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am 7. Juli 1795 in München geboren. Sein Vater, der König Maximilian Joseph, wollte einen tüchtigen Soldaten aus ihm machen; seine Erziehung wurde deshalb von früh an darauf hingeleitet. Nach praktischer Erlernung des Dienstes erfolgte am 25. Juni 1813 die Ernennung des Prinzen zum Generalmajor; als solcher wurde er, achtzehn Jahr alt, an die Spitze der 1. Brigade der Division Rechberg gestellt. Baiern, nach der Leipziger Schlacht, erklärte sich bekanntlich ebenfalls gegen Napoleon und schon am 31. Oktober nahm die Brigade des Prinzen (die Frankfurt besezt hielt und in das Gefecht an der Mainbrücke mit eingriff) wenigstens mittelbaren Antheil an der Schlacht bei Hanau. Noch vor Jahresschluß zum Divisionsgeneral befördert, lag Prinz Karl mit der Division Rechberg zu Anfang des Jahres 1814 nebst einer russisch - östreichischen Abtheilung vor der oberrheinischen Festung Befort. Er kehrte jedoch von hier bald zum Hauptheere zurück und fand Gelegenheit, sich in den Kämpfen, die der Einnahme von Paris vorausgingen, namentlich in der Schlacht von Arcis-sur-Aube (wo die Baiern den Ausschlag gaben) durch Umsicht und Tapferkeit auszuzeichnen. Auch bei Fère la Champenoise griff Prinz Karl in das Gefecht mit ein. Seine Bravour vor dem Feinde trug ihm den bairischen May-Joseph - Orden, außerdem den östreichischen Maria-Theresia und den russischen St. GeorgsOrden ein. 1815 begleitete der Prinz seinen Vater zum Congresse nach Wien, begab sich jedoch nach der Rückkehr Napoleons von Elba schleunigst nach Mannheim zur bairischen Armee, welche sofort zur Unterstüßung der Engländer und Preußen ausrückte, die französische Grenze überschritt und in Eilmärschen auf Paris losging. Inzwischen hatten sich die Geschicke bei Waterloo bereits entschieden. Nach wiederhergestelltem Frieden erhielt der Prinz das Generalcommando in München; da aber einige von ihm vorgeschlagene militairische Verbesserungen zurückgewiesen wurden (es scheint, daß er mit dem Fürsten Wrede — was für den Prinzen sprechen würde — zu keiner Zeit harmonirte) trat er 1822 als General der Cavallerie aus dem Dienst. Erst vom 16. Januar 1841 ab, nach dem Tode Wrede's, nahm er wieder eine hervorragende Stellung ein, indem ihm sein Bruder, König Ludwig I., nunmehr den Rang eines Feldmarschalls und Generalinspectors der Armee verlieh.

In dieser Stellung war der Prinz noch, als er, nach einer Friedenszeit von 51 Jahren, abermals auf den Kriegsschauplah berufen und, nach vorgängigen Verhandlungen mit Oestreich und dem Bunde, zum Commandirenden des VII. und VIII. Bundes - Armee - Corps ernannt wurde. Daß das VIII. Bundes - Corps (Prinz Alexander von Hessen) sich diesem OberCommando nach Möglichkeit zu entziehen suchte, werden wir später Gelegenheit finden zu zeigen.

Die Ernennung des 71 jährigen Prinzen wurde sehr verschieden beurtheilt. Man darf sagen, beide Theile hatten Recht. Besser wäre besser gewesen. Aber wo war ein Besfrer! Ein östreichischer Offizier, der im Stabe des Prinzen die Campagne mitmachte, durfte von ihm schreiben: »Troh seines vorgerückten Alters war Prinz Karl von einer außerordentlichen geistigen Regsamkeit; er besaß alle jene Eigenschaften, die der Führer einer Armee in sich vereinigen soll. Durch seine hohe Autorität im Kreise der Regentenfamilie jedem fremden Einfluß entrückt, ausge stattet mit gründlichen, durch werthvolle Kriegserfahrungen geläuterten Kenntnissen, rasch in der Auffassung, von selbstständigem, treffendem Urtheile, im Heere hochverehrt und geliebt, war Niemand würdiger, den Oberbefehl über die süddeutsche Armee zu führen.«

Dies alles traf zu und doch hatten alle diejenigen kaum minder Recht, die von Anfang an von einer »verfehlten Wahl« sprachen. »Gewöhnlich, so hieß es, siegt die Armee, die die jüngsten Generale hat. Das Alter ist vorsichtig und verzagt, und ergreift zu gern die passivste Defensive ; an Bequemlichkeit und Nuhe gewöhnt, versagt es den Dienst in jenen entscheidenden Momenten, wo es gilt, durch Schnelle und Entschlossenheit die Kraft zu verdoppeln.« So etwa stellten sich die Urtheile.

