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§. 1. Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund) tritt im ganzen Umfange des Bundesgebietes mit dem 1. Januar 1871.3) in Kraft.

§. 2. Mit diesem Tage tritt das Bundes- und Landesstrafrecht, insoweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegenstand des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund sind, außer Kraft.

In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Bundes- und Landesstrafrechts, namentlich über strafbare Verletzungen der Preßpolizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-, Forst- und Feldpolizei-Geseze, über Mißbrauch des Vereins- und Versammlungsrechts und über den Holz- (Forst-) Diebstahl.

Bis zum Erlasse eines Bundesgesetzes über den Konkurs bleiben ferner diejenigen Strafvorschriften in Kraft, welche rücksichtlich des Konkurses in Landesgesehen enthalten sind, insoweit dieselben sich auf Handlungen beziehen, über welche das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund nichts bestimmt 4).

§. 3. Wenn in Landesgesetzen auf strafrechtliche Vorschriften, welche durch das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund außer Kraft gesezt sind, verwiesen wird, so treten die entsprechenden Vorschriften des letzteren an die Stelle der ersteren.

§. 4.5) Bis zum Erlasses) der in den Artikeln 61. und 68. der Verfassung des Norddeutschen Bundes vorbehaltenen Bundesgeseße sind die in den §§. 81. 88. 90. 307. 311. 312. 315. 322. 323. und 324. des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Verbrechen mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie in einem Theile des Bundesgebietes, welchen der Bundesfeldherr in Kriegszustand (Art. 68. der Verfassung) erklärt hat, oder während eines gegen den Norddeutschen Bund ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplaße begangen werden.

§. 5. In landesgesetzlichen Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund sind, darf nur Gefängniß bis zu zwei Jahren, Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegenstände und die Entziehung öffentlicher Aemter angedroht werden.

§. 6. Vom 1. Januar 1871.7) ab darf nur auf die im Strafgesetzbuche für den Norddeutschen Bund enthaltenen Strafarten erkannt werden.

zember 1870 (Nr. 597) zum Gesetze des Deutschen Bundes und durch § 2 des Ges., betr. die Verfassung des Deutschen Reichs, v. 16. April 1871 (Nr. 628) zum Reichsgeseße erklärt. Es ist in Südhessen am 1. Januar 1871 (Vereinbarung mit Baden und Hessen über Gründung des Deutschen Bundes vom 15. November 1870. Nr. 598; Verfassung des Deutschen Bundes v. 31. Dezember 1870 Art. 80 Nr. II Abs. 2. Nr. 597), in Baden, Württemberg und Bayern am 1. Januar 1872 (Verfassung des Deutschen Bundes v. 31. Dezember 1870 Art. 80 Nr. II 2. Nr. 597; Vertrag mit Württemberg über dessen Beitritt zur Verfassung des Deutschen Bundes v. 25. November 1870 Art. 1. Nr. 599; Vertrag über den Beitritt Bayerns zur Verfassung des Deutschen Bundes v. 23. November 1870 Nr. III § 8. Nr. 610; Ges., betr. die Einführung Nordd. Bundesgeseze in Bayern, v. 22. April 1871 § 7. Nr. 632) in Kraft getreten. In Elsaß-Lothringen gilt das Einführungs-Gesey v. 31. Mai 1870 nicht; hier ist das Strafgesetzbuch durch besonderes Ges. v. 30. August 1871 (Gesezbl. für Elsaß-Lothringen S. 255) eingeführt.

2) Vgl. die Anm. 1 zu Nr. 496 (S. 53).

3) In Elsaß-Lothringen mit dem 1. Oktober 1871, in Baden, Württemberg und Bayern mit dem 1. Januar 1872 (vgl. Anm. 2 zu Nr. 496 S. 53).

4) Abs. 3 des § 2 ist durch den Erlaß der mit dem 1. Oktober 1879 in Kraft getretenen Konkursordnung v. 10. Februar 1877 (Nr. 1172) beseitigt.

5) § 4 gilt nicht für Bayern (Gej., betr. die Einführung Nordd. Bundesgeseze in Bayern v. 22. April 1871 § 7 Abs. 2. Nr. 632).

