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händlern, die sich bisher mit ihm in den Verkauf in dem betreffenden Revier geteilt hatten, das Alleinverkaufsrecht. Über sein Revier hinaus hat er keine Abschlußvollmacht mehr. Bereits vorher, im Jahre 1890, hatten einzelne Zechen sich zusammengeschlossen und den,,Dortmunder Kohlenverkaufsverein", den ,,Essener Kohlenverkaufsverein", den,,Steele-Mülheimer Kohlenverkaufsverein" und noch verschiedene andere gegründet 1).

Allein zwischen diesen bestand nichtsdestoweniger der vorherige Wettbewerb fort, bis daß dann schließlich im Frühjahr 1893 das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat zustande kam, das die vorerwähnte Einteilung in Verkaufsreviere vornahm.

Diese Festsetzung eines bestimmten Verkaufsgebietes wirkt an sich nicht direkt schädlich für den Großhandel. Das Wettbewerbsverhältnis ist sozusagen ausgeschaltet, der Markt wird übersichtlicher und das Angebot eingeschränkt, alles Wirkungen, die für den Handel günstig sind. Es könnte sogar innerhalb dieses beschränkten Verkaufsgebietes ein Zusammenschluß der verkaufsberechtigten Großhändler zum Zwecke eines einheitlichen Preisangebotes leicht hergestellt werden, aber durch Bindung der Händler an den vom Syndikat festgesetzten Verkaufspreis ist ein solcher Zusammenschluß von vornherein machtlos und auf die Wahrung der allgemeinen Standesinteressen und evtl. noch auf Wahrung der verbliebenen Rechte dem Kartell gegenüber beschränkt.

Für den besonders leistungsfähigen und wagemutigen Kaufmann ist die Gebietsabgrenzung unerträglich. Eine Vergrößerung seines Geschäftsumfanges ist vollständig ausgeschlossen, auch wenn seine Mitarbeiter noch so sachkundig und kaufgewandt wären und unter einer tatkräftigen Leitung die durch die Gebietsbeschränkung gewährleisteten Vorteile leicht wettmachen könnten. Er wird niemals über das ihm zugewiesene Gebiet hinaus seinen Geschäftskreis ausdehnen können, ohne auf den Einspruch des nach dort lieferungsberechtigten Großhändlers zu stoßen. Ein Erwerb neuer Kunden ist gleichfalls ausgeschlossen, es sei denn, daß neue Gewerbezweige sich in seinem Gebiete ansiedelten. Sein Geschäftsbetrieb wird ein automatischer, sein Kundenkreis liegt fest, er nimmt nurmehr begrenzte Aufträge herein und gibt sie an das Syndikat weiter, wofür er dann eine Provision erhält. Er ist nach einstimmigem Urteil aller Kartellschriftsteller zum ,,Agenten" geworden. Nicht zum wenigsten besteht eine große Gefahr insofern, als es dem Syndikat jederzeit gestattet ist, einen miẞliebig gewordenen Großhändler, der den Syndikatswünschen nicht gefügig ist, vom weiteren Bezuge auszuschließen. Eine Handhabe hiergegen ist dem Großhandel nicht gegeben. Es findet sich keine Bestimmung in den zwischen dem Syndikat und den Großhändlern jeweils für eine bestimmte Zeit. abgeschlossenen Verträgen, aus der hervorging, daß den Großhändlern der Vertrieb der Syndikatsmarken für alle Zeiten zugesichert 1) Otto Becker: Deutschlands Kohlenhandel, Tübingen 1903.

sei. Dieses Recht beruht nur auf einer stillschweigenden Vereinbarung und auf sozusagen historisch erworbenen Rechten.

Wozu eine derartige Kartellpolitik führen kann, zeigt ein zwischen den nach Köln lieferungsberechtigten Großhändlern des Rheinischen Braunkohlen-Syndikates G. m. b. H. am 15. Mai 1924 abgeschlossener Vertrag, der u. a. folgenden Wortlaut hat:

,,Die Großhändler verpflichten sich ferner, ihre Abnehmer nur nach dem ungefähren Rahmen der Bezüge aus den Jahren 1913/14 zu beliefern. Ausnahmen sind nur dann zulässig, wenn seitens eines Platzhändlers ein neuer Verbraucher hereingebracht wird, und wenn dem Großhändler entsprechend freie Mengen zur Verfügung stehen.

