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am 23. September ging der ersehnte Befehl ein, daß die Battericen auf den Kriegsschauplay abrücken sollten, und zwar sollten sie, mit drei der 6. Brigade in einer Abtheilung vereinigt, der neu zu bildenden 4. Reserve- Division unterstellt werden.

Diese Division1) erhielt die Aufgabe, das obere Elsaß vollständig zu besetzen, die kleineren Plätze daselbst einzuschließen, den auf diese sich stützenden Streifzügen der Franktireurs ein Ende zu machen und das gegenüberliegende Deutsche Gebiet vor Belästigungen zu schützen. Am 24. September wurden die Batterieen über Frankfurt a. M. nach Freiburg i. Br. geschafft, wo die Division zusammentrat. Nach dem Falle von Straßburg am 28. September erhielt die 4. Reserve-Division den Auftrag, die Festungen Schlettstadt und Neu-Breisach zur Uebergabe zu zwingen. Auf einer fliegenden Fähre sette am 1. und 2. Oktober die Division bei Neuenburg, zwischen Neu-Breisach und Basel, über den Rhein. Zur Sicherung gegen Südwesten besetzte die Avantgarde 2) die volkreiche und wohlhabende Stadt Mülhausen und säuberte von dort aus demnächst den südlich gelegenen Landstrich von den daselbst auftretenden Freischaren. Das Gros der Division nahm bei Banzenheim Aufstellung.

Gefecht bei Heiteren.

Am 5. Oktober erhielt Major v. Normann mit seinem Landwehr-Bataillon Goldap den Auftrag, gegen Neu- Breisach zu erkunden und in den umliegenden Ortschaften Waffen einzusammeln. Die in Bodelsheim liegende Abtheilung Landwehr-Bataillon Marienburg, zwei Eskadrons 1. Reserve-Ulanen-Regiments und 1. schwere Reserve-Batterie Theremin. hielt sich zur Unterstützung bereit. Hauptmann Theremin entsandte um Mittag den Portepeefähnrich Busch und Unteroffizier Kroebel über Balgau und Heiteren zur Erkundung und Aufrechterhaltung der Verbindung mit dem Bataillon v. Normann vor. Als um 415 Uhr vom Unteroffizier Kroebel die Meldung einging, daß sich nordwestlich Heiteren ein Gefecht entwickele, rückte die Batterie sofort dorthin ab. In einem schlanken Trabe ging es bis nördlich Balgan. Als der vorgerittene Batteriechef, Hauptmann Theremin, nördlich Heiteren etwa zwei bis drei Bataillone feindlicher Infanterie erblickte, ließ er

1) Ordre de Bataille der 4. Reserve-Division siehe Anlage 14. 2) Infanterie-Regiment Nr. 25, 1. kombinirtes Ostpreußisches LandwehrRegiment, 3. Reserve-Ulanen-Regiment, 2. leichte Reserve Batterie Siegert. Gesch. d. Feldart. Regts. Prinzreg. Luitpold v. Bayern (Magdeb.) Nr. 4.

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Bei der 4. Reserve-Divifiou.

6. Oktober.

seine Batterie, 2000 Schritt vom Feinde entfernt, Stellung nehmen und zwang mit wenigen Granatschüssen den Feind zum eiligsten Rückzug. Sie erhielt zwar aus der linken Flanke von anderer feindlicher, hinter dem Chausseedamm aufgestellter Infanterie heftiges Feuer, erlitt jedoch keine Verluste. Nachdem auch diese in den Wald zurückgejagt war, wurde das Gefecht abgebrochen, die Truppen marschirten in die Quartiere zurück.

Am folgenden Tage marschirte die Division mit den in und bei Mülhausen liegenden Theilen gegen Schlettstadt, mit den übrigen gegen Neu-Breisach vor. Beide Festungen konnten gleichzeitig nicht angegriffen werden, man wollte sie zunächst nur einschließen und erkunden. Die llebergabe von Neu-Breisach wurde vom Kom7. Oktober. mandanten abgelehnt, auch ein in der Nacht vom 7. zum 8. Oktober von den fünf Reserve-Batterieen ausgeführtes Bombardement führte nicht zum Ziele.1) Dem Kommandeur der Division, Generalmajor v. Schmeling, erschien es wichtiger, zuerst die Festung Schlettstadt zu gewinnen, um mit Straßburg, von wo das Belagerungsmaterial heranzuschaffen war, in Verbindung zu treten. Er beschloß daher, Neu-Breisach vorläufig nur eingeschlossen zu halten und zunächst gegen