Die Wochen, die dem Ausbruch der Feindseligkeiten unmittelbar vorausgingen, waren nicht im Stande die Gruppe der Mißgestimmten, die die zahlreichere war, günstiger zu stimmen. Das Hauptquartier des Prinzen, das möglichst bemüht war, das Hoflager mit in das Feldlager zu nehmen, führte 8 Chaisen und 168 Pferde mit sich; dazu einige Wagen für Silberzeug, Porzellan, Federvieh. Köche, Friseure und ähnliche Individuen waren in reicher Anzahl vorhanden. Ja das Hauptquartier soll nur deshalb einige Tage später zur Armee aufgebrochen sein, weil die bestellten Leibstühle noch nicht fertig waren.

Gewiß, das alles konnte bedenklich machen. Die Tadler, die, ohne zu fragen wie und wo, einen jungen Feldherrn verlangten, hatten Recht; aber wo war dieser junge Feldherr? Einundfunfzig Friedensjahre, mit ge flissentlicher Vernachlässigung der Armee, konnten unmöglich als eine Feldherrnschule gelten. Große Manöver kannte man nicht. Keiner war da (vielleicht den General v. Zoller abgerechnet, der, weil er der klügste war, alles Unheil voraussah), den man, voll Vertrauen auch nur an der Spiße einer Division gesehen hätte. Und nun zwei Armee-Corps, hunderttausend Mann! Wie die Dinge einmal lagen, hatte man immerhin, faute de mieux, die beste Wahl getroffen, man darf sagen die einzige. Versäumtes war nicht nachzuholen. Der Prinz hatte wenigstens zweierlei: Erfahrung und Autorität.

Dies mußte trösten. Im Uebrigen sagte man sich: es sei, wie es sei; was Prinz, was Hauptquartier! der Generalstab macht's und die Seele unsres Generalstabes ist unser v. d. Tann.«

Auch über ihn einige biographische Notizen.

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Ludwig Freiherr v. d. Lann wurde am 18. Juni 1815 (am Water loo Tage) geboren. In seinem zwölften Jahre trat v. d. Tann in die »Pagerie«, in seinem achtzehnten Jahre (1833) in die Armee. Er wurde Lieutenant in der Artillerie, 1840 Oberlieutenant, 1844 Hauptmann und Adjutant des Kronprinzen Max. Die Jahre von 1833 bis 1844 be nuzte er, soweit es die Verhältnisse zuließen (König Ludwig I. ertheilte ungern die entsprechende Erlaubniß) zu militairischen Reisen; er besuchte die preu ßischen Lager, sah Radetzky's Manövres in Italien und brachte längere Zeit in Algier zu, um die Taktik der französischen Armee kennen zu lernen. 1848, eben Major geworden, ging er nach Schleswig-Holstein, wo er an die Spitze eines Freischaaren- Corps trat und sich durch das Gefecht bei Hoptrup (7. Juni) einen Namen machte. Baiern verlich ihm den Militair Verdienstorden; die Regierung der Herzogthümer gab einem Kanonenboote den Namen »v. d. Tann«. 1849 wurde er Stabschef der unter dem Befehle des Prinzen Ernst von Sachsen - Altenburg stehenden bairischen Division und wohnte der damaligen (inzwischen halb vergessenen) Erstürmung der Düppeler Schanzen bei. 1850, mittlerweile zum Obersten avancirt, trat er abermals in die schleswig-Holsteinsche Armee und wurde Generalstabschef unter Willisen. Der Tag von Jdstedt entschied über die Sache Schleswig-Holsteins. Er selbst hat über den unglücklichen Ausgang dieses Feldzuges beherzigenswerthe Worte gesprochen: »Jdstedt, überhaupt die schleswig-Holsteinsche Campagne, sollte allen denen zur Lehre dienen, die da denken, daß Begeisterung,