6) Das im Art. 61 der Verfassung des Norddeutschen Bundes vorbehaltene Militärgesez ist am 2. Mai 1874 (Nr. 1002) erlassen. Das im Art. 68 vorbehaltene Bundesgeseß über Verhängung des Kriegszustandes steht noch aus. § 4 gilt daher noch. Vgl. jedoch § 160 des Militär-Strafgesezbuchs v. 20. Juni 1872 (Nr. 838).

7) In Elsaß-Lothringen vom 1. Oktober 1871, in Baden, Württemberg und Bayern vom 1. Januar 1872 ab (vgl. Anm. 2 zu Nr. 496 S. 53).

Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängniß- oder Geldstrafe Forst- oder Gemeinde-Arbeit angedroht oder nachgelassen ist, so behält es hierbei sein Bewenden.

§. 7. Vom 1. Januar 1871.7) ab verjähren Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Branntweinsteuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren.

§. 8. Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, Uebergangsbestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleibenden Landesstrafgesete mit den Vorschriften des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund in Uebereinstimmung zu bringen. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Bundes-Insiegel

Gegeben Schloß Babelsberg, den 31. Mai 1870.

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Nr. 496. Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund. Vom 31. Mai 1870. (BGB. S. 197.)1)2)

Nr. 497. Allerhöchster Erlaß vom 16. Mai 1870., betreffend die Aufhebung der Telegraphendirektion in Schwerin und die Vereinigung des Geschäftskreises derselben mit demjenigen der Telegraphendirektion in Hamburg. (BGB. S. 274.)1)

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1) Das Strafgesehbuch für den Norddeutschen Bund ist durch Art. 80 Nr. II 2 der Verfassung des Deutschen Bundes vom 31. Dezember 1870 (Nr. 597) zum Geseze des Deutschen Bundes und durch § 2 des Ges., betr. die Verfassung des Deutschen Reichs, v. 16. April 1871 (Nr. 628) zum Reichsgeseße erklärt. Die dadurch nothwendig gewordenen Fassungsänderungen desselben sind darauf durch das Ges., betr. die Redaktion des Strafgesetzbuchs für den Nordd. Bund als Strafgesezbuch für das Deutsche Reich, v. 15. Mai 1871 (Nr. 651) ausdrücklich festgestellt. Der ganze Tert des Strafgesetzbuchs ist sodann außer bei diesem Geseze nochmals bei Erlaß des Ges., betr. die Abänderung von Bestimmungen des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 und die Ergänzung desselben, v. 26. Februar 1876 (Nr. 1122) durch Bekanntm., betr. die Redaktion des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich, v. 26. Februar 1876, (Nr. 1123) im ReichsGesezblatt abgedruckt. Da das Strafgeseßbuch in der Redaktion v. 26. Februar 1876 unter Nr. 1123 vollständig aufgenommen wird, so ist von dem Abdruck des Textes des Strafgesezbuchs an dieser Stelle Abstand genommen.

2) In Kraft getreten ist das Strafgesetzbuch für das Gebiet des Norddeutschen Bundes mit dem 1. Januar 1871 (Einführungs-Ges. zum Strafgeseßbuch für den Norddeutschen Bund v. 31. Mai 1870 § 1. Nr. 495), ebenso für Südhessen mit dem 1. Januar 1871 (Vereinbarung mit Baden und Hessen über Gründung des Deutschen Bundes v. 15. November 1870. Nr. 598; Bundesverfassung v. 31. Dezember 1870 Art. 80 Nr. II Abs. 2. Nr. 597), für Elsaß-Lothringen mit dem 1. Oktober 1871 (Ges., betr. die Einführung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich in Elsaß-Lothringen, v. 30. August 1871 Art. 1. Geseßbl. für Elsaß - Lothringen S. 255), für Baden, Württemberg und Bayern mit dem 1. Januar 1872 (Verfassung des Deutschen Bundes v. 31. Dezember 1870 Art. 80 Nr. II 2. Nr. 597; Vertrag mit Württemberg über dessen Beitritt zur Verfassung des Deutschen Bundes v. 25. November 1870 Art. 1. Nr. 599; Vertrag über den Beitritt Bayerns zur Verfassung des Deutschen Bundes v. 23. November 1870 Nr. III § 8. Nr. 610; Ges., betr. die Einführung Norddeutscher Bundesgeseße in Bayern, v. 22. April 1871 § 7. Nr. 632).

