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Einschließung auf der Südfront nach heitigem Gefecht bei Le Petit Bicêtre und Chatillon. Die auf der Westfront noch verbliebene Lücke wurde am 21. Sertember geschlossen. Von der 16. InfanterieBrigade beieşte das III. Bataillen Fusilier-Regiments Nr. 86 das Städtchen Argenteuil. Das von der Entsendung zur 6. Kavallerie-Division wieder herangezogene Jäger-Bataillen Nr. 4 belegte, mit den Vorposten der Dritten Armee bei Croissy in Verbindung tretend, die Ortschaften Chatou und Bezons. Die Eisenbahnbrücke bei letterem Ort wurde gesprengt.

20. September.

9. Dor Paris.

20. September bis Ende November.

Noch in der Nacht zum 20. sandte der Feind seine ersten Granaten aus den Werken von St. Denis, Double Couronne und La Briche gegen die Quartiere unserer Batterieen, ohne aber Verluste zu erzeugen. Die Batterieen richteten sich in den ihnen zugewiesenen Quartieren, in denen sie voraussichtlich längere Zeit bleiben mußten, so wohnlich wie möglich ein. Die Bewohner der Ortschaften waren größtentheils in die Hauptstadt geflohen, nur Gesindel war zurückgeblieben, das aus der Flucht der Einwohner Vortheil ziehen wollte und mehrfach auf vandalische Art die schönsten Besitzungen verwüstet hatte. Wie großen Schaden haben sich die Besitzer der Villen und Schlösser selbst gethan, ihr kostbares Eigenthum ohne Aufsicht dem Raubgesindel ihrer Landsleute preiszugeben!

Die Quartiere waren, was Raum und Ausstattung anbetraf, meist ganz vorzüglich. So mancher Kanonier konnte sich zum ersten Mal der Ruhe auf schwellenden Seidenpolstern hingeben. Da in einzelnen Quartieren auch die Möbel entfernt waren, so begann ein reger Austausch der Sachen zwischen den einzelnen Quartieren, und daraufhin ist wohl auch die Sage von dem Diebstahl der Preußen zurückzuführen.

Die Feindseligkeit der zurückgebliebenen Bewohner zeigte sich überall. Wiederholt wurde auf einzelne Leute, Patrouillen und Posten geschossen. So ist auch jedenfalls Kanonier Huth, welcher beim Geschützpark der 4. schweren Batterie am Kirchhof nördlid) Montmorency nahe an einem kleinen Wäldchen auf Posten stand,

das Opfer von Franktireurs geworden. Er verschwand, um nie wieder zurückzukehren; alle Nachforschungen nach seinem Verbleib waren erfolglos.1)

Die Verpflegung stieß anfangs auf große Schwierigkeiten. Da fast alle Lebensmittel nach Paris mitgenommen waren, blieben Beitreibungen fast ganz erfolglos. Es fehlte besonders an Fleisch. Zur Sicherstellung der Verpflegung wurde in Le Mesnil-Aubray ein Korpsmagazin errichtet. Großen Jubel erregte es jedesmal, wenn es gelang, ein verborgenes Weinlager, deren es hier so viele gab, zu entdecken. Unter Offizieren und Leuten gab es manche, die ein besonderes Talent besaßen, selbst die verstecktesten Weinvorräthe ausfindig zu machen. Die großen Vorräthe wurden dann jedesmal natürlich mit Beschlag belegt und ordnungsmäßig vertheilt.

Der Genuß des leichten Französischen Landweines war auch das beste Mittel, den Gesundheitszustand der Leute, der bis dahin bei den bedeutenden Anstrengungen vortrefflich gewesen war, nun aber in der Zeit der Ruhe bei der oft unzweckmäßigen Verpflegung zeitweilig recht schlecht wurde, einigermaßen zu erhalten. Eine größere Zahl von Leuten erkrankte an typhösen Erscheinungen, denen einzelne sogar erlagen.

Auch die Ernährung der Pferde war anfangs schwierig, bevor sie regelmäßig aus dem großen Magazin erfolgen konnte. Statt des Hafers wurden vielfach Getreidegarben verfüttert, die aus stehen. gebliebenen Diemen, theilweise von weit her, herangeholt wurden.

