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F. Bei Orléans vom 5. bis 9. December.

Den veränderten Verhältnissen entsprechend blieb das X. Corps am 5. December im Allgemeinen in den um Artenay belegten Cantonnements. Auch das Braunschweigische Regiment wechselte die Quartiere nicht und hatte nun seit dem Abmarsche von Chatillon, seit dem 23. November, den ersten Ruhetag.

Am 6. December traten neue Anforderungen an das Regiment heran. Dasselbe wurde, nachdem sich das Detachement des General von Kraaß bei la Croir Briquet concentrirt hatte, nebst 2 Schwadronen Dragoner unter Commando des Oberst Haberland öftlich detachirt, um den zwischen der großen Pariser Straße und der Straße Drléans Chilleurs liegenden Theil des Waldes von Orléans nach Franctireurs, Versprengten und Waffen abzusuchen, wobei zugleich Requifitionen auf Schlachtvieh und sonstige Vorråthe vorgenommen werden follten.

Zu dem Ende dirigirte Oberst Haberland die unterstellten Truppen auf les Chapelles und ließ sie von hier in 3 Colonnen in den Wald einbringen.

Die rechte Flügel-Colonne (das 1. Bataillon und 1⁄2 Schwadron) follte das Terrain zwischen der großen Pariser- und der Römer-Straße absuchen,

die mittlere, bei welcher sich der Regiments-Commandeur befand (das 2. Bataillon und eine Schwadron) über Ardelet und längs der Route des Rales,

die linke Flügel-Colonne (das Füfilier-Bataillon und 11⁄2 Schwadron) über Ambert, Chanteau vorgehen.

Die mittlere Colonne hatte, durch einen des Weges nicht recht kundigen Führer irre geleitet, die Route des Rales verfehlt, war bis Chanteau gekommen, und als sie sich von hier aus südwestlich wandte, fah sich die Spiße der vorgesandten 7. Compagnie durch Schüsse em pfangen. Es wurde sehr bald festgestellt, daß diese von einem einzeln auf der Straße stehenden Turko herrührten, welcher mit größter Geschwindigkeit sein Chassepot lud und dann wieder auf die sichtbaren Tirailleure abfeuerte. Sein Muth oder vielmehr seine Tollkühnheit erregten in solchem Maaße Bewunderung, daß kein Mann der Spize auf ihn schoß; es wurde vielmehr versucht, ihn durch Zurufen zum

Wegwerfen der Waffe zu bewegen; der herbeigeeilte Führer, Unterofficier Wolf, forderte ihn nochmals in französischer Sprache dazu auf, aber Alles blieb vergeblich. Ein Schüße erhielt Befehl, auf ihn zu feuern und durch eine Kugel in das Herz getroffen fiel hier ein braver Feind.

Im Uebrigen wurden von den Bataillonen nur wenige Versprengte eingebracht. Dagegen lieferten die Requisitionen ein sehr günstiges Resultat.

Gegen Abend vereinigte sich das Regiment wieder mit dem auf der Nordseite von Orléans cantonnirenden Detachement des General von Kraaz. Die 3 Bataillone belegten Semoy und die nahe dabei liegenden Gehöfte; vorausgesandte Quartiermacher hatten die Unterbringung vorbereitet.

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Das Regiment hatte gehofft, an dem folgenden Tage in das alte berühmte Orléans einrücken zu können, aber die Befehle wiesen demselben eine andere Richtung an. Unmittelbar um die Stadt herum wandten sich die Bataillone nach der längs der Loire aufwärts führenden Straße Orléans Chateauneuf und rückten auf dieser eine Strecke vor. Es bezogen das Füsilier-Bataillon in Chézy, das 2. Bataillon in Pont aur Moines, das 1. Bataillon und der Regimentsstab in Mardié Quartiere. In diesen Dertern verblieben die Bataillone am 8. December mit Ausnahme der 9. und 10. Compagnie, welche gegen Mittag von Chézy nach Bou verlegt wurden. Am Nachmittage traf bei dem Regimente der ersehnte Befehl ein, daß dasselbe am folgende Tage nach Orléans einrücken würde. Es war darauf hingewiesen, daß die Truppen in möglichst vortheilhaftem Aeußern in die Stadt einmarschiren möchten, da sie vermuthlich die Ehre haben würden, vor Seiner Königlichen Hoheit dem Prinzen Friedrich Carl vorbei zu defiliren. Es entfaltete sich daher ein reges Leben, um durch Puzen den Bekleidungs- und Montirungs-Stücken ein einigermaßen gutes Aussehen zu geben, aber bei genauerer Besichtigung bot sich ein trauriges Bild dar. Mindestens der vierte Theil der Leute marschirte schon mit zerrissenen Stiefeln, und die Flicken auf Röcken und Beinkleidern nahmen bedenkliche Dimensionen an. Solche Nachtheile auszubeffern, hoffte man in Orléans die Zeit zu finden, und so sammelte sich das Regiment in Erwartung auf die bevorstehenden Ruhetage am 9. December Morgens auf dem dem Detachement bezeichneten Rendezvous-Plaze bei Chézy in besonders froher Stimmung.

Von hier trat das Detachement um 9 Uhr den Marsch auf Dr. léans an, traf gegen 11 Uhr vor der Stadt ein und marschirte in strammster Haltung an der Loire entlang. Als die Tete der 40. Brigade an der über die Loire führenden Brücke angelangt war, wurde plöglich Halt gemacht, und es trafen ganz unerwartet Befehle ein, welche dem Regimente nicht die erträumten behaglichen Quartiere der Stadt zuwiesen, sondern welche dasselbe dem Feinde von Neuem ent gegen führen sollten.

Die Hoffnungen auf die Ruhetage und den Waffenstillstand schwanden dahin, aber sie wurden gern aufgegeben, als die sich in der Colonne rasch verbreitende Nachricht bekannt wurde, daß die ArmeeAbtheilung des Großherzogs bei Meung im harten Kampfe gegen überlegene feindliche Kräfte stände.

Mit Begeisterung und lauter Freude empfing das Regiment den Befehl, im Eilmarsch auf der Straße nach Meung sofort weiter vorzugehen, um so vielleicht noch heute der Armee-Abtheilung die etwa erforderliche Unterstüßung zu bringen.

4. Abtheilung.

Der Feldzug gegen die II. Loire-Armee bis zur Einleitung der Operationen gegen Le Mans.

A. Allgemeine Verhältnisse der deutschen und französischen Armee nach der Einnahme von Orléans.

Zunächst scheint ein Blick auf die allgemeine Lage der beiden Armeen zum Verständniß der weiteren Bewegungen des Regiments erforderlich.

Es ist bereits früher erwähnt, daß der französische Oberfeldherr d'Aurelle de Paladines nach dem Ausfalle der Schlacht bei Loigny schon am 3. December den beabsichtigten Durchbruch der Loire-Armee nach Paris aufgab und durch den gleichzeitig beginnenden concentrischen Angriff der deutschen Truppen naturgemäß gezwungen wurde, den Rückzug anzutreten.

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