüstungsstücke des Mannes sowie die Truppenfahrzeuge vielfach Befferungen, welche hervorgetretene Mångel beseitigten oder als praktisch erkannte Einrichtungen schufen. Bei dem Braunschweigischen Regimente wurde insbesondere der bisherige FilzTschakot durch Allerhöchste Ordre vom 20. November 1872 beseitigt und an Stelle deffelben ein leichter, bequemer Leder-Tschakot mit genügendem Schuße gegen Sonne und Nässe, ähnlich dem Preußischen Jäger-Tschakot, eingeführt.

Die erhöhte Leistungsfähigkeit der eignen und der Waffe des Gegners zwang zu anderen Formen und Vorschriften für das Gefecht, welche versuchsweise, wie erwähnt, schon in dem Uebungsjahre 1871/72 zur Anwendung kamen, dann aber mehrfach durch Allerhöchfte Bestimmungen bedeutende Abänderungen erfuhren und ihren endgültigen Abschluß erst durch das im März 1876 erlassene Erercier Reglement fanden. Dieses Reglement giebt zwar für die Elementar-Erercice die bestimmtesten Normen, aber für die weit in den Vordergrund tretenden Compagnie-Colonnen-Manoeuvres läßt dasselbe einen weiten Spielraum, um je nach der Gefechtslage, der gegnerischen Feuerwirkung und dem Terrain die verschiedenartigsten Formen annehmen zu können.

Die Erziehung geeigneter Mannschaften im Krankenträger-Dienste sowie die Ausbildung der Infanterie zu Pionier-Arbeiten bekamen erhöhte Bedeutung und bei den HerbstUebungen wurde Gelegenheit gegeben, das Erlernte zur praktischen Anwendung zu bringen. Ein besonderer Werth wurde vor Allen auf die Erhaltung eines tüchtigen Unterofficier-Corps gelegt. Die Lage derselben wurde daher in Folge der durch kriegsministeriellen Erlaß vom 28. Juni 1873 erlassenen Bestimmungen nach jeder Richtung gebeffert; zugleich erstrebte man eine sachgemäße Erziehung und Belehrung derselben in Regiments- und Bataillons-Schulen nicht allein für die zeitigen Militair-Verhältnisse, sondern auch für demnächstige Civil-Branchen. Die Wirkung dieser Maaßregeln wurde sehr bald fühlbar, denn der Mangel an guten Unterofficieren nahm mit jedem. Jahre ab.

Auch sei hier erwähnt, daß es dem Braunschweigischen Regimente troß der entgegen stehenden örtlichen Schwierigkeiten durch die Gnade Seiner Hoheit des Herzogs, welcher mehrfach Unterstüßungen zur

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