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Viel höher beliefen sich die Verluste der Hannoveraner. Sie büßten 102 Offiziere ein (22 todte und 80 verwundete; unter diesen 10 Stabsoffiziere) und 1327 Mann, darunter 356 todt. Gesammtverlust: 1429. Am härtesten war die Brigade de Vaug, die von Anfang an, an der entscheidenden Stelle, im Feuer stand, betroffen worden. Sie verlor 24 Offiziere und 492 Mann; außerdem das Regiment Cambridge - Dragoner (das dieser Brigade ebenfalls zugehörte) 5 Offiziere und 51 Mann.

Die Hannoveraner hatten unbestreitbar einen Sieg davongetragen, einen Sieg (wir kommen später darauf zurück), der ihnen noch in zwölfter Stunde ein Entkommen nach dem Süden möglich gemacht hätte; aber sie beuteten ihn nicht aus und so darf man sagen, daß beinah unmittelbar nach diesem Erfolge, durch Unterlassung hier, durch verdoppelte Rührigkeit dort, jene Dinge sich vorbereiteten, die aus dem Sieg in die Niederlage führten.

Die lezten Züge um die Mühle zuzumachen« geschahen mit Blizes. schnelle. Schon in der Nacht vom 27. auf den 28. wurden unsre bei Warza stehenden Truppen um 7 Bataillone und 2 Batterieen verstärkt; am Vormittage des 28. standen 11 weitre Bataillone bei Eisenach und am Abend des ebengenannten Tages (28.) trafen die Generale Manteuffel und Korth, von Norden her vorgehend, in Groß- Gottern, Welsbach und Kirchheilingen ein. Dadurch war der Kreis geschlossen. Die Hannoveraner waren von mehr als 40,000 Mann Preußen umstellt, zum Theil auf nächste Distance. Die Entfernung zwischen dem Manteuffelschen Corps und dem hannöverschen Gros in und um Langensalza betrug kaum eine halbe Meile.

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Unter diesen Umständen der rechte Zeitpunkt war versäumt blieb der hannöverschen Armee nichts übrig, als auf eine ehrenvolle Capitulation bedacht zu sein. Es wurde nöthig, dem König Georg dies

vorzustellen. Die Generale und Brigadiers einigten sich endlich zu folgender Erklärung an den König:

Wir Unterzeichneten erklären hierdurch auf unsre militairische Ehre und den unsrem Könige und Kriegsherrn geleisteten Eid vor Gott und unsrem Gewissen:

1. daß Mannschaften und Pferde der hannöverschen Armee durch die seit dem 19. d. M. mit ursprünglich mangelhafter Ausrüstung, ununterbrochenen großen Marschstrapazen, bei meistens mangelhafter Verpflegung, sowie durch den gestern stattgehabten hartnäckigen Kampf, welcher einen die Diensttauglichkeit beeinträchtigenden Verlust an Offizieren und Unteroffizieren herbeigeführt hat, in hohem Grade erschöpft sind, so daß ohne vorhergegangene Ruhe eine Fortsehung der Operationen nicht zulässig ist;

2. daß die Munition, bei gänzlichem Ausschluß alles weitren Ersages, nur noch zu etwa einem ernstlichen Gefechte ausreicht;

3. daß es nach den gemachten Erfahrungen und nach den Mittheilungen der Intendantur unmöglich ist, die nöthigen Lebensmittel in ausreichender Weise herbeizuschaffen;

4. daß an mehreren Seiten feindliche Truppen in bedeutender Uebermacht herangezogen sind, die hannöversche Armee umzingelt haben, und auf eine baldige Aenderung der militairischen Lage durch Succurs befreundeter Truppen nicht zu rechnen ist.

Unter diesen Umständen müssen wir jeden Kampf und Widerstand für ein gänzlich unnüßes und erfolgloses Blutvergießen halten und können nach pflichtmäßiger Ueberzeugung Sr. Majestät dem Könige nur anrathen, den Widerstand aufzugeben und eine Capitulation anzunehmen.

Langensalza, den 28. Juni 1866.

v. Arentschildt, Generallieutenant, v. Wrede, Generalmajor, v. d. Knesebeck, Generalmajor, v. Bothmer, Generalmajor, v. Bülow Stolle, Oberst, de Vaux, Oberst, Dammers, Oberst, v. Stolzenberg, Oberst, v. Geyso, Oberst, Cordemann, Oberst.

In Folge dieser Erklärung wurde Generallieutenant v. Arentschildt vom Könige ermächtigt eine Capitulation abzuschließen. Auf die hierüber erhaltene Meldung entsandte General v. Falckenstein spät Abends den Major Wiebe mit den Capitulationsbedingungen in das hannöversche Hauptquartier, die hier mit einem einzigen Zusage angenommen wurden. Generallieutenant v. Arentschildt hatte nämlich in Erfahrung gebracht, daß

Generallieutenant v. Manteuffel von Berlin aus zum Abschlusse der Capitulation designirt worden sei und machte hierauf hin den einen Vorbehalt,

»daß, falls dieser General zu günstigeren Bedingungen ermächtigt sei, die mit Major Wiebe getroffenen Vereinbarungen keine Geltung haben sollten.<<