Am 21. begannen die Arbeiten zur Verstärkung der Stellung. 21. September. Es wurden in jedem Abschnitt drei Linien zur Vertheidigung eingerichtet. Die vorderste Vorpostenstellung, in welcher nur kleinere Unternehmungen des Feindes abgewiesen werden sollten, lag in der Linie Argenteuil, St. Gratien, Enghien, Deuil, Montmagny, Pierrefitte. Die Haupt-Vertheidigungsstellung, in welcher nachhaltiger Widerstand geleistet werden sollte, bildete der Höhenzug des Orgemont nördlich Argenteuil über St. Gratien, Enghien, südlich Montmorency, Graulay, Sarcelles, über die Eisenbahn von St. Denis nach Creil in Richtung auf die Höhe südwestlich Arnouville, wo sich die des Gardekorps anschloß. Dahinter wurde noch eine dritte Stellung

1) Das Verschwinden des Kanonier Huth veranlaßte den Batteriechef in seinem Bericht über Feldzugserfahrungen die Ausrüstung der Feld-Batterieen mit Gewehren oder Karabinern behufs Bewaffnung der Posten in Feindesland zu befürworten.

Gesch. d. Feldart. Regts. Prinzreg. Luitpold v. Vayern (Magdeb.) Nr. 4.

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geschaffen, in der man einen sehr überlegenen Feind solange festhalten konnte, bis genügende Verstärkungen von den benachbarten Truppen eingetroffen waren, um ihn zurückzuwerfen. Zwischen allen, besonders auf der Südseite stark befestigten Ortschaften bildeten Infanterieschanzen, Batteriestände, Verhaue und Schützengräben eine stellenweise zusammenhängende Vertheidigungslinie, aus der man die von Paris nach Norden führenden Straßen und Eisenbahnen wirksam unter Feuer zu nehmen vermochte.

An Batterieständen wurden vom 21. bis 25. September gebaut: von der 3. schw. u. 3. leicht. Batt.: 2 bei Moulin d'Orgemont,

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Der gefechtsmäßige Ausbau der Vertheidigungsanlagen, die Vorbereitung der Wege dahin zc. beschäftigte die Truppen für die nächsten Tage vollauf und machte, da es darauf ankam, bei ent= stehendem Alarm recht schnell gefechtsbereit auszurücken, auch eine theilweise Verlegung der Quartiere und des Parks, mehr nach dem angewiesenen Wirkungsfelde zu, nothwendig.

Um rechtzeitig dem Feind entgegentreten zu können, wurde angeordnet, daß die Vorposten, sobald sie ein Heraustreten stärkerer feindlicher Truppen aus St. Denis bemerkten, sofort Meldung an das Divisions- und Generalkommando zu machen hatten. Die Divisionskommandeure sollten dann ihre Kantonnements sofort alarmiren, wozu für die Nacht Fanale errichtet wurden. Ferner sollten zur schnelleren Unterstützung von den Vorposten auch die zunächst gelegenen Ortschaften, von der 8. Division Enghien und Deuil, von der 7. Graulay und Sarcelles direkt benachrichtigt werden. Im Falle eines Angriffs sollte die 16. Infanterie-Brigade sich zwischen Deuil und dem Lac d'Enghien sammeln, die 15. zwischen Montmorency und Graulay, die 7. Division bei Sarcelles und St. Brice. Die Battericen der II. Fuß-Abtheilung hatten die Batteriestände auf dem Orgemont und südlich Montmorency, die der

Korpsartillerie letztere und die Batteriestände südlich St. Brice, die
Batterieen der I. Fuß-Abtheilung die Einschnitte bei Sarcelles zu beseßen.

Der erste Alarm erfolgte schon am 23. September 430 Uhr 23. September. nachmittags als drei feindliche Kolonnen von fünf bis sechs Bataillonen mit Artillerie von St. Denis aus gegen Pierrefitte und Villetaneuse vormarschirten. Die Batterieen machten sich gefechtsbereit, kamen jedoch nicht zur Thätigkeit, da der Feind nach kurzem Gefecht zurückgeworfen wurde. Die Uebungen zur schnellen Gefechtsbereitschaft wurden in den nächsten Wochen mit Eifer betrieben, so daß die Batterieen darin eine große Gewandtheit erlangten.

lieutenants Kirch

Am 27. September mittags wurde der 1. Zug der 1. schweren Bug des PremierBatterie unter Premierlieutenant Kirchheim mit einigen Kompagnieen heim nach Marly. und einem Zuge Kavallerie nach dem Städtchen Marly entsandt, um den Bewohnern einen Denkzettel dafür zu geben, daß sie Deutsche Unteroffiziere gemißhandelt hatten. Die Truppenabtheilung kehrte in der Nacht vom 28. zum 29. in ihre Quartiere zurück, ohne zum Waffengebrauch genöthigt gewesen zu sein.