1) Die Telegraphendirektionen sind v. 1. Januar 1876 ab aufgehoben worden (Verord. v. 22. Dezember 1875. Nr. 1099). Ueber die jeßige Gliederung der Reichs-Post- und Telegraphenverwaltung vgl. die Anm. zum Erl. v. 23. Februar 1880 (Nr. 1363).

A.

Nr. 500. Reglement zur Ausführung des Wahlgefeßes für den Reichstag des Norddeutschen Bundes vom 31. Mai 1869. (Bundesgesehbl. S. 145.). Vom 28. Mai 1870. (BGB. S. 275. Ausgegeben am 11. Juni 1870.)1)

Der Bundesrath hat auf Grund des §. 15. des Wahlgesezes für den Reichstag des Norddeutschen Bundes vom 31. Mai 1869.2) beschlossen, das nachstehende, für das ganze Bundesgebiet gültige Wahlreglement zu erlassen.

§. 1. Für jede Gemeinde (Ortskommune, selbstständigen Gutsbezirk u. s. w.) ist gemäß §. 8. des Gesetzes und nach Anleitung des unter Litt. A. anliegenden Formulars) von dem Gemeindevorstande (Kommunevorstande, Ortsvorstande, Inhaber eines selbstständigen Gutsbezirks, Magistrate u. s. w.) die Wählerliste doppelt aufzustellen. In derselben sind alle nach den §§. 1. 3. und 7. des Gefeßes Wahlberechtigte in alphabetischer Ordnung zu verzeichnen. Jedoch dürfen in den Städten die Wählerlisten auch in der Art angefertigt werden, daß die Straßen nach der alphabetischen Reihenfolge ihrer Namen, innerhalb derselben die Häuser nach ihrer Nummer und nur innerhalb jedes Hauses die Wähler alphabetisch geordnet werden.

In Gemeinden, die zum Zwecke des Stimmabgebens in mehrere Bezirke getheilt sind (§. 7. des Reglements), erfolgt die Aufstellung der Wählerlisten nach den einzelnen Bezirken.

Die dem Beurlaubtenstande angehörigen Militairpersonen (§§. 12. 13. Nr. 4. Absatz 2. und §. 15. des Gesetzes, betreffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste, vom 9. November 1867. Bundesgesetzbl. S. 131. -)) werden in die Wähler

listen eingetragen.

§. 2. Die Wählerliste ist zu Jedermanns Einsicht mindestens acht Tage lang auszulegen.

Der Tag, an welchem die Auslegung beginnt, ist nach Maaßgabe des §. 8. des Gesetzes von der zuständigen Behörde festzusehen und von dem Gemeindevorstande unter Hinweisung auf §. 3. des Reglements, sowie unter Angabe des Lokals, in welchem die Auslegung stattfindet, noch vor dem Anfange der letteren in ortsüblicher Weise bekannt zu machen.

Die Wählerliste ist von dem Gemeindevorstande mit einer Bescheinigung darüber zu versehen, daß und wie lange die Auslegung geschehen, sowie daß die vorstehend und im §. 8. des Reglements vorgeschriebenen ortsüblichen Bekanntmachungen erfolgt sind.

§. 3. Wer die Liste für unrichtig oder unvollständig hält, kann dies innerhalb acht Tagen nach dem Beginn der gemäß §. 2. des Reglements bekannt gemachten Auslegung derselben bei dem Gemeindevorstande oder dem von demselben dazu ernannten Kommissar oder der dazu niedergesetzten Kommission schriftlich anzeigen oder zu Protokoll geben, und muß die Beweismittel für seine Behauptungen, falls dieselben nicht auf Notorietät beruhen, beibringen.

1) Das Reglement ist in Folge der Einführung des Wahlgef. v. 31. Mai 1869 in Bayern, Württemberg, Baden, Hessen und Elsaß-Lothringen (vgl. Anm. 1 zu Nr. 297. Bd1 S.658) auch in diesen Bundesstaaten bezw. Reichslanden in Wirksamkeit getreten. Für Elsaß-Lothringen ist dasselbe im Gesezbl. für Elsaß-Lothringen von 1873 S. 316 ff. besonders publizirt. Die erforderlichen Nachträge dazu sind für die süddeutschen Staaten durch die Bekanntm. v. 27. Februar 1871 (Nr. 616), für Elsaß-Lothringen durch Bekanntm. v. 1. Dezember 1873 (Nr. 973, 974; Gesezbl. für Elsaß-Lothringen S. 315, 330) veröffentlicht (vgl. Anm. 18, 19, 21, 22 S. 79, 84, 89, 90). 2) Vgl. Nr. 297 (Bd 1 S. 658 f.).

