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noch meilenweit zurück, und so setzten sich denn der Regiments- und Abtheilungskommandeur auf einen Protzkasten, um auf diese Weise die Nacht zu verbringen.

Nachdem wir so einige Stunden gesessen, meldete der alte Stabstrompeter Görisch dem Oberst Crusius, es seien in der Ferne ganz auffallende, ihm gänzlich unbekannte Klagelaute zu vernehmen, welche gewiß nur von einem schwer verwundeten Turko herrühren könnten. Der Herr Oberst möge doch gütigst gestatten, daß er mit einigen Kanonieren sich an die betreffende Stelle begeben dürfe, um dem armen Verwundeten womöglich einige Erleichterung zu verschaffen. Nachdem die Erlaubniß hierzu ertheilt war, kam der Stabstrompeter nach 1/2 Stunde mit einem angeschossenen Französischen Maulesel zurück, welcher jenes Jammergeschrei veranlaßt hatte. Ein Beweis, daß auch bei ernsten Ereignissen mitunter der Humor nicht fehlt."

"In unsere Herzen," schreibt Hauptmann Laube,1) „durfte wohl das für ewig dem Soldaten lohnendste Gefühl einkehren, das berechtigter Zufriedenheit nach treuer Pflichterfüllung nach der ersten, so glücklichen Schlacht. Galt auch volle Theilnahme den Gebliebenen, so durften wir am Abende von Beaumont doch auch dankbar zurückblicken, daß nicht noch größere Verluste uns getroffen hatten."

In sämmtlichen Berichten wird die vorzügliche Haltung von Offizieren und Mannschaften, die Ruhe und Kaltblütigkeit, mit der die Geschütze, auch in heftigem Infanteriefeuer, bei schnell aufeinander folgenden Verlusten, ordnungsmäßig bedient wurden, hervorgehoben. Die Verluste waren fast nur durch Infanteriefeuer hervorgerufen. Sie waren bei einzelnen Batterieen recht ernste.

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Das IV. Armeekorps verlor insgesammt:

126 Offiziere, 2878 Mann, 248 Pferde.

Aber auch zahlreiche Trophäen hatte dasselbe erbeutet. Sämmtliche Lagerbestände, ungeheures Material an Armeefuhrwerk, sehr viele

1) Erlebnisse der 3. schweren Batterie Feldartillerie-Regiments Nr. 15. Berlin 1873.

Pferde, Proviant, Waffen, 39 Geschütze, darunter 8 Mitrailleusen, 2000 Gefangene fielen ihm in die Hände.

Wohl durfte das Korps mit Stolz auf seine erste Waffenthat blicken, die, damals noch ungeahnt, in ihren Folgen eins der be= deutendsten Ereignisse des Feldzuges herbeiführte, die Schlacht von Sedan.

7. Schlacht bei Sedan.')

1. Einleitung.

Der 31. Auguft.

a. Bewegung der Franzosen am 31. August.

Noch während des Kampfes am 30. August hatte Marschall Mac Mahon die Versammlung seiner Armee bei der kleinen Festung Sedan befohlen. Er hatte nicht die Absicht, so dicht an der Landesgrenze eine Schlacht anzunehmen, sondern wollte nur die Truppen mit Lebensmitteln und Munition versorgen. Die Mannszucht war bereits bedenklich gelockert. Die Truppen waren durch Anstrengungen bei Tag und Nacht, bei mangelhafter Verpflegung aufs Aeußerste erschöpft. Scheinbar zwecklose Hin- und Hermärsche hatten das Vertrauen auf die Führung, eine Reihe unglücklicher Gefechte die Zuversicht zu sich selbst erschüttert. Tausende von Flüchtlingen drängten auf den von Fuhrwerk verfahrenen Wegen vorwärts, um die kleine Festung zu erreichen, die so unerwartet der Mittelpunkt einer großen Heeresversammlung geworden war.

Im Laufe der Nacht zum 31. sammelte sich das Französische 7. Korps Douay bei Floing, am Morgen des 31. das 12. Lebrun bei Bazeilles, dann das tief erschütterte 5. Failly bei der östlichen Vorstadt der Festung; am Nachmittag kam auch das 1. Korps Ducrot von Carignan zurück und nahm Stellung hinter dem Givonne Thal östlich Sedan. Sobald es der Zustand der Truppen erlaubte, sollte der Rückzug auf Mézières angetreten werden, wohin General Vinoy das neugebildete 13. Korps von Paris aus zur Sicherung der rückwärtigen Verbindungen der Armee Mac Mahons heranführen sollte.