Am 28. wurde einem Theil der Truppen des Korps die große 23. September. Freude zu Theil, den geliebten Kriegsherrn begrüßen zu können. Seine Majestät König Wilhelm besichtigte die Stellungen der Maas-Armee und berührte dabei die Quartiere, Sarcelles, Villers le Bel und St. Brice. Ueber den Empfang in Sarcelles erzählt die Geschichte des 66. Infanterie-Regiments:

„Auf die freudige Nachricht, daß Seine Majestät der König das Kantonnement passiren wolle, wurde Alles würdig geschmückt, die Straßen gründlich gereinigt und mit Namen und Wegweisern versehen. An den Ausgängen wurden kleinere und vor der Kommandantur eine große Ehrenpforte aus schwarz und weißen Mastbäumen, Guirlanden und Fahnen erbaut, alle Häuser wurden mit Fahnen, zu denen die merkwürdigsten Stoffe, wie Tischtücher, Bettlaken, Gardinen, welche zur Hälfte schwarz angestrichen wurden, benutzt waren, geschmückt, quer über die Straßen waren Laub- und Blumenguirlanden gezogen, an denen Kronen und Kränze angebracht waren; ja sogar an sinnigen Transparenten fehlte es nicht, die Schlächter hatten das Schlächterwappen, die Bäcker eine aus Teig gebackene Riesenbretel ausgehängt; aus den Gärten der Stadt wurden Orangenbäume, Oleander und andere Gewächse herbeigeschleppt und hieraus ge= schmackvolle Gruppen gebildet. Alle diese Arbeiten wurden in dem

einen Tage und in der Nacht zum 28. vollendet, und am Morgen der Ankunft Seiner Majestät war unser Städtchen kaum wiederzuerkennen, man konnte glauben, in der Heimath und bei einer großen Landesfeier zu sein. Der schönste Schmuck des Kantonnements waren aber die im Ordonnanzanzuge zu beiden Seiten der Straße postirten Mannschaften. Die festliche Stimmung malte sich auf den gebräunten Gesichtern, Alles freute sich, den König nach seinem Siegeslaufe hier vor den Thoren der stolzen feindlichen Kapitale begrüßen zu dürfen. Als Seine Majestät nachmittags gegen 4 Uhr mit einem zahlreichen Stabe zu Pferde in Sarcelles erschien, wurde er mit einem lauten Hurrah empfangen, und das Musikkorps spielte: »Heil dir im Siegerkranz. Allerhöchstderselbe gebot, als er an die Offiziere heranritt, der Musik Schweigen und dankte in huldvollster Weise dem Regiment für sein Verhalten bei Beaumont, er wies hierbei wiederum auf den Kampf bei Benatek 1866 und auf seine Besichtigung 1869 hin, indem er sagte: »Ich wußte schon damals, daß Ihr das leisten würdet«.

لا

Nachdem Seine Majestät sich dann noch in gewohnter leutseliger Weise mit einzelnen dekorirten Mannschaften unterhalten, wandte er sich noch den anderen Mannschaften des Regiments mit den Worten zu: Ihr müßt Euch Alle noch das Eiserne Kreuz verdienen«. Von endlosem Hurrah begleitet, ritt Seine Majestät sodann nach St. Brice, wo das Generalkommando unseres Armeekorps lag, von wo er gegen 5 Uhr zurückkehrend unser Kantonnement nochmals berührte.

Es wird dieser festliche Tag, der zu den Glanzpunkten der Pariser Einschließungsperiode gehörte, Allen, die ihn erlebt haben, gewiß unvergeßlich bleiben."

In den letzten Tagen des September begannen unsere Batterieen. mit der Anfertigung des Batterie-Baumaterials für die Belagerungsartillerie, die nunmehr herangezogen werden sollte, nachdem die Festung Toul am 23. September gefallen war. An Baumaterial lieferten die Waldungen das Strauchwerk, die zahlreichen Weingärten den Draht; die Faschinenmesser der Leute kamen hier im wahren Sinne des Wortes zur Anwendung.

Im Großen Hauptquartier war der artilleristische Angriff auf die Südfront unter gleichzeitiger Beschießung der nordwestlichen Umwallung von Paris und der Werke von St. Denis beschlossen

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