Tapferkeit und Selbstopferung genügen, um ein siegreiches Heer zu schaffen. Wir hatten die Blüthe Deutschlands in unsren Reihen und ich werde tapfrere Soldaten vielleicht nie wieder sehn, dennoch wurden wir überall geschlagen. Die Dänen, abgesehen von ihrer numerischen Ueberlegenheit, verfügten über Soldaten, die es gelernt hatten, in Neih und Glied zu marschiren, die zu manövriren verstanden, selbst im Kugelregen, und an dieser Eigenschaft zerschellt die brillanteste individuelle Tapferkeit. Es muß das immer wiederholt werden, weil es Unerfahrenen, Jdealisten und Doctrinairen überflüssig erscheint. «

Im Herbst 1850, nach der Affaire von Friedrichsstadt, trat v. d. Tann in die bairische Armee zurück; ein Krieg mit Preußen schien unvermeidlich ; der Tag von Olmüß stellte den Frieden wieder her.

v. d. Tann wurde Generalmajor und Flügeladjutant, erhielt 1859, als gegen Frankreich gerüstet wurde, den Befehl über eine Brigade und avancirte 1861 zum Generallieutenant und Generaladjutanten des Königs. In dieser Stellung verblieb er bis zum Tode des Lehteren (1864). Durch 20 Jahre hin, auf den verschiedensten Rangstufen, war er der Freund des Königs gewesen.

Das Jahr 1866 fand ihn als Commandeur der 1. InfanterieDivision. Am 14. Juni, am Tage der Bundesabstimmung in Frankfurt, schloß er mit Oestreich die Convention. Er kehrte wenig vertrauensvoll aus dem Benedeckschen Hauptquartiere zurück: »Ich hatte die öftreichische Armee gesehn, ihre Stärkeverhältnisse geprüft und es stand bei mir fest, daß sie außer Stande sei, zwei Feinden Stich zu halten und dem mächtigeren unterliegen werde.<<

In dieser Ueberzeugung traf v. d. Tann in Bamberg, im bairischen Hauptquartiere, ein.

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Ährend der mittleren Juni wochen hatte sich die bairische Armee) bei Bamberg concen trirt und der Commandirende der Bundes- Armee (VII. und VIII. Corps), Feldmarschall Prinz Karl von Baiern, ver legte am 20. sein Haupt

quartier in das Bamberger Residenz Schloß. Dem Hauptquartiere attachirt waren östreichischerseits der Feldmarschalllieutenant Graf Huyn, von Seiten des VIII. Bundes - Corps der würtembergische Major Suckow.

Die Armee fammt Hauptquartier verblieb bis zum 25. in Bamberg. In diesen fünf Tagen geschah wenig oder nichts. Man sprach viel von den Hannoveranern, ohue, bei den widersprechenden Nachrichten, die eintrafen, zu einem rechten Entschlusse kommen zu können. In einem Moment schien Hülfe geboten, im andern Moment bereits überflüssig. Das Resultat dieser

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*) Ein östreichischer Offizier, der auf bairischer Seite die Campagne mitmachte, charakterisirte diese Armee wie folgt: „Die Truppe besteht aus kräftigen, muthigen und wenn sie das ihnen unentbehrliche Bier haben auch sehr leistungsfähigen Männern. Die Infanterie ist ziemlich gut geschult; sie leistet alles, was man vernünftigerweise von ihr verlangen kann. Die Reiterei ist mittelmäßig; Mann und Pferd sind zu unbeholfen, um den an sie gestellten Anforderungen zu genügen. Die Pferdewartung entspricht einer lauen Disciplin. Die Artillerie, das Ingenieur und Pionier Corps sind gut organisirt. Die Troßknechte (Trainsoldaten) gehören zu den rohesten Menschen Mittel-Europa's." An andrer Stelle heißt es: Hirn und Muskeln im Heeresorganismus, d. h. die oberste Leitung und die Soldaten selbst, sind gut, aber die vermittelnden Nerven lassen sehr zu wünschen übrig. Das Hirn denkt, kann es aber den Muskeln nicht mittheilen, weil die Nerven nichts taugen."

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