3) Vgl. Bd 2 S. 60.

Vgl. Nr. 22 (Bd 1 S. 64).

Die Entscheidung darüber erfolgt, wenn nicht die Erinnerung sofort für begründet erachtet wird, durch die zuständige Behörde.

Sie muß längstens innerhalb drei Wochen, vom Beginne der Auslegung der Wählerliste an gerechnet, erfolgt und durch Vermittelung des Gemeindevorstandes den Betheiligten bekannt gemacht sein.

§. 4. Im Falle einer Berichtigung der Wählerliste sind die Gründe der Streichungen und Nachtragungen am Rande der Liste unter Angabe des Datums kurz zu vermerken. Die etwaigen Belagsstücke sind dem Haupteremplar der Wählerliste beizuheften.

Beide gleichmäßig berichtigte Eremplare der Wählerliste sind am 22. Tage nach dem Beginne der Auslegung unter der Unterschrift des Gemeindevorstandes abzuschließen, das zweite Exemplar unter Hinzufügung der amtlichen Bescheinigung völliger Uebereinstimmung mit dem Haupteremplare.

Nachdem auf diese Weise die Wählerliste abgeschlossen worden, ist jede spätere Aufnahme von Wählern in dieselbe untersagt.

§. 5. Das Haupteremplar der Wählerliste nebst den Belagsstücken hat der Gemeindevorstand sorgfältig aufzubewahren, das zweite Exemplar dagegen dem Wahlvorsteher Behufs Benutzung bei der Wahl zuzustellen.

Die Wählerlisten für diejenigen Wahlbezirke, welche aus mehr als einer Gemeinde bestehen (§. 7. des Reglements), bilden die Wahlvorsteher durch Zusammenheften der ihnen zugehenden Wählerlisten der einzelnen zu dem Bezirke gehörigen Gemeinden.

§. 6. Die Wahlbezirke zum Zwecke des Stimmabgebens (§. 6. des Gesetzes) werden von den zuständigen Behörden abgegrenzt.

§. 7. Jede Ortschaft bildet der Regel nach einen Wahlbezirk für sich.

Jedoch können einzelne bewohnte Besitzungen und kleine, sowie solche Ortschaften, in welchen Personen, die zur Bildung des Wahlvorstandes geeignet sind, sich nicht in genügender Anzahl vorfinden, mit benachbarten Ortschaften zu einem Wahlbezirke vereinigt, große Ortschaften in mehrere Wahlbezirke getheilt werden. Kein Wahlbezirk darf mehr als 3500 Seelen nach der letzten allgemeinen Volkszählung enthalten.

§. 8. Die zuständigen Behörden haben für jeden Wahlbezirk den Wahlvorsteher, welcher die Wahl zu leiten hat, und einen Stellvertreter desselben für Verhinderungsfälle zu ernennen, sowie das Lokal, in welchem die Wahl vorzunehmen ist, zu bestimmen.

Alles dies, sowie die Abgrenzung der Wahlbezirke und Tag und Stunde der Wahl (§. 9. des Reglements), ist mindestens acht Tage vor dem Wahltermin durch die zu amtlichen Publikationen dienenden Blätter zu veröffentlichen und von den Gemeindevorständen in ortsüblicher Weise bekannt zu machen.

§. 9.

Der Tag der Wahl wird von dem Bundespräsidium festgesetzt. Die Wahlhandlung beginnt um 10 Uhr Vormittags und wird um 6 Uhr Nachmittags geschlossen.

§. 10. Der Wahlvorsteher (§. 8. des Reglements) ernennt aus der Zahl der Wähler seines Wahlbezirks einen Protokollführer und drei bis sechs Beisizer und ladet dieselben mindestens zwei Tage vor dem Wahltermine ein, beim Beginne der Wahlhandlung zur Bildung des Wahlvorstandes zu erscheinen.