1) Siehe Skizze 15.

b. Anordnungen auf Deutscher Seite für den 1. September.

Die Deutsche Heeresleitung hatte bereits im Laufe des 30. mit Sicherheit erkannt, daß die Armee des Marschall Mac Mahon überall im Abzuge über die Maas begriffen war und in der unmittelbaren Umgebung von Sedan, dicht vor der Belgischen Grenze sich sammelte. Es wurde beschlossen, den begonnenen umfassenden Angriff unmittelbar weiter zu führen. Noch am Abend des 30. erging an beide Armee-Oberkommandos der Befehl, den Feind, wo er sich noch diesseits der Maas stelle, energisch anzugreifen und auf möglichst engen Raum zwischen diesem Flusse und der Belgischen Grenze zusammenzudrängen. Um dem Feinde den Abzug nach Osten über Carignan auf Montmédy zu verlegen, wurde von der MaasArmee das Garde- und das XII. Korps am 31. bei Pouilly und Létanne über die Maas und den Chiers vorgeschoben. Beide Korps folgten dem abziehenden Feinde bis in die Linie Sachy-Douzy. Das IV. Armeekorps sammelte sich um 11 Uhr in Gefechtsbereitschaft westlich Mouzon. Es wurde hier ein Theil der ungeheuren Vorräthe der bei Beaumont eroberten Zeltlager, besonders Kaffee, Zwieback und Hafer, vertheilt, auch Beutepferde eingestellt. Als bis 1 Uhr nachmittags ein Zusammenstoß nicht stattgefunden hatte, erhielten die 7. Division und die Korpsartillerie den östlichen, die 8. InfanterieDivision den westlichen Theil des am vorigen Abend besetzten Raumes zur Unterkunft zugewiesen. So viel die mit Lazarethen angefüllten Ortschaften noch Platz boten, suchten die Truppen ein Unterkommen zu finden, der größte Theil mußte jedoch wieder biwakiren.

Die Dritte Armee erreichte links von der Maas-Armee am 31. ebenfalls die Maas. Um sicher den Abzug des größeren Theils der feindlichen Armee auch in westlicher Richtung über Mézières zu verhindern, wurde noch am Abend des 31. August das Oberkommando der Dritten Armee angewiesen, in der Nacht zum 1. September einige Heerestheile über die Maas vorzuschieben, um bei Tagesanbruch in entwickelter Front an der Straße nach Mézières bereit zu stehen und zum Angriff vorzugehen. Auf die Nachricht hiervon ordnete der Kronprinz von Sachsen für den folgenden Tag ein Vorgehen der beiden Korps seines rechten Flügels, des Garde- und des XII. Korps, gegen die Linie Villers-Cernay—Francheval—La Moncelle an. Das IV. Korps sollte gleichfalls frühzeitig aufbrechen und mit einer Infanterie-Division und der Korpsartillerie auf dem linken

Maas-Ufer nach Remilly marschiren, um dort zur Unterstüßung des 1. Bayerischen Korps bereit zu stehen; die andere Infanterie-Division sollte bei Mouzon die Maas überschreiten und sich als allgemeine Reserve bei Mairy, im Winkel zwischen Chiers und Maas aufstellen.

c. Vormarsch des IV. Armeekorps.

Dementsprechend brachen die Truppen des IV. Armeekorps1) am 1. September um 6 Uhr zum Marsch nach Mairy bezw. Remilly auf. Auf dem ganzen Marsche vernahm man unaufhörlichen Kanonendonner und das Knarren der Mitrailleusen. Auf den Höhenzügen jenseits der Maas und des Chiers sah man lange Artillerielinien im heftigsten Feuer. Die entscheidendste Schlacht des Feldzuges, die bei Sedan, hatte begonnen. Niemand wußte, daß auch der Kaiser Napoleon sich bei dieser seiner letzten noch nicht eingeschlossenen Armee befand.