Jedem Großhändler sollen seine bisherigen Abnehmer möglichst erhalten bleiben. Will ein Abnehmer von seinem bisherigen Lieferanten abgehen, so darf ein anderer Großhändler denselben nicht ohne weiteres beliefern. Zunächst ist eine Verständigung zwischen beiden in Frage kommenden Großhändlern anzustreben. Führt diese zu keinem Ergebnis, so ist die Entscheidung des Ausschusses einzuholen."

Damit hat der Kölner Braunkohlengroßhandel ein weiteres Glied der vom Syndikat eingeleiteten Abschnürungspolitik geschmiedet. c) Vorbehalt der Selbstlieferung an gewisse

Verbraucher.

Bereits bei Gründung des Rheinisch-Westfälischen KohlenSyndikates im Jahre 1893 behielt sich dieses die Belieferung an: Eisen- und Stahlwerke, Eisenbahnen, Kokereien, Gasanstalten und Elektrizitätswerke vor, zu denen dann später noch die Brikettwerke und die Reichsmarine hinzutraten. Auch die Belieferung mit Magerkohlen an Feldbrandziegeleien und Kalkbrennereien wurde dem Händler nicht gestattet 1). Das Verbot der Lieferung an die letztgenannten ist jedoch in den neuesten Kauf- und Lieferungsbedingungen nicht mehr enthalten. Sodann wurde überhaupt eine Belieferung an Kunden, die mehr als 6000 to. Brennstoffe im Jahre verbrauchen, dem Händler verboten 2). Diese Grenzen wurden im Laufe der verschiedenen Syndikatserneuerungen immer mehr heruntergedrückt, 1925 beträgt sie für das süddeutsche Absatzgebiet nur mehr 2400 to 3).

Das Rheinische Braunkohlen-Syndikat in Köln gestattet seinen Abnehmern nicht:

a) den Verkauf an Händlervereinigungen,

b) den Weiterverkauf an Zentraleinkaufsstellen, an Bauernvereine, Genossenschaften, Konsumvereine und sonstige Vereinigungen von Verbrauchern.

1) Kontradiktorische Verhandlungen Berlin, 1903, S. 133.
2) Kontradiktorische Verhandlungen Berlin, 1903, S. 133.
3) Kölnische Zeitung vom 22. 4. 1925 Nr. 293.

Von einem Vorbehalt der Belieferung an größere Verbraucher oder bestimmte Industriegruppen wie beim Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikat steht nichts in den Kauf- und Lieferungsbedingungen, tatsächlich hat sich jedoch das Baunkohlen-Syndikat die Großabnehmer längst angegliedert.

Das Niederschlesische Steinkohlen-Syndikat G. m. b. H. behält sich vor:

,,Die Belieferung an Eisen- und Stahlwerke, Eisenbahnen, Brikettfabriken, Kokereien und Gasanstalten".

Das Mitteldeutsche Braunkohlen-Syndikat G. m. b. H. in Leipzig, das Niedersächsische Kohlensyndikat in Hannover, das Ostelbische Braunkohlen-Syndikat in Berlin und das GaskoksSyndikat A.-G. in Frankfurt enthalten derartige Bestimmungen nicht.

