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Rohr mit so haltbarem Verschluß zu schaffen, daß an diesen Haupttheilen wesentliche Aenderungen bis in die neueste Zeit nicht erforderlich wurden.

Vom Regiment wurde die 1. Feld- und 1. reitende Batterie im Juli 1874 mit dem neuen Geschütz zur Sammlung weiterer Erfahrungen" ausgerüstet. Schon im folgenden Jahre rückten alle Batterieen des Regiments mit dem neuen Feldgeschütz C/73 zur Schießübung aus. Das in zwei Feldzügen gebrauchte Material C/64 wurde abgegeben.

Auch mit der Munition dauernd fortgesette Versuche führten zu wesentlichen Verbesserungen.

Zunächst wurde bald nach dem Feldzuge das Schrapnel mit Zeitzünder für alle Geschütze etatsmäßig eingeführt. Die Brandgranaten schieden ganz aus. Die Doppelwandgranate C/73 wurde durch die wirksamere Ringgranate C/76, der alte Granatzünder C/73 mit Vorstecker später durch den C/80 ersetzt, was besonders eine wesentliche Erhöhung der Ladesicherheit bedeutete. Im Jahre 1882 erhielten die Granaten und Schrapnels Kupferführung. Die später erfolgende Einführung des Doppelzünders C/86 für Schrapnels erweiterte nicht nur den Verwendungsbereich dieses Geschosses, sondern stellte auch die Einführung eines Einheitsgeschosses in Aussicht.

Auch die Richtvorrichtungen wurden vereinfacht. Anfang der achtziger Jahre verschwand das Richtloth und Mitte derselben wurde der Richtbogen zum Ersatz des schwierig zu handhabenden Quadranten eingeführt.

Die Zahl der Munitionswagen einer Batterie erfuhr gleichzeitig mit der Einführung des neuen Materials im Jahre 1874 eine Erhöhung von sechs auf acht.

Um das Material in Stand zu halten, erfolgte 1877 bei jeder Abtheilung die Anstellung eines Waffenmeisters.

5. Bekleidung und Ausrüstung.

Nach dem Feldzuge gelangte die Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 19. Mai 1870 zur Ausführung, nach der sämmtliche Verittene der Feldartillerie kurze Reithofen von dunkelblau- melirtem Tuch ohne Biese mit Lederbesatz und hohe Stiefel mit gebogenen Sporen zu tragen hatten.

Durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 18. Juni 1874 erhielten sämmtliche Berittene Bandolier mit Kartusche, am Säbel

koppel wurde das Koppelschloß durch eine Messingschnalle und am Säbel der bisherige Lederriemen mit Quaste durch den Faustriemen ersetzt. Sämmtliche Unteroffiziere wurden als Berittene eingekleidet, was früher bei den Feld-Batterieen nur beim Feldwebel, Futtermeister und den Geschützführern der Fall gewesen war. Die sämmtlichen Offiziere erhielten das goldene Bandolier und die dunkelblauen Galabeinkleider der Reitenden Artillerie, ein Vorrecht der Letteren seit 1819. Die Pistole wurde am 21. März 1879 durch einen Revolver erseßt, von dem im Jahre 1883 ein verbessertes Modell zur Einführung kam.

6. Ausbildung und Dienstbetrieb.

Der Ausbildung standen in den ersten Jahren nach Friedensschluß mannigfache Schwierigkeiten im Wege. Die durch den Feldzug und durch die Neubildungen entstandenen Lücken waren zum Theil noch nicht ersetzt worden. Ein großer Theil von Offizieren war abkommandirt (1872 allein acht Lieutenants zur Vereinigten Artillerie- und Ingenieur-Schule) von den Unteroffizieren waren viele in bürgerliche Berufe übergegangen, meist veranlaßt durch die besseren Aussichten des Fortkommens, die sich ihnen bei dem eintretenden großen wirthschaftlichen Aufschwung darboten. In mehrfacher Beziehung suchte man den Stand der Unteroffiziere zu heben. Ihre Löhnung wurde erhöht, in Kleidung und Verpflegung traten Verbesserungen ein. Sehr wichtig war die Bestimmung, daß die Beförderung zum Vizefeldwebel bezw. Vizewachtmeister nicht mehr von einem gewissen Dienstalter — bisher 15 Jahre - abhängig gemacht wurde.

Der Rekrutenersag erfolgte aus dem Korpsbezirk des IV. Armeeforps. Bei jeder Batterie wurden auch einige Leute aus den Reichslanden eingestellt (bis Ende der siebenziger Jahre bei jeder Batterie 6 bis 7, dann nur 1 bis 2, zum letzten Male 1885).