Von Mairy folgte um 330 Uhr die 7. Infanterie-Division der 23. Sächsischen bis Lamécourt, wo die I. Abtheilung, Oberstlieutenant v. Freyhold, von 10 bis 6 Uhr abends halten blieb, ohne Gelegenheit zum Eingreifen zu finden. Als die 8. InfanterieDivision und hinter ihr die Korpsartillerie um 8 Uhr morgens bei Remilly aufmarschirte, fand sie das I. Bayerische Korps in heftigstem Kampfe um das Dorf Bazeilles.

2. Die Schlacht am Vormittag bis zur völligen Umzingelung des Franzöfifchen Heeres.

a. Der Kampf um Bazeilles.

Die 1. Bayerische Division hatte am 31. August ein Gefecht an den Brücken bei Bazeilles geführt und sich vorübergehend auch dieses Dorfes bemächtigt, es aber wiederholt aufgeben müssen. Zur Erleichterung des Uebergangs hatten die Bayern etwa 2000 Schritt oberhalb der Eisenbahnbrücke zwei Pontonbrücken hergestellt. Am folgenden Morgen wurde um 8 Uhr die 1. Bayerische Division so hart bedrängt, daß auch die 2. eingesetzt werden mußte. Die Bayerische Artillerie stand im heftigsten Feuer auf den Höhen nordwestlich Remilly und östlich der Linie Bazeilles-La Moncelle, die Sächsische weiter rechts gegen die vom Feinde stark besetzten Höhen westlich des Givonne-Baches.

1) Marschordnung siche Anlage 13.

b. Französische Angriffe gegen Bazeilles und La Moncelle.

Führung.

In der Führung der Französischen Armee war unterdessen ein Die Franzöfifche wiederholter Wechsel eingetreten. Marschall Mac Mahon war bereits um 6 Uhr morgens verwundet aus dem Gefecht getragen worden. Er hatte mit Uebergehung von zwei älteren Generalen dem General Ducrot den Oberbefehl übertragen mit dem bestimmten Befehl, den Rückzug auf Mézières anzutreten. Dieser hatte eine Division seines 1. Korps zur Sicherung des Ueberganges über die Givonne bei Daigny aufgestellt, die beiden anderen gegen die Bayern und Sachsen zum Angriff vorgesandt, um Zeit für den Rückzug der übrigen Armeetheile zu gewinnen, welche sofort zum Abmarsch in nördlicher Richtung auf Illy aufbrachen.

Indeß hatte der Kriegsminister dem kürzlich aus Algier eingetroffenen General v. Wimpffen das Kommando des 5. Korps, das bisher General de Failly geführt hatte, übertragen und ihm zugleich eine Vollmacht mitgegeben, laut deren er im Fall einer Behinderung des Marschalls den Oberbefehl der Armee übernehmen sollte. Da die Dritte Teutsche Armee Donchery bereits erreicht hatte, erschien dem General v. Wimpffen ein Rückzug nach Mézières für nicht mehr durchführbar, wohl aber nach den bisher günstigen Erfolgen des Angriffs auf La Moncelle ein weiterer Durchbruch in der Richtung auf Carignan, nach dessen Gelingen noch ein Anschlußz an den Marschall Bazaine zu erhoffen war. Zur Durchführung dieses seines Planes machte der General v. Wimpffen seine Vollmacht geltend und ertheilte dementsprechende Weisungen. Die bereits nach Norden abziehenden Divisionen der zweiten Französischen Linie wurden zurückbeordert und wandten sich wiederum gegen Bazeilles, gegen die Bayern. Diese sahen sich ohnehin schon durch die beiden Divisionen des 1. Korps, die General Ducrot, wie erwähnt, zur Deckung des Rückzuges der übrigen Truppen gegen Bazeilles vorgetrieben hatte, hart bedrängt, und die schwachen vorgeschobenen Sächsischen und Bayerischen Abtheilungen konnten sich nur schwer in ihren Stellungen behaupten.

Bayern durch das

Auf Ansuchen des Generals v. der Tann ließ General v. Alvens - Unterstützung der leben um 9 Uhr die 8. Division zur Unterstützung der Bayern IV. Armeekorps. vorrücken. Die Korpsartillerie des IV. Korps sollte auf der schon von Bayerischer Artillerie besetzten Höhe nordwestlich Aillicourt Aufstellung nehmen, um erforderlichenfalls einem Durchbruchs

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