Die Gefahr der Preisunterbietung liegt bei derartig großen Abschlüssen, wie sie die vorerwähnten Werke, deren Belieferung sich die Syndikate vorbehalten, treffen, natürlich sehr nahe. Es ist daher zu verstehen, wenn die Syndikate sich die Belieferung dieser Abnehmer vorbehalten und hierdurch ein für allemal jegliche Gefahr der Beunruhigung des Preismarktes ausschließen. Außerdem dürfte dem Referenten bei den kontradiktorischen Verhandlungen über deutsche Kartelle im Jahre 1903, Regierungsrat Dr. Völker1), zuzustimmen sein, der diese Maßnahmen des Rheinisch-Westfälischen Kohlensyndikates damit verteidigte, daß man einen längst bestehenden Zustand nur nochmals in die Kauf- und Lieferungsbedingungen aufgenommen habe. Das Syndikat hatte eben den Absatz dieser Großverbraucher schon längst an sich gerissen. Immerhin bedeuteten diese Ausschließungsbestimmungen eine nicht unwesentliche Einschränkung des Aktionsradius des Großhändlers, besonders beim Rheinisch-Westfälischen Kohlen-Syndikat das Verbot der Lieferung an Verbraucher über 2400 to. Empfindlich trifft die Großhändler des Rheinischen Braunkohlen-Syndikates auch das Verbot der Lieferung an Zentraleinkaufsstellen. Die Zentraleinkaufsstellen bilden schon an sich eine Gefahr für den Kohlenhandel, indem sie außer dem Bestreben, direkt mit der Produktion in Geschäftsverkehr zu treten, auch dem besten Abnehmer des Großhandels, dem Platzhandel ihre Abnehmer entziehen (siehe auch unter IV b, Genossenschaften). Die Wiederhereinnahme dieses Verlustes durch direkte Belieferung der Zentraleinkaufsstellen wird durch das Verbot der Belieferung hinfällig gemacht.

d) Verbot, andere als Syndikats-Produkte zum Vertrieb zu bringen.

Im Kampf gegen Außenseiter, und um den Handel noch enger an sich heran zu ziehen, und ihn zu einem ausschließlichen Geschäftsverkehr mit dem Kartell zu zwingen, findet sich in den Kauf- und 1) Berlin, 1903, S. 132.

Lieferungsbedingungen der Syndikate die Bestimmung, daß es dem Händler nicht gestattet sein soll, Kohlenmengen von Nichtsyndikatszechen zu vertreiben. Übertretungen des Verbots werden entweder mit einem Zuschlag auf die offiziellen Preise oder mit gänzlichem oder zeitweiligem Ausschluß von der weiteren Belieferung bestraft. Das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat in Essen schreibt

vor:

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Wenn Sie Koks von Kokereien oder Kohlen und Brikett von Zechen und Brikettfabriken, die unserer Vereinigung nicht angehören, ohne unsere Genehmigung kaufen und vertreiben. sei es unmittelbar oder mittelbar, so erhöhen sich unsere Preise für sämtliche zwischen Ihnen und uns bestehenden Lieferungsverträge für die ganze Vertragszeit um Mk. 1.- je to".

Das Rheinische Braunkohlen-Syndikat G. m. b. H. in Köln setzt eine Konventionalstrafe von 25% auf sämtliche Lieferungsverträge fest; weiterhin heißt es:

,,Daneben ist das Syndikat auch berechtigt, ohne weiteres die Lieferung einzustellen. Den ihm durch die Einstellung der Lieferung entstehenden Schaden hat der Käufer zu ersetzen“. Das Ostelbische Braunkohlen-Syndikat in Berlin sieht ähnliche Bedingungen vor wie das Rheinisch-Westfälische Kohlen-Syndikat. Desgleichen das Niederschlesische Steinkohlensyndikat, es bleibt jedoch hier beim Verbot, von einer Preiserhöhung oder Aussperrung wird nichts erwähnt. Keine derartigen Bestimmungen enthalten die Lieferungsbedingungen des Mitteldeutschen Braunkohlen-Syndikates und des Gaskoks-Syndikates A.-G.

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Bonikowsky 1) nennt diese Verpflichtung Exklusivklausel" und führt u. a. Zitate verschiedener Kartellschriftsteller an, die sich scharf gegen diese Bestimmung der Syndikate aussprechen. Eschwege 2) meint,,,es wäre eine dankbare Aufgabe für den Juristen, zu prüfen, inwieweit hier die Paragraphen des Wuchergesetzes zutreffen". Bonikowsky selbst nimmt eine vermittelnde Stellung ein, er gibt zwar zu, daß der Handel durch diese Verpflichtung geschädigt sei, glaubt aber, daß sie nur zeitweise Bedeutung habe, da der Kampf zwischen Außenseitern und Kartellen zum Siege eines Gegners führen müsse, und dann sei sie gegenstandslos.

