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Ben Gefchüßreserve erhält, und von deren Aufstel= Jung und Verwendung hier Einiges erwähnt werden soll, Die Geschüßreserve ist an keinen bestimmten Truppentheil gebunden; nichts darf ihr Fesseln anlegen; sie muß fich frei bewegen können. Ihre Verwendung im Großen im Momente des entscheidenden Augenblickes erwartet sie vom Chef der Armee.

Die Geschüßreserve ist zusammengefeßt aus Batterien von allen Kalibern. Diese Zusammensetzung wird um so nothwendiger, da sich weder die Zeit, wann die Reserve wirken soll, noch der Boden, auf welchem sie fich bewegen wird, noch die Truppengattung, gegen welche sie zu feuern bestimmt ist, im voraus ermitteln Jäßt, und die Reserve jeden Augenblick bereit seyn muß, den verschiedenartigsten Anforderungen zu genügen. Doch da das Vermögen, auf alle Punkte des ausgedehnten Schlachtfeldes mit Schnelligkeit hineilen zu können, im mer das leitende Prinzip für eine Geschüßreserve seyn muß, so folgt hieraus, daß die überwiegende Mehrzahl der Batterien aus sechspfündigen, zum Aufsißen der Mannschaft eingerichteten, Fuß- und vorzüglich aus Kavallerie Batterien bestehen müsse. Erlauben es die Umstände, diesen Geschüßen noch einige Kavallerie-Haubißbatterien beizugesellen, so soll man es niemals unterlaffen. Einzelne in den Batterien vertheilte Haubiben können wohl in manchen Fällen von großem NuHen seyn; aber Großes und Entscheidendes läßt sich von dieser Geschüßgattung nur in ihrer Vereinigung in Massen erwarten, und dieses ist ja die Hauptbestimmung der großen Geschüßreserve.

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Wie auch immer die Zusammensetzung der Geschüß reserve beschaffen seyn mag, so wird sie nur dann das

erwartete Großartige leisten können, wenn sie taktisch abgetheilt, und mit einer hinreichenden Anzahl höherer Führer versehen ist. Jede Batteriegattung muß das ber für sich ein Ganzes bilden, befehligt von einem hö bern Stabsoffizier. Drei, höchstens vier gleichartige Bat=' terien vereinigen sich wieder zu einer Abtheilung, ebenfalls von einem Stabsoffizier geführt. Die ganze Geschüßreserve steht unter der unmittelbaren Führung des ArtillerieChefs, welcher, vertraut mit den Planen des kommandirenden Generals seine Befehle nur von diesem empfängt.

Stellt man sich die Masse vor, welche 80 bis 100 zu bewegende Geschüße bilden, und bedenkt, daß die Leitung so komplizirter Maschinen zu den schwierigsten Aufgaben der höheren Artillerie-Taktik gehört; wird ferner erwogen, daß solche Geschüßmassen nur dann den Erwartungen glänzend entsprechen, wenn sie genial geführt und zweckmäßig aufgestellt werden, hierzu aber höhere, mit der Absicht des Ganzen bekannte, Führer gehören, so wird man die Zahl der hier angetragenen Stabsoffi ziere wohl nicht übertrieben finden.

Der zweckmäßige Gebrauch der großen Geschüßreserve wird zuerst durch ihre entsprechende Aufstellung am Tage der Schlacht bedingt. Jm Beginne des Ge= fechtes kann ihr kein bleibender Plaß angewiesen werden. Sie steht gewöhnlich, in großen Maffen formirt, hinter der allgemeinen Armeereserve. So wie aber im weitern Berlaufe der Schlacht die Absichten des Feindes klarer werden, oder unsere eigenen Entwürfe immer mehr der Ausführung sich nähern, so wird auch die Aufstellung der Geschüßreserve bestimmter. Ihr Emplace ment richtet sich dann hauptsächlich nach jenem der Armeereserve, nicht zu weit von jenen taktischen Punkten

entfernt, die genommen oder verloren das Schicksal des Tages entscheiden. Übrigens hängt auch noch die Aufstellung der Geschüßreserve von der Beschaffenheit des Schlachtfeldes ab. In Schlachten auf Ebenen, wo nicht leicht eine große Bewegung des Feindes unent deckt bleiben kann, ist ihr Plag meistens im Centrum; im durchschnittenen Terrain aber, und in ausgedehnten und unterbrochenen Schlachtlinien wird sie in mehrere große und selbstständige Theile getheilt. In diesem Falle muß aber darauf gesehen werden, daß das Terrain der schnellen Zusammenziehung der getrennten Reserven in eine einzige große Geschüßmasse, um irgend einen ent scheidenden Schlag auszuführen, keine bedeutenden Hine dernisse in den Weg lege.