Es ist hier nicht der Platz, alle die Fortschritte in der Ausbildung der Feldartillerie, die neu erscheinenden Reglements, Dienstvorschriften 2c. zu besprechen, nur das Hauptsächlichste sei kurz erwähnt.

Der Dienst in der Feldartillerie war in den siebenziger Jahren unter der Leitung des Generalinspekteurs v. Podbielski ein außerordentlich frischer und flotter. In klarer Erkenntniß der Grundbedingungen für die Leistungsfähigkeit der Feldartillerie forderte dieser General furz, daß die Artillerie überall dahin kommen müsse, wohin sie kommen solle, und daß sie gut schieße.

Ererzirreglement 1876.

Schießregeln 1875.

Jüterbog.

Die Einführung des neuen Materials machte neue Vorschriften für die Ausbildung im Fahren und Bespanntexerziren, für das Geschützererziren und das Schießen nothwendig.

Die neue Fahrvorschrift legte den Hauptwerth auf einfache, schnelle und leichte Bewegungen. Die „scharfe Wendung" wurde beseitigt, den Pferden sollte das Zichen möglichst erleichtert werden. Auch beim Bespanntererziren fielen schwierige, gekünftelte Bewegungen, wie Einschwenken, Deployiren 2c. fort. Auf die richtige Nummerfolge der Geschütze in der Feuerfront wurde kein Werth mehr gelegt. Neu aufgenommen wurde das Exerziren im Regiment, um die Batterieen, Abtheilungen und Regimenter und ihre Führer auf die Massenverwendung der Artillerie vorzubereiten.

Für die Ausbildung im Schießen war von hervorragender Bedeutung das Erscheinen der ersten Schießregeln im Jahre 1875. Während man früher sich langsam an das Ziel heranschoß, wurde jezt die Bildung einer Gabel vorgeschrieben. Auch für das Schießen mit Schrapnels wurden feste Regeln gegeben. Von besonderer Wichtigkeit war es auch, daß für die Schießübung die Darstellung kriegsmäßiger Ziele vorgeschrieben wurde, im Gegensatz zu den früher gebräuchlichen 5 qm großen Scheiben.

Schießübung bei Im Juli 1873 vereinigten sich die Regimenter der 4. Feldartillerie-Brigade zum ersten Male auf dem Schießplaße bei Jüterbog im Barackenlager. Der bisher benutte Plaß, auf dem Krakauer Anger bei Magdeburg, entsprach nicht mehr den Anforderungen an das Schießen der Waffe.') Während des Feldzuges waren auf dem Jüterboger Plaße zur Unterbringung der gefangenen Franzosen Holzbaracken gebaut worden, die später in solche von Fachwerk umgebaut wurden. Auch Ställe entstanden allmählich, so daß schon 1873 einige Batterieen im Barackenlager untergebracht werden konnten. Die übrigen bezogen mit Leuten und Pferden ohne Geschütze in umliegenden Dörfern und in der Stadt Jüterbog Quartiere. Auch ein Offizierkasino mit großen, sehr mühsam und sehr allmählich ent

1) Eine Erinnerung an diesen ehemaligen Schießplaz bildet eine Granate, welche in jüngster Zeit dem Offizierkasino Magdeburg als Geschenk vermacht wurde. Dieselbe hatte wohl gelegentlich eines Scharfschießens einen falschen Weg genommen und war in einen Eichenstamm eingedrungen, in dem sie Jahrzehnte lang verborgen geblieben sein mag. Als der Eichbaum gefällt und zersägt wurde, fand man das Geschoß mit den Holztheilen vollkommen verwachsen, unversehrt darin vor und hob es zum Andenken auf.

stehenden Parkanlagen wurde errichtet. Es genügte zwar zunächst nur sehr bescheidenen Ansprüchen, der fröhlichen Stimmung der hier jährlich vereinigten Offizierkorps der Brigade that dies aber keinen Abbruch.

Die Herbstübungen machte das Regiment stets im Verbande der 7. Division mit. Nur die Reitende Abtheilung oder ein Theil derselben wurde meist der 8. Division oder einer zusammengestellten Kavallerie-Division zugetheilt.