Am 29. Morgens traf Generallieutenant v. Manteuffel als ein Spezial Bevollmächtigter des Königs im hannöverschen Hauptquartier ein. Er fand bereits eine abgeschlossene Capitulation vor. Da er indeß, wie es die Vorbehalts Klausel gehofft hatte, wirklich »zu günstigeren Bedingungen. ermächtigt war«, so wurden diese milderen Zugeständnisse der ursprünglichen, bedingungslosen Capitulation als ein Zusay - Artikel beigefügt. Dieser lautete:

Se. Majestät der König, mein Allergnädigster Herr, hat zu der von dem General der Infanterie Freiherrn v. Falckenstein und dem commandirenden General der Königl. hannöverschen Armee, General v. Arentschildt, heute Morgen geschlossenen Capitulation folgende Zusäge und Erläuterungsbestimmungen gegeben.

Vor allem haben Se. Majestät der König befohlen, Allerhöchst Seine Anerkennung der tapfern Haltung der Königl. hannöverschen Truppen auszusprechen.

Dann stelle ich die nachstehenden Punkte auf:

1. Se. Majestät der König von Hannover können mit Sr. Königl. Hoheit dem Kronprinzen und einem durch Se. Königl. hannöversche Majestät auszuwählenden Gefolge Allerhöchstihren Aufenthalt nach freier Wahl außerhalb des Königreichs Hannover nehmen. Sr. Majestät Privatvermögen bleibt zu Allerhöchstdessen Verfügung.

2. Die Herrn Offiziere und Beamten der Königl. hannöverschen Armee versprechen auf Ehrenwort, nicht gegen Preußen zu dienen, behalten Waffen, Gepäck und Pferde, sowie demnächst Gehalt und Competenzen (Gesammtbezüge) und treten der Königl. Preußischen Administration des Königreichs Hannover gegenüber in dieselben Rechte und Ansprüche, welche ihnen bisher der Königl. hannöverschen Regierung gegenüber zustanden.

3. Unteroffiziere und Soldaten der Königl. hannöverschen Armee liefern Waffen, Pferde und Munition an die von Sr. Majestät dem Könige von Hannover zu bezeichnenden Offiziere und Beamten ab und begeben sich in den von Preußen zu bestimmenden Echellons mittelst Eisenbahn in ihre Heimath mit dem Versprechen, gegen Preußen nicht zu dienen.

Fontane. II.

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4. Waffen, Pferde und sonstiges Kriegsmaterial der Königl. hannöverschen Armee werden von besagten Offizieren und Beamten an preußische Commissare übergeben.

5. Auf speziellen Wunsch Sr. Excellenz des Herrn comman direnden Generals v. Arentschildt wird auch die Beibehaltung des Gehaltes der Unteroffiziere der Königl. hannöverschen Armee speziell zugesagt.

Langensalza, den 29. Juni 1866.

gez. v. Arentschildt,

Generallieutenant, commandirender General der hannöverschen Armee.

gez. Freiherr v. Manteuffel, Gouverneur in den Elbherzogthümern, Generallieutenant und Generaladjutant Sr. Majestät des Königs von Preußen.

Am 30. Juni begann der Rücktransport der einzelnen Abtheilungen der hannöverschen Armee über Magdeburg nach Hildesheim und Celle; am 4. Juli traf Generallieutenant v. Arentschildt in Hannover ein und entließ daselbst sein Hauptquartier; am 5. Juli war die Auflösung der hannöverschen Armee beendet.

Sie hatte einen schönen Tod gehabt; ruhmreich wie sie gelebt, so starb sie; noch im Untergehn hatte sie gesiegt.

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tischen Felde wurde hin und her gezogen. Das eine Spiel beeinflußte das andere.

In unsrer bisherigen Darstellung, um nicht zu verwirren, haben wir lediglich die strategischen Züge gegeben; wir zeigten, wie von Tag zu Tag der Kreis sich enger schloß, bis am 28. Abends der matt und müde gemachte Gegner wie in einem Kessel stand. Er war umstellt, sein Loos entschieden. All dies haben wir zu schildern gesucht.

Es ist aber unerläßlich, eh wir zu einem andren Abschnitte übergehn, der begleitenden diplomatischen Verhandlungen in aller Kürze Erwähnung zu thun.

Hannoverscherseits ist nämlich jederzeit behauptet worden, daß es nicht an seinen eignen Fehlern, auch nicht an der Geschicklichkeit oder Tapferkeit seines Gegners, sondern lediglich an preußischer List und an bairischer Untreue zu Grunde gegangen sei. »Unsre Feinde täuschten uns und unsre Freunde ließen uns im Stich.« Also: Verrath überall.

Wir halten dies für grundfalsch und die Anklage nach beiden Seiten hin für völlig unberechtigt.

Preußen soll hinter Verhandlungen seine anfängliche militairische Schwäche gedeckt haben, um Zeit zu gewinnen; Baiern soll Zusagen gemacht und aus Nancüne oder Indolenz diese Zusagen nicht gehalten, den Bundesgenossen geopfert haben. Aussagen und Anklagen aller Betheiligten stehen sich schroff einander gegenüber.

Ohne unter diesen Aussagen abwägen zu wollen, treten wir, die

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