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fers nicht unbemerkt, und er seßt endlich Mißtrauen in Alles.

Wie erbärmlich erscheint dem Besserunterrichteten jene leidenschaftliche Ungerechtigkeit, welche alle Siege Napoleons für verdienstlose Folgen eines gemeinen, ende lich aber durch häufigen Gebrauch abgenüßten Kunstgriffs erklärt, der einzig und allein darin bestanden habe den Gegner auf mehreren Seiten in gespannter Erwartung, mit vertheilter Kraft zu erhalten, wäh. rend er selbst unbemerkt eine große Überlegenheit auf einem Puncte jammelte, und mit ihr im heftigen Ans drang die Ordnung seiner Feinde durchbrach. Aber wäre denn nicht schon der richtige und erfolgreiche Ges brauch dieser Regel ein hinreichender Beweis des wahren Talents und der Erfahrung? Wir wollen indessen hier nicht untersuchen, ob NapoleonsSiege sammt und sonders auf einen Leist passen, den irgend ein Kraft= Genie aus ihnen herausgeschnigt hat. Aber wahr bleibt es, daß nur allein in der Wahl des wirksamsten Mittels zur rechten Zeit das größte Verdienst eines Feldherrn liege. Ob übrigens auf diese oder auf eine andere Art der glückliche Schlag geführt wurde, ist gleichgültig; allein daß der Gewinn der Schlacht intellektueller Kraft zugeschrieben werden mußte, dieß nur begründet den Ruhm des Siegers!

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Napoleons militärisches Talent in Zweifel ziehen wollen, dürfte wohl nur ein Beweis der eigenen Las lentlosigkeit seyn. Er hat seinen Beruf zum Umte des Feldherrn gegen Männer von anerkannter Einsicht und langer Erfahrung hinlänglich gerechtfertigt. Durch ihn wurde das Höchste der Kriegskunst für seine Zeit gleich fam neu gestaltet. Praktische Soldaten und unerfahrne

Schulmänner haben auf seine bewunderten Siege Theorien und Systeme gebaut. Alle erkannten ihn für einen genialen Feldherrn. Die Unfälle, welche er später erlitt, verdienen daher eine um so sorgfältigere Prüfung. Bei den meisten dürfte sich die Wahrheit bewähren, daß Nas poleon durch seine politischen Ansichten und durch die Ausschweifungen seiner Herrschsucht zu Handlungen im Kriege hingeriffen ward, welche ihm Wissenschaft und Klugheit nothwendig widerrathen mußten. Die Urs theile der unwissenden Menge, welche sich blind der einen oder andern ausschließenden Meinung über Napoleons militärische Verdienste hingibt, sind unserer Beachtung nicht werth. Das Lesen guter Bücher und der Umgang mit Erfahrung und Einsicht bilden unstreitig, auch im Fache des militärischen Wissens, das Urtheil eines jeden Lalents. Aber man dehne diese bessere Ansicht nicht vor eilig auf den kenntnißlosen Haufen aus, welcher sich überall mit dreister Sprache dem Unterrichteten entge= genstellt. Es fehlt nicht an einzelnen talentvollen Köpfen unter der großen Zahl. Allein ihre natürlichen Anlagen erhielten bei der Selbstentwickelung keine bestimmte Riche tung. Statt wahrer Wissenschaft und Erfahrung tragen sie einen Gedächtnißschaß aus Zeitungen mit sich herum ; ein Chaos, das weder chronologisch, noch geographisch geordnet ist, und den Einfluß deutlich verräth, unter welchem die Wahrheit ihres Originals verkümmerte.Viel wichtiger sind die Irrthümer in öffentlichen Schrif ten. Die so gemeinen und gefährlichen politischen Keßereien, durch welche sich unsere Zeit auszeichnet, machen. es nothwendig, daß der Soldat in der Geschichte Lob und Tadel der handelnden Personen, und so auch alle Behauptungen, sorgfältig prüfe, ehe er der Mei

nung des Verfassers beistimmt. Wer nicht gegen Leiden, schaftlichkeit auf der Huth ist, wird bald, mit seinem Jrr lehrer, das Schlechte vergöttern, das Lehrreiche und Gute tadeln. Ohne Rücksicht auf Personen und Umstände, wollen wir jeden erkannten Fehler beleuchten, und gläns zende Verdienste an's Licht ziehn. Durch das Erstere wird der später Handelnde gewarnt, durch das Leßtere rühm, liche Nacheiferung geweckt. Sollte bisweilen, wegen der Schonung, mit welcher Gegenstände aus der neue sten Geschichte behandelt werden müssen, eine Beschrän kung unsers eigenen Urtheils nothwendig werden, dann möge uns der Leser entschuldigen. Wir ziehen es vor; lieber gar nichts, - als gegen unsere Meinung und Ansichten, zu sprechen.