1) Die 1. leichte Reserve-Batterie, Hauptmann Lilly, stand bei dem Bombardement mit den beiden leichten Batterieen der 6. Brigade auf der Südseite der Festung zwischen der Chauffee von Basel und dem Rhein-Rhone-Kanal, die 1. schwere, Premierlieutenant Reichard, links neben der 2. schweren ReserveBatteric der 6. Brigade, Hauptmann Otto, auf der Nordwestseite von NeuBreisach, 1700 Schritt von der Umwallung entfernt, mit dem linken Flügel am Widensoden-Kanal. Die Pferde der Batterie Reichard hatten seit 3 Uhr morgens kein Futter, seit 11 Uhr vormittags kein Wasser bekommen und einen fast drei Meilen langen Marsch größtentheils im Trabe zurückgelegt. Trozdem mußte die Batterie ohne Ruhepause am Nachmittag in Stellung gehen. Um 930 Uhr abends eröffneten die leichten Batterieen das Feuer, das sofort von den schweren aufgenommen wurde. Die feindlichen Festungsgeschüße antworteten bald darauf, zunächst ohne Schaden anzurichten. Um 10 Uhr brach in der Stadt eine Feuersbrunst aus, die mit Hurrahrufen von unseren Kanonieren begrüßt wurde; das feindliche Geschüßfeuer ließ aber nicht nach. Einer der legten feindlichen Schüsse zertrümmerte die Proze des 4. Geschüßes der Batterie Reichard und verwundete dabei den Gefreiten Kempe, die Kanoniere Doenicke und Behrend, die beiden Stangen und Mittelpferde. Um 11 Uhr wurde das Feuer eingestellt. Die 1. schwere Reserve-Batterie hatte 150, die 1. leichte 149 Granaten verfeuert. Der Bericht der Batterie Reichard hebt als besonders rühmenswerth das Verhalten der Zugführer Sekondlieutenant Blume und Portepeefähnrich Busch, der Geschüßführer Sergeant Nelle und Unteroffizier Haasemann, sowie des Führers der 1. Staffel, Feldwebel Jüterbock, hervor.

Schlettstadt in förmlichem Angriff vorzugehen. Von den ReserveBatterieen blieb die 1. schwere, deren Kommandeur, Hauptmann Theremin, inzwischen zum Chef der 2. reitenden ernannt war, und die nun vom Premierlieutenant Reichard geführt wurde, sowie die 1. leichte, Hauptmann Lilly, ebenso die 2. schwere und 4. leichte der 6. Brigade vor Neu-Breisach, während die 2. leichte, Hauptmann Siegert, und die 3. leichte der 6. Brigade, an der Belagerung von Schlettstadt theilnahm.

Belagerung von Schlettstadt.

Am 11. Oktober traf die zur Einschließung von Schlettstadt bestimmte kombinirte Infanterie-Brigade, Oberst Knappe v. Knappstaedt, mit dem 3. Reserve-Ulanen-Regiment und der 2. und 3. leichten Reserve Batterie vor der Festung ein. Die Aufforderung zur Uebergabe beantwortete der Kommandant, Comte de Reinach, mit heftigem Geschüßfeuer. Um den förmlichen Angriff ausführen zu können, erbat sich der Divisionskommandeur, Generalmajor v. Schmeling, aus Straßburg Belagerungsgeschütze und Pionierabtheilungen, die auch in den nächsten Tagen eintrafen. Am 15. betheiligte sich die 2. leichte Reserve-Batterie Siegert mit dem II. Bataillon Fünfundzwanziger und einer Landwehr - Kompagnie unter Oberstlieutenant Engelhardt an einem Streifzug in die Vogesen zur Vertreibung von Franktireurs, ohne jedoch zum Schuß zu kommen. Am 17. war die Festung vollständig eingeschlossen, die Batterie Siegert lag am nördlichen Abschnitt in Scherweiler. Zu dieser Zeit trafen auch aus Straßburg zehn Preußische Festungsartillerie-Kompagnieen mit 56 Kanonen und Mörsern, zwei Festungspionier-Kompagnieen, zwei Bayerische Fuß-Batterieen und drei Landwehr-Bataillone der 1. Reserve-Division ein. Der Angriff konnte beginnen.

Die 2. leichte Reserve-Batterie Siegert betheiligte sich zunächst nur durch Hülfeleistung bei Anfertigung von Batteriebauten. Am 19. Oktober beschoß sie mit vier Geschützen von Kinzheim aus feindliche Erdarbeiter, bei Eröffnung der ersten Parallele in der Nacht vom 22. zum 23. nahm sie auf der Nordseite am Schnittpunkt der Saverner Straße mit der Straßburger Eisenbahn eine Stellung, fam aber nicht zum Feuern, da der Feind den Bau der Erdarbeiten nicht störte. In der folgenden Nacht hatte sie mit großen Schwierigkeiten unter feindlichem Feuer Einschnitte für sechs Geschütze auf dem linken Flügel der Parallelen anzulegen.

Schlettstadt war eine kleine Festung, ihre wenigen alten Geschütze konnten den Deutschen Belagerungsgeschützen, die am 23. aus sechs Battericen ihr Feuer eröffneten, nicht widerstehen. Sie ergab sich daher schon am nächsten Morgen. An dem am 25. erfolgenden Einzuge durfte auch die Batterie Siegert sich betheiligen.1)

Belagerung von Neu-Breisach.