Die Wahlvorsteher, Beisißer und Protokollführer erhalten keine Vergütung. Sie dürfen kein unmittelbares Staatsamt bekleiden (§. 9. des Gesetzes).

§. 11. Der Tisch, an welchem der Wahlvorstand Plaz nimmt, ist so aufzustellen, daß derselbe von allen Seiten zugänglich ist.

Auf diesen Tisch wird ein verdecktes Gefäß (Wahlurne) zum Hineinlegen der Stimmzettel gestellt. Vor dem Beginne der Abstimmung hat sich der Wahlvorstand davon zu überzeugen, daß dasselbe leer ist.

Ein Abdruck des Wahlgesetzes und des gegenwärtigen Reglements ist im Wahllokale auszulegen.

§. 12. Die Wahlhandlung wird damit eröffnet, daß der Wahlvorsteher den Protokollführer und die Beisißer mittelst Handschlags an Eidesstatt verpflichtet und so den Wahlvorstand konstituirt.

Zu keiner Zeit der Wahlhandlung dürfen weniger als drei Mitglieder des Wahlvorstandes gegenwärtig sein.

Der Wahlvorsteher und der Protokollführer dürfen sich während der Wahlhandlung nicht gleichzeitig entfernen. Verläßt einer von ihnen vorübergehend das Wahllokal, so ist mit seiner zeitweiligen Vertretung ein anderes Mitglied des Wahlvorstandes zu beauftragen.

§. 13. Während der Wahlhandlung dürfen im Wahllokale weder Diskussionen stattfinden, noch Ansprachen gehalten, noch Beschlüsse gefaßt werden. Ausgenommen hiervon sind die Diskussionen und Beschlüsse des Wahlvorstandes, welche durch die Leitung des Wahlgeschäfts bedingt sind.

§. 14. Zur Stimmabgabe sind nur diejenigen zuzulassen, welche in die Wählerliste aufgenommen sind (§. 8. des Gesetzes).

Abwesende können in keiner Weise durch Stellvertreter oder sonst an der Wahl theilnehmen.

§. 15. Der Wähler, welcher seine Stimme abgeben will, tritt an den Tisch, an welchem der Wahlvorstand sigt, nennt seinen Namen und giebt, wenn der Wahlbezirk aus mehr als einer Ortschaft besteht, seinen Wohnort, in Städten, in welchen die Wählerliste nach Hausnummern aufgestellt ist, seine Wohnung an.

Der Wähler übergiebt, sobald der Protokollführer seinen Namen in der Wählerliste aufgefunden hat, seinen Stimmzettel dem Wahlvorsteher oder dessen Vertreter (§. 12. des Reglements), welcher denselben uneröffnet in das auf dem Tische stehende Gefäß legt.

Der Stimmzettel muß derart zusammengefaltet sein, daß der auf ihm verzeichnete Name verdeckt ist.

Stimmzettel, bei welchen hiergegen verstoßen ist, oder welche nicht von weißem Papier, oder welche mit einem äußeren Kennzeichen versehen sind (§. 10. Absatz 2. des Gesetzes), hat der Wahlvorsteher zurückzuweisen. Insbesondere hat derselbe auch darauf zu achten, daß nicht statt eines mehrere Stimmzettel abgegeben werden.

§. 16. Der Protokollführer vermerkt die erfolgte Stimmabgabe jedes Wählers neben dem Namen desselben in der dazu bestimmten Rubrik der Wählerliste.

§. 17. Um sechs Uhr Nachmittags erklärt der Wahlvorsteher die Abstimmung für geschlossen3). Nachdem dieses geschehen ist, dürfen keine Stimmzettel mehr angenommen werden.

Die Stimmzettel werden aus der Wahlurne genommen und uneröffnet gezählt.

5) Die Frage, ob die Oeffentlichkeit der Wahlhandlung nur bis präzis 6 Uhr Abends zu dauern habe, und der Wahlvorstand berechtigt sei, von da ab zur Feststellung des Resultates der Wahl das Wahllokal vom Publikum räumen zu lassen, hat der Preuß. Minister des Innern in der Verfügung v. 22. Mai 1877 (Preuß. Ministerialbl. für die ges. innere Verw. S. 125) verneint.

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