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Es ist in der Artillerie Taktik ein durchgreifender Grundsaß, die Geschüße in jeder Aufstellung den Blis cken des Feindes zu entziehen, und sie erst dann ihre gegebenen Posizionen einnehmen zu lassen, wann der Augenblick ihres Wirkens gekommen ist. Dieser Grund: fat tritt bei der Aufstellung einer großen Geschüßreserve um so schärfer hervor, da ein geübter Feind aus ihrer Aufstellung unsere Absichten und den ganzen Schlachtplan mit großer Gewißheit enträthseln, und wohl nicht fäumen wird, dagegen kräftige Maßregeln vorzukehren. Man muß daher jederzeit die Geschüßreserve gedeckt aufs stellen; welches am besten durch die geschickte Benü hung des Terrains erhalten wird, wozu die heutigen großen unebenen Schlachtfelder fast immer Gelegenheit geben. Ist aber dieses nicht möglich, so geschieht die Maskirung durch Truppen, hinter welchen die Geschüße fich aufstellen. Hier harrt die Geschüßreserve, in Bats

terie - Kolonnen formirt, der Befehle, immer bereit in jedem Augenblicke zu marschiren.

Es versteht sich übrigens von selbst, daß die Aufstellung der Reserve außer dem wirksamen Ertrage des feindlichen Geschüßfeuers genommen werden müsse, das mit sie kraftvoll und unerschüttert auftreten könne, wenn es gilt.

Wir kommen nun zum Gebrauch der Geschüßreserve in der Schlacht. Ihr Gebrauch ist von zweifacher Natur. Entweder soll sie einzelnen bedrohten Punkten der Schlachtlinie durch Abschickung von Batterien zu Hilfe kommen, oder sie erhält die Bestimmung, einen Gewaltangriff vorzubereiten und zu unterstüßen.

Die Absendung mehrerer Batterien wird nur dann nöthig werden, wenn der Feind irgend einen wichtigen Punkt unserer Aufstellung mit einer überlegenen Geschüßmasse anfällt, oder wenn halb zerstörte Batterien sich aus dem Feuer ziehen müssen, und keine der den Divisionen zugetheilten Batterien mehr disponibel ist. Nach der Größe der Gefahr bestimmt sich sowohl die Zahl als auch die Gattung der Batterien. Ist Gefahr bei dem Verzug, so eilen sogleich Kavalleriebatterien dem bedrohten Punkte zu, und stellen das Gefecht durch ein Flankenmanöver wieder her. In andern Fällen wer den immer, wo es angeht, die zwölfpfündigen Batterien zur Unterstützung genommen; da es hier meis stens zu einem tüchtigen Geschüßkampf kommt, wobei die zwölfpfündigen Kanonen auf ihrem Plaße sind.

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Der Befehl zur Absendung dieser Batterien geht vom Artillerie Chef aus. Er wird hierbei sehr sparsam seyn müssen, und sich nur durch den Drang der höchsten Nothwendigkeit dazu bestimmen lassen. Wollte man jes

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dem geäußerten Wunsche um Geschützverstärkung so: gleich willfahren, so würde bald die große Geschüßreserve ́ zu einer unbedeutenden Geschüßabtheilung schwinden, und dadurch ganz unfähig zu jeder großen Kraftäußerung werden. Man muß in diesen Fällen den allber kannten Erfahrungssaß fest im Auge behalten, daß die einzelnen in der ganzen Schlachtlinie vertheilten Bate terien, troß aller ihrer Anstrengung und Geschicklichkeit, niemals ein glänzendes, für das Ganze entscheidendes Resultat erzwingen werden; sondern daß die großen vereinigten Geschüßmassen es find, an welche sich die bedeutenden Erfolge knüpfen. Man wird endlich bedenken, daß eine Batterie; einmal in die Feuerlinie gezogen, fast niemals wieder zur gehörigen Zeit abgerufen werden kann, und daß am Ende meistens derjenige Sieger bleibt, welcher noch eine frische und unerschütterte Reserve zur freien Disposizion übrig behält, wenn der Feind die feinige bereits in das Gefecht gebracht hat.

Die höchste Leistung und wahre Bestimmung der großen Geschüßreserve bleibt, wie schon erwähnt, die Vors bereitung und Unterstüßung eines Gewaltangriffes. Mit überraschender Schnelligkeit eine der feindlichen Artillerie überlegene Geschüßmaffe von 80 bis 100 Piecen auf die wirksamste Schußweite an den Feind heranbringen, durch ein mörderisches und unwiderstehliches Feuer die feindlichen Geschüße zertrümmern, feine aufgestellten Massen durch und durch erschüttern, und auf diese Weise den im Sturmschritte nachfolgenden Angriffskolonnen den Weg zum Siege bahnen, ist der Zweck des durch die Massenartillerie eingeleiteten Gewaltangriffes.

Man schreitet zu diesem großartigen Mittel, wenn

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