Nach dem Falle von Schlettstadt ging man zum förmlichen Angriff gegen Neu-Breisach vor. Dieser Plat war bedeutend widerstandsfähiger, hatte eine, durch Kasematten vollständig geschützte, starke Garnison und eine wesentliche Unterstützung in dem bis an den Rhein auf 2500 Schritt vorgeschobenen Fort Mortier. Die vor Neu-Breisach zurückgebliebenen Truppentheile der 4. Reserve-Division hatten sich, um den Ausfällen der Besatzung mit Nachdruck widerstehen zu können, enger um die West- und Nordfront zusammengezogen. Die 1. schwere Reserve-Batterie Reichard lag in Widensolen, wohin am 17. Oktober auch die 1. leichte Reserve - Batterie Lilly quartierte. Am Ostrande des Kastenwaldes wurden mehrere Einschnitte angelegt, die abwechselnd zu besetzen waren. Am 22. wies die Batterie Lilly durch rechtzeitig abgegebenes, wohlgezieltes Granatfeuer einen feindlichen Ausfall aus dem Colmarer Thore zurück. Mehrere feindliche Granaten schlugen in ihrer nächsten Nähe ein, ohne jedoch Verluste zu verursachen.2)

Gegen Ende Oktober trafen von Schlettstadt die dorthin abgezweigten Truppentheile der 4. Reserve-Division, sowie die Festungsartillerie- und Pionier-Kompagnieen mit dem Belagerungsmaterial vor Neu-Breisach ein. Die Festung wurde nunmehr auf der Nord-, West- und Südfront vollständig eingeschlossen. Die 1. schwere Reserve-Batterie, deren neu ernannter Chef, Hauptmann Glagau, inzwischen eingetroffen war, blieb mit der 1. leichten Reserve-Batterie Lilly im Nordabschnitt (Batterie Glagau in Widensolen, Batterie Lilly in Kuenheim), die 2. leichte Batterie Siegert fam auf der Westseite in Dessenheim ins Quartier. Der förmliche Angriff wurde gegen den von Wasserläufen nicht umgebenen Theil der westlich gelegenen Front zwischen dem Widensolen- und Rhein-Rhone - Kanal beschlossen.

1) Als Merkwürdigkeit mag erwähnt werden, daß Hauptmann Siegert in Schlettstadt eine lange Reihe von aus Tabaksballen erbauten Deckungen vorfand.

2) Durch Besonnenheit und Umsicht zeichneten sich hier aus: Vizefeldwebel Sandmann, Sergeant Peters und Kanonier Amme. Die Batterie ver feuerte 12 Granaten.

Am 2. November begann das Feuer der Belagerungs- Batterieen.
An dem Bau der letzteren hatten sich die Reserve-Batterieen betheiligt
und für sich selbst Einschnitte angelegt, die dauernd von je zwei
Geschützen besetzt gehalten wurden. Am 6. November kapitulirte das
Fort Mortier, am 10. auch die Festung.

Beim XIV. Korps v. Werder.1)

Die 4. Reserve-Division war inzwischen dem XIV. Korps unter General v. Werder unterstellt worden. Das Korps stand bei Dijon und hatte die Aufgabe, Südost Frankreich niederzuhalten, die Festungen Schlettstadt, Neu-Breisach und Belfort zu belagern, weiterhin das ganze Elsaß, und damit auch Süddeutschland, gegen feindliche Unternehmungen zu sichern. Die 4. Reserve Division erhielt den Auftrag, die Etappenstraße nach Dijon bei Vesoul und Gray zu besetzen. Am 13. wurde der Marsch angetreten. Unter den größten Anstrengungen, bei eisig kaltem Wetter überschritt die Division die Vogesen, auf der Straße Sennheim, Thann, Giromagny, Champagney, und weiter ging es über Lure, Genevrenille, Pomoy nach Vesoul, wo man am 18. eintraf. Die 2. leichte Batterie Siegert, nachdem sie am 21. der Ostpreußischen Landwehr-Brigade unter Oberst v. Zimmermann unterstellt worden war, blieb hier in Quartier. Die kombinirte Infanterie-Brigade unter Oberst Knappe v. Knappstaedt mit der 1. schweren und 1. leichten Reserve-Batterie marschirte weiter und erreichte am 23. Gray. Man war zwar bisher noch nicht auf den Feind gestoßen, doch mußte man täglich darauf gefaßt sein, von den durch Garibaldi organisirten Freischaren überfallen zu werden. Um diese unschädlich zu machen, mußten häufig Streifzüge, fast immer unter Begleitung von Geschützen, unternommen werden. Am 24. wurde. zur Verbindung mit Dijon der Ort Mirebeau durch das I. Bataillon Regiments Nr. 25, die 2. Eskadron der 1. Reserve-Ulanen und die 1. leichte Reserve - Batterie Lilly besetzt. Am 27. wurde diese Abtheilung zur Unterstützung nach Dijon gerufen, kam aber an diesem Tage nicht mehr zur Verwendung. Am 29. sollte eben der Rückmarsch nach Mirebeau angetreten werden, als der Befehl eintraf, daß genannte Abtheilung sich dem Zuge der Badischen Division, unter General v. Keller, gegen Autun als linke Seitendeckung anschließen sollte. Den Ouche-Bach entlang erreichte diese Abtheilung am 29.

1) Vergl. Uebersichtskarte zum Feldzug 1870–71.

Stellung bei Vesoul und Gran.

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