Von Napoleon insbesondere müssen wir noch eine Bemerkung beifügen. Wir wollen gerne glauben, daß der Charakter, und vorzüglich die Politik, dieses ungewöhnlichen Mannes reichlichen Stoff darbieten mögen zu gerechtem Tadel. Daran wage sich, wer Beruf dazu fühlt. Uns ist es hier vergönnt, meistens nur solche Eigenschaften zu betrachten, welche Napoleon vortheilhaft auszeichnen. Er erscheint uns fast nur immer als vollendeter Feldherr, weniger in der Rolle eines selbststän digen Regenten, oder was noch weit mehr ist, als ein außerordentlicher Mann, welcher ein revolutionäres Volk in das Gleis der Ordnung und des Gehorsams zurückführte, und nicht nur dieses, sondern einen Welttheil zu lenken, oder in Furcht zu sehen, vermögend war. Die Ehre Europa's fordert es daher, daß ihm auch seine ers bittertsten Feinde überwiegende Talente einräumen ; denn es wäre wahrlich für Staatsmänner und Feldherrn, welche ihm entgegenwirkten, ein beleidigender Vorwurf,

wenn man sie beschuldigte, einem Alltagsmenschen so oft unterlegen zu seyn.

Wir sehen voraus, daß jene Leser, welche mit dem Bilde der hier berührt werdenden Länder, mit der Richs tung der Operationslinien und der Lage aller wichtigen. militärischen Punkte weniger bekannt seyn sollten, une sere Erzählung mit irgend einer Post oder andern übersichtskarte vergleichen werden. Eine gedrängte Kriegsge= schichte, wie die gegenwärtige, ist am besten geeignet, die militärischen Eigenheiten der Länder bleibend dem Gedächtnisse einzuprägen. Der Befreiungskrieg vom Jahr 1812-1814 hat sich fast über ganz Europa erstreckt; daher ist die Belehrung, welche er uns in geographischer Hinsicht gewährt, sehr umfassend.

Das französische Kaiserthum hatte theils durch ere zwungene Verträge, theils durch Machtsprüche und WillFür eine solche Ausdehnung und ein so großes militäris fches Übergewicht auf dem europäischen Festlande erlangt, daß es, wie wir bereits früher erwähnten, nur noch eis nes glücklichen Schrittes bedurfte, um seine Diktatur, wahrscheinlich für längere Zeit, über den ganzen Erde theil fest zu begründen. Seine unmittelbare Herrschaft erstreckte sich östlich nicht bloß bis an den Rhein, sons dern es hatte auch ganz Holland an sich gerissen, und dehnte sich im nördlichen Deutschland längs der Küsten über Hamburg und Lübeck an die Ostsee aus. Süd-östlich zog es sich über Savoyen, Piemont, Genua, Toscana und Rom tief nach Italien hinab. So streckte das direkte Reich zwei furchtbar drohende Arme im Norden und Süden vor, und schloß die treuen Anhänger und Vasallen, wahrlich nicht aus Liebe, an seine gehar nischte Brust.

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Alle Provinzen in Ober- und Mittel- Italien, welche außer den Grenzen des französischen Kaiserthums lagen, waren unter dem allgemeimen Nahmen Itar Lien zu einem neuen Königreiche vereinigt, deffen Krone Napoleon trug. Im Königreiche Neapel regierte auf Napoleons Geheiß sein Schwager Murat (König Joachim). Mit Ausnahme einiger Inseln war daher ganz Italien vom Kaiser der Franzosen beherrscht.

Die Schweiß erkannte Napoleon als ihren Bere mittler.

In Deutschland hatte sich im Jahr 1806 ein Bund zwischen souveränen Fürsten gebildet, welcher der Rheis nische genannt wurde, und dessen Beschüßer Napoleon.

war.

Aus dem Innern Tyrols und von Salzburg erstreckte fich nach Süd-Ost eine französische Provin; durch Kärnten, Krain, Istrien, Dalmatien, Kroatien und Ulbas nien nach Cattaro hinab. Sie erhielt den Nahmen Illyrien. Durch sie wurden Theile von Tyrol und Kroatien getrennt, der öftreichische Staat ganz vom Meere abgeschnitten, und dieser, sowohl als die Türkei, im höch= sten Grade bedroht.

In Spanien, welches, nebst Portugal, Napoleon gleichfalls unter seine Herrschaft beugen wollte, fand die Willkür unvermutheten Widerstand. Patriotismus und Nationalstolz kämpften mit wechselndem Erfolge ge= gen die französischen Heere und die Regierung des neuen aufgedrungenen Königs Joseph Napoleon. Allein nur die großen Kriege in andern Gegenden, welche Frank reichs Hauptmacht in den gefährlichsten Augenblicken völliger Unterjochung (1809 und 1812) von dem Schauplage jenseits der Pyrenäen entfernt hielten, retteten

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