Es wird aber nie Syndikate ohne Außenseiter auf die Dauer geben, sei es, daß innere Zwistigkeiten zum Austritt von Mitgliedern führen, oder daß neue Werke entstehen, die den Beitritt verweigern. Gerade im Ruhrkohlenbergbau sind es die Außenseiter gewesen, die ihre Produktion zusehends steigerten und sogar das Bestehen des Syndikates zeitweise in Frage stellten. Außerdem stehen sich im Kohlenhandel verschiedene Syndikate gegenüber, die sich gegenseitig das Absatzfeld streitig machen.

1) Der Einfluß der industriellen Kartelle auf den Handel, Jena, 1907, S. 123. 2) Deutsche Volksstimme, Jahrgang 1904, S. 706.

In der Nachkriegszeit spielt die,,Exklusivklausel" eine besondere Rolle. Durch die Reparationslieferungen waren die Syndikatsgruben, die Qualitätskohlen lieferten, mit Aufträgen überhäuft, zeitweilig waren sogar z. B. Anthrazit-Nußkohlen überhaupt nicht zu haben, auch nicht von Zechen, die weniger beliebte Marken förderten. Was blieb dem Händler übrig, wenn er seinen Absatzverpflichtungen nachkommen wollte, als die Ware da zu nehmen, wo er sie haben konnte, selbst auf die Gefahr hin, vom Syndikat mit der ausbedungenen Vertragsstrafe belegt zu werden. So sehr man den Bestrebungen der Syndikate, dem eigenen Erzeugnis Absatz zu verschaffen, Verständnis entgegenbringen kann und dem Händler andererseits dadurch, daß das Syndikat ihm allein den Vertrieb seiner Waren vorbehält, ein nicht zu unterschätzender Vorteil geboten ist, dieser schroffe Weg scheint uns nicht der richtige zu sein. Es muß hier nach Lage der Verhältnisse eine besondere Vereinbarung von Fall zu Fall zu treffen sein. Der Kampf des Großhandels mit Außenseitern ist an sich schon ein schwerer und bedarf einer anstrengenden und harten Arbeit, um seinen Kundenstamm gegen die Unterbietungsbestrebungen der Außenseiter zu halten. Unter Umständen kann das Festhalten an der Syndikatsware zum Syndikatspreise den Ruin des Händlers bedeuten. Dies tritt dann bestimmt ein, hat zum mindesten einen besonders schweren Verlust für den Händler zur Folge, wenn das Syndikat in sich selbst keinen Halt hat und seine Bedingungen nicht durchsetzen kann. Dieser Zustand herrschte zum Beispiel beim Rheinisch-Westfälischen Kohlen-Syndikat zu Anfang des Jahres 1924 und hat mit einer gewissen Regelmäßigkeit stets auf dem süddeutschen Kohlenmarkte bestanden, wo der Transport der Kohlen auf der Wasserstraße des Rheines die Anfuhr von den teuren Bahnfrachten unabhängig machte, infolgedessen ausländische, besonders englische Kohlen in der Einfuhr begünstigte. 1924 hatten eine Menge Syndikatsmitglieder, wie noch des näheren nachzuweisen sein wird, sich ein Verkaufsrecht ihrer eigenen Produkte vorbehalten. Auf dem Umwege über diese Zechen war es dem Großhändler möglich, Firmen zu beliefern, die das Syndikat bezw. dessen Kohlenhandelsgesellschaften bisher selbst belieferten, oder deren Belieferung das Syndikat aus irgendwelchen Gründen verweigerte. Das war gemäß den Kauf- und Lieferungs-Bedingungen der Syndikats-Kohlenhandelsgesellschaften, die sich für ihre Bezirke wieder das Alleinverkaufsrecht vorbehalten, nicht gestattet und hätte mit den Folgen der,Exklusivklausel" belegt werden können. Und doch wird niemand dem Großhändler, der diese Gelegenheit benutzte, weil das Syndikat auf schwachen Füßen stand, mithin die Interessen des Händlers nicht zu wahren vermochte, hieraus einen Vorwurf machen können. Träte in einem solchen Falle z. B. eine Bestrafung ein, so wäre unseres Erachtens der vorerwähnte Ausspruch Eschweges betr.,,Wuchergesetz" berechtigt.

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