Bei den im September 1873 stattfindenden Herbstübungen der beiden Divisionen gegeneinander hatte das IV. Korps unverhofft die Ehre, daß der Allerhöchste Kriegsherr den Uebungen am 8. September beiwohnte. Längere Zeit verweilte Allerhöchstderselbe auch in den Batterieen des Regiments und geruhte wiederholt, die Mannschaften durch freundlichen Morgengruß huldvollst zu begrüßen.

Auch die Manöver 1876 und 1883 durfte das Korps unter Kaisermanöver. den Augen des Kaiserlichen Oberfeldherrn abhalten. In beiden Jahren fand auf dem geschichtlich bedeutsamen Boden des Schlachtfeldes von Roßbach, unweit Merseburg, die Kaiserparade des Korps statt. Bei beiden Gelegenheiten sprach Seine Majestät Seine volle Zufriedenheit über die vortrefflichen Leistungen aller Truppen des Korps" aus. Den Unteroffizieren und Mannschaften wurden Gnadengeschenke bewilligt, und mehrere Offiziere des Regiments wurden durch Verleihung von Orden ausgezeichnet.

7. Das Leben in den verschiedenen Standorten.

So mannigfach die Standorte des Regiments seit seinem Bestehen gewesen sind, ist in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts das Regiment doch mit zwei Orten ganz besonders verwachsen, mit der Stabsgarnison Magdeburg und dem langjährigen Standorte der Reitenden Abtheilung, Naumburg.

Seit dem Herbst 1872 trat zu diesen beiden, zunächst nur vorläufig, dann endgültig, als dritte Garnison Burg, und schließlich vertauschte im Herbst 1890 die Reitende Abtheilung ihren liebgewordenen Standort mit Wittenberg.

Die verschiedene Lage und Umgebung dieser Städte, die Unterschiede in der Zahl, der Lebensart und dem Charakter ihrer Bevölkerung, das mehr oder minder bewegte Verkehrsleben, die dienstlichen und außerdienstlichen Verhältnisse drücken jeder einzelnen Stadt ihren eigenartigen Stempel auf.

Und wenn auch der Dienst mit seinen Anforderungen die Angehörigen des Regiments in allen Garnisonen gleichmäßig voll in Anspruch nahm, in den dienstfreien Stunden bot doch jede Stadt Offizieren und Mannschaften ausreichende Gelegenheit, Erholung und neue Frische für den Beruf zu suchen und zu finden.

Es ist ein schönes Zeichen für den Geist des Regiments, daß das gute Einvernehmen der Garnisonen zu ihren Bewohnern nie gestört worden ist und daß die allgemeinen wie die persönlichen Beziehungen zwischen Beiden mit den Jahren sich überall als dauernde und sogar herzliche gestaltet haben. Wohl Jeder, der in einer der Garnisonen gestanden, wird mit seinem Gedenken an die unvergeßliche Dienstzeit auch die Erinnerung an fröhliche Zeiten und Stunden voll lustigen, bisweilen überschäumenden Jugendmuthes verbinden.

Die trefflichen Beziehungen, wie sie zwischen der Bürgerschaft und den verschiedenen Abtheilungen des Regiments bestanden haben und noch bestehen, erhielten bei gegebenem Anlaß wiederholt einen offenkundigen, erfreulichen Ausdruck.

8. Vermehrung des Regiments um zwei Batterieen. 1881.

Mit der Vermehrung der Deutschen Feldartillerie vom Jahre 1872 war dieselbe noch nicht auf die Stärke der Feldartillerieen Frankreichs und Rußlands gebracht worden. Infolge der Allerhöchsten Kabinets-Ordre vom 6. Juli 1880 hatte daher im April 1881 eine Vermehrung der Feldartillerie um zwei Batterieen in jedem Armeekorps stattzufinden, die den Feld - Abtheilungen der KorpsRegimenter hinzutreten und den Stamm für die im Mobilmachungsfall neu aufzustellenden Reserve-Batterieen bilden sollten.

Das Regiment bildete aus Abgaben eine neue Batterie, die 7., die der I. Abtheilung unterstellt wurde. Als 8. trat zur II. Abthei lung die 5. Batterie des 19. Regiments. Es war dies eine der ältesten Batterieen des Regiments, die als 2. schwere Batterie den Feldzug gegen Frankreich mitgemacht hatte und dann zur Bildung des 19. Regiments mitverwandt worden war. Nach 81/2jähriger Trennung wurde die nunmehrige 8. Batterie bei ihrer Rückkehr zum Regiment herzlich und mit großer Freude begrüßt.

Zur Bildung einer neuen Batterie gab das Regiment 6 Unteroffiziere und 26 Mann an das 3. Regiment ab.

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