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Mann nach irgend einem Unglück, nach einer groken That, nelche die zerrissenen Saiten feiner Seele wieder aufziehen könnte. Glauchen lag still wie ein Raubthier in seinem Käfig. Er hätte sogar Buße gethan, wenn er hätte dadurch seine Stelle am Throne wieder einnehmen können. Ja, es kamen ihm sogar menschliche Gedanken, ohnedieß, in die Brust. Des Sohnes Worte hatten ihn gerührt. Der Sohn selbst.

Hätte er ihn nicht gestürzt, er hätte ihn aner kannt. Er sah von da auf alle Wege, die zum Throne und zur Versöhnung mit dem Fürsten führ ten. Er fand sie auf einmahl alle verschlossen; denn er hätte nicht einen von seinen Freunden verschont, wenn er ihn hätte bey dem Fürsten stürzen können. Er hatte seiner Tochter Schwur; aber er glaubte nicht daran, und befahl gar der Fürst, so wär gar nichts zu thun, als demüthig gehorchen. Daß der Fürst es wollte, hatte ihm Henri berichtet.

Der Fürst wollte durchaus Dillingen und Sidonien verbinden. Er begriff nicht, wie menschlich beyder Entschluß war, unglücklich zu seyn, obgleich Alexander ihm mit der Geschichte aller Völker bewies, daß es in dem menschlichen Herzen sø seyn müsse, damit Menschenblut heilig wäre, und Alexander nun gar suchte wieder in die freye Welt zu kommen, wenn ihn nicht drey Ketten zurückgehalten hätten, die er alle drey nicht zerreißen konnte. Er war in dem Walde, wo er die Jagd gelernt hatte,

und die erste Liebe, umhergeschweift, und er hatte das Mädchen, das er liebte, wieder gesehen, und obgleich er fluchte wie ein Lazaroni - so mußte er sich doch darin ergeben, das Mädchen war schö. ner wie eine Venezianerinn, edler gebaut, wie eine Römerinn, und blaß und traurig dazu, als trauerte sie um die erste Liebe.

Ich will beym Teufel Herr in meinem Hause feyn! rief er, und dachte an alle große und kleine Dinge in der Welt, um nicht an das Mädchen zu denken. Das ging; denn er war ein Despot. Aber sein Herz äffte ihn doch. Denn im Traum hatte er bas Mädchen an seiner Brust, und das Entzücken aus dem Traum zitterte den ganzen Tag in seiner Seele nach. Wer weiß, rief er, ob ich nicht im Traum gar lebe? Aber Herr, Herr will ich seyn! Der Traum fey Leben, oder das Leben Traum.

Aber er hatte nicht nur die Geliebte, sondern auch den Vater gefunden, und er war eben so när. risch mit diesem Funde daran. Der Fürst hatte ihm seine Vermittelung angebothen. Ungeduldig fagte er: ich will den Vater; ich will die Liebe. Ich mag mit der Titelkammer nichts zu schaffen haben. Die Welt mag Bastard zu mir sagen; aber er soll einmahl Sohn zu mir sagen, damit ich ihm danken Fann, daß ich bin!

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Das war es nicht. Der heilige Nahme Vater, Sohn, feimte in seinem Herzen in einem neuen Gefühle, daß er ten Menschen angehöre, auf. Sein

Fuß und seine Seele wurzelten in bem Vaterlande fest. Er wollte die Arme um den Vaterhals schlingen, um nicht wieder in das wilde, öde Leben hin ausgestoßen zu werden. Schon mit jeder Umarmung seiner Schwester wurde er milder. Er versprach ihr halb und halb, bey ihr zu bleiben. Bey dir! bey thm! Euch beyde hat die Natur in mein Herz ge geben!

Sein Vater wollte ihn nicht erkennen, die Ges liebte wollte er nicht erkennen. Er wäre davon ge rannt; aber Wilhelm hielt ihn mit den leisen Wor ten: willst du mich auch verlassen, mein Freund?

Was willst du hier? An der bittern Wurzel käuen, und sehen, ob dir der Teufel nicht ein Hinterthürchen offen gelassen, wodurch du zu deinem Wunsche einfriechen kannst. Denn Gott und die Natur hat dir jene Thür verschlossen. Du hast eine Schwester zu suchen, deine Ida —o hätte ich eine Schwester zu suchen, ich wollte wie die Pilger die heilige Treppe in Rom knieend hinaufsteigen, knieend durch die ganze Erde gehen. Auf, unter dem blauen Himmel

Du liebst nicht, Alexander,

Du! du! Kurz, ich kanns nicht sehen, wie du hier, lieber fiech kränkelst, mit dem Schwerte, das dich durchbohrt, unterhandelft, und schwächer bist als meine Schwester. Ich mag es nicht sehen, wie bein Kummer, nicht ihr eigener, Sidonien das Herz bricht. Ich kanns nicht sehen, daß mein Ba

ter mich zum dritten Mahle verstößt, nicht mehr sehen, wie das vergossene Blut wie eine drohende Furie vor ihm steht, und ihm den lehten Trost, den muthigen Sohn raubt. Denn darum verstößt er mich. Zwischen dir und Sidonien ist Blut, zwischen mir und ihm ein heilloses Verbrechen. Ich ehre ihn dennoch, und darum muß ich fort. Und damit du alles weißt, ich muß fort, damit ich nicht wie ein Narr das Spiel alberner Träume werde. Gegen das Unglück habe ich einen Panzer, und kann mich eines Traums nicht erwehren. Laß uns deine Schwefter suchen. Und gib fie mir zum Weibe, damit einer von uns mit Ehren in das Leben einwurzelt. Komm!

Das ergriff Dillingen mit Gewalt. Er schlug ein, und Alexander nahm von seiner Schwester Ubschied. Mit ihren Thränen, mit eigenen der gehei men Liebe, der Bruderliebe, trat er vor seinen Ba ter. Ich reise von hier, Vater! sagte er. Ich dach, te, der Segen meines Vaters sollte mich begleiten. Ich gehe in eine Welt voll Noth, voll Ungewißheit.

Der Vater schwieg lange. Dann sagte er: ich habe keinen Segen. Das weißt du ja: Uber Geld bedarfst du, das gebe ich dir.

Verstoßen und nun auf immer! dein Sohn scheidet. Er ging. Da schlug des Vaters Herz ge=

waltig, und eine Thräne steinerne Hers ins Auge.

drang brennend durch das Habe ich denn einen Se

gen für ihn, dessen Mutter So segne ihn

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jimmer.

Gott! Er ging erschüttert in sein Schlaf

Im Zurückgehen sah Alexander des Ministers Wagen vor seiner Thür halten. Er wußte, daß er Dillingens Schwester gesucht hatte. Er trat den Aussteigenden nach auf die Flur, zu fragen. Da sank der Baron Staig zu seiner Mutter Füßen, und Thränen stürzten aus Aller Augen. Da rief der Minister: das ist seine Frau, Schwester, Ihres Sohnes Frau die Schweizerinn, Jda, und Schwefter, Schwester! denn des Glücks ist kein Ende, das sind Ihre Enkel, meine Enkel! Und dieses ist der Mann, um den ich so lange trauerte, der Er. mordete, und aus dem Grabe erstandene Freund meines Lebens, Dillingen. Der alte Wachtmeister des Generals rettete ihn. Man gab ihn für todt aus. Er entfloh in die Schweiz.

Er bleibt bey mir."

Ich fand ihn.

Allgewaltiges Schicksal! rief die Donnerstimme Alexanders, ich bethe dich an! und so warf er sich an Dillingens Bruft. Du lebst? Dulebst? o allmächtige Weltregierung! Gott! Und stürzt die Last des sieben. fachen Wehs auf mein Haupt; ich zweifle nicht wieder. O mein Vater! o meine Schwester!

So wankte er zur Thür hinaus, tappend wie ein Blinder. Die Freude hatte ihn betäubt. Wer war das? fragte Dillingen bestürzt. Gustavs Mutter sagte: Der Freund Ihres Sohnes, Herr von Dillingen. Sie